Deutsches Bündnis gegen Depression eV

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Deutsches Bündnis gegen Depression e.V.
Train-the-Trainer Seminar
Dozentenschulung für Fortbildungen von
verschiedenen Berufsgruppen zum Thema
„Depression und Suizidalität“
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
der Ludwig-Maximilians-Universität München
Bündnis gegen Depression:
4-Ebenen-Aktionsprogramm
1.
Kooperation mit
Hausärzten:
Fortbildungen
2.
Ziel:
PR Aktivitäten:
Aufklärung der
Öffentlichkeit
Bessere Versorgung
für depressiv
erkrankte Menschen
4.
Angebote für
Betroffene und
Angehörige
3.
Zusammenarbeit
mit Multiplikatoren:
z.B. Pfarrer, Lehrer,
Altenpflegekräfte
Die Ausweitungspartner bundesweit
Flensburg
Schleswig
Rostock
Bad Bramstedt Lübeck
Schwerin
Wilhelmshaven Hamburg-Harburg
Ostfriesland
Herford
Gifhorn
Berlin
Bielefeld
Magdeburg
Dortmund
Göttingen
Eisenhüttenstadt
Marsberg
Duisburg
Bochum & Essen
Leipzig
Düsseldorf
Bad Wildungen
Aachen Wuppertal
Schwalm-Eder-Kreis
Bonn
Dresden/Kreischa
Düren
Fulda/Osthessen Stadtroda
Gießen
Wetteraukreis
Bamberg
Wiesbaden Darmstadt
Würzburg
Hanau
Mainz
Groß-Gerau Ansbach
Alzey Viernheim
Nürnberg
Erlangen
Cham
Wiesloch
Aalen Fürth
Stuttgart
Ingolstadt Regensburg
Neckar-Alb
Augsburg
Göppingen
Dillingen Wasserburg
Offenburg
Rottweil
STAND:
August 2006
Sigmaringen
Kempten
MemmingenUnterallgäu
rot: Kooperationspartner
blau: Interessenten
Die Ausweitungspartner in Europa
Ablaufplan
•
Vorstellungsrunde
•
Beschreibung der verschiedenen Zielgruppen
•
Vorstellungen der allg. Fortbildungsmaterialien und Folien
•
Präsentations-Übungen
•
Beispiele für Rollenspiel
•
Kleingruppenarbeit
•
Depression und Suizidalität
•
Diskussion
•
Seminarabschluss
1.
Begrüßung und
Vorstellung
Ablaufplan
1. Begrüßung & Vorstellung
2. Häufigkeit und Verbreitung von Depression
3. Symptome und Ursachen
4. Behandlung
5. Suizidalität
6. Seminarabschluss
2.
Häufigkeit und Verbreitung
von Depression
YLD: Schätzmaß unter Berücksichtigung
von Dauer und Beeinträchtigung
Belastung durch Krankheiten in den
entwickelten Ländern
12000
10000
8000
6000
4000
2000
0
(WHO-Studie von Murray & Lopez 1997)
Epidemiologie in Deutschland
ca.
5%
•
Rund 5% der Bevölkerung leiden
gegenwärtig unter einer
depressiven Erkrankung
•
Frauen doppelt so häufig betroffen
wie Männer
•
Erkrankung betrifft alle
Altersgruppen
Ca. jede 4. Frau und jeder 8. Mann erkranken im Laufe des
Lebens an einer Depression.
Der Grossteil der Erkrankten bleibt ohne
ausreichende Behandlung
Depression bleibt oft unerkannt

Viele Betroffene erkennen die eigene Depression nicht

Körperliche Symptomatik überdeckt häufig die Depression
Depression wird unzureichend behandelt

Viele Betroffene haben Angst, sich in psychiatrische oder
psychologische Behandlung zu begeben

Auch bei „geeigneter“ Therapie viele Anwendungsfehler:

unzureichende Aufklärung,

zu niedrige Dosierung,

frühzeitiger Therapieabbruch.
Diagnostisches und therapeutisches Defizit
Betroffene
Personen in
BRD: 4 Mio
In hausärzt.
Behandlung
2,4 - 2,8 Mio.
60-70%
Korrekt
diagnostiziert
1,2 - 1,4 Mio.
30-35%
Adäquate
Therapie
400.000
10%
3.
Symptome und
Verlauf
Kasuistik (Video oder live)
Beobachtungsaufgabe:

Welche Symptome schildert die Betroffene?

