Die Oper 1600 - 1800 Geburt aus der Antike Die Antike lebt weiter • Tradition der Rhetorenschule wird in den Klöstern weiter gepflegt • Produktion von lat. Texten in der Tradition der antiken Autoren • Neuansatz in der Renaissance: möglichst zurück zu den Quellen • Suche nach Handschriften, auch griechischer Autoren • ‚Ausgraben‘ antiker Kunst • Z. B. Laokoongruppe 14. Jänner 1506 in den Ruinen des Goldenen Hauses • Interesse an der Aufführungspraxis antiker Dramen • Suche nach der Musik – sehr schwierig (Mangel an Zeugnissen • Einziges Zeugnis: Hymnen des Mesomedes in antiker Notenschrift kaum deutbar Der Beginn einer neuen Kunstform– die Camerata fiorentina Florenz, 2 Hälfte 16. Jahrhundert Eine Gruppe von Musikern und Dichtern auf der Suche nach der Musik des antiken Dramas Aus Missverständnissen wird eine neue Kunstform: die Oper Parlar cantando • Der Wunsch, die Aufführungspraxis antiker Dramen nachzuvollziehen • Textverständnis und Gefühlsausdruck ist bei kunstvoller Mehrstimmigkeit kaum möglich • Monodie: deklamierender Vortrag zu Instrumentalbegleitung • Text soll natürlicher Sprache folgen • >Rezitativ Die erste erhaltene Oper: Jacopo Peris Euridice • Text: Ottavio Rinuccini • Musik: Jacopo Peri aufgeführt im Palazzo Pitti in Florenz am 9. September 1600 zur Hochzeit der Maria von Medici mit Heinrich IV. von Frankreich Hochzeit per procurationem Heinrich IV empfängt das Bild der Maria von Medici Gemälde von Peter Paul Rubens Juppiter und Juno, versehen mit ihren Symbolen Adler und Pfau blicken auf Cupido, der das Bild hält, den König und Mars Der Großmeister des Anfangs Claudio Monteverdi (1567-1643) • Aus Cremona • Seit 1590 in den Diensten der Gonzagas in Mantua • Ab 1613 als Maestro di Cappella in San Marco / Venedig • Begraben in der FrariKirche in Venedig Monteverdis Opern Aus seinem Schaffen sind drei Opern erhalten: • L‘Orfeo (1607, Mantua) • Il Ritorno d‘Ulisse in patria (1640, Venedig) • L‘incoronazione di Poppea (1642, Venedig) L‘Orfeo favola in musica Oper in einem Prolog und fünf Akten • Libretto: Alessandro Striggio • Uraufführung Palazzo Ducale, Mantua 24. Februar 1607 • Antike Quellen: Ovid, Met. X,1-77 Vergil, Georg. IV,450 Il ritorno d‘Ulisse in patria (Venedig, 1640) • 2. Teil der Odyssee • Quelle: Homer, Odyssee XX – XXIV • Heimkehr des Odysseus • Anagnorismos mit Sohn Telemach • Auseinandersetzung mit den Freiern • Wiedervereinigung mit Penelope L‘incoronazione di Poppea Venedig 1642 • Libretto: Francesco Busenello • Literarische Quelle: • P. Cornelius Tacitus, Annalen Erstmals ein historischrömischer Stoff Gleichzeitig Spiegel der venezianischen Gesellschaft Poppea: Sex and Crime • Im Kampf von amore und virtù gewinnt amore • Poppea erreicht ihr Ziel und wird gekrönt • entgegen alle Moral • Neros Gattin Octavia und sein Lehrer Seneca bleiben auf der Strecke Ein erfolgreiches Gespann Komponist und Librettist: • Francesco Cavalli (1602 – 1676) • Kapellmeister von San Marco • Erfolgreicher Komponist von ca 40 Opern Francesco Busenello Scharfzüngiger Jurist aus Venedig, Verfasser von Cavallis Libretti Die Welt der Bukolik - Pastorale • Nicht die Tragödie liefert Stoffe für die frühen Opern, • Sondern die Bukolik • Geschaffen in den Gedichten des Theokrit und Vergil und im Mittelalter weiterentwickelt • Hirten bevölkern von Anfang an die Opernbühne (L‘Orfeo) Ovids Metamorphosen • Beliebteste Quelle für die Opernstoffe des 17. Jahrhunderts • z. B. Ariadne, Daphne, Callisto, Pluto und Proserpina, Venus und Adonis, Acis und Galathea Metamorphose der Metamorphosen Ovid als sprudelnde Quelle der Barockoper Cavallis und Busenellos Ovid: • Gli amori di Apollo e Dafne • Il Giasone • La Calisto vereinigen jeweils mehrere Sagen in