Gliederung der Vorlesungen zum römischen Privatrecht Sommersemester • Historischer Überblick: Deliktsrecht • Stellvertretung • Vertrags- und Obligationensystem • Leistungsstörungen • Kaufvertrag: Struktur und Sachmängelhaftung • Eigentumserwerb • Eheschließung und Ehegüterrecht Wintersemester • Historischer Überblick: Eigentumserwerb • Verdingung (Miet-, Pacht-, Werk- und Dienstvertrag) • Darlehen • Bereicherungsrecht • Eigentums- und Besitzschutz • Deliktsrecht • Pfandrecht, Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt • Testamentserrichtung und -auslegung Das Abstraktionsprinzip im BGB § 929 S. 1 Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. § 873 Abs. 1 Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück … ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich …. Das Abstraktionsprinzip im BGB § 929 S. 1 Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist <nur> erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. § 873 Abs. 1 Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück … ist <nur> die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich …. Das Abstraktionsprinzip im BGB … … setzt das Trennungsprinzip voraus: Es gibt zwei verschiedene Verträge, ein Verpflichtungs- oder Grundgeschäft, das zur Eigentumsübertragung verpflichtet oder den Rechtsgrund hierfür liefert, und ein Verfügungsgeschäft, das erst den Übergang des Eigentums bewirkt. … bedeutet, dass das Verfügungsgeschäft unabhängig vom Verpflichtungsgeschäft wirksam ist. … soll dem Verkehrsschutz dienen: Dritte dürfen sich auf das Eigentum des Erwerbers verlassen, brauchen nicht den Rechtsgrund zu prüfen. … führt dazu, dass der Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 große Bedeutung hat. Zwölftafelgesetz 450 v. Chr. Untergang Westroms klass. röm. rep. Jurispr. Jurisprudenz Wiederentdeckung der Digesten 476 n. Chr. 0 533/534 1050 Corpus Iuris civilis oström. Kaiser Justinian Wiederentdeckung der Digesten Glossatoren 1050 ius commune = gemeineuropäisches römisches Recht Kommentatoren 1250 1500 Humanisten Vernunftrechtler 1650 Pandektisten 1800 1900 Naturrechtsgesetzbücher BGB ALR, CC, ABGB OR+ZGB Das Zwölftafelgesetz (lex duodecim tabularum) … wird 451/450 v. Chr. von einem Zehnmännerkollegium mit Regierungsgewalt erarbeitet. … ist für fast 1000 Jahre die einzige Kodifikation des römischen Rechts, das später vor allem Juristenrecht ist. … enthält Neuerungen vor allem im Recht der Zwangsvollstreckung, die im Interesse des beim Adel, den Patriziern, verschuldeten gemeinen Volkes, den Plebejern, gemildert wird. … führt auch schon etablierte Rechtsinstitute wie etwa die mancipatio auf. Die Übereignung durch mancipatio Gai 1.119 Est autem mancipatio, ut supra quoque diximus, imaginaria quaedam venditio: quod et ipsum ius proprium civium Romanorum est; eaque res ita agitur: adhibitis non minus quam quinque testibus civibus Romanis puberibus et praeterea alio eiusdem condicionis, qui libram aeneam teneat, qui appellatur libripens, is, qui mancipio accipit, rem tenens ita dicit: HUNC EGO HOMINEM EX IURE QUIRITIUM MEUM ESSE AIO ISQUE MIHI EMPTUS ESTO HOC AERE AENEAQUE LIBRA; deinde aere percutit libram idque aes dat ei, a quo mancipio accipit, quasi pretii loco. Die mancipatio ist aber, wie wir schon oben gesagt haben, eine Art imaginären Kaufs; auch sie ist eine Einrichtung des den römischen Bürgern eigentümlichen Rechts. Das Geschäft wird folgendermaßen vollzogen: Unter Beiziehung von nicht weniger als fünf erwachsenen römischen Bürgern als Zeugen und einer weiteren Person desselben Status, die eine eherne Waage hält und Waagenhalter genannt wird, spricht derjenige, der durch die mancipatio erwirbt, indem er die Sache ergreift: „Ich sage und behaupte, dass dieser Sklave nach Zivilrecht mir gehört, und er sei von mir gekauft mit diesem Erz und dieser Waage“. Darauf schlägt er mit dem Erz gegen die Waage und gibt dieses Erz, gleichsam anstelle des Kaufpreises, dem, von dem er durch die mancipatio erwirbt. Die mancipatio … … war ursprünglich ein Kaufvertrag in Gestalt eines Barkaufs, bei dem Kaufsache und Kaufpreis unmittelbar ausgetauscht wurden. … wurde, als das Verkehrsbedürfnis nach Distanzgeschäften entstand, zu einem Erfüllungsgeschäft für einen schon früher geschlossenen Vertrag über den Leistungsaustausch. … blieb, da es der Form nach weiterhin ein Kauf war, für sich genommen, als ohne Rücksicht auf den vorangehenden Vertrag wirksam, war also abstrakt. … war nur bei res mancipi möglich: Sklaven, Herdentiere, Grundstücke in Italien und Felddienstbarkeiten. Die republikanische Verfassung seit 367 v. Chr. Zenturiatskomitien Ritter, 1. Vermögensklasse haben Mehrheit Wahl 2 Konsuln (Höchstmagistrat, 1 Plebejer) concilia plebis Senat (600 ehemalige Magistrate) (Volksversammlung, einberufen und geleitet von Volkstribunen) Prätor(en) (Gerichtsmagistrat) 2 kurulische Ädilen (Polizeibehörde) 2 Quästoren (Staatskasse, -archiv) senatus consulta (rechtl. unverbindliche Empfehlungen) wegen auctoritas senatus tatsächlich verbindlich plebiscita seit lex Hortensia 287 v. Chr. verbindlich vom Senat über die Tribunen gesteuert Die Jurisprudenz in der römischen Republik … … lag ursprünglich in Händen der Priester. … wandelt sich durch öffentliche Gutachten und öffentlichen Rechtsunterricht ab der Mitte des 3. Jh. v. Chr. … bringt als erstes bekanntes Werk einen Kommentar zum Zwölftafelgesetz hervor, den Sextus Aelius 198 v. Chr. verfasst. … wird zur regelrechten Rechtswissenschaft im Gelehrtenkreis um Mucius Scaevola (Konsul 133 v. Chr.). … bringt eine erste systematische Darstellung des ius civile durch Quintus Mucius hervor (Konsul 95, ermordet 82 v. Chr.). … findet ihren bedeutendsten Vertreter in Servius Sulpicius Rufus (Konsul 51, gestorben 43 v. Chr.). Das Honorarrecht … … ist das Gegenstück zum Zivilrecht (ius civile), dessen Rechtsinstitute nur den römischen Bürger zugänglich sind. … leitet seinen Namen vom Amt des Prätors ab, der als zweithöchster Magistrat für die Gerichtverfahren zuständig war. … erhält einen Schub 242 v. Chr. durch die Einrichtung des Amtes eines Fremdenprätors, der für Prozesse mit Ausländerbeteiligung zuständig ist und Institute des sogenannten Völkergemeinrechts (ius gentium) rezipiert, die auch Ausländern zugänglich sind. … findet seine Quelle im prätorischen Edikt, einer Rechtsschutzverheißung, … die der Prätor am Anfang seiner einjährigen Amtszeit verkündet, … an die er seit einer lex Cornelia von 67 v. Chr. gebunden ist und … die später zu einem festen Text, dem ewigen Edikt (edictum perpetuum) wird. Die Übereignung ohne mancipatio … … vollzieht sich nach Völkergemeinrecht durch formlosen Abschluss eines Rechtsgrundgeschäfts (causa), etwa eines Kaufvertrags, und Übergabe (traditio) der Sache. … ist nicht abstrakt, sondern kausal, weil die Übergabe nur bei Gültigkeit des Rechtsgrundgeschäfts wirken kann. … findet bei allen res nec mancipi statt, die nicht res mancipi sind, also etwa auch bei Grundstücken außerhalb Italiens, die formal in Staatseigentum stehen und dem Privateigentum damit eigentlich unzugänglich sind. Die Übereignung ohne mancipatio … … wird auch bei res mancipi immer üblicher, weil die mancipatio nur römischen Bürgern zugänglich ist und wegen der Pflicht zur Beteiligung von sechs weiteren Personen mit römischem Bürgerrecht sehr aufwendig ist. … führt in diesem Fall nicht sofort zum Erwerb des Eigentums nach ius civile, aber liefert die Grundlage für eine Ersitzung (usucapio) der res mancipi, die schon nach 1 Jahr bei beweglichen Sachen und nach 2 Jahren bei Immobilien vollendet ist und den regelrechten Eigentumserwerb bewirkt. … wird vom Prätor durch das Honorarrecht sanktioniert, indem … … er dem Käufer einer Sache gegen den Verkäufer die „Einrede wegen Kauf und Übergabe einer Sache“ (exceptio rei venditae et traditae), eine besondere Erscheinung der Einrede der unzulässigen Rechtsausübung (exceptio doli), gewährt. … er dem Erwerber die actio Publiciana gewährt, eine Klage, die der Eigentumsherausgabeklage nachgebildet ist und bei der der Ablauf der Ersitzungszeit fingiert wird. Die actio Publiciana Gai 4.36 Item usucapio fingitur in ea actione quae Publiciana vocatur. Datur autem haec actio ei, qui ex iusta causa traditam sibi rem nondum usu cepit eamque amissa possessione petit: nam quia non potest eam rem ex iure Quiritium suam esse intendere, fingitur rem usu cepisse, et ita quasi ex iure Quiritium dominus factus esset, intendit velut hoc modo: IUDEX ESTO. SI QUEM HOMINEM AULUS AGERIUS EMIT ET IS EI TRADITUS EST, ANNO POSSEDISSET, TUM SI EUM HOMINEM, DE QUO AGITUR, EIUS EX IURE QUIRITIUM ESSE OPORTERET et reliqua. Die Ersitzung wird bei der sogenannten actio Publiciana fingiert. Diese Klage wird demjenigen gegeben, der eine Sache, die ihm aus einem Rechtsgrund übergeben worden ist, noch nicht ersessen hat und sie nach dem Verlust des Besitzes herausverlangt. Denn da er nicht vorbringen kann, dass ihm die Sache nach ius civile gehört, wird unterstellt, er habe sie schon ersessen, und er verlangt sie so, als ob er schon nach ius civile ihr Eigentümer geworden wäre, wie zum Beispiel auf diese Weise: „X soll Richter sein. Wenn der Kläger diesen Sklaven gekauft hat, er ihm übergeben worden ist und wenn ihm der Sklave, um den gestritten wird, nachdem er ihn ein Jahr besessen hätte, nach Zivilrecht gehörte … und so weiter“. Zwölftafelgesetz lex Aquilia Fremdenprätur 450 v. Chr. 286 v. Chr. 241 v. Chr. Quintus Mucius Aquilius Gallus Konsul 95 v. Chr. veteres Servius Labeo Sabinus Konsul 51 v. Chr. † 10/11 n. Chr. † 60 n. Chr. veteres Frühklassiker 27 v. Chr. Prinzipat Prätor 66 v. Chr. Die Verfassung im Prinzipat … … entspricht der Verfassung der Republik, wird aber dadurch ausgehöhlt, dass Augustus … 27 v. Chr. das imperium pro consulare: die militärische Befehlsgewalt außerhalb Roms, erwirbt. … 23 v. Chr. die tribunicia potestas: die Amtsgewalt der Tribunen, erlangt. …19 v. Chr. das imperium consulare: die Amtsgewalt der Konsuln, erwirbt. … macht Tribunat und Konsulat zu reinen Ehrenämtern ohne Amtsgewalt. … spiegelt sich in der Stellung des Kaisers im Senat wieder: Er ist primus inter pares, also einfaches Senatsmitglied, aber mit höchster Autorität. … führt dazu, dass die Gesetzgebung nun fast nur noch durch Senatsbeschlüsse erfolgt, wobei den Gesetzestext schon die Rede des Kaisers (oratio prinicipis) enthält. Die klassische Jurisprudenz … … gewinnt ihre Bedeutung für die Rechtsentwicklung nicht zuletzt durch das vom Kaiser verliehene Respondierrecht (ius respondendi): Sein Träger kann ein Gutachten mit kaiserlicher Autorität erstatten, das die Richter praktisch und bei zwei übereinstimmenden Gutachten sogar von Rechts wegen bindet. … teilt sich in zwei Juristenschulen auf, … … die Prokulianer mit ihrem Vorläufer Labeo († 5/22 n. Chr.), der noch kein Respondierrecht hatte und mit Kaiser Augustus im Streit lag, und … … die Sabinianer mit ihrem Gründer Sabinus († 60 n. Chr., der das Respondierrecht von Kaiser Tiberius erhält und Autor der später vielfach kommentierten „Drei Bücher vom Zivilrecht“ (iuris civilis libri tres) ist. Celsus Julian † ca. 130 † ca. 165 Pomponius Gaius Papinian Ulpian † 212 † 223 Hochklassiker Paulus † ca. 230 Spätklassiker 284-305 Codex Theodosianus Hermogenian 438 Diokletian Nachklassik 284 476 Dominat Untergang Westroms Die hochklassischen römischen Juristen • Celsus (129 Konsul zum zweiten Mal): Erfinder vieler Neuerungen, Oberhaupt der prokulianischen Rechtsschule, Autor einer „Gesamtausgabe“ (libri digestorum) • Julian (148 Konsul): bedeutendster römischer Jurist überhaupt, Oberhaupt der sabinianischen Rechtsschule, Redaktor des „ewigen Edikts“ (edictum perpetuum), ebenfalls Autor von libri digestorum • Pomponius: Autor einer römischen Rechtsgeschichte (als Teil eines kurzen Handbuchs, des enchiridium) und eines Kommentars ad Sabinum • Gaius (etwa zeitgleich mit Pomponius): Autor der institutiones, der einzigen Originalquelle des klassischen römischen Rechts (entdeckt 1816 in Verona in einer Handschrift aus dem 5. Jh., die später überschrieben worden ist) Die Zweiteilung des Eigentums Gai 2.41 Nam si tibi rem mancipi neque mancipauero … , sed tantum tradidero, in bonis quidem tuis ea res efficitur, ex iure Quiritium uero mea permanebit, donec tu eam possidendo usucapias: semel enim impleta usucapione proinde pleno iure incipit, id est et in bonis et ex iure Quiritium tua res esse, ac si ea mancipata … esset. Wenn ich dir eine res mancipi nicht durch mancipatio … übereigne, sondern nur übergebe, so gelangt diese Sache zwar in dein Vermögen, nach Zivilrecht bleibt sie aber solange die meine, bis du sie durch Ersitzung erwirbst. Mit vollendeter Ersitzung beginnt die Sache, dir nach vollem Recht zu gehören, sie ist also sowohl in deinem Vermögen als auch nach Zivilrecht deine, so als ob sie durch mancipatio … übereignet worden wäre. => den hochklassischen Juristen gilt die honorarrechtliche geschützte Rechtsstellung des Erwerbers einer res mancipi ohne mancipatio als eine zweite Form der Sachinhaberschaft, die später bonitarisches Eigentum (von bona = Vermögen) genannt wird Die spätklassischen römischen Juristen • Papinian (212 von Kaiser Caracalla hingerichtet, weil er dessen Brudermord an Geta nicht rechtfertigen wollte): Leiter der kaiserlichen Kanzlei a libellis, Prätorianerpräfekt (Stellvertreter des Kaisers), „dunkler“ Schriftsteller, gilt in der Spätantike als bedeutendster römischer Jurist, Autor der „Gutachten“ (responsa) und „Rechtsfragen“ (quaestiones) • Ulpian (223 bei einem Aufstand der Prätorianergarde ermordet): Schüler Papinians, Leiter der kaiserlichen Kanzlei und Prätorianerpräfekt, Autor von umfangreichen Kommentaren zum prätorischen Edikt und zum Zivilrechtslehrbuch des Sabinus • Paulus: Autor von umfangreichen Kommentaren zum prätorischen Edikt und zum Zivilrechtslehrbuch des Sabinus sowie von responsa und quaestiones Celsus Julian † ca. 130 † ca. 165 Pomponius Gaius Papinian Ulpian † 212 † 223 Hochklassiker Paulus † ca. 230 Spätklassiker 284-305 Codex Theodosianus Hermogenian 438 Diokletian Nachklassik 284 476 Dominat Untergang Westroms Die Nachklassik … … ist durch einen Verlust der Juristenindividualität gekennzeichnet: Statt als Gutachter sind die Juristen jetzt