Wie ist der zeitliche Verlauf der Erkrankung?

Wie wirkt die Betroffene auf Sie (z.B. Körpersprache)?
Anschließend sammeln der Beobachtungen im Plenum (Flipchart).
Die verschiedenen Ebenen der Depression
Psyche
Körper
Verhalten
Merkmale einer Depression:
Psychische Symptome
Denken, Fühlen, Motivation sind beeinträchtigt

Niedergeschlagenheit

Gefühl der Sinnlosigkeit

Interesselosigkeit

Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit

Gefühl der Gefühllosigkeit

Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven

Suizidgedanken
Merkmale einer Depression:
Körperliche Symptome

Gewichtsabnahme, verminderter Appetit

Schlafstörungen: Durchschlafstörungen, Morgentief

Druck- und Engegefühl im Hals und über der Brust

Schweißausbrüche, Herzklopfen,

rheuma-ähnliche chronische Schmerzzustände

Sexuelle Lustlosigkeit

Kraftlosigkeit und fehlende Frische, rasche Erschöpfbarkeit
Merkmale einer Depression:
Verändertes Verhalten

Sozialer Rückzug

Psychomotorische Hemmung / Agitiertheit

Veränderte (Körper) - Sprache

Antriebslosigkeit / Apathie

Suizid, Suizidversuche, Suizidankündigungen
Beschreibung: Arten und Verlauf
Einzelne depressive Episode (knapp die Hälfte der
Betroffenen erlebt nur eine einzelne depressive Phase)
Zeit
dauerhaft beschwerdefrei
 durchschnittl. Dauer einer Episode: 4-8 Monate
 Wiedererkrankungsrate > 50 %
Beschreibung: Arten und Verlauf
Schwere Depression (phasisch, unipolar, Major Depression)
Dysthymie („neurotische Depression“)
Beschreibung: Arten und Verlauf
Manisch Depressive Erkrankung (Bipolare affektive Störung):
Neben depressiven Phasen treten Zustände von übermäßiger
Aktivität, gehobener Stimmung und allgemeiner Angetriebenheit,
manchmal auch Gereiztheit auf.
Bipolare Störungen erfordern DRINGEND medikamentöse Behandlung.
Haupt- und Nebenkriterien nach ICD-10
Suizidgedanken /
Suizidale
Handlungen
Negative und
pessimistische
Zukunftsperspektiven
Verlust von
Interesse u.
Freude
Depressive
Stimmung
Gefühl von
Schuld und
Wertlosigkeit
Verminderter
Antrieb
Schlafstörungen
Vermindertes
Selbstwertgefühl
und Selbstvertrauen
Appetitminderung
Verminderte
Konzentration und
Aufmerksamkeit
Differentialdiagnose
Ausschluss körperlicher Ursachen:
 endokrine / hormonelle Störungen
(z.B. Schilddrüsenfunktionsstörung)
 neurologische Erkrankungen
 Viruserkrankungen
 Tumoren
 Autoimmunerkrankungen
 medikamentöse Ursachen
Daher: ärztliche Untersuchung unverzichtbar!
Fallbeispiel:
Frau Meyer (50 Jahre) wendet sich an Sie:
Seit dem Tode ihres Mannes vor 6 Wochen zeigen sich folgende
Veränderungen:
 sie fühlt sich niedergeschlagen und traurig
 sie leidet unter Schlafstörungen
 sie sieht keinen Lebenssinn mehr und klagt viel
 sie hat das Interesse an ihrer Arbeit (Lehrerin) verloren
 sie fühlt sich erschöpft und müde
Hat Frau Meyer eine Depression?
Was müsste man noch erfragen?
Wie kann man ihr helfen?
Depression ist nicht einfach Trauer

Die Veränderungen sind nicht nur eine nachvollziehbare
vorübergehende Reaktion auf eine äußere Belastung (z.B.
Verlustsituation)

Die Beschwerden bestehen über Wochen und Monate, ohne
dass es zu einer „Anpassung“ an die Situation kommt