umfangreichen Werken mit verschiedenen Handlungssträngen komische Elemente Die venezianische Oper des 17. Jahrhunderts • Ältestes Opernhaus: Teatro San Cassiano (1637) • Bau von mehr als 10 Opernhäusern in den folgenden Jahren • Privatunternehmen, die durch das Publikum finanziert werden • auch Leute der niedrigeren Ständen nehmen an dieser Unterhaltung teil • Stagionebetrieb Marc Antonio Cesti (1623 -1669) Il pomo d‘oro • Im Auftrag Kaiser Leopold I. anlässlich seiner Hochzeit mit der Infantin Margarita Theresa (1666) • Größtes barockes Opernspektakel • wurde erst 2 Jahre später fertig (1668) Ein Jahrhundertprojekt Marc Antonio Cesti: Il pomo d‘oro • • • • • • Konstruktion eines eigenen Theaters 19 Szenen 24 Bühnenbilder von Ludovico Ottavio Burnacini Urteil des Paris Umgesetzt auf die junge Kaiserin: Vereint Macht der Juno, Mut der Athene, Schönheit der Venus Reform des Librettos Apostolo Zeno und Pietro Metastasio Die opera seria entsteht • Orientierung an Platon und Aristoteles • Straffung der Handlung • Keine Nebenhandlungen und komischen Figuren • Kein Götterapparat – deus ex machina • Limitierte Anzahl von Personen • Klare Werte: Liebe – Ehre • Affetti Nicht nur Instrumentalkonzerte Antonio Vivaldi (1678- 1741) • Erfolgreicher Opernkomponist, der allmählich wiederentdeckt wird z.B. • L‘Olimpiade • Orlando Furioso • Il Tigrane • Catone in Utica Die neapolitanische Oper • Ausbildung der Nachwuchses in Konservatorien Zahlreiche Künstler z. B. • Alessandro Scarlatti: Mehr als 100 Opern und mehr als 600 Kantaten und Oratorien • Nicola Popora: bedeutender Lehrer und Opernkomponist Das Rom der Päpste und Kardinäle Gianlorenzo Bernini und die Antike Mulier taceat in ecclesia und die Folgen: Die Kastraten • Hohe Stimmen: Knaben oder Falsettisten • Spagnoletti • Zwischen ca 1600 und 1800: im Kirchenstaat und ganz Italien: • Kastraten für Kirchenmusik und Oper • Der letzte Kastrat: Alessandro Moreschi (päpstliche Kapelle, Beginn des 20. Jahrhunderts) Superstars: Farinelli und Caffarelli (Carlo Broschi und Gaetano Majorano) Die Kastraten bewundert, bestaunt, bespöttelt Farinelli – der Film Das Spiel mit den Geschlechterrollen • Kastraten debütierten oft in Frauenrollen • Die Helden der opera seria sind Altisten und Sopranisten • Ihre Rollen können auch von Frauen gesungen werden • Hosenrollen Rollen und Stimmlagen • • • • 5-8 Rollen 2 Paare Der primo uomo und die prima donna Der secondo uomo und die seconda donna • Helden und Heldinnen in Sopran- und Altlage • Herrscher, Väter, Generäle: Tenor oder Bass Textverarbeitung Von der antiken Vorlage zur opera seria: • Mythologischer oder historischer Stoff • Ein oder mehrere Personen historisch fassbar • Die übrigen Personen werden nach dem Handlungsschema ergänzt • Ein Wettstreit der Werte, meist Liebe und Ehre wird thematisiert • affetti Text und Handlung • Die Handlung wird in den Rezitativen entwickelt • Arien: unterbrechen die Handlung • Close-ups der Gefühle der Protagonisten • Da – capo-Arien: A - B – A • (mit Verzierungen) – rhetor. Steigerung • Wenig Text (z.B. 2 x 4 Zeilen) Die Rhetorik im Aufbau der Arien (vgl. Quintilian, Institutio oratoria) • Introductio: Eröffnungsritornell • Narratio: Hauptthema wird erstmals vorgetragen • Argumentatio: Entwicklung des Hauptthemas im A-Teil • Confutatio: Gegenbewegung im B-Teil • Confirmatio: dasselbe wird mit anderen Worten – Verzierungen - gesagt • Conclusio: Schlusskadenz des Sängers und instrumentaler Abschluss Quellen und Stoffe der Barockopern • Mythologische griechische Stoffe vor allem aus der bukolischen Welt Vergils und Ovids Metamorphosen • Griechisch – historische Stoffe: vor allem Alexander der Große und der Orient und Mithridates – Interesse am