als Mitarbeiter der kaiserlichen Kanzlei tätig. … prägt eine Verlagerung des Gewichts von der Rechtswissenschaft auf die kaiserliche Rechtsprechung und Gesetzgebung, die zum absolutistischen Kaisertum im spätantiken Dominat (ab Kaiser Diokletian 284-305) passt. … bringt einen ersten Ansatz zur Kodifikation in dem 438 im Ostreich und 439 im Westreich erlassenen Codex Theodosianus hervor, in dem kaiserliche Entscheidungen gesammelt werden. Die justinianische Kodifikation • Auftrag von Kaiser Justinian (527-565) an Tribonian, den Vorsteher der kaiserlichen Kanzlei, der als Mitarbeiter vor allem Rechtslehrer aus den Rechtsschulen von Berytos (Beirut) und Konstantinopel (Istanbul) auswählt • 528 Einsetzung einer Kommission zur Sammlung der Kaiserkonstitutionen • 529 Veröffentlichung des ersten Codex Iustinianus • 530 Auftrag zur Sammlung des Juristenrechts: aus 2000 Büchern der klassischen römischen Juristen mit 3 Millionen Zeilen werden 150.000 Zeilen (1/20) übernommen: vor allem aus Ulpian (1/3) und Paulus (1/6) • 533 Veröffentlichung der Sammlung als Digesten („Gesamtausgabe“) und kurz davor der Institutionen, einer modernisierten Fassung von Gaius‘ Institutionen • 534 Veröffentlichung der zweiten, an die Digesten angepassten Fassung des Codex Iustinianus Die Abschaffung der mancipatio IJ 2.1.40 Per traditionem quoque iure naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati, quam voluntatem domini, volentis rem suam in alium transferre, ratam haberi. et ideo cuiuscumque generis sit corporalis res, tradi potest et a domino tradita alienatur. Auch durch Übergabe erwerben wir nach natürlichem Recht Eigentum. Der natürlichen Gerechtigkeit entspricht es nämlich überaus, wenn dem Willen des Eigentümers, freiwillig seine Sache auf einen anderen zu übertragen, Geltung verschafft wird. Und daher kann eine Sache jeder Art übergeben und so vom Eigentümer veräußert werden. Justinian … … ordnet die Gleichbehandlung von res mancipi und res nec mancipi und von honorarrechtlichem und zivilrechtlichem Eigentum an. … schafft die abstrakt wirkende mancipatio endgültig ab. Zwölftafelgesetz 450 v. Chr. Untergang Westroms klass. röm. rep. Jurispr. Jurisprudenz Wiederentdeckung der Digesten 476 n. Chr. 0 533/534 1050 Corpus Iuris civilis oström. Kaiser Justinian Wiederentdeckung der Digesten Glossatoren 1050 ius commune = gemeineuropäisches römisches Recht Kommentatoren 1250 1500 Humanisten Vernunftrechtler 1650 Pandektisten 1800 1900 Naturrechtsgesetzbücher BGB ALR, CC, ABGB OR+ZGB Die Rezeption des römischen Rechts … … nimmt ihren Ausgang von der Wiederentdeckung einer Handschrift der Digesten, die anders als die Institutionen und der Codex nach der Verdrängung der Byzantiner durch die Langobarden in Italien in Vergessenheit geraten sind. Die Handschrift, seit 1406 in Florenz und deshalb Florentina genannt, soll bei der Eroberung Amalfis durch Pisa erbeutet worden sein. … erfolgt zunächst durch wissenschaftliche Bearbeitung des CIC an der Universität von Bologna, wo Irnerius (gestorben 1130) wirkt, auf den die Schule der Glossatoren zurückgeht. Deren Hauptwerk ist die Glossa ordinaria des Accursius (gestorben 1260), in der die wichtigsten der von den Glossatoren verfassten Glossen aufgeführt sind. … wird fortgesetzt im Werk der Kommentatoren (Postglossatoren), deren dedeutendster Vertreter Bartolus de Saxoferratis (1314-1357) ist, der den fortan maßgeblichen Kommentar zum CIC verfasst. … gewinnt durch die humanistische Jurisprudenz zwei neue Aspekte: die Textkritik der im CIC überlieferten Quellen und die Systematisierung des überlieferten Rechtsstoffs unter freiem Umgang mit den Quellen, für die vor allem Donellus (Hugo Doneau, 1527-1591) steht. … gewinnt eine besondere Gestalt in Deutschland in Form des usus modernus pandectarum, der das römische Recht nicht mehr als Gesetz, sondern nur noch als Gewohnheitsrecht akzeptiert und seine Geltung von seiner Anwendung in der Praxis abhängig machen will. Die Naturrechtslehre … … geht statt vom römischen Recht von der Vorstellung eines stets richtigen naturgegebenen Rechts aus, das der Vernunft zugänglich ist. … gelangt im Bereich des Privatrechts manchmal zu anderen, in der Regel aber zu denselben Lösungen wie die Gemeinrechtslehre, die jedoch mit anderen Begründungsmustern unterlegt werden. … hat in ihrer profanen Variante als ersten Vertreter den niederländischen Gelehrten Hugo Grotius (Huigh de Groot, 1583-1645), der die Lehre der spanischen Spätscholastik in vielen Einzelfragen übernimmt, aber von der Gottesvorstellung trennt. Sein Hauptwerk sind die Bücher über das „Recht von Krieg und Frieden“ (De jure belli ac pacis). … wirkt vor allem auf die drei an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert erlassenen Naturrechtsgesetzbücher ein: - das preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794 - den französischen Code civil von 1804 - das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) von 1811. Die Haltung der Naturrechtslehre Grotius, De jure belli ac pacis 2.12.15 De venditione et emptione notandum etiam sine traditione, ipso contractus momento, transferri dominum posse, atque id esse simplicissimum. … Quod si actum sit ne statim dominium transeat, obligabitur venditor ad dandum dominium, atque interim res erit commodo et periculo venditoris: quare … quod res periculo est emtoris et ut fructus ad eum pertineant, antequam dominium transeat, commenta sunt juris civilis, quod nec ubique observatur: … Zu den Kaufverträgen ist festzuhalten, dass das Eigentum auch ohne Übergabe in dem Moment des Vertragsschlusses übertragen werden kann, und dies sehr einfach. … Ist aber vereinbart, dass das Eigentum nicht sofort übergehen soll, wird der Verkäufer dazu verpflichtet, das Eigentum zu übertragen, und in der Zwischenzeit sind Gefahr und Nutzen dem Verkäufer zugewiesen. Daher ist es eine bloße Erfindung des römischen Rechts, dass Gefahr und Nutzen der Sache dem Käufer noch vor dem Eigentum zugewiesen sein sollen; und es wird auch keineswegs überall beachtet … Das Konsensprinzip im französischen Recht Das Traditionsprinzip im preußischen und österreichischen Recht Art. 1138 CC: L‘obligation de livrer la chose est parfaite par le seul consentement des parties contractantes. – Elle rend le créancier propriétaire et met la chose à ses risques dès l‘instant où elle a dû être livrée, encore que la tradition n‘en ait point été faite … § 1 I 10 ALR Die mittelbare Erwerbung des Eigenthums einer Sache erfordert, außer den dazu nötigen Titel, auch die wirkliche Übergabe derselben. § 95 I 11 ALR So lange der Verkäufer dem Käufer die Sache noch nicht übergeben hat, bleibt bey allen freywilligen Verkäufen, wenn sie nicht in Pausch und Bogen geschlossen, oder sonst ein Anderes ausdrücklich verabredet worden, Gefahr und Schade dem Verkäufer zur Last. Art. 1583 CC: Elle est parfaite entre les parties, et la propriété est acquise de droit à l'acheteur à l'égard du vendeur, dès qu'on est convenu de la chose et du prix, quoique la chose n'ait pas encore été livrée ni le prix payé. § 424 ABGB: Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage … § 425 ABGB: Der bloße Titel gibt noch kein Eigentum. Das Eigentum und alle dingliche Rechte überhaupt können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden. § 1049 ABGB Andere in dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden; so trägt der Übernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke, wenn anders hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am Werte verändert worden ist. Die historische Rechtsschule … … nimmt die Gegenposition zur Naturrechtslehre ein, indem sie das Recht (zumindest in der Theorie) nicht als unwandelbares Vernunftprodukt, sondern als zeitgebundenes Kulturgut betrachtet. … nimmt das römische Recht wieder als geltendes Recht hin, widmet sich jedoch weniger seinen Abwandlungen durch die Gemeinrechtslehre, sondern unterzieht es einer neuen systematisierenden Interpretation, vor allem mit Hilfe der Denkfiguren der Naturrechtslehre (z. B. der Willenserklärung). … hat als bedeutendsten Vertreter des romanistischen Zweigs den Wissenschaftler und preußischen Gesetzgebungsminister Friedrich Carl von Savigny (1779-1861). … wirkt in der Pandektenwissenschaft fort, die ihren wichtigsten Vertreter in Bernhard Windscheid (1817-1892) hat, der mit seinem ab 1862 erscheinenden Pandektenlehrbuch das Standardwerk für das Gemeine Recht verfasst. Das BGB von 1900 … … folgte der Vereinheitlichung des deutschen Handelsrechts durch das gemeindeutsche ADHGB von 1861 und des Zivilprozessrechts durch die RCPO von 1879 (die mit der Einrichtung des (Reichs-) Oberhandelsgerichts und seiner Überleitung in das RG einhergehen). … wird durch einen 1888 vorgelegten Entwurf der später sogenannten „ersten Kommission“ vorbereitet, die unter Beteiligung von Windscheid von 1874 bis 1887 tagt. … erhält seine nahezu endgültige Fassung durch den zweiten Entwurf von 1895, der von der zweiten Kommission unter Gottlieb Planck geschaffen wird. … steht ebenso wie das schweizerische Obligationenrecht (OR 1883) und ZGB (1911) als Frucht der Pandektenwissenschaft dem römischen Recht noch näher als die Naturrechtsgesetzbücher. Die Wiederentdeckung der Abstraktion Savigny, System des heutigen römischen Rechts Bd. 3, S. 312: „So ist die Tradition ein wahrer Vertrag, da alle Merkmale des Vertragsbegriffs darin wahrgenommen werden: denn sie enthält von beiden Seiten die auf gegenwärtige Übertragung des Besitzes und des Eigenthums gerichtete Willenserklärung, und es werden die Rechtsverhältnisse der Handelnden dadurch neu bestimmt; diese Willenserklärung für sich allein nicht hinreicht zur vollständigen Tradition, sondern die wirkliche Erwerbung des Besitzes, als äußere Handlung hinzukommen muß, hebt das Wesen des zum Grund liegenden Vertrags nicht auf.“ Zwölftafelgesetz 450 v. Chr. Untergang Westroms klass. röm. rep. Jurispr. Jurisprudenz Wiederentdeckung der Digesten 476 n. Chr. 0 533/534 1050 Corpus Iuris civilis oström. Kaiser Justinian Wiederentdeckung der Digesten Glossatoren 1050 ius commune = gemeineuropäisches römisches Recht Kommentatoren 1250 1500 Humanisten Vernunftrechtler 1650 Pandektisten 1800 1900 Naturrechtsgesetzbücher BGB ALR, CC, ABGB OR+ZGB Das Sachmängelrecht bei Miete und Pacht § 535 Abs. 1 S. 1, 2 BGB Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. § 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGB Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. § 581 BGB (1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten. (2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden. Das Sachmängelrecht bei der Landpacht § 586 Abs. 1 BGB Der Verpächter hat die Pachtsache dem Pächter in einem zu der vertragsmäßigen Nutzung geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Pächter hat jedoch die gewöhnlichen Ausbesserungen der Pachtsache, insbesondere die der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, der Wege, Gräben, Dränungen und Einfriedigungen, auf seine Kosten durchzuführen. Er ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet. § 593 Abs. 1 S. 1 BGB Haben sich nach Abschluss des Pachtvertrags die Verhältnisse, die für die Festsetzung der Vertragsleistungen maßgebend waren, nachhaltig so geändert, dass die gegenseitigen Verpflichtungen in ein grobes Missverhältnis zueinander geraten sind, so kann jeder Vertragsteil eine Änderung des Vertrags mit Ausnahme der Pachtdauer verlangen. Die Verdingung (locatio conductio) im Überblick Mietvertrag (l.c. rei) Pachtvertrag (l.c. rei) Dienstvertrag (l.c. operarum) Werkvertrag (l.c. operis) Sachleistung Geldleistung locator conductor locator + conductor conductor locator conductor conductor locator Der Werkvertrag (locatio conductio operis) D 19.2.22.2 Paul 34 ed Cum insulam aedificandam loco, ut sua impensa conductor omnia faciat, proprietatem quidem eorum ad me transfert et tamen locatio est: locat enim artifex operam suam, id est faciendi necessitatem. Vergebe ich den Bau eines Mietsblocks mit der Maßgabe, dass der conductor die Aufwendungen trägt, überträgt er mir zwar das Eigentum; aber es ist dennoch eine Verdingung; denn der Unternehmer stellt mir seine Dienste zur Verfügung und macht sich verbindlich, etwas zu tun. => obwohl die Verteilung der Rollen von locator und conductor der naturalistischen Unterscheidung nach „hingeben“ und „mitführen“ folgt, erkennen die römischen Juristen doch, dass der Werkunternehmer ebenso wie ein Dienstverpflichteter seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also eigentlich nicht der conductor, sondern der locator ist Die Verdingung von Arbeitskraft … … in der Form des Werkvertrags (locatio conductio operis) bildet den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit der Handwerker und Transportunternehmer. … in der Form des Dienstvertrags (locatio conductio operarum) spielt im römischen Recht keine besondere Rolle: - Einfache Arbeiter können sich keine Prozessführung leisten. - Die Verwaltung von Vermögen und Wirtschaftsbetrieben liegt in den Händen hierfür ausgebildeter Sklaven. - Die höheren Dienste der Architekten, Ärzte und Anwälte werden als „freie Künste“ (artes liberales) ausgeübt und zunächst nur freiwillig vergütet, später zwar mit einer Entgeltpflicht versehen, aber nicht in die locatio conductio einbezogen. Die locatio conductio rei D 19.2.19.1 Ulp 32 ed Si quis dolia vitiosa ignarus locaverit, deinde vinum effluxerit, tenebitur in id quod interest nec ignorantia eius erit excusata: et ita Cassius scripsit. aliter atque si saltum pascuum locasti, in quo herba mala nascebatur: hic enim si pecora vel demortua sunt vel etiam deteriora facta, quod interest praestabitur, si scisti, si ignorasti, pensionem non petes, et ita Servio Labeoni Sabino placuit. Hat jemand, ohne es zu wissen, schadhafte Fässer überlassen und ist daraufhin der Wein ausgelaufen, haftet er auf das Interesse und kann sich durch seine Unkenntnis nicht entschuldigen. Und so hat Cassius entschieden. Anders dagegen, wenn du eine Weide überlassen hast, auf der giftige Kräuter wachsen. Ist nämlich in diesem Fall das Vieh eingegangen oder bloß geschädigt worden, musst du das Interesse nur dann leisten, wenn du es gewusst hast; hast du es nicht gewusst, kannst du keinen Zins verlangen; und dies ist die Auffassung von Servius, Labeo und Sabinus. Die Überlassung einer Sache zum Gebrauch … … macht den locator nur dann haftbar, wenn er die Eignung der Mietsache zu einem bestimmten Gebrauch zugesichert oder wenn er sie wissentlich mangelhaft überlassen hat. … führt bei einer fehlenden Eignung der Sache zu dem vereinbarten Gebrauch aber zu einem Wegfall der Zinsverpflichtung des conductor. Sie ist Ausdruck der allgemeinen Gefahrtragungsregel, dass den Anspruch auf eine Leistung nur hat, wer auch die Gegenleistung erbringt. … belässt das Nutzungsrisiko beim conductor; der locator hat nicht für einen Nutzungserfolg einzustehen. D 19.2.15pr.