Der äußere Anlass allein erklärt nicht die depressive
Symptomatik (häufig reichen „kleine“ Auslöser)
Fehleinschätzung als „Befindlichkeitsstörung“
Für die depressive Erkrankung spricht:
 Affektstarre und mangelnde Schwingungsfähigkeit
 Gefühl der Gefühllosigkeit
 Schuldgefühle und Ausmaß an Hoffnungslosigkeit
 Tagesschwankungen
 Suizidalität
 Wahnsymptomatik
 Verlauf (gab es bereits früher depressive Episoden?)
 Persönlichkeitsveränderung
Sichere Diagnosestellung nur durch Fachkraft möglich (PsychiaterIn
oder PsychologIn)!
4.
Ursachen depressiver
Erkrankungen
Psychische und körperliche Aspekte:
2 Seiten EINER Medaille
Psychische und
soziale Aspekte
Neurobiologische
Aspekte
Psychische Seite der Depression:
Psychosoziale Aspekte
Vulnerabilität
z. B. negative Lebenserfahrungen,
Persönlichkeit
Auslöser
z. B. akute psychosoziale
Belastung, Stress
Depressiver
Zustand
depressive Symptomatik
Körperliche Seite der Depression:
Neurobiologische Aspekte
Vulnerabilität
z. B. genetische Faktoren
Auslöser
z. B. Überaktivität der
Stresshormonachse
Depressiver
Zustand
z. B. Dysfunktionen der Neurotransmitter
Serotonin / Noradrenalin
Psychische und körperliche Aspekte:
2 Seiten EINER Medaille
Psychische und
Neurobiologische
soziale Aspekte
Aspekte
• kein „entweder/oder“ sondern komplementäre Sichtweisen
• Depression kann Ursachen auf beiden Seiten haben
• Wechselwirkungen
Zusammenfassung I
• Depression kann jeden treffen
• Depression hat viele Gesichter
• Abgrenzung zu Trauerreaktionen wichtig!
• Die Ursachen von Depression sind immer komplex
5.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung der Depression
Zentrale Behandlungssäulen:
•
Medikamentöse Behandlung (v.a. Antidepressiva)
•
Psychotherapie
•
Psychoedukation und Einbindung Angehöriger
(Wirksamkeit v. Verhaltenstherapie und
Interpersoneller Therapie am besten belegt)
Weitere Behandlungsverfahren (im Einzelfall indiziert)
•
•
•
•
•
Lichttherapie
Wachtherapie
EKT
Soziotherapie
Sport
Wirkung nur bei saisonaler Depression belegt
meist nur im Rahmen stationärer Therapie mögl.
bei schwerer therapieresistenter Depression
z.B. bei Wiedereingliederungsmaßnahmen
kann für einen Teil der Patienten hilfreich sein
Wirksamkeit der Therapien

60-80% der Betroffenen kann mit einer Behandlung
entsprechend gültiger Richtlinien gut geholfen werden.

Leichte und mittelschwere Depressionen:
Vergleichbare Wirksamkeit von Psychotherapie und
Antidepressiva (längere Wirklatenz bei Psychotherapie)

Schwere Depressionen: Pharmakotherapie meist
unverzichtbar!