Orient, z. B. Perserkönigen • Stoffe der römischen Mythologie und der Heldenzeit • Historisch-römische Stoffe • Spätantike und mittelalterliche (christliche) Stoffe Der lange Bogen der Epik • Von den homerischen Epen Ilias und Odyssee • > zu Vergils Aeneis • > Torquato Tassos ‚Rinaldo‘ und ‚Gerusalemme liberata‘ • > und Ariostos ‚Orlando furioso‘ • > zu Tolkiens ‚Herr der Ringe‘ • > in die Fantasy-Welt Händels Giulio Cesare in Egitto • Ein großer antiker Stoff wird historisch ziemlich genau umgesetzt • 58 v. Chr. • Alexandrinischer Krieg • Caesar greift auf Cleopatras Seite in den Bürgerkrieg zwischen den Geschwistern ein • Nach großer Gefahr für sein Leben kann er Ptolemaeus besiegen und sich mit Kleopatra vereinen Orpheus Britannicus: Henry Purcell (1659 – 1696) • Sohn und Neffe von Mitgliedern der Chapel Royal • Schüler von John Blow • Composer for the Violins bei Hof • Musizierte für Charles II und William und Mary Die Restoration of the Stuarts und Charles II Nach dem englischen Bürgerkrieg und Cromwell Rückberufung des Stuartkönigs Charles II, der die Guckkastenbühne und die Schauspielerinnen vom französischen Hof mitbringt Samuel Pepys‘ Diary • Tagebucheintragungen über die alltäglichen Ereignisse seit der Restoration of the Stuarts • Bekanntester Bericht: ‚Great Fire of London‘ 1666 Dido and Aeneas • Quelle: Vergil, Aeneis 4. Buch • Mehrfach behandelter Stoff • z.B als Didone Abbandonata von Metastasio • Kein lieto fine (Bild: Ingres: Vergil und Augustus Dido und Aeneas Codex Vergilius Romanus Dido und Aeneas Bildergalerie Georg Friedrich Händel (1685 – 1759) • Geboren in Halle an der Saale • Lehrjahre in Italien • Tätigkeit in Hannover • Aufenthalt, später dauernde Übersiedlung nach London • Mehrere Opernunternehmen • Größter Erfolg mit seinen Oratorien Der Hof Queen Anne und die Hannoveraner George I undGeorge II Händels London: Die Dichter und Schrifsteller Alexander Pope und John Dryden Daniel Defoe und Jonathan Swift Händels Royal Academy of Musick • Italienische Opern • Engagement italienischer Starsänger • Patronanz des Königs • Im Haymarket Theatre • Später in Covent Garden Händel und seine Stars: Faustina Bordoni, Senesino, Francesca Cuzzoni …..und ihre Karikaturen Die satirische Antwort The Beggars Opera • Parodie auf italienische Oper von John Rich und John Gay • Musik zusammengestellt von Johann Pepusch • Ballad Opera: Musiknummern mit Texten dazwischen • Held: Highwayman MacHeath zwischen Polly Peachum und Lucy Locket Vorlage für Brechts Dreigroschenoper The Beggar‘s Opera ...made Gay rich and Rich gay Darstellung von William Hogarth Der Sonnenkönig und die französische Barockmusik Jean Baptiste Lully – Jean Philippe Rameau Der Andrew Lloyd Webber des 18. Jahrhunderts Johann Adolf Hasse (1699-1782) • Erfolgreichster Komponist der opera seria • Aus Bergedorf bei Hamburg • Verheiratet mit Faustina Bordoni • Vertonte alle Libretti von Metastasio • Tätig in Italien, England am Dresdner und Wiener Hof • Letzten Jahre in Venedig Die Habsburger • • • • • • Leopold I Joseph I Karl VI Maria Theresia Joseph II Leopld II Der Reformer Christoph Willibald Gluck • Nach Komposition von opere serie • Weg von den erstarrten Konventionen • Hinwendung zu Unmittelbarkeit der Empfindungen • Einfachheit und Klarheit der Gefühle und der Dramaturgie Gluck und die Stoffe der Tragödie • Nach der Pastorale und den Heldengestalten • Stoffe der großen antiken Tragödien z. B. • Iphigenie (zeitgleich mit Goethes) und • Alkestis Das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) • Erste Oper mit 11 • Komponiert auf seinen Italienreisen als Jugendlicher opere serie • mit 25 Idomeneo • nahezu zeitgleich mit Zauberflöte und Requiem ‚La clemenza di Tito‘