-2, 4 Ulp 32 ed Ex conducto actio conductori datur. (1) Competit autem ex his causis fere: ut puta si re quam conduxit frui ei non liceat (forte quia possessio ei aut totius agri aut partis non praestatur, aut villa non reficitur vel stabulum vel ubi greges eius stare oporteat) vel si quid in lege conductionis convenit, si hoc non praestatur, ex conducto agetur. (2) Si vis tempestatis calamitosae contigerit, an locator conductori aliquid praestare debeat, videamus. Servius omnem vim, cui resisti non potest, dominum colono praestare debere ait, ut puta fluminum graculorum sturnorum et si quid simile acciderit, aut si incursus hostium fiat: si qua tamen vitia ex ipsa re oriantur, haec damno coloni esse, veluti si vinum coacuerit, si raucis aut herbis segetes corruptae sint. … (4) Papinianus libro quarto responsorum ait, si uno anno remissionem quis colono dederit ob sterilitatem, deinde sequentibus annis contigit uberitas, nihil obesse domino remissionem, sed integram pensionem etiam eius anni quo remisit exigendam. … Die Klage ex conducto wird dem conductor gewährt. (1) Sie steht ihm gewöhnlich in folgenden Fällen zu: Ist ihm zum Beispiel verwehrt, die überlassen Sache zu nutzen (weil ihm vielleicht der Besitz des Landes oder eines Teils nicht eingeräumt wird oder weil das Landhaus oder auch die Stallungen oder die Pferche nicht hergerichtet sind, wo seine Herden stehen sollen), oder ist sonst etwas in dem Vertrag vereinbart worden, was ihm nicht gewährt wird, kann die Klage ex conducto erhoben werden. (2) Sehen wir zu, ob der locator dem conductor für die Gewalt eines zerstörerischen Unwetters einzustehen hat. Servius sagt, der Eigentümer müsse dem conductor für jede Gewalt einstehen, der man nicht widerstehen könne, wie zum Beispiel für die Gewalt, die von Flüssen, Krähen oder Staren ausgeht, oder wenn sich ähnliches ereignet oder Feinde ins Land einfallen. Ergeben sich dagegen Mängel aus der Sache selbst, falle dies zum Nachteil des conductor aus, zum Beispiel wenn der Wein zu Essig geworden oder wenn die Saat durch Würmer oder durch Unkraut verdorben worden ist. … (4) Papinian schreibt im 4. Buch seiner Rechtsgutachten, ein dem conductor gewährter Nachlass schade dem Eigentümer nicht, wenn er den Zins wegen Missernte für ein Jahr erlassen, sich aber in den folgenden Jahren reiche Ernte ergeben hat; statt dessen könne er den gesamten Zins auch für das Jahr fordern, für das er den Nachlass gewährt habe. … Die Überlassung eines Grundstücks zum Landbau … … führt bei einfachen Mängeln der Sache nicht zu einem vollständigen oder anteiligen Wegfall der Zinspflicht. … ist dagegen mit einem Zinsnachlass (remissio mercedis) verbunden, wenn ungewöhnliche Ereignisse eintreten, und zwar auch dann, wenn sie nicht die überlassene Sache, sondern nur ihre Nutzung betreffen. … verpflichtet den locator also weniger zur Überlassung einer mangelfreien Sache als vielmehr zur Gewährleistung eines bestimmten Nutzungserfolgs: Der conductor darf eine übliche Ernte erwarten und wird ansonsten teilweise von seiner Zinspflicht befreit, der locator am Nutzungsrisiko beteiligt. Die Nutzungspflicht des Landpächters D 19.2.25.3, 6 Gai 10 ed prov Conductor omnia secundum legem conductionis facere debet. Et ante omnia colonus curare debet, ut opera rustica suo quoque tempore faciat, ne intempestiva cultura deteriorem fundum faceret. Praeterea villarum curam agere debet, ut eas incorruptas habeat. ... (6) Vis maior, quam Graeci qeou bian appellant, non debet conductori damnosa esse, si plus, quam tolerabile est, laesi fuerint fructus: alioquin modicum damnum aequo animo ferre debet colonus, cui immodicum lucrum non aufertur. Apparet autem de eo nos colono dicere, qui ad pecuniam numeratam conduxit: alioquin partiarius colonus quasi societatis iure et damnum et lucrum cum domino fundi partitur. Der conductor muss sich in allem an die Vorschriften des Überlassungsvertrags halten. Und vor allem muss der conductor dafür sorgen, dass die Bewirtschaftung des Landes zur rechten Zeit erfolgt, damit nicht das Grundstück durch eine Bewirtschaftung zur Unzeit verschlechtert wird. Überdies muss er für die Gebäude Sorge tragen, damit diese instand gehalten bleiben. … (6) Die höhere Gewalt, die die Griechen göttliche Gewalt nennen, darf dem conductor nicht zum Schaden gereichen, wenn er mehr, als hinnehmbar ist, gelitten hat. Einen mäßigen Schaden muss er dagegen mit Gleichmut hinnehmen, da ihm auch ein übermäßiger Gewinn nicht abgenommen wird. Dabei sprechen wir offensichtlich von dem conductor, der das Grundstück zu einem festen Zinssatz übernommen hat; der Teilpächter [der das Grundstück gegen einen Anteil der Ernte übernommen hat] teilt sich Schaden und Gewinn mit dem Grundstückseigentümer ohnehin wie unter Gesellschaftern. Die Nutzungspflicht des Landpächters … … zeigt, dass die Nutzung nicht nur im Interesse des conductor, sondern auch im Interesse des locator liegt. … ist mindestens ebenso wichtig wie seine Pflicht zur Zinszahlung. … ist der Grund für die Beteiligung des locator am Nutzungserfolg: Da er in den Genuss dieser Leistung auch bei einer Missernte kommt, muss er an dem Nutzungsrisiko des conductor beteiligt werden. … nähert die eigentlich als Austauschvertrag konzipierte locatio conductio der Gesellschaft an. … macht den heutigen Vertragstyp des Landpachtvertrags auch für andere Pacht- oder pachtähnliche Verträge mit Nutzungspflicht (vor allem das Franchising) zum Vorbild. Das Darlehen im geltenden Recht § 488 Abs. 1: Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten. das Darlehen ist sowohl verzinslich als auch zinslos denkbar; in diesem Fall ist es ein gewöhnlicher, im anderen ein gegenseitiger Vertrag, bei dem die Überlassung der Darlehensvaluta und die Zinsleistung im Verhältnis der Gegenseitigkeit stehen das Darlehen kommt durch bloße Einigung der Parteien, nicht erst durch die Auszahlung der Darlehensvaluta zustande, zu der der Darlehensgeber verpflichtet ist Der Darlehensvertrag im römischen Recht … … hat zwei Erscheinungsformen: - Das verzinsliche Darlehen wird in Form eines abstrakten Schuldversprechens, der Stipulation, begründet, mit der der Darlehensnehmer die Zahlung eines Betrags verspricht, der die ausgereichten Darlehensvaluta und die Zinsen umfasst. (Um eine Bereicherung des Gläubigers zu verhindern, gewährt man dem Schuldner die Einrede der unterlassenen Auszahlung (exceptio non numeratae pecuniae), die dafür sorgt, dass der Gläubiger die Ausreichung der Darlehensvaluta zu beweisen hat.) - Das zinslose Darlehen ist ein eigener Vertragstyp, das mutuum, das kein formelles Versprechen voraussetzt, als Realvertrag aber nur durch Auszahlung der Darlehensvaluta begründet werden kann und allein auf Rückgewähr des ausgereichten Betrags gerichtet ist. Das mutuum als Ausnahmeerscheinung D 17.1.34pr. Afr 8 quaest Qui negotia Lucii Titii procurabat, is, cum a debitoribus eius pecuniam exegisset, epistulam ad eum emisit, qua significaret certam summam ex administratione apud se esse eamque creditam sibi se debiturum cum usuris semissibus: quaesitum est, an ex ea causa credita pecunia peti possit et an usurae peti possint. respondit non esse creditam: alioquin dicendum ex omni contractu nuda pactione pecuniam creditam fieri posse. nec huic simile esse, quod, si pecuniam apud te depositam convenerit ut creditam habeas, credita fiat, quia tunc nummi, qui mei erant, tui fiunt: item quod, si a debitore meo iussero te accipere pecuniam, credita fiat, id enim benigne receptum est. ... et in proposito igitur dicendum actione mandati obligatum fore procuratorem, ut, quamvis ipsius periculo nummi fierent tamen usuras, de quibus convenerit, praestare debeat. Derjenige, der die Geschäfte des Lucius Titius führte, stellte diesem, als er von dessen Schuldnern Geld eingezogen hatte, ein Schriftstück aus, in dem er zum Ausdruck brachte, dass eine bestimmte Summe Geldes in seiner Hand sei und dass er dieses Geld als Darlehen mit einem halben Prozent Zins [=6% pro Jahr] schulden wollte. Es ist gefragt worden, ob wegen dieser Sache das Geld als Darlehen und auch die Zinsen verlangt werden können. Er [Julian] hat geantwortet, dass kein Darlehen vorliege. Sonst müsse man sagen, dass aus jedem Vertrag durch bloßes pactum ein Darlehen entstehe. Und es bestehe keine Ähnlichkeit mit der Entscheidung, dass ein Darlehen zustande komme, wenn vereinbart wird, dass du in Verwahrung gegebenes Geld als Darlehen haben sollst; in diesem Fall erwirbst du nämlich Eigentum an Geld, das mir gehörte. Ebenso wenig sei die Entscheidung vergleichbar, dass ein Darlehen entsteht, wenn ich dich angewiesen habe, Geld von meinem Schuldner zu nehmen: Diese Lösung ist nämlich aus Gründen der Zweckmäßigkeit anerkannt worden. … Und im vorliegenden Fall sei demnach zu entscheiden, dass der Geschäftsführer aus Auftrag verpflichtet sei und dass er, obwohl er die Gefahr trage, dennoch die vereinbarten Zinsen zahlen müsse. Das mutuum als Ausnahmeerscheinung D 12.1.15 Ulp 31 ad ed Singularia quaedam recepta sunt circa pecuniam creditam. Nam si tibi debitorem meum iussero dare pecuniam, obligaris mihi, quamvis meos nummos non acceperis. Quod igitur in duabus personis recipitur, hoc et in eadem persona recipiendum est, ut, cum ex causa mandati pecuniam mihi debeas et convenerit, ut crediti nomine eam retineas, videatur mihi data pecunia et a me ad te profecta. Beim Darlehen sind gewisse Ausnahmen zugelassen worden. Habe ich nämlich meinen Schuldner angewiesen, dir Geld auszuzahlen, so wirst du mir verpflichtet, obwohl du nicht mir gehöriges Geld erhalten hast. Was bei Mitwirkung von zwei Personen zugelassen wird, muss auch bei ein und derselben Person zugelassen werden; schuldest du mir aus Auftrag Geld und sind wir übereinkommen, dass du dieses Geld als Darlehen behältst, dann wird es so angesehen, als sei der Geldbetrag mir ausgezahlt worden und dann von mir an dich gelangt. Strenge Klage und bonae fidei iudicium Die formula der actio certae creditae pecuniae (condictio) Die formula der actio mandati intentio: SI PARET Nm Nm Ao Ao SESTERTIUM DECEM MILIA DARE OPORTERE condemnatio: TANTAM PECUNIAM IUDEX Nm Nm Ao Ao CONDEMNATO. absolutio:SI NON PARET ABSOLVITO. demonstratio: QUOD As As No No MANDAVIT UT NEGOTIA EIUS PROCURARET intentio: QUIDQUID OB EAM REM Ns Ns Ao Ao DARE FACERE OPORTET EX FIDE BONA condemnatio: EIUS IUDEX Nm Nm Ao Ao CONDEMNATO. absolutio: SI NON PARET ABSOLVITO. Stellt sich heraus, dass Ns Ns verpflichtet ist, dem As As 10.000 Sesterzen zu zahlen, Was das anbelangt, dass As As den Ns Ns beauftragt hat, seine Geschäfte zu führen, so verurteile du, Richter, den Ns Ns dem As As zu eben diesem Betrag. zu was auch immer Ns Ns nach guter Treue verpflichtet ist, dem As As zu leisten oder zu tun, Stellt es sich nicht heraus, sprich ihn frei. hierin verurteile du, Richter, den Ns Ns dem As As. Stellt es sich nicht heraus, sprich ihn frei. Julian … … lässt anders als Ulpian kein Vereinbarungsdarlehen zu und bleibt so dem Realvertragscharakter treu. … folgt der Regel, dass Ausnahmeentscheidungen wie die Zulassung des Anweisungsdarlehens keiner Analogie zugänglich sind. … misst so dem mutuum selbst Ausnahmecharakter zu. … verhilft der Parteiabsicht zur Geltung, indem er auf den Auftrag (mandatum) ausweicht und in diesem Rahmen eine Zinspflicht annimmt, die beim mutuum gerade nicht bestünde. Nach der Rezeption des römischen Rechts… … wird das mutuum wegen des christlichen Zinsverbots zum Prototyp des Darlehens. … wird das verzinsliche Darlehen erst wieder von der Naturrechtslehre anerkannt, die den Vergleich zum nach wie vor erlaubten Mietvertrag anstellt. … werden im deutschsprachigen Raum zunächst Höchstsätze für die Zinspflicht festgesetzt, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aber zugunsten des allgemeinen Wucherverbots (§ 138 BGB) beseitigt. … fällt das Formgebot für das Versprechen der Rückzahlung, so dass das Darlehen zum Konsensualvertrag wird. … erscheint das Darlehen im BGB von 1900 allerdings noch als Realvertrag neben dem Darlehensversprechen, das als eine Art Vorvertrag erscheint: § 607 Abs. 1 BGB aF: „Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.“ § 610 BGB aF: „Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in den Verhältnissen des anderen Teils eines wesentliche Verschlechterung eintritt …“ Das Bereicherungsrecht des BGB … … geht von einer Generalklausel aus, die Leistungs- und Nichtleistungskondiktion einschließt: § 812 Abs. 1 S. 1 BGB: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.“ … hat die Eingriffskondiktion als Fall der Nichtleistungskondiktion zu einem besonderen Tatbestand verselbständigt, dem nach herrschender Ansicht die Funktion der Gewinnabschöpfung zukommt: § 816 Abs. 1 S. 1 BGB: „Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet.“ Römisches Recht: Diebstahlskondiktion als Ausnahme? Gai 4.4 Sic itaque discretis actionibus certum est non posse nos rem nostram ab alio ita petere: SI PARET EUM DARE OPORTERE; nec enim quod nostrum est, nobis dari potest, cum scilicet id dari nobis intellegatur, quod ita datur, ut nostrum fiat; nec res, quae nostra iam est, nostra amplius fieri potest. plane odio furum, quo magis pluribus actionibus teneantur, receptum est, ut extra poenam dupli aut quadrupli rei recipiendae nomine fures ex hac actione teneantur: SI PARET EOS DARE OPORTERE, quamvis sit etiam adversus eos haec actio, qua rem nostram esse petimus. So steht für bestimmte Klagen fest, dass wir eine uns schon gehörende Sache nicht mit der Formel herausverlangen können: „Wenn sich herausstellt, dass er zu geben verpflichtet ist …“; denn was uns gehört, kann uns nicht gegeben werden in dem Sinne, dass uns zu geben bedeutet, dass so gegeben wird, dass wir Eigentum erwerben; und eine Sache, die schon uns gehört, kann nicht noch mehr die unsere werden. Freilich ist aus Abscheu vor den Dieben, damit sie gleich mit mehreren Klagen haften, anerkannt, dass sie neben der Strafe, die auf das Doppelte oder Vierfache gerichtet ist, zur Verfolgung der Sache auch aus der Klage: „Wenn sich herausstellt, dass er zu geben verpflichtet ist“, haften, obwohl die Klage gegen sie so angestellt wird, dass wir mit ihr eine eigene Sache fordern. Für Gaius … … ist die Kondiktion grundsätzlich auf die Übereignung einer Sache gerichtet, kann also in aller Regel nicht von dem Eigentümer angestellt werden, sondern nur nach einer Übereignung als Leistungskondiktion. … ist die Diebstahlskondiktion (condictio furtiva) eine Ausnahme, zur Benachteiligung der Diebe, die auch mit der Eigentumsherausgabeklage und mit einer Strafklage, der actio furti, auf das Zwei- oder Vierfache des Sachwertes haften. … wäre die Diebstahlskondiktion dann nur dazu geschaffen, dem Eigentümer, der nicht notwenig zur Erhebung der actio furti berechtigt ist, eine sachverfolgende Klage zu geben, die wegen des Satzes: fur semper in mora („der Dieb ist immer in Verzug“), über den Untergang der Sache hinaus zuständig ist: D 13.1.20 Tryph 15 disp Licet fur paratus fuerit excipere condictionem et per me steterit, dum in rebus humanis res fuerat, condicere eam, postea autem perempta est, tamen durare condictionem veteres voluerunt, quia videtur, qui primo invito domino rem contrectaverit, semper in restituenda ea, quam nec debuit auferre, moram facere. Sogar in dem Fall, dass der Dieb bereit war, sich auf die Kondiktion einzulassen und es an mir lag, sie, während sie noch existierte, zu kondizieren, und sie danach untergegangen ist, wollten die Juristen der Republik, dass die Kondiktion erhalten bleibt, weil derjenige, der einmal eine Sache ohne den Willen des Eigentümers entwendet hat, so angesehen wird, als sei er für immer mit der Rückgewähr dessen, was er nicht hätte wegnehmen dürfen, in Verzug. Gegen eine allgemeine Nichtleistungskondiktion … … spricht auch Julians Entscheidung zur Bauführung auf fremdem Grund: D 12.6.33 Iul 39 dig Si in area tua aedificassem et tu aedes possideres, condictio locum non habebit, quia nullum negotium inter nos contraheretur: nam is, qui non debitam pecuniam solverit, hoc ipso aliquid negotii gerit: cum autem aedificium in area sua ab alio positum dominus occupat, nullum negotium contrahit. Habe ich auf deinem Gelände gebaut und besitzt du das Gebäude, greift die Kondiktion nicht Platz, weil kein Geschäft zwischen uns abgeschlossen wurde. Denn wer einen nicht geschuldeten Betrag zahlt, schließt auf diese Weise ein Geschäft ab. Wenn aber der Eigentümer das von einem anderen errichtete Gebäude in Besitz nimmt, schließt er kein Geschäft ab. das Eigentum an dem Gebäude geht automatisch, nämlich nach der Regel: superficies solo cedit („der Überbau folgt in seinem rechtlichen Schicksal dem Boden“), auf den Grundeigentümer über Julian erwägt eine Kondiktion nur auf der Basis eines Rechtsgeschäfts, also als Leistungskondiktion Doch ein allgemeines Bereicherungsverbot? D 12.5.6 Ulp 18 Sab Perpetuo Sabinus probavit veterum opinionem existimantium id, quod ex iniusta causa apud aliquem sit, posse condici: in qua sententia etiam Celsus est. Stets hat Sabinus die Meinung der Juristen der Republik geteilt, die glaubten, dass kondiziert werden könne, was aus einem ungerechten Grund bei jemandem sei. Dieser Ansicht ist auch Celsus. die Kondiktion scheint nicht nur aufgrund einer Leistung, sondern schon bei jedem unberechtigten Innehaben einer Sache begründet zu sein so entsteht ein kaum denkbarer Widerspruch zu Gaius und Julian, der sich nur dann vermeiden lässt, wenn man der Formulierung: ex iniusta causa apud aliquem esse, eine konkretere Bedeutung abgewinnt Leistung und Eingriff als alternative Tatbestände D 24.1.5.18 Ulp 32 Sab In donationibus autem iure civili impeditis hactenus revocatur donum ab eo ab eave cui donatum est, ut, si quidem exstet res, vindicetur, si consumpta sit, condicatur hactenus, quatenus locupletior quis eorum factus est: D 24.1.6 Gai 11 prov Quia quod ex non concessa donatione retinetur, id aut sine causa aut ex iniusta causa retineri intellegitur: ex quibus causis condictio nasci solet. Bei den nach Zivilrecht verbotenen Schenkungen wird das Geschenk von dem Beschenkten derart zurückverlangt, dass es, wenn die Sache noch existiert, vindiziert und, wenn sie verbraucht worden ist, kondiziert wird, soweit der Empfänger noch bereichert ist. Denn was aus einer unerlaubten Schenkung zurückbehalten wird, gilt entweder als ohne Grund oder aus unrechtem Grund zurückbehalten, aus welchen Gründen gewöhnlich die Kondiktion entsteht. das Verbot der Schenkung unter Ehegatten hindert den Eigentumserwerb solange die Sache noch existiert, kann sie mit der Eigentumsherausgabeklage zurückgefordert werden nach ihrem Verbrauch kann man entweder von einer Leistung ohne Rechtsgrund (sine causa) oder von einem rechtswidrigen Eingriff (iniusta causa) als alternativen Anknüpfungspunkten für die Kondiktion ausgehen Die Kondiktion des klassischen Rechts … … ist an zwei mögliche „Hinwege“ geknüpft: die freiwillige Zuwendung durch Leistung oder den rechtswidrigen Eingriff in fremdes Eigentum. … kommt in dieser zweiten Variante fast immer als Diebstahlskondiktion, die wegen des weiten Begriffs des furtum einen großen Anwendungsbereich hat, ansonsten in ähnlichen Konstellationen vor. … versagt, wenn es wie bei der Bauführung auf fremdem Grund weder zu einer Leistung noch zu einem Eingriff, sondern, modern gesprochen, zu einer Verwendung gekommen ist. … verliert ihre Gestalt in der justinianischen Kodifikation, in der die Quellen zur Eingriffskondiktion mit denen zur Leistungskondiktion vermengt werden. Nach der Rezeption des römischen Rechts … … wird der Tatbestand des unberechtigten Innehabens (ex inusta causa apud aliquem esse) als genereller Bereicherungstatbestand verstanden, der neben den speziellen Tatbeständen der Leistungskondiktion zuständig ist. … beschränken sich die Naturrechtsgesetzbücher auf die Leistungskondiktion. ALR und ABGB übernehmen jedoch den aus dem römischen Sklavenrecht stammenden Versionsanspruch, der ebenfalls immer dann zuständig ist, wenn etwas in das Vermögen eines anderen ohne Rechtsgrund gelangt ist. … kehrt die Eingriffskondiktion in OR und BGB im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Generalklausel zurück, die aber subsidiär zu den Leistungsbeziehungen und ihrer Rückabwicklung ist. … wird die Eingriffskondiktion heute nicht mehr als reines Rückgewährschuldverhältnis, sondern auch im Anschluss an eine doppeldeutige Aussage Julians als Mittel zur Gewinnabschöpfung eingesetzt: D 12.1.23 Afr 2 quaest Si eum servum, qui tibi legatus sit, quasi mihi legatum possederim et vendiderim, mortuo eo posse te mihi pretium condicere Iulianus ait, quasi ex re tua locupletior factus sim. Habe ich den Sklaven, der dir vermacht war, so besessen, als sei er mir vermacht, und verkauft, kannst du, wie Julian sagt, nach seinem Tod von mir seinen Preis (Wert) kondizieren, weil ich aus deinem Vermögen bereichert bin. Der Bereicherungsausgleich im Dreiecksverhältnis nach geltendem Recht § 812 Anweisungsempfänger Anweisender § 812 Zuwendung Angewiesener Der Bereicherungsausgleich in den Seitenverhältnissen erfolgt, um … … die Parteien so zu stellen, als wäre die Zuwendung vom Angewiesenen an den Anweisenden und von diesem an den Anweisungsempfänger erfolgt, weil die Anweisung nur der Abkürzung des Leistungswegs dient. … jedem Beteiligten nur das Insolvenzrisiko seines (wirklichen oder vermeintlichen) Vertragspartners aufzubürden. … jeden Beteiligten vor Einwendungen aus einem fremden Rechtsverhältnis zu schützen und jedem Beteiligte die eigenen Einwendungen zu erhalten. Beides lässt sich nicht gleichzeitig erreichen, wenn man eine Rückabwicklung im Zuwendungsverhältnis vornimmt. Die Rückabwicklung in den Seitenverhältnissen … … wird heute von der Rechtsprechung durch den Leistungsbegriff erreicht: Die zweckgerichtete Vermögensmehrung findet nicht im Zuwendungs-, sondern in den Seitenverhältnissen zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisenden sowie zwischen diesem und dem Anweisungsempfänger statt. Die Rückabwicklung folgt den angestrebten Erfüllungswirkungen, wie sie sich aus den Tilgungsbestimmungen ergeben. … ergab sich in Rom aus zwei Sätzen: - Wer anweist, steht so, als habe er selbst geleistet. - Wer anweist, steht so, als sei ihm selbst geleistet worden. Statt über die Definition der Leistung erreichen die römischen Juristen ihr Ziel also durch Fallvergleichung. Auch hier gilt: Die Rückabwicklung folgt den angestrebten Erfüllungswirkungen. … galt nicht nur für die Leistung, sondern auch für die anweisungsgemäße Verpflichtung. Der dingliche Mangel im Valutaverhältnis bei Celsus D 24.1.3.12 Ulp 32 Sab Sed si debitorem suum ei solvere iusserit, hic quaeritur, an nummi fiant eius debitorque liberetur. et Celsus libro quinto decimo digestorum scribit videndum esse, ne dici possit et debitorem liberatum et nummos factos mariti, non uxoris: nam et si donatio iure civili non impediretur, eum rei gestae ordinem futurum, ut pecunia ad te a debitore tuo, deinde a te ad mulierem perveniret: nam celeritate coniungendarum inter se actionum unam actionem occultari, ceterum debitorem creditori dare, creditorem uxori. nec novum aut mirum esse, quod per alium accipias, te accipere: ... Aber wenn er [der Ehemann] seinen Schuldner zu zahlen anweist, stellt sich die Frage, ob dieser die Münzen zum Eigentum des Ehemannes macht und befreit wird. Celsus schreibt im 15. Buch seiner Digesten, man müsse zusehen, ob nicht der Schuldner befreit werde und die Münzen zum Eigentum des Ehemannes werden, nicht der Ehefrau. Denn auch wenn die Schenkung nicht durch Zivilrecht gehindert wäre, wäre es die Ordnung des Geschäfts, dass das Geld von deinem Schuldner an dich, danach von dir an deine Frau fließt. Durch die Geschwindigkeit, mit der die Rechtsakte untereinander verbunden werden, bleibe ein Akt verborgen; sonst übereigne der Schuldner dem Gläubiger, der Gläubiger der Ehefrau. Und es sei auch nicht neu oder verwunderlich, dass man erwerbe, was man durch einen anderen erwerbe. … Der ‚Durchgangserwerb‘ bei Celsus rei vindicatio mulier (delegatarius) maritus (delegans) donatio inter virum et uxorem dominus debitum solutum Zuwendung debitor (delegatus) Die Lösung Julians D 24.1.39 Iul 5 Min Vir uxori pecuniam cum donare vellet, permisit ei, ut a debitore suo stipuletur: illa cum id fecisset, priusquam pecuniam auferret, divortium fecit: quaero, utrum vir eam summam petere debeat an ea promissione propter donationis causam actio nulla esset. respondi inanem fuisse eam stipulationem. sed si promissor mulieri ignorans solvisset, si quidem pecunia exstat, vindicare eam debitor potest: sed si actiones suas marito praestare paratus est, doli mali exceptione se tuebitur ideoque maritus hanc pecuniam debitoris nomine vindicando consequetur. sed si pecunia non exstat et mulier locupletior facta est, maritus eam petet: intellegitur enim ex re mariti locupletior facta esse mulier, quoniam debitor doli mali exceptione se tueri potest. Ein Mann, der seiner Frau schenken wollte, duldete, dass sie sich von seinem Schuldner versprechen ließ. Nachdem sie dies gemacht hatte und noch bevor das Geld angeboten wurde, ließ sie sich scheiden. Ich frage, ob der Ehemann die Summe fordern muss oder ob wegen dieses schenkweisen Versprechens keine Klage mehr vorhanden ist. Ich habe geantwortet, dass das Versprechen unwirksam sei. Aber wenn der Schuldner der Frau in Unkenntnis geleistet hat und das Geld noch existiert, kann der Schuldner es vindizieren. Ist er jedoch bereit, dem Ehemann seine Klagen abzutreten, wird er mit der Einrede des Rechtsmissbrauchs geschützt; und der Ehemann wird im Namen des Schuldners das Geld vindizieren. Aber wenn das Geld nicht mehr existiert und die Frau bereichert ist, fordert der Ehemann es ein. Die Frau ist nämlich als aus dem Vermögen des Mannes bereichert anzusehen, weil sich der Schuldner mit der Einrede des Rechtsmissbrauchs verteidigen kann. Die ‚konservative‘ Lösung Julians rei vindicatio mulier (delegatarius) maritus (delegans) donatio inter virum et uxorem debitum exceptio doli Zuwendung rei vindicatio debitor (delegatus) dominus Celsus und Julian … … kommen beide im Fall eines dinglich wirkenden Mangels im Valutaverhältnis zum gleichen Ergebnis, indem sie jeweils … … den angewiesenen Schuldner von seiner Verpflichtung befreien, … die Rückabwicklung in das mangelhafte Valutaverhältnis verweisen und dem anweisenden Ehemann überlassen. … sind unterschiedlich kühn in ihren Lösungen: - Julian schöpft (in typisch römischer Manier) das vorhandene Instrumentarium aus, indem er auf exceptio doli und die Abtretung durch Prozessvollmacht zurückgreift. - Celsus durchbricht kurzerhand die sachenrechtliche Regel, dass man durch andere Freie nichts erwerben kann, um dem ordo der Leistung auf Anweisung Geltung zu verschaffen. Deliktstatbestände im Zwölftafelgesetz XII-T 8,2: Si membrum rupsit, ni cum eo pacit, talio esto. Hat jemand (einem anderen) ein Glied abgerissen, soll dies, wenn deshalb kein Sühnevertrag zustande kommt, mit Gleichem vergolten werden. XII-T 8,3: Manu fustive si os fregit libero CCC, si servo CL poenae sunto. Hat jemand mit der Hand oder mit einem Stock einem Freien einen Knochen gebrochen, soll die Strafe 300 Ass betragen, hat er den Knochen eines Sklaven gebrochen, 150 Ass. XII-T 8,4: Si iniuriam alteri faxsit, XXV poenae sunto. Fügt jemand einem anderen etwas Widerrechtliches zu, soll die Strafe 25 Ass sein. Die Deliktstatbestände im Zwölftafelgesetz … … sind auf bestimmte schädliche Erfolge ausgerichtet und differenzieren nicht nach dem Verschulden. … knüpfen an die Talion mit strafbegrenzender Funktion an. … lassen statt der Talion eine Geldzahlung zu, der die Funktion von Strafe und Schadensersatz zukommt. … setzen voraus, dass der Strafanspruch privat und nicht staatlich ist. … zeigen, dass Sklaven und Freie nicht als wesensverschieden, sondern nur unterschiedlich wertvoll angesehen wurden. Das erste Kapitel der lex Aquilia D 9.2.2 pr. Gai 7 ad ed prov Lege Aquilia capite primo cavetur: ‚ut qui servum servamve alienum alienamve quadrupedem vel pecudem iniuria occiderit, quanti id in eo anno plurimi fuit, tantum aes dare domino damnas esto’. Im ersten Kapitel der lex Aquilia wird bestimmt: ‚Tötet jemand einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder ein (fremdes) vierfüßiges Herdentier widerrechtlich, soll er verpflichtet sein, dem Eigentümer so viel Geld zu zahlen, wie die Sache in diesem Jahr maximal wert gewesen ist’. In der lex Aquilia … … werden Sklaven wie Tiere und damit als Sachen behandelt. … ist nur noch eine widerrechtliche Tat (iniuria) sanktioniert. Dies lässt Raum ... … für einen Ausschluss der Haftung durch einen Rechtfertigungsgrund. … für eine Anknüpfung an das Verschulden des Täters. … richtet sich die zu leistende Buße nach dem Wert des geschädigten Sklaven oder Tieres, wodurch ihre Schadensersatzfunktion hervortritt. … kommt der Höchstwert des Opfers im letzten Jahr vor der Tötung in Ansatz, damit der Täter nicht von der eigenen Tat profitiert, wenn er das Opfer zunächst nur tödlich verwundet hat. Das dritte Kapitel der lex Aquilia D 9.2.27.5 Ulp 18 ad ed Tertio autem capite ait eadem lex Aquilia: ‚ceterarum rerum praeter hominem et pecudem occisos si quis alteri damnum faxit, quod usserit fregerit ruperit iniuria, quanti ea res [erit] <fuit> in diebus triginta proximis, tantum aes domino dare damnas esto’. Im dritten Kapitel der lex Aquilia heißt es: „Fügt jemand, ohne Sklaven oder Herdentiere zu töten, einem anderen Schaden zu, indem er etwas widerrechtlich verbrennt, zerbricht oder zerreißt, soll er verpflichtet sein, dem Eigentümer so viel Geld zu zahlen, wie die Sache in den nächsten 30 Tagen wert gewesen ist.