Häufig ist Kombinationsbehandlung sinnvoll

Phasenprophylaxe sowie Psychotherapie reduzieren das
Wiedererkrankungsrisiko

Pflanzliche Mittel (v.a. Johanniskraut) bei leichten und
mittelschweren depressiven Verstimmungen sinnvoll
Vorurteile und Ängste
bezüglich Antidepressiva
Bei einer repräsentativen Befragung von 1426 Personen glaubten
69%
80%
Zudem:
dass Antidepressiva die Persönlichkeit verändern
dass Antidepressiva abhängig machen
Obwohl Antidepressiva in den meisten Fällen gut
verträglich sind, glauben 71% der Befragten, sie hätten
starke Nebenwirkungen!!
Befragte verwechseln Antidepressiva, Beruhigungsmittel
und Neuroleptika!
Wichtigste Medikamente in der Psychiatrie
1. Beruhigungsmittel / Tranquilizer:
 wirken sehr schnell, wichtig für akute Krisen
 beruhigende, teilweise schläfrig machende Wirkung
 bei längerer Anwendung Gefahr von Gewöhnung
 bei Depression in manchen Fällen kurzfristig sinnvoll
2. Neuroleptika:
 bei Psychosen unverzichtbar
 Einfluss auf Psychomotorik und Gefühlshaushalt
 ältere Präparate können unangenehme Nebenwirkungen und
Spätfolgen (Spätdyskinesien) haben
 zur Depressionsbehandlung meist nicht notwendig
3. Antidepressiva:
 keine Veränderung der Persönlichkeit
 leichte bis mittlere Nebenwirkungen, neue Medikamente besser
verträglich
 keine Dosissteigerung auf Grund von Gewöhnung notwendig,
keine Suchtgefahr
Gründe für eine erfolglose Pharmakotherapie
 Angst vor Medikamenten, grundsätzliche Ablehnung
 Absetzen des Medikaments nach wenigen Tagen, da anfangs
oft nur Nebenwirkungen spürbar sind (Wirklatenz 2-6 Wochen)
 Absetzen des Medikaments nach Wirkeintritt; unangenehme
Nebenwirkungen verschwinden sofort, antidepressive Wirkung
hält meist noch kurz an; dann häufig Rückfall (Antidepressiva
sollten mind. 6 Monate eingenommen werden).
 Mangelnde Aufklärung der Patienten über die Medikation und
fehlende Einbindung der Angehörigen.
 Bei wiederkehrenden Depressionen ist eine Dauerbehandlung
oft wichtig.
Psychotherapie
 Richtlinienpsychotherapie (von Krankenkasse erstattet):
Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte
Therapie, Psychoanalyse
Vorgehen innerhalb der kognitiven Verhaltenstherapie:
 Aufbau angenehmer Aktivitäten, Abbau von Belastungen
 Tagesstrukturierung
 Korrektur fehlerhafter Überzeugungen
 Verbesserung des Sozial- und Kommunikationsverhaltens
 Problemlösetraining
Was kann man tun, wenn der Verdacht besteht,
dass ein Klient depressiv ist?

Aufbau einer ruhigen und vertrauensvollen Atmosphäre

den andern ermutigen, von sich zu sprechen

Den eigenen Eindruck „überprüfen“
 Handelt es sich „nur“ um eine vorübergehende Krise oder
ergeben sich Hinweise auf eine psychische Erkrankung?

den eigenen Verdacht (auf Depression) und Notwendigkeit
zusätzlicher Hilfe mitteilen

Empfehlung nach weiterer Abklärung geben
Demonstration im Plenum
Auswertung Rollenspiel
Auswertung der exemplarischen Demonstration eines
Gesprächs zwischen Betroffenem und Helfer.
Beobachtungen aus dem Plenum:
 Was hat der Helfer gut gemacht?
 Was waren kritische Momente?
 Wahrnehmung und Einordnung eigener Gefühle.
 Wie schätzen Sie den Fall ein?
Zusammenfassung II
• Depression ist häufig erfolgreich behandelbar
• Bezüglich Psychiatrie / Psychotherapie /
Psychopharmaka gibt es viele Ängste und Vorurteile
• Für den Erfolg der Behandlung ist die Beziehung
zwischen Patient und Behandler entscheidend.
Beide müssen sich auf die Behandlung einlassen!
6.
Suizidalität
Depression und Suizidalität
ca. 15 %
mit schwerer Depression versterben durch Suizid
ca. 25 %
weisen einen Suizidversuch auf
ca. 70 %
haben Suizidgedanken
90 %
der Suizidenten litten unter psychiatrischen
Erkrankungen, am häufigsten Depression (40-70 %)
Todesursachen im Vergleich: BRD 2004
Suizid
10733
Drogen
1385
Verkehr
Mord
Aids
5927
792
507
(Daten des Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes)
Suizide in Deutschland 2004
900
800
männlich
700
weiblich
Anzahl Suizide
600
500
400
300
200
100
un
te
r1
Ja
hr
15
510
10
-1
5
15
-2
0
20
-2
5
25
-3
0
30
-3
5
35
-4
0
40
-4
5
45
-5
0
50
-5
5
55
-6
0
60
-6
5
65
-7
0
70
-7
5
75
-8
0
80
-8
5
90 85
Ja -90
hr
e
+
0
(Daten des Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes)
Anzahl Suizide Männer in Deutschland 2004
900
800
700
männlich
Anzahl Suizide
600
500
400
300
200
100
un
te
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Ja
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15
510
10
-1
5
15
-2
0
20
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5
25
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0
30
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5
35
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40
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45
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0
50
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5
55
-6
0
60
-6
5
65
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0
70
-7
5
75
-8
0
80
-8
5
90 85
Ja -90
hr
e
+
0
(Daten des Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes)
Suizidraten in Deutschland 2004
100
Anzahl der Suizide pro 100.000
90
80
männlich
70
weiblich
60
50
40
30
20
10
un
te
r1
Ja
hr
15
510
10
-1
5
15
-2
0
20
-2
5
25
-3
0
30
-3
5
35
-4
0
40
-4
5
45
-5
0
50
-5
5
55
-6
0
60
-6
5
65
-7
0
70
-7
5
75
-8
0
80
-8
5
90 85
Ja -90
hr
e
+
0
(Daten des Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes)
Akute Suizidalität: Risikogruppen