“ Die lex Aquilia … … enthält in ihrem dritten Kapitel den Auffangtatbestand der Schadenszufügung (damnum facere), der auch die bloße Verletzung oder Beschädigung einschließt und diese auch bei anderen Tieren als den im 1. Kapitel genannten sowie bei Sachen erfasst. … knüpft die Haftung aber immer noch an bestimmte Tathandlungen des Verbrennens, Zerbrechens oder Zerreißens (urere, frangere, rumpere). … wird schon von den Juristen der republikanischen Periode in einen regelrechten Generaltatbestand umgedeutet, indem rumpere als corrumpere verstanden wird: D 9.2.27.13 Ulp 18 ad ed Inquit lex ‚ruperit’. rupisse verbum fere omnes veteres sic intellexerunt ‚corruperit’. Das Gesetz sagt: ‚zerrissen hat’. Fast alle alten Juristen haben den Ausdruck: ‚zerrissen haben’, in der Bedeutung: ‚beschädigt haben’, verstanden. Gai 3.217 Capite tertio de omni cetero damno cauetur. itaque si quis seruum uel eam quadrupedem, quae pecudum numero est, vulnerauerit siue eam quadrupedem, quae pecudum numero non est, uelut canem, aut feram bestiam, uelut ursum, leonem, vulnerauerit uel occiderit, hoc capite actio constituitur. in ceteris quoque animalibus, item in omnibus rebus, quae anima carent, damnum iniuria datum hac parte uindicatur. si quid enim ustum aut ruptum aut fractum fuerit, actio hoc capite constituitur, quamquam potuerit sola rupti appellatio in omnes istas causas sufficere; ruptum enim intellegitur, quod quoquo modo corruptum est; unde non solum usta aut rupta aut fracta, sed etiam scissa et collisa et effusa et quoquo modo uitiata aut perempta atque deteriora facta hoc verbo continentur. Im dritten Kapitel [der lex Aquilia] werden alle anderen Schäden behandelt. Daher ist eine Klage aus diesem Kapitel gegeben, wenn jemand einen Sklaven oder ein vierfüßiges Tier, das zu den Herdentieren zählt, verletzt hat oder wenn er ein vierfüßiges Tier, das nicht zu den Herdentieren zählt, wie einen Hund oder ein wildes Tier, wie einen Bär oder einen Löwen, verletzt oder getötet hat. Auch bei allen anderen Tieren sowie bei unbelebten Sachen wird der Ersatz des widerrechtlich zugefügten Schadens nach diesem Abschnitt des Gesetzes verlangt. Die Klage ist aus diesem Kapitel nämlich gegeben, wenn etwas verbrannt, zerrissen oder zerbrochen worden ist, obwohl der Ausdruck: „zerrissen“, in allen diesen Fällen genügt hätte. Als zerrissen gilt nämlich, was auf irgendeine Weise beschädigt worden ist. Daher wird von der gesetzlichen Formulierung nicht nur erfasst, was verbrannt, zerrissen oder zerbrochen worden ist, sondern auch, was geschnitten, zerschlagen, ausgeschüttet oder auf irgendeine andere Art verdorben, untergegangen oder verschlechtert worden ist. Die Interpretation der lex Aquilia durch die republikanischen Juristen … … lässt jedes körperliche Beschädigen (corrumpere) genügen, wodurch … … einerseits der Tatbestand auf jede widerrechtliche Schadenszufügung (damnum iniuria datum) ausgedehnt wird. … andererseits immer noch eine körperliche Einwirkung erforderlich, also keine Haftung für reine Vermögensschäden begründet ist. Die Arglistklage (actio de dolo) D 4.3.1.1 Ulp11 ed Verba autem edicti talia sunt: ‚quae dolo malo facta esse dicentur, si de his rebus alia actio non erit et iusta causa esse videbitur, iudicium dabo.’ Der Wortlaut des Edikts aber ist folgender: ‚Wird vorgetragen, dass etwas arglistig geschehen ist, werde ich, wenn in dieser Sache keine andere Klage gegeben ist und ein berechtigter Grund vorliegt, eine Klage erteilen’. D 4.3.1.2 Ulp 11 ad ed Dolum malum Servius quidem ita definiit machinationem quandam alterius decipiendi causa, cum aliud simulatur et aliud agitur. Labeo autem posse et sine simulatione id agi, ut quis circumveniatur: posse et sine dolo malo aliud agi, aliud simulari, sicuti faciunt, qui per eiusmodi dissimulationem deserviant et tuentur vel sua vel aliena: itaque ipse sic definiit dolum malum esse omnem calliditatem fallaciam machinationem ad circumveniendum fallendum decipiendum alterum adhibitam. Labeonis definitio vera est. Servius hat Arglist zwar definiert als eine Art Machenschaft, um andere zu betrügen, indem das eine vorgetäuscht, das andere getan wird. Aber Labeo sagt, es könne einerseits auch ohne Täuschung bewirkt werden, dass jemand übervorteilt wird; man könne andererseits auch ohne Arglist das eine tun, das andere vortäuschen, wie die, die sich verstellen und dadurch eigenes oder fremdes Gut schützen. Er selbst definierte daher Arglist als jede Hinterlist, Betrügerei oder Machenschaft zu dem Zweck, einen anderen zu übervorteilen oder zu täuschen. Die Definition Labeos ist richtig. IJ 4.3.16 Ceterum placuit, ita demum ex hac lege actionem esse, si quis praecipue corpore suo damnum dederit. ideoque in eum qui alio modo damnum dederit, utiles actiones dari solent: veluti si quis hominem alienum aut pecus ita incluserit ut fame necaretur, aut iumentum tam vehementer egerit ut rumperetur, aut pecus in tantum exagitaverit ut praecipitaretur, aut si quis alieno servo persuaserit ut in arborem ascenderet vel in puteum descenderet, et is ascendendo vel descendendo aut mortuus fuerit aut aliqua parte corporis laesus erit, utilis in eum actio datur. sed si quis alienum servum de ponte aut ripa in flumen deiecerit et is suffocatus fuerit, eo quod proiecerit corpore suo damnum dedisse non difficiliter intellegi poterit ideoque ipsa lege Aquilia tenetur. sed si non corpore damnum fuerit datum neque corpus laesum fuerit, sed alio modo damnum alicui contigit, cum non sufficit neque directa neque utilis Aquilia, placuit eum qui obnoxius fuerit in factum actione teneri: veluti si quis, misericordia ductus, alienum servum compeditum solverit, ut fugeret. Im Übrigen hat sich die Meinung durchgesetzt, dass nach diesem Gesetz eine Klage nur gegeben ist, wenn jemand den Schaden vornehmlich durch körperliche Einwirkung zugefügt hat. Deshalb pflegt man gegen den, der den Schaden auf andere Weise zugefügt hat, analoge Klagen zu gewähren. Eine solche wird zum Beispiel gegen den gewährt, der einen fremden Sklaven oder fremdes Vieh einsperrt, so dass sie verhungern, oder ein Zugtier so heftig antreibt, dass es Schaden nimmt, oder Herdenvieh so antreibt, dass es zugrunde geht, oder einen fremden Sklaven überredet, auf einen Baum oder in einen Brunnen zu steigen, wenn der Sklave beim Hinaufklettern oder Hinabsteigen entweder zu Tode kommt oder sich an irgendeinem Körperteil verletzt. Stößt aber jemand einen fremden Sklaven von einer Brücke oder vom Ufer in den Fluss und ertrinkt dieser, kann man unschwer erkennen, dass er, indem er stößt, den Schaden durch körperliche Einwirkung verursacht und deshalb aus der lex Aquilia selbst haftet. Wird der Schaden jedoch nicht durch körperliche Einwirkung zugefügt und auch kein Körper verletzt, sondern entsteht jemandem auf andere Weise ein Schaden, haftet der Schuldige, weil weder die unmittelbare noch eine analoge aquilische Klage in Betracht kommt, nach allgemeiner Meinung mit einer auf den Sachverhalt zugeschnittenen Klage: wie zum Beispiel, wenn jemand aus Mitleid einem fremden Sklaven die Fesseln löst, damit er fliehen kann. Die deliktische Generalklausel Grotius (1583-1645), De jure belli ac pacis, 2.17.1 Maleficium hic appellamus culpam omnem, sive in faciendo, sive in non faciendo, pugnantem cum eo quod aut homines communiter, aut pro ratione certae qualitatis facere debent. Ex tali culpa obligatio naturaliter oritur si damnum datum est, nempe ut id resarciatur. Delikt nennen wir jede Schuld, bestehe sie im Handeln oder Unterlassen, die dem widerspricht, was die Menschen überhaupt oder nach ihrer besonderen Eigenschaft zu tun haben. Aus einer solchen Schuld entspringt kraft des Naturrechts die Verpflichtung, den zugefügten Schaden zu ersetzen. Die Generalklausel in den Naturrechtsgesetzbüchern Das preußische ALR (1794) § 10 I 6: „Wer einen Andern aus Vorsatz oder grobem Versehen beleidigt, muß demselben vollständige Genugthuung leisten.“ § 12 I 6: „Wer aus mäßigem Versehen den Andern durch eine Handlung oder eine Unterlassung beleidigt, der haftet nur für den daraus entstandnen wirklichen Schaden.“ Der Code civil (1804) Art. 1382: Tout fait quelconque de l'homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la duquel il est arrivé, à le réparer. Das österreichische ABGB (1811) § 1295: „Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.“ § 1324: „In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte volle Genugtuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtigt.“ Das Deliktsrecht des BGB … … soll nach seinem ersten Entwurf ebenso wie das OR (Art. 41) gleichfalls eine Generalklausel erhalten. § 704 E I lautet: „(1) Hat jemand durch eine aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit begangene widerrechtliche Handlung - Thun oder Unterlassen - einem anderen einen Schaden zugefügt, dessen Entstehung er vorausgesehen hat oder voraussehen mußte, so ist er dem anderen zum Ersatze des durch die Handlung verursachten Schadens verpflichtet, ohne Unterschied, ob der Umfang des Schadens vorauszusehen war oder nicht. (2) Hat jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung das Recht eines anderen verletzt, so ist er den durch die Rechtsverletzung dem anderen verursachten Schaden diesem zu ersetzen verpflichtet. Als Verletzung eines Rechtes im Sinne der vorstehenden Vorschrift ist auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der Ehre anzusehen.“ … wird dann von der zweiten BGB-Kommission aus Furcht vor einer zu großen Ausweitung der außervertraglichen Haftung wieder auf die beiden Haftungstatbestände der Rechtsgutsverletzung und des Vorsatzes beschränkt, die der gemeinrechtlichen Haftung aus der lex Aquilia und mit der actio de dolo entsprechen. … lässt so eine Lücke für die fahrlässige Herbeiführung reiner Vermögensschäden, die vor allem im Geschäftsverkehr entstehen. Die Eigentumsherausgabeklage des geltenden Rechts … … ist ein dinglicher Anspruch, der an das Eigentum als eine gegenüber allen wirksame Rechtsposition geknüpft ist. … bildet mit ihrem Tatbestand zugleich den Ausgangspunkt für schuldrechtliche Ansprüche auf Nutzungsherausgabe, Schadens- und Verwendungsersatz (§§ 987 ff.), die … … als Sonderregime den allgemeinen Regeln des Delikts- und Bereicherungsrecht vorgehen. … von den allgemeinen Bestimmungen eigentlich ersetzt werden könnten: - die Schadensersatzpflicht nach §§ 989, 990 BGB durch die Deliktshaftung nach §§ 823 ff. BGB. - die Herausgabe von Früchten gemäß §§ 987 ff. und der Verwendungsersatz nach §§ 994 ff. BGB durch die Eingriffs- oder Verwendungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. - Die Privilegien des gutgläubigen Besitzers, die darauf beruhen, dass die Eigentumslage ungewiss sein kann, lassen sich auch im Rahmen dieser allgemeinen Bestimmungen (Verschulden, Wegfall der Bereicherung) herstellen. Gai 4.16 Si in rem agebatur, mobilia quidem et moventia, quae modo in ius adferri adducive possent, in iure vindicabantur ad hunc modum: qui vindicabat, festucam tenebat; deinde ipsam rem adprehendebat, velut hominem, et ita dicebat: HUNC EGO HOMINEM EX IURE QUIRITIUM MEUM ESSE AIO SECUNDUM SUAM CAUSAM, SICUT DIXI, ECCE TIBI, VINDICTAM IMPOSUI, et simul homini festucam inponebat. adversarius eadem similiter dicebat et faciebat. cum uterque vindicasset, praetor dicebat: MITTITE AMBO HOMINEM. illi mittebant. qui prior vindicaverat, sic dicebat: POSTULO, ANNE DICAS, QUA EX CAUSA VINDICAVERIS? ille respondebat: IUS FECI, SICUT VINDICTAM INPOSUI. deinde qui prior vindicaverat, dicebat: QUANDO TU INIURIA VINDICAVISTI, D AERIS SACRAMENTO TE PROVOCO; adversarius quoque dicebat similiter: ET EGO TE; aut si res infra mille asses erat, scilicet l asses sacramentum nominabant. … Wurde dinglich geklagt über bewegliche Sachen oder Lebewesen, die vor den Gerichtsmagistrat gebracht oder geführt werden konnten, wurden sie vor dem Gerichtsmagistrat wie folgt gefordert: Wer sie verlangte, hielt einen Stab; danach berührte er die Sache, beispielsweise einen Sklaven, und sagte: „Ich behaupte, dass dieser Sklave mir nach ius civile und aus dem Grund, den ich genannt habe, gehört; und ich habe ihn, wie du sieht, mit dem Stab berührt“; und gleichzeitig berührte er den Sklaven mit dem Stab. Der Gegner sagte und tat dasselbe. Nachdem beide den Sklaven gefordert hatten, sagte der Prätor: „Lasst beide den Sklaven los!