für Suizid: ältere, alleinstehende Männer

in über 90%: Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen
•
•
•
Depression
Suchterkrankungen
Psychosen (z.B. Schizophrenie)

Menschen in akuten Krisen (z.B. bei sozialer Isolation, Arbeitslosigkeit,
Schulden, Scheidung, Traumatisierung)

Menschen mit Suiziden und/oder Suizidversuchen in der Familie

Menschen mit Suizidversuch in der Vorgeschichte

Menschen nach Entlassung aus psychiatrischen Kliniken

für Suizidversuch: jüngere Frauen
Die eigenen Erfahrungen mit Suizidalität
10 Min Austausch zu zweit:

Wo und wie ist Ihnen Suizidalität begegnet (beruflich oder privat)?

Was waren die beteiligten Gedanken und Gefühle?

Wie haben Sie damals reagiert?

Wie beurteilen Sie rückblickend die Situation?
Wann ist Suizidalität gefährlich?

Viele (nicht psychisch kranke) Menschen erleben im Laufe des
Lebens Situationen, in denen sie sich mit der Möglichkeit des
eigenen Todes beschäftigen

Ein großer Teil berichtet in diesem Zusammenhang über passive
Todeswünsche und Suizidgedanken

Meist geht davon keine akute Gefahr eines Suizids aus. Risiko steigt
erheblich, wenn Vorstellungen sehr drängend werden und konkrete
Pläne gemacht werden

Aber: bei Verdacht sollte Suizidalität immer genau exploriert werden
Die verschiedenen Stadien von Suizidalität
Anzahl betroffener Menschen
Mäßige
Suizidgefahr
Passive
Todeswünsche
Erwägung
Hohe
Suizidgefahr
Suizidgedanken
Suizidideen
Suizidpläne
Vorbereitungen
Ambivalenz
Suizidale
Handlungen
Entschluss
Indikatoren für akute Suizidgefahr

Drängende Suizidgedanken

Schwere depressive Verstimmung mit großer Hoffnungslosigkeit

Starker Handlungsdruck („Ich halte das nicht länger aus!“)