“ Und sie ließen ihn beide los. Wer zuerst gefordert hatte, sagte: „Ich fordere dich auf zu sagen, aus welchem Grund du ihn forderst!“ Der andere antwortete: „Ich habe mit Recht gehandelt, wie ich ihn mit dem Stab berührt habe.“ Daraufhin sagte derjenige, der zuerst gefordert hatte: „Ich wette mit dir um die Summe von 500 As, dass du den Sklaven zu Unrecht gefordert hast.“ Der Gegner sagte entsprechend: „Und ich mit dir“; war die Sache weniger als 1000 As wert, nannten sie als Wettsumme ein As. … Die actio in rem des Legisaktionenverfahrens … … ist noch nicht auf Herausgabe der Sache, sondern auf die inzidente Feststellung des Eigentums als Vorfrage für die Entscheidung über eine Wette der Parteien gerichtet. … reflektiert einen Rechtszustand, wie er wahrscheinlich schon bei Erlass des Zwölftafelgesetzes überholt war: … war nämlich eine Klage im Prätendentenstreit, durch dessen Entscheidung eine der beiden Parteien zum Eigentümer erklärt wurde. … ließ keinen Raum für die Feststellung, dass das Eigentum weder Kläger noch Beklagten, sondern einem Dritten zustand. … zeigt, dass das Eigentum ursprünglich keine absolute Rechtsposition, sondern nur Ausdruck der besseren Berechtigung im Verhältnis zum Kontrahenten war. … wirkt noch in der später im klassischen Recht vertretenen Ansicht fort, die Eigentumsherausgabeklage könne nur gegen einen Eigenbesitzer, also einen anderen Prätendenten im Eigentumsstreit, angestrengt werden. Die formula petitoria der rei vindicatio intentio: clausula arbitraria: condemnatio: absolutio: GAIUS IUDEX ESTO. SI PARET FUNDUM QUO DE AGITUR EX IURE QUIRITIUM Aulo Agerio ESSE NEQUE EA RES ARBITRIO TUO Aulo Agerio RESTITUETUR QUANTI EA RES ERIT, TANTAM PECUNIAM IUDEX Numerium Negidium Aulo Agerio CONDEMNATO. SI NON PARET ABSOLVITO. Gaius soll Richter sein. Klageziel: Ergibt sich, dass das Grundstück, um das gestritten wird, nach Zivilrecht dem Kläger gehört, Zwischenbescheid: und diese Sache auf deine Anordnung dem Kläger nicht zurückgegeben wird, Verurteilung: so verurteile du, Richter, den Beklagten, dem Kläger so viel Geld zu zahlen, wie die Sache wert sein wird. Klageabweisung: Ergibt es sich nicht, sprich ihn los. Die Eigentumsherausgabeklage des klassischen Rechts … … knüpft an das Eigentum als eine gegenüber allen wirksame Rechtsposition an: Kann der Kläger seine Berechtigung nicht nachweisen, führt dies zur einfachen Klageabweisung und nicht automatisch zur Feststellung des Eigentums des Beklagten. … ist nicht mehr auf die Feststellung des Eigentums als Vorfrage für die Entscheidung über eine Wette der Parteien, sondern auf die Herausgabe der Sache an den Kläger gerichtet. … übernimmt die Funktion einer Schadensersatz- und Bereicherungsklage, indem … … in Anlehnung an ein senatus consultum zur Erbschaftsklage auch derjenige verurteilt wird, der sich vor Prozessbeginn des Besitzes arglistig begeben hat. … der nach Prozessbeginn eingetretene Untergang oder die hiernach erfolgte Verschlechterung der Sache unberücksichtigt bleibt. Während manche Juristen dies nur bei einem Verschulden des Beklagten annehmen, wollen andere ihn auch für den Zufall haften lassen, sofern er die Sache bei rechtzeitiger Herausgabe nicht getroffen hätte. … der Beklagte auch die Früchte zu erstatten hat, die er nach Prozessbeginn gezogen hat. Verwendungsersatz durch exceptio doli D 6.1.38 Cels 3 dig In fundo alieno, quem imprudens emeras, aedificasti aut conseruisti, deinde evincitur: bonus iudex varie ex personis causisque constituet. finge et dominum eadem facturum fuisse: reddat impensam, ut fundum recipiat, usque eo dumtaxat, quo pretiosior factus est, et si plus pretio fundi accessit, solum quod impensum est. finge pauperem, qui, si reddere id cogatur, laribus sepulchris avitis carendum habeat: sufficit tibi permitti tollere ex his rebus quae possis, dum ita ne deterior sit fundus, quam si initio non foret aedificatum. ... neque malitiis indulgendum est, si tectorium puta, quod induxeris, picturasque corradere velis, nihil laturus nisi ut officias. ... Du hast auf einem fremden Grundstück, das du in gutem Glauben gekauft hast, gebaut oder gesät; dann wird es herausverlangt. Ein guter Richter wird in diesem Fall nach den beteiligten Personen und der Sachlage differenzieren: Nimm an, der Eigentümer hätte die Absicht gehabt, dasselbe zu tun; dann muss er, damit er das Grundstück zurückerhält, die Aufwendungen erstatten, allerdings nur bis zu dem Betrag, um den es wertvoller geworden ist, und wenn der Wertzuwachs des Grundstücks höher ist, nur den Betrag, der aufgewendet worden ist. Nimm an, der Eigentümer sei arm und müsse den Kult der Hausgötter und die Gräber seiner Vorfahren aufgeben, wenn er zum Aufwendungsersatz gezwungen wird; dann genügt es, dir zu gestatten, von deinen Sachen mitzunehmen was du kannst, solange das Grundstück nicht weniger wert ist, als wenn es von vornherein nicht bebaut worden wäre. … Bosheit ist aber nicht zu dulden, zum Beispiel wenn du eine Wandverkleidung oder ein Gemälde entfernen willst, um dadurch nichts außer einem Nachteil für den Eigentümer zu erreichen. … Nach der Rezeption des römischen Rechts … … überträgt die Gemeinrechtslehre die Unterscheidung zwischen notwendigen, nützlichen und überflüssigen Verwendungen vom Recht der Mitgift auf das Vindikationsrecht. … entwickelt die Naturrechtslehre einen einfacher strukturierten Gegenentwurf zum Vindikationsregime, indem sie auf das Schadensersatz- und Bereicherungsrecht zurückgreift. … kehrt in den deutschsprachigen Naturrechtskodifikationen doch wieder das römische Modell zurück, bei dem man nun allerdings zwischen dem dinglichen Herausgabeanspruch und den schuldrechtlichen Folgeansprüchen trennt. D 8.5.8.5 Ulp 17 ed Aristo Cerellio Vitali respondit non putare se ex taberna casiaria fumum in superiora aedificia iure immitti posse, nisi ei rei servitutem talem admittit. idemque ait: et ex superiore in inferiora non aquam, non quid aliud immitti licet: in suo enim alii hactenus facere licet, quatenus nihil in alienum immittat, fumi autem sicut aquae esse immissionem: posse igitur superiorem cum inferiore agere ius illi non esse id ita facere. Alfenum denique scribere ait posse ita agi ius illi non esse in suo lapidem caedere, ut in meum fundum fragmenta cadant. dicit igitur Aristo eum, qui tabernam casiariam a Minturnensibus conduxit, a superiore prohiberi posse fumum immittere, sed Minturnenses ei ex conducto teneri: ... Aristo gab dem Cerellius Vitalis zur Antwort, er glaube nicht, dass man rechtmäßig Rauch aus einer Käserei auf höher gelegene Grundstücke blasen dürfe, wenn nicht eine entsprechende Dienstbarkeit dies gestatte. Und derselbe sagt noch, dass man aus einem höher gelegenen Grundstück auf ein tiefer gelegenes weder Wasser noch etwas anderes leiten dürfe. Auf dem eigenen Grund dürfe man nur insoweit tätig werden, als man nicht auf ein fremdes Grundstück einwirke; die Zuführung von Rauch unterscheide sich nicht von der Einleitung von Wasser; daher könne der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks gegen den des tiefer gelegenen Klage erheben, um feststellen zu lassen, dass dieser kein Recht habe so zu handeln. Aristo fügt hinzu, Alfenus schreibe, man könne Klage auf Feststellung erheben, dass der Nachbar kein Recht habe, auf seinem Grund einen Steinbruch so zu betreiben, dass Splitter auf mein Grundstück fallen. Aristo sagt daher, der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks könne demjenigen, der eine Käserei von der Gemeinde Miturnae gepachtet hat, die Rauchzuführung verbieten, während die Gemeinde Miturnae ihm aus dem Pachtvertrag hafte. … Die actio negatoria des römischen Rechts … … ist nicht auf Abwehr einer Störung, sondern auf die Feststellung gerichtet, dass dem Störer nicht das Recht zu der unerwünschten Einwirkung auf die Sache des Klägers zusteht. … ist das Gegenstück zu der actio confessoria, mit der eine Grunddienstbarkeit, also geltend gemacht wird, man habe das Recht, in bestimmter Weise auf ein Grundstück einzuwirken. Durch beide Institute wurde das Nachbarrecht bewältigt. … erscheint in ihrer ursprünglichen Form noch in § 523 des österreichischen ABGB: „In Ansehung der Servituten findet ein doppeltes Klagerecht statt. Man kann gegen den Eigentümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigentümer kann sich über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muss der Kläger die Erwerbung der Servitut oder wenigstens den Besitz derselben als eines dinglichen Rechts, im zweiten Falle muss er die Anmaßung der Servitut in seiner Sache beweisen.“ … ist anschließend von den Dienstbarkeiten gelöst und in § 1004 BGB zu einem Anspruch gemacht worden, der sich auch gegen faktische Beeinträchtigungen richtet, die nicht mit der Behauptung eines entsprechenden Rechts des Störers einhergehen. Besitzschutz nach BGB • Der Besitzbegriff § 854 Abs. 1: Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. • Der Anspruch wegen Besitzentziehung § 861 Abs. 1: Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. § 858 Abs. 2 S. 1: Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. § 858 Abs. 1: Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht). § 863: Gegenüber den in den §§ 861 … bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz … nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, die Entziehung … des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei. • Die Einrede des fehlerhaften Besitzes § 861 Abs. 2: Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist. Der Besitzschutz nach BGB … … steht jedem Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft zu, unabhängig davon, ob er die Sache als eigene oder fremde besitzt. … ist viel effektiver als der Eigentumsschutz, weil er eine Auseinandersetzung nur über die Frage erlaubt, ob der Besitz fehlerhaft ist oder nicht. … dient der Sicherung des Rechtsfriedens, indem niemand Selbsthilfe üben und darauf vertrauen soll, durch Besitzentziehung vollendete Tatsachen zu schaffen. … ist insofern eingeschränkt, als die Selbsthilfe gegen eine verbotene Besitzentziehung nicht sanktioniert wird. Die possessio des römischen Rechts … … ist ebenfalls eine tatsächliche, keine rechtliche Beziehung. … haben aber grundsätzlich nur diejenigen inne, die eine Sache als eigene besitzen. … verhindert also nicht die Selbsthilfe schlechthin, sondern nur die Selbsthilfe im Streit über die Eigentumsposition. … ist also auf den Schutz des Eigentums gerichtet. … hat seine wichtigste Funktion bei der Vorbereitung des Vindikationsprozesses. IJ 4.15.4 Retinendae possessionis causa comparata sunt interdicta UTI POSSIDETIS et UTRUBI, cum ab utraque parte de proprietate alicuius rei controversia sit et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere et uter petere debeat. namque nisi ante exploratum fuerit, utrius eorum possessio sit, non potest petitoria actio institui, quia et civilis et naturalis ratio facit ut alius possideat, alius a possidente petat. et quia longe commodius est possidere potius quam petere, ideo plerumque et fere semper ingens existit contentio de ipsa possessione. commodum autem possidendi in eo est, quod, etiamsi eius res non sit qui possidet, si modo actor non potuerit suam esse probare, remanet suo loco possessio: propter quam causam, cum obscura sint utriusque iura, contra petitorem iudicari solet. … Zur Bewahrung des Besitzes sind die Interdikte „wie ihr besitzt“ und „bei wem“ für den Fall eingeführt worden, dass sich zwei Parteien um das Eigentum an einer Sache streiten und vorab festgestellt werden muss, wer von den streitenden Parteien besitzt und wer die Klage erheben muss. Denn wird nicht zuvor geklärt, wer von den beiden Besitzer ist, kann die Herausgabeklage nicht erhoben worden, weil nach Rechtslogik und natürlicher Vernunft der eine besitzen muss, während der andere den Besitzer verklagt. Und da es bei weitem angenehmer ist zu besitzen als zu klagen, gibt es häufig oder beinahe stets auch Streit um den Besitz. Der Vorteil des Besitzers liegt darin, dass der Besitz, selbst wenn ihm die Sache, die er besitzt, nicht gehört, gleichwohl bestehen bleibt, wenn der Kläger nicht beweisen kann, dass sie ihm gehört; daher wird gewöhnlich gegen den Kläger entschieden, wenn die Rechte beider Parteien unklar sind. … Prohibitorische und restitutorische Interdikte D 43.17.1pr. Ulp 69 ed Ait praetor: ‚Uti eas aedes, quibus de agitur, nec vi nec clam nec precario alter ab altero possidetis, quo minus ita possideatis, vim fieri veto.’ … Der Prätor verkündet: „Ich verbiete euch Gewalt anzuwenden zu dem Zweck, dass ihr nicht mehr so besitzt, wie ihr das Grundstück, um das gestritten wird, nun besitzt, ohne dass der eine es von dem anderen durch Gewalt heimlich oder im Wege der Bittleihe erlangt hat.“ … Gai 4.154 Reciperandae possessionis causa solet interdictum dari, si quis ex possessione vi deiectus sit: nam ei proponitur interdictum, cuius principium est UNDE TU ILLUM VI DEIECISTI, per quod is qui deiecit cogitur ei restituere rei possessionem, si modo is, qui deiectus est, nec vi nec clam nec precario possidet: namque eum, qui a me vi aut clam aut precario possidet, inpune deicio. Zur Wiedererlangung des Besitzes gewährt man gewöhnlich ein Interdikt, wenn jemandem mit Gewalt der Besitz entzogen worden ist; denn für ihn ist das Interdikt vorgesehen, dessen Beginn lautet: „von wo du mit Gewalt jenen vertrieben hast“, und mit dem derjenige, der den Besitz der Sache entzogen hat, gezwungen wird, ihn zurückzugewähren, falls derjenige, der vertrieben worden ist, weder aufgrund von Gewalt noch heimlich oder im Rahmen einer Bittleihe besessen hat; denn den, der mir gegenüber aufgrund von Gewalt, heimlich oder im Rahmen einer Bittleihe besitzt, darf ich ungestraft vertreiben. Die Besitzinterdikte … … richten sich gegen denjenigen, der eine Sache wegnehmen möchte oder gewaltsam, heimlich oder im Wege einer Bittleihe (precarium) erlangt hat. - Die gewaltsame oder heimliche Entziehung geschieht ohne den Willen des Besitzers. - Die Überlassung an einen Prekaristen geschieht freiwillig, aber auf jederzeitigen Widerruf. (Wegen seiner Schutzlosigkeit gegenüber dem Verleiher ist der Prekarist gewissermaßen dessen verlängerter Arm und als solcher selbst gegenüber Dritten in seinem Besitz geschützt.) … versagen, wenn der Kläger den Besitz selbst vorher gewaltsam, heimlich oder im Wege einer Bittleihe erlangt hat. … lassen also die Selbsthilfe gegen eine unerlaubte Besitzentziehung sanktionslos. Ein neues Besitzschutzrecht in der Nachklassik CJ 8.4.7 (a. 389) Valentinianus Theodosius et Arcadius ad Messianum comitem rerum privatarum. Si quis in tantam furoris pervenit audaciam, ut possessionem rerum apud fiscum vel apud homines quoslibet constitutarum ante eventum iudicialis arbitrii violenter invaserit, dominus quidem constitutus possessionem quam abstulit restituat possessori et dominium eiusdem rei amittat: sin vero alienarum rerum possessionem invasit, non solum eam possidentibus reddat, verum etiam aestimationem earundem rerum restituere compellatur. Valentinian, Theodosius und Arcadius an Messian, Minister des kaiserlichen Privatvermögens. Ist jemand in wahnsinniger Frechheit so weit gegangen, den Besitz von Sachen, die der Fiskus oder irgendein Privater innehaben, vor einer gerichtlichen Entscheidung gewaltsam zu ergreifen, soll er, wenn er sich als ihr Eigentümer erweist, den Besitz, den er an sich gerissen hat, dem Besitzer zurückgewähren und das Eigentum an der Sache verlieren; hat er aber den Besitz fremder Sachen ergriffen, soll er ihn nicht allein ihren Besitzern zurückgewähren, sondern auch gezwungen werden, den Wert dieser Sachen zu leisten. jede Besitzentziehung ist verboten, selbst wenn sie im Wege der Selbsthilfe gegen eine verbotene Besitzentziehung erfolgt der Täter verliert zur Strafe sogar sein Eigentum oder muss einen Betrag in Höhe des Sachwertes leisten Nach der Rezeption des römischen Rechts … … wird der Besitzschutz im kirchlichen und dann im Gemeinen Recht sowie in den Kodifikationen auch den Fremdbesitzern zugestanden. … wird der Besitzschutz so zum Mittel eines allgemeinen Verbots der Selbsthilfe, das nicht nur gegen die Selbsthilfe im Streit über das Eigentum gilt. … gibt es im Gemeinen Recht im Anschluss an die Entscheidungen der spätantiken Kaiser zunächst auch keine Ausnahme für die Selbsthilfe gegen eine verbotene Besitzentziehung. … kehrt in den Kodifikationen wieder die Einrede des fehlerhaften Besitzes, also die Einschränkung zurück, dass derjenige, der den Besitzschutz begehrt, den Besitz seinerseits nicht fehlerhaft erlangt haben darf. Das Pfandrecht nach BGB … … variiert in seiner Ausgestaltung stark nach seinem Gegenstand: - Bei Grundstücken ist es besitzlos und von einer Eintragung im Grundbuch abhängig. - Bei beweglichen Sachen gilt das Faustpfandprinzip (§§ 1205, 1253 BGB: keine Verpfändung entsprechend § 930 BGB), das ebenso wie die Eintragungspflicht bei Grundpfandrechten für die Publizität des Pfandrechts sorgen soll. … existiert sowohl als forderungsgebundenes als auch als unabhängiges Verwertungsrecht: - Die Grundschuld ist nicht an die Existenz der gesicherten Forderung gebunden (§ 1192 Abs. 1 BGB), sondern mit ihr nur durch eine Sicherungsabrede verknüpft. - Die Hypothek und das Mobiliarpfandrecht sind akzessorisch (§§ 1163, 1210, 1252 BGB). … kann zugleich mehrfach an derselben Sache bestehen: Der Rang richtet sich nach der Reihenfolge der Eintragungen (§ 879 Abs. 1 BGB) oder dem Zeitpunkt der Bestellung (§ 1209 BGB). … unterliegt dem Verbot des Pfandverfalls (§ 1229 BGB). Die Sicherungsübereignung des geltenden Rechts … … ist zur Umgehung des Faustpfandprinzips entstanden. Dieses beschwert beide Parteien, weil … … der Pfandgläubiger bis zum Sicherungsfall nicht mit der Verwaltung der Pfandsache belastet sein will. … der Verpfänder die Pfandsache regelmäßig als Produktionsmittel braucht. … ist anders als in der Schweiz, wo es ein gesetzliches Umgehungsverbot für das Faustpfandprinzip gibt, ohne weiteres zulässig. … ist mangels gesetzlicher Regelung nicht akzessorisch, also mit der gesicherten Forderung nur durch die Sicherungsabrede verbunden. … hat den Nachteil, dass es eine „Mehrfachverpfändung“ nur in Gestalt einer bedingten weiteren Sicherungsübereignung ermöglicht. Der Eigentumsvorbehalt des geltenden Rechts … …ist der Sicherungsübereignung insofern ähnlich, als das Eigentum an einer Sache der Sicherung einer schuldrechtlichen Forderung gegen deren Besitzer dient. …sichert den Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises gegen den Käufer, dem die Sache, ohne die Einrede nach § 320 BGB zu erheben, schon vorher übergeben wird. …ist nach § 449 Abs. 1 BGB im Zweifel als aufschiebend bedingte Übereignung zu verstehen. Das Pfandrecht (pignus) des römischen Rechts … … ist ursprünglich eine schuldrechtliche Verpflichtung zwischen Verpfänder und Pfandgläubiger und wird zum dinglichen Recht erst durch die vermutlich von Servius geschaffene actio Serviana, mit der der Pfandgläubiger die Sache von einem Dritten herausverlangen kann. … ist im Ursprung vermutlich ebenfalls ein Faustpfand, wird jedoch doch schon bald als hypotheca auch in besitzloser Form zugelassen, und zwar sowohl bei Grundstücken als auch bei Mobilien. … erlangt Publizität allenfalls durch die Beurkundung des Verpfändungsvertrags, die erst seit 472 n. Chr. öffentlich erfolgen muss. Das Pfandrecht (pignus) des römischen Rechts … … ist zwangsläufig akzessorisch, weil die Verwertung ursprünglich durch Pfandverfall erfolgte, und zwar entweder in Form einer Leistung an Erfüllungs Statt (datio in solutum) oder als Pfandkauf. In beiden Fällen konnte der Pfandgläubiger nur beim Bestand der gesicherten Forderung Eigentümer der Pfandsache werden. … berechtigt den Pfandgläubiger in klassischer Zeit üblicherweise nur zur Verwertung durch Verkauf. … wird in den Zeiten der Inflation wieder üblicherweise als Verfallspfand vereinbart und als solches zum Schuldnerschutz von Kaiser Konstantin verboten. … kann nach einem anderen Pfandrecht zunächst nur in bedingter Form oder als Pfandrecht am Überschuss bestellt werden. Später erkennen die römischen Juristen eine Mehrfachverpfändung mit direkter Wirkung und zeitlicher Rangfolge (prior tempore potior iure) an. Die Sicherungsübereignung des römischen Rechts … … ist eine Erscheinungsform der Treuhand (fiducia), die außer zu Sicherungszwecken (cum creditore contracta) auch fremdnützig (cum amico contracta) übernommen werden kann. … ist nicht akzessorisch, weil sie an die abstrakt wirksame Übereignung durch mancipatio gebunden ist. … hat ebenfalls den Vorteil, eine besitzlose Sicherheit zu begründen, aber zugleich den Nachteil, dass sie an das Ritual der mancipatio geknüpft ist. … verliert ihre praktische Bedeutung mit der Zulassung des besitzlosen Pfandrechts (hypotheca) erheblich und verschwindet mit Absterben und Abschaffung der mancipatio schließlich völlig. Die formula Baetica Dama L. Titii ser(vus) fundum Baianum, qui est in agro qui Veneriensis vocatur, pago Olbensi, uti optumus maxumusq(ue) esset, (sestertio) n(ummo) I et hominem Midam (sestertio) n(ummo) I fidi fiduciae causa mancipio accepit ab L. Baianio, libripende antestat(ato). Adfines fundo dixit L. Baianus L. Titium et C. Seium et populum et si quos dicere oportet. Pactum conventum factum est inter Damam L. Titi ser(vum) et L. Baianum, <uti> quam pecuniam L. <Titius L.> Baian<i>o dedit dederit, credidit crediderit, ex pensumve tulit tulerit, sive quod pro eo promisit promiserit, spopondit <spoponderit>, fideve quid sua esse iussit iusserit, usque eo is fundus eaque mancipia fiducia<e> essent, donec ea omnis pecunia fidesve persoluta L. Titi soluta liberataque esset; si pecunia sua quaque die L. Titio h(eredi)ve eius data soluta non esset, tum uti eum fundum ... ubi et quo die vellet pecuniae praesenti venderet; mancipio pluris (sestertio) n(ummo) I invitus ne daret, neve satis secundum mancipium daret, neve ut in ea verba, quae in verba satis s(ecundum) m(ancipium) dari solet, repromitteret, neve simplam neve [duplam --Dama, der Sklave des Lucius Titius, hat das baianische Grundstück in dem Gelände, das Veneriensis genannt wird, im Gebiet des Dorfes Olba, frei von Servituten zu einem Sesterzen und auch den Sklaven Midas zu einem Sesterzen treuhänderisch durch mancipatio von Lucius Baianus im Beisein von … als Waagenhalter und von … als Zeugen erworben. Lucius Baianus hat gesagt, dass das Grundstück an das des Lucius Titius und das des Gaius Seius sowie an öffentlichen Grund und auch an andere Grundstücke angrenzt, wenn diese genannt werden müssen. Zwischen Dama, dem Sklaven des Lucius Titius, und Lucius Baianus ist vereinbart worden, dass dieses Grundstück und dieser Sklave für den Betrag, den Lucius Titius dem Lucius Baianus gegeben hat/gegeben haben wird/geliehen hat/geliehen haben wird/als ausbezahlt gebucht hat/als ausbezahlt gebucht haben wird/für den er sich zu seinen Gunsten durch promissio/sponsio/fideiiussio verbürgt hat/verbürgt haben wird, so lange treuhänderisch dem Lucius Titius zustehen soll, bis der gesamte Betrag bezahlt oder Lucius Titius vollständig befreit ist; ferner dass Lucius Titius oder sein Erbe, wenn der Betrag ihnen nicht zu dem dafür bestimmten Termin gezahlt werden sollte, dieses Grundstück … , wo und wann sie wollen, gegen bar verkaufen; außerdem dass sie es nicht zu mehr als einem Sesterzen durch mancipatio übertragen, keine Sicherheitsleistung und auch nicht mit den dabei üblichen Worten ein Versprechen und keine Zusage des einfachen oder doppelten Kaufpreises abgeben. Der Eigentumsvorbehalt … … ergibt sich in Rom ohne Weiteres aus der Barkaufstruktur des Kaufvertrags: Wie beim sofortigen Leistungsaustausch geht das Eigentum an der Kaufsache nicht eher auf den Käufer über, als dieser den Kaufpreis bezahlt, es sei denn, es sei ein Kreditkauf abgeschlossen: IJ 2.1.41 Sed si quidem ex causa donationis aut dotis aut qualibet alia ex causa tradantur, sine dubio transferentur: venditae vero et traditae non aliter emptori adquiruntur, quam si is venditori pretium solverit vel alio modo ei satisfecerit, veluti expromissore aut pignore dato. quod cavetur quidem etiam lege duodecim tabularum: tamen recte dicitur et iure gentium, id est iure naturali, id effici. sed et si is qui vendidit fidem emptoris secutus fuerit, dicendum est, statim rem emptoris fieri. Werden Sachen aufgrund einer Schenkung oder zur Bestellung einer Mitgift oder aus irgendeinem anderen Grund übergeben, geht das Eigentum an ihnen zweifellos sofort über. Die Sachen aber, die verkauft und übergeben sind, werden vom Käufer erst dann erworben, wenn er dem Verkäufer den Kaufpreis gezahlt oder ihm auf andere Weise wie zum Beispiel mit Hilfe eines Schuldübernehmers oder durch Pfandbestellung Sicherheit geleistet hat. Dies wird sogar im Zwölftafelgesetz festgelegt, gilt aber, wie man zu Recht annimmt, schon aufgrund des Völkergemeinrechts, also nach Naturrecht. Lässt aber derjenige, der verkauft, dem Käufer den Kaufpreis wie bei einem Darlehen nach, ist zu sagen, dass die Sache sofort zum Eigentum des Käufers wird. Nach der Rezeption des römischen Rechts … … setzt sich in den Naturrechtskodifikationen das Faustpfandprinzip durch. … bleibt die fiducia cum creditore contracta bis zur Wiederentdeckung von Gaius‘ Institutionenlehrbuch 1816 verschollen. … wird die Sicherungsübereignung bei der Besicherung durch bewegliche Sachen immer populärer und verdrängt das Mobiliarpfand in Deutschland fast völlig. … besteht für sie bei Immobilien seit der Einführung des Grundbuchs als Publizitätsträger aber kein Bedarf mehr. … verliert sich mit der Barkaufstruktur auch der automatische Eigentumsvorbehalt; vielmehr nimmt man jetzt immer einen Kreditkauf an, wenn der Verkäufer nicht auf sofortige Zahlung besteht: § 1063 ABGB: „Wird die Sache dem Käufer von dem Verkäufer, ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist die Sache auf Borg verkauft, und das Eigenthum derselben geht gleich auf den Käufer über.“ Die Errichtung eines Testaments nach BGB … … muss in öffentlicher (§ 2232 BGB) oder eigenhändiger (§ 2247 BGB) Form erfolgen. … unterliegt dem Formerfordernis weniger zum Schutz des Erblassers vor Übereilung (und damit dem Schutz der gesetzlichen Erben) als vielmehr zur Beweissicherung. … unterliegt keinen Anforderungen an den Inhalt; insbesondere müssen die gesetzlichen Erben nicht ausdrücklich enterbt werden. … führt bei Übergehung der gesetzlichen Erben der ersten Ordnung, der Eltern des Erblassers und des Ehegatten zu einem Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) Gai 2.102 f. Sed illa quidem duo genera testamentorum in desuetudinem abierunt; hoc vero solum, quod per aes et libram fit, in usu retentum est. sane nunc aliter ordinatur quam olim solebat. namque olim familiae emptor, id est qui a testatore familiam accipiebat mancipio, heredis locum optinebat, et ob id ei mandabat testator, quid cuique post mortem suam dari vellet; nunc vero alius heres testamento instituitur, a quo etiam legata relinquantur, alius dicis gratia propter veteris iuris imitationem familiae emptor adhibetur. (104) Eaque res ita agitur: qui facit testamentum, adhibitis, sicut in ceteris mancipationibus, V testibus civibus romanis puberibus et libripende, postquam tabulas testamenti scripserit, mancipat alicui dicis gratia familiam suam. in qua re his verbis familiae emptor utitur: FAMILIAM PECUNIAMQUE TUAM ENDO MANDATELA CUSTODELAQUE MEA ESSE AIO, EAQUE, QUO TU IURE TESTAMENTUM FACERE POSSIS SECUNDUM LEGEM PUBLICAM, HOC AERE, et ut quidam adiciunt, AENEAQUE LIBRA, ESTO MIHI EMPTA; deinde aere percutit libram idque aes dat testatori velut pretii loco. deinde testator tabulas testamenti tenens ita dicit: HAEC ITA UT IN HIS TABULIS CERISQUE SCRIPTA SUNT, ITA DO ITA LEGO ITA TESTOR ITAQUE VOS, QUIRITES TESTIMONIUM MIHI PERHIBETOTE; et hoc dicitur nuncupatio: nuncupare est enim palam nominare, et sane quae testator specialiter in tabulis testamenti scripserit, ea videtur generali sermone nominare atque confirmare. Die ersten beiden Arten von Testamenten sind außer Übung geraten. Das aber, das mit Kupfer und Waage errichtet wird, ist beibehalten worden. Es wird allerdings anders vorgenommen als einst. Denn einst stand der Vermögenskäufer, der von dem Erblasser dessen Vermögen übertragen bekommt, an der Stelle eines Erben, und deshalb trug der Erblasser ihm auf, was wem nach seinem Tod gegeben werden solle. Heute jedoch wird einer im Testament zum Erben eingesetzt, der auch mit Vermächtnissen belastet wird, und ein anderer tritt bloß der Form halber zur Nachahmung des alten Rechts als Vermögenskäufer auf. (104) Und so wird es vollzogen: Wer das Testament errichtet, verfügt, nachdem er die Testamentsurkunde abgefasst hat, wie in anderen Fällen der mancipatio im Beisein von fünf Zeugen, die mündig und römische Bürger sind, sowie vor dem Waagenhalter der Form halber über sein Vermögen. Dabei sagt der Vermögenskäufer folgende Worte: „Ich sage, dass dein Vermögen und dein Geld in meiner Treuhand und meinem Gewahrsam sein sollen und von mir nach dem Recht, kraft dessen du dein Testament nach allgemeinem Gesetz errichten kannst, durch dieses Kupfer und (wie manche hinzufügen) mit dieser Waage gekauft sein sollen.