Offene und verdeckte Ankündigung von Suizid

Keine Distanzierung von Suizidideen/ Suizidversuch

Klient reagiert ausgesprochen gereizt, aggressiv oder ist agitiert
Abklärung von Suizidalität: Kernfragen
Für eine Bewertung entscheidend: Wie hoch ist der akute Handlungsdruck
einzuschätzen?
vom Allgemeinen zum Konkreten:
passiver Todeswunsch?
„Gibt es in ihrer derzeitigen schwierigen Situation auch Gedanken an den Tod?“
abstrakte Suizidgedanken?
„Was genau meinen Sie damit, dass Todsein besser wäre?“
konkrete Suizidideen?
„Denken Sie dabei auch an Suizid?“
aktive Planung?
„An was denken Sie genau, wenn Sie sagen, sie könnten sich umbringen?“
Vorbereitungen?
„Wie oft und wie lange kommen die Gedanken an Suizid?“
Suizidankündigungen?
„Haben Sie darüber schon mit jemandem gesprochen?“
frühere Suizidversuche?
„Haben Sie schon einmal versucht sich das Leben zu nehmen?“
Ressourcen?
„Gibt es denn auch Dinge, die Sie noch am Leben halten?
Nachfragen kann für Sie bedeuten, mit akuter Suizidalität umgehen zu müssen
Beispiel: Gespräch mit Betroffenem
Auswertung der exemplarischen Demonstration eines
Gesprächs zwischen Betroffenem und Helfer.
Beobachtungen aus dem Plenum:
 Was hat der Helfer gut gemacht?
 Was waren kritische Momente im Gespräch?
 Wahrnehmung und Einordnung eigener Gefühle.
 Wie schätzen Sie die akute Suizidalität ein?
Besteht Handlungsbedarf?
Welche Interventionsmöglichkeiten gibt es?
Vorgehen bei akuter Suizidalität
1. Zeitgewinn. Suizidalität in der Regel kein Dauerzustand. Akute
suizidale Krise kann in relativ kurzer Zeit wieder abklingen.
•
Kann eine suizidale Handlung verzögert werden, so erhöhen
sich deutlich die Chancen, dass der Mensch überlebt.
2. Einfühlsam Zuhören. (keine Lösungsvorschläge unterbreiten,
geduldiges und verständnisvolles Zuhören reicht)
3. zusätzlich Hilfe hinzuzuziehen. Können Angehörige hinzugezogen
werden? Gibt es (oder gab es) einen behandelnden Psychiater.
Besteht ein Vertrauensverhältnis zum Hausarzt? Wo ist die nächste
psychiatrische Klinik oder Notfallambulanz?
•
Gegebenenfalls zu Arzt oder in Notfallambulanz begleiten
Keine akute Suizidalität:
Umgang mit Betroffenen
 Suizidankündigung ernstnehmen (als Notsignal verstehen)
 Suizidalität aktiv und regelmäßig ansprechen
 Bagatellisierung oder Dramatisierung vermeiden
 Vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen
 Perspektiven und Ressourcen aufzeigen
 Feste Vereinbarungen treffen
 Hohe Beziehungsdichte sichern (engmaschige Betreuung)
Vorgehen bei Zwangseinweisung
Falls akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt und sich der
Patient nicht als kooperativ zeigt:
 Polizei verständigen, die dann vor Ort entscheidet, ob die
betreffende Person in eine Klinik gebracht wird.
 Fast immer folgen die Beamten dabei der Empfehlung des Arztes
 Patienten wird von Polizei und Sanitätern in eine psychiatrische
Klinik gebracht.
 Fachärztliche Urteil entscheidet über Unterbringung in einer
geschlossenen Abteilung.
 In den meisten Bundesländern kann Patient gegen seinen
Willen nur 24 Stunden in einer Klinik untergebracht werden.
 Eine längere Unterbringung gegen den Willen des Patienten ist
nur durch richterlichen Beschluss möglich, der innerhalb der 24
Stunden durch die Klinik eingeholt werden muss.
7.
Seminarabschluss
Zusammenfassung III
• Depression kann jeden treffen
• Abgrenzung zu Trauer / Befindlichkeitsstörungen !
• Depression ist häufig erfolgreich behandelbar
• Suizide geschehen zu 90% im Kontext psychischer
Erkrankungen
• Bei Verdacht auf Depression Suizidalität immer aktiv
explorieren
• Bei akuter Suizidalität: weitere Hilfe hinzuziehen
Literaturverzeichnis

Hegerl U., Althaus D., Reiners H. (2005) Das Rätsel Depression – Eine
Krankheit wird entschlüsselt. Beck Verlag, München.

Solomon, A. (2001) Saturns Schatten. Die dunklen Welten der Depression.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main.

Josuran, R. u.a. (2003) Mittendrin und nicht dabei. Mit Depressionen leben
lernen. Econ Taschenbuch Verlag, München.

Niklewski, G. (2005) Depressionen überwinden. Stiftung Warentest, Berlin.

Wolfersdorf, M. (2000) Der suizidale Patient in Klinik und Praxis. Suizidalität
und Suizidprävention. WVG: Stuttgart.

Homepage des Bündnisses geg. Depression: www.buendnis-depression.de
Für Angehörige:

Rosen L.E., Amador X.F. (2002). Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv
ist. Wie man Angehörigen oder Freunden hilft. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek.
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