“ Darauf schlägt er mit der Kupfermünze gegen die Waage und gibt sie dem Erblasser statt eines Kaufpreises. Danach spricht der Erblasser, indem er die Testamentsurkunde in den Händen hält, wie folgt: „Wie es in diesen Wachstafeln geschrieben steht, so leiste, so vermache, so vererbe ich, und ihr Bürger sollt meine Zeugen sein.“ Und dies wird nuncupatio genannt. Nuncupare heißt nämlich öffentlich erklären; und was er in der Testamentsurkunde einzeln verfügt hat, gilt durch den allgemeinen Ausspruch als öffentlich erklärt und bestätigt. Das Testament „mit Kupfer und Waage“ … … ist eine besondere Form der treuhänderisch abgeschlossenen mancipatio: Der Erblasser überträgt sein gesamtes Vermögen auf einen Treuhänder und gibt ihm auf, wie damit nach seinem Tod zu verfahren ist. … war ursprünglich offenbar ein Mittel zur Umgehung der gesetzlichen Erbfolge, die anscheinend zwingend war, durch die Übertragung des gesamten Vermögens unter Lebenden aber praktisch entwertet wurde. … blieb bis in die klassische Zeit das einzige Instrument, um eine nach Zivilrecht gültige Erbfolge vorzusehen. Gai 2.119 f. Praetor tamen, si septem signis testium signatum sit testamentum, scriptis heredibus secundum tabulas testamenti bonorum possessionem pollicetur, si nemo sit, ad quem ab intestato iure legitimo pertineat hereditas, velut frater eodem patre natus aut patruus aut fratris filius. et ita poterunt scripti heredes retinere hereditatem: nam idem iuris est et si alia ex causa testamentum non valeat, velut quod familia non venierit aut nuncupationis verba testator locutus non sit. (120) Sed videamus, an etiam si frater aut patruus extent, potiores scriptis heredibus habeantur: rescripto enim imperatoris Antonini significatur eos, qui secundum tabulas testamenti non iure factas bonorum possessionem petierint, posse adversus eos, qui ab intestato vindicant hereditatem, defendere se per exceptionem doli mali. Ist ein Testament mit den Siegeln von sieben Zeugen versehen, räumt der Prätor den darin eingesetzten Erben gemäß der Testamentsurkunde den Nachlassbesitz ein, falls es niemanden gibt, dem die Erbschaft nach gesetzlichem Erbrecht zusteht, wie dem vatersblütigen Bruder, dem Onkel väterlicherseits oder dem Sohn des Bruders. Und so können die Testamentserben die Erbschaft behalten. Und dasselbe gilt, wenn das Testament aus einem anderen Grund zivilrechtlich ungültig ist, zum Beispiel, weil das Vermögen nicht veräußert worden ist oder der Erblasser den Wortlaut der nuncupatio nicht ausgesprochen hat. (120) Aber sehen wir zu, ob auch, wenn der Bruder oder Onkel noch leben, sie den Vorrang vor den Testamentserben haben. Nach einer Entscheidung des Kaisers Antoninus Pius gilt, dass sich diejenigen, die den Nachlassbesitz entsprechend einer nicht dem Zivilrecht genügenden Testamentsurkunde eingefordert haben, gegen diejenigen, die die Erbschaft nach Intestaterbrecht beanspruchen, mit der Einrede des Rechtsmissbrauchs verteidigen können. Das „Siebenzeugentestament“ … … ist eine vereinfachte Form des Testaments „durch Kupfer und Waage“: Statt das Ritual der mancipatio vorzunehmen, siegelten die hieran Beteiligten: der Treuhänder, der Waagenhalter und die fünf Zeugen, die Testamentsurkunde. … genügt für die sogenannte „prätorische Erbfolge“, die Einweisung in den Nachlassbesitz (bonorum possessio). … verschafft den Testamentserben seit Antoninus Pius eine Position, in der sie sich mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (exceptio doli) erfolgreich gegen die gesetzlichen Erben verteidigen können. … unterliegt ebenso wie das Testament durch Kupfer und Waage strengen Anforderungen an den Wortlaut und Aufbau, die erst im 4. Jh. wegfallen: Es muss insbesondere eine Verfügung über die gesamte Erbfolge enthalten, die an erster Stelle des Testaments stehen muss. Das eigenhändige Testament NVal 21.2 (a. 446) Si holographa manu testamenta condantur, testes necessarios non putamus. Scripto enim taliter sufficiet heredi adserere etiam sine testibus fidem rerum, dummodo reliqua congruere demonstret, quae in testamentis debere servari tam veterum principum quam nostrae praecipiunt sanctiones, ut in hereditariorum corporum possessionem probata scripturae veritate mittatur. Sind Testamente eigenhändig verfasst, halten wir Zeugen für entbehrlich. Dem Erben soll eine solche Handschrift ausreichen, um auch ohne Zeugen glaubwürdig zu sein, falls er dartut, dass sie im Übrigen dem genügt, was bei Testamenten nach den Vorschriften der alten Kaiser und unseren Verordnungen eingehalten werden muss, so dass er in den Nachlassbesitz eingewiesen werden soll, wenn die Echtheit der Urkunde bewiesen ist. Das eigenhändige Testament … … wird von Kaiser Valentinian III. 446 im weströmischen Reich eingeführt. … genügt für die prätorische Erbfolge, die Einweisung in den Nachlassbesitz. … dient einem anderen Zweck als die älteren Testamente: Während sie der Umgehung der gesetzlichen Erbfolge dienen und mit ihrer Form diese zugleich schützen, geht es beim eigenhändigen Testament nur noch um die Sicherstellung der Authentizität, also um die Beweissicherung. … unterliegt zum Schutz des gesetzlichen Erbrechts aber noch dem sogenannten formellen Noterbrecht: Der Erblasser muss seine gewaltunterworfenen Söhne und alle Nachgeborenen entweder ausdrücklich enterben oder zu Erben einsetzen. – Ein materielles Noterbrecht wird dagegen nur von Fall zu Fall als Ergebnis einer Klage gegen ein sittenwidriges Testament gewährt und erst von Justinian zur Regel gemacht. Nach der Rezeption des römischen Rechts … … wird das eigenhändige Testament zur Regelform, neben die das öffentliche Testament als Nachfolger des gerichtlichen Testaments tritt. … wird zum Schutz der gesetzlichen Erben, denen nun die Testamentsform nur noch wenig dient, das materielle Noterbrecht weiter ausgebaut: … zum Teil wird dem Erblasser die Verfügung über einen bestimmten Anteil an seinem Vermögen verwehrt, der den gesetzlichen Erben vorbehalten ist (CC, ZGB). … zum Teil wird gegen den Erben ein Anspruch auf Zahlung eines Betrags gewährt, der dem Wert einer bestimmten Quote des gesetzlichen Erbrechts entspricht (ABGB, BGB). D 33.10.7.2 Cels 19 dig Servius fatetur sententiam eius qui legaverit aspici oportere, in quam rationem ea solitus sit referre: verum si ea, de quibus non ambigeretur, quin in alieno genere essent, ut puta escarium argentum aut paenulas et togas, supellectili quis adscribere solitus sit, non idcirco existimari oportere supellectili legata ea quoque contineri: non enim ex opinionibus singulorum, sed ex communi usu nomina exaudiri debere. id Tubero parum sibi liquere ait: nam quorsum nomina, inquit, nisi ut demonstrarent voluntatem dicentis? equidem non arbitror quemquam dicere, quod non sentiret, ut maxime nomine usus sit, quo id appellari solet: nam vocis ministerio utimur: ceterum nemo existimandus est dixisse, quod non mente agitaverit. sed etsi magnopere me Tuberonis et ratio et auctoritas movet, non tamen a Servio dissentio non videri quemquam dixisse, cuius non suo nomine usus sit. nam etsi prior atque potentior est quam vox mens dicentis, tamen nemo sine voce dixisse existimatur: nisi forte et eos, qui loqui non possunt, conato ipso et sono quodam cai th anarqrw fwvh existimamus. Servius ist der Meinung, dass man die Ansicht dessen erforschen müsse, der das Vermächtnis ausgesetzt hat, und ermitteln müsse, wozu er etwas gewöhnlich zählte. Rechnete jedoch jemand zum Hausrat Dinge, von denen nicht zweifelhaft ist, dass sie zu einer anderen Gattung gehören, wie zum Beispiel silbernes Geschirr, Kleider und Togen, so könne deshalb nicht angenommen werden, dass sie vom Vermächtnis des Hausrats umfasst seien. Denn die Bezeichnungen dürften nicht nach der Ansicht einzelner, sondern müssten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstanden werden. Tubero hält dies nicht für einleuchtend. Denn wozu seien Bezeichnungen da, wenn nicht, um den Willen des Sprechenden zu verdeutlichen? Zumindest glaube ich nicht, dass jemand etwas sagt, von dem er nicht glaubt, dass er die Bezeichnung gebraucht, mit der es gewöhnlich benannt wird. Denn die Sprache verwenden wir nur als Mittel. Von niemandem darf man im Übrigen annehmen, dass er etwas sagt, was er nicht vorher überlegt habe. Aber obwohl ich Tuberos Erwägungen und sein Ansehen sehr schätze, kann ich doch Servius darin nicht widersprechen, dass man nicht annehmen dürfe, jemand habe etwas gesagt, ohne die dazugehörige Bezeichnung zu verwenden. Denn auch wenn die Vorstellung des Sprechenden älter und wichtiger ist als seine Worte, glaubt man doch nicht, dass jemand etwas ohne Sprache gesagt habe. Sonst müssten wir annehmen, dass auch die, die nicht sprechen können, schon bei einem Versuch hierzu und mit irgendwelchen unartikulierten Lauten sprechen. Cicero, de oratore 1.180 Quid vero? Clarissima Mani Curi causa Marcique Coponi nuper apud centumviros quo concursu hominum, qua exspectatione defensa est! Cum Qunintus Scaevola, aequalis et collega meus, homo omnium et disciplina iuris civilis eruditissimus et ingenio prudentiaque acutissimus, et oratione maxime limatus atque subtilis, atque, ut ego soleo dicere, iuris peritorum eloquentissimus, eloquentium iuris peritissimus, ex scripto testamentorum iura defenderet negaretque, nisi postumus et natus et, antequam in suam tutelam veniret, mortuus esset, heredem eum esse posse, qui esset secundum postumum et natum et mortuum heres institutus; ego autem defenderem hac eum tum mente fuisse, qui testamentum fecisset, ut, si filius non esset, qui in suam tutelam veniret, Manius Curius esset heres. Was geschah aber in dem berühmten Rechtsstreit des Manius Curius und des Marcus Componius, der kürzlich vor dem Zentumviralgericht verhandelt wurde? Wie kamen die Menschen zusammen, mit welcher Spannung wartete man! Quintus Mucius, meines Alters und mein Kollege, ein Mann, der sowohl im Studium der Rechtswissenschaft als auch an Eingabe und Vernunft alle übertrifft, seine Reden mit größter Sorgfalt und Präzision vorbereitet und, wie ich sagen darf, der größte Redner unter den Rechtswissenschaftlern und der größte Rechtswissenschaftler unter den Rednern ist, trat für ein Verständnis der Testamente nach ihrem Wortlaut ein und bestritt, Erbe werden könne, wer als Ersatzerbe für einen später geborenen und verstorbenen Ungeborenen eingesetzt worden ist, wenn der Ungeborene gar nicht erst auf die Welt gekommen und gestorben ist, bevor er in die Vormundschaft des Ersatzerben gelangt ist. Ich wiederum vertrat die Ansicht, es sei die Absicht dessen gewesen, der das Testament gemacht hat, dass, wenn der Sohn nicht geboren würde, der in seine Vormundschaft kommen sollte, Manius Curius Erbe sein solle … Der Streit … … zwischen Tubero, Servius und Celsus scheint sich um die Frage zu drehen, ob dem Wortlaut des Testaments oder dem Willen des Erblassers der Vorrang zukommt. … läge dann ganz auf der Linie des rhetorischen Status: verba – voluntas, in dessen Schema auch Cicero von einer Kontroverse zwischen Quintus Mucius und seinem Zeitgenossen Crassus berichtet. … betrifft, genau besehen, zumindest für Celsus eine ganz andere Frage, nämlich ob eine hinreichende Erklärung des Willens vorliegt, wenn der Erblasser sich nicht des allgemeinen Sprachgebrauchs bedient hat. - Wortlaut und Wille sind dann gleichrangige Elemente der letztwilligen Verfügung. - Über den Gegenfall: die Erklärung ohne hinreichenden Willen, braucht sich Celsus keine Gedanken zu machen, da es hier um den Umfang des Hausrats (suppellex) und damit um ein Verhältnis von mehr und weniger geht. Ein casus perplexus D 35.2.88 Afr 5 quaest Qui quadringenta habebat, trecenta legavit: deinde fundum tibi dignum centum aureis sub hac condicione legavit, si legi Falcidiae in testamento suo locus non esset: quaeritur, quid iuris est. dixi twn aporwn hanc quaestionem esse, qui tractatus apud dialecticos tou qeudomenou dicitur. etenim quidquid constituerimus verum esse, falsum repperietur. namque si legatum tibi datum valere dicamus, legi Falcidiae locus erit ideoque deficiente condicione non debebitur. rursus si, quia condicio deficiat, legatum valiturum non sit, legi Falcidiae locus non erit: porro si legi locus non sit, exsistente condicione legatum tibi debebitur. cum autem voluntatem testatoris eam fuisse appareat, ut propter tuum legatum ceterorum legata minui nollet, magis est, ut statuere debeamus tui legati condicionem defecisse. Ein Erblasser, der 400 hatte, setzte für 300 Legate aus; hiernach vermachte er dir noch ein Grundstück im Wert von 100 für den Fall, dass die lex Falcidia auf sein Testament keine Anwendung finde; es ist fraglich, was rechtens ist. Ich habe gesagt, diese Frage sei ausweglos; bei den Dialektikern werde sie am Beispiel des Lügners behandelt. Was auch immer wir nämlich als wahr festlegen, stellt sich als falsch heraus. Denn wenn wir sagen, dass das dir ausgesetzte Legat gültig ist, greift die lex Falcidia Platz mit der Folge, dass dann wegen Bedingungsausfalls dir nicht geschuldet wird. Wenn umgekehrt, weil die Bedingung nicht eintritt, das Legat nicht wirksam ist, greift die lex Falcidia nicht ein; wenn aber das Gesetz keine Anwendung findet, wird dir wegen Eintritts der Bedingung das Legat geschuldet. Da aber der Wille des Erblassers offensichtlich ist, dass wegen deines Legats die Übrigen nicht gekürzt werden sollen, spricht mehr dafür, dass wir annehmen müssen, dass die Bedingung deines Legats ausgefallen sei.