kompetenz

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Reinhard Krammer
Geschichtsunterricht / Gedenkstätten
LFB
PI Salzburg
April 2005
Geschichtsunterricht heute:
Reflektiertes Geschichtsbewusstsein als Ziel
Geschichtsbewusstsein kann dann als „reflektiert“
bezeichnet werden,
wenn die Operationen des Geschichtsbewusstseins
reflektiert, d.h. bewusst voneinander unterschieden
werden können:
Operation 1
Vergangenes wird zur Kenntnis genommen (gewollt / ungewollt, mit oder ohne Absicht)
Operation 2
Das Gehörte wird in einen Kontext gestellt (Ursachen / Folgen,
Verknüpfungen mit anderen Ereignissen)
Operation 3
Die so konstruierte Geschichte
wird in Beziehung zur Gegenwart u. Zukunft gesetzt (Warum
interessiert mich das ? Welche
Relevanz hat das für mein
Leben?)
Gedenkstätten und Erinnerungsorte
stellen ganz bewusst und mit Absicht die
Verbindung her zwischen
Vergangenheit (Was ist geschehen? Warum ist es
geschehen?)
Gegenwart
(Was davon ist für das Heute wichtig in
Erinnerung zu behalten?)
Zukunft
(Was lehrt das vergangene Geschehen
für die Zukunft? Was ist zu vermeiden ,
um eine Wiederholung auszuschließen?)
Mit der Geste einer politischen und moralischen Mahnung spannen Erinnerungsorte einen Bogen von der
Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft.
Die historische Erfahrung wird zur Verpflichtung in der
Gegenwart und zur Richtschnur für die Gestaltung der
Zukunft.
Was kann man tun um den Kindern / Jugendlichen beim
Erwerb reflektierten Geschichtsunterrichts zu helfen?
Kompetenzen, die dem Erwerb von „reflektiertem
Geschichtsbewusstsein“ vorgelagert sind:
Fragekompetenz
(Re)Konstruktions
kompetenz
Sachkompetenz
Fähigkeit, neue geschichtliche Informationen in bestehende Wissensbestände einzubeziehen und verfügbar
zu halten
Geschichte =
Antwort auf Fragen
an die
Vergangenheit.
Fragekompetenz =
Voraussetzung für
das Erschließen von
Geschichte
Orientierungskompetenz
(De)Konstruktionskompetenz
Analyse „fertiger
Geschichten“:
Selektionskriterien, Deutungsmuster und Intentionen erkennen
können
Kompetenter Umgang mit Quellen
(Quellenkritik).
Fähigkeit, aus
Quellen Geschichte
zu konstruieren
(narrative
Kompetenz)
Fähigkeit, das
historische Wissen
und die methodichen Fähigkeiten
in der Gegenwart
anzuwenden und
zu nutzen
Förderung von Kompetenzen im GU der Unterstufe
am Beispiel eines Oral-History-Projektes
Fragekompetenz:
Schüler befragen Eltern, Großeltern als Zeitzeugen.
Erarbeitung eines Fragekatalogs für die Interviews (die
gestellten Fragen bestimmen wesentlich mit, was erzählt
wird).
Sachkompetenz:
Die SchülerInnen erarbeiten sich Wissen über die geschichtlichen Ereignisse der Zeit zu der die Befragten
Auskunft geben sollen. (Oder werden vom Lehrer / von
der Lehrerin darüber ausreichend informiert)
Rekonstruktionskompetenz:
Schüler fassen die einzelnen Interviewergebnisse zu
einer G-Darstellung („Narration“) zusammen.
Dekonstruktionskompetenz:
Schülerinnen fragen nach den Ursachen unterschiedlicher Schilderungen, Erinnerungen und Wahrnehmungen. Sie versuchen festzustellen was die einzelnen
Zeitzeugen betonen, verschweigen, für richtig und für
falsch befinden und versuchen zu erklären, warum das so
ist.
Erinnern und Gedenken in Österreich
(4 Thesen)
1. Die österreichische Gedenkkultur unterscheidet
sich von jenen in anderen Ländern weil
 ein enger Zusammenhang mit begangenen oder zu
verantwortenden Verbrechen besteht
 das Verschweigen der Teilhabe und die Betonung
der erlittenen NS- Verbrechen (V. a.: Österreich als
erstes Hitler-Opfer), die Realität verkehrt hat!
Dieses (ambivalente) Gedächtnis ist historisch ohne
Beispiel. Die langfristigen Auswirkungen sind daher
unbekannt.
2. Die pädagogischen Resultate schulisch inszenierten Gedenkens sind unsicher.
Ob (curricular erzeugte) Erinnerung langfristig zur
Demokratisierung und Humanisierung einer Gesellschaft beiträgt oder letztendlich dagegen wirkt, ist
offen.
Die DDR-Erfahrungen lassen vermuten, dass verordnete Gesinnung sich selbst konterkariert, Desinteresse hervorruft und Abwehr erzeugt.
Statt innerer Anteilnahme: äußere Anpassung ??
3. Pädagogik und Didaktik hat sich auch auf das
Ergebnis von Erinnerung zu konzentrieren.
Die kritische Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus = Teil nationaler Erziehung geworden.
Frage nach den Folgen wird zu selten gestellt:
Ersetzt verordnete Erinnerung und evozierte Trauer
Engagement und wirkliche Betroffenheit?
4. Das Schwinden der Täter und Opfer verändert die
Gedenkkultur grundlegend.
Die Historisierung des Gedenkens fällt mit dem
„Erinnerungsimperativ“ zusammen, was oft heißt,
Unmögliches vom Schüler (von der Schülerin) zu
verlangen, bzw. Widerstände abzurufen.
Schon deshalb kann nicht mehr „Erinnerung“ an die
Vergangenheit sondern „Auseinandersetzung“ mit
der Vergangenheit verlangt werden. Gedenk- und
Erinnerungsorte werden immer mehr zu „Lernorten“ werden!
Problematische Erwartungen der Gesellschaft:
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn man sich in allen
Schulen ernsthaft und mit den richtigen Methoden mit den
Fragen des Nationalsozialismus beschäftigt, die Rechtsradikalen einen solchen Zulauf haben, wie wir es derzeit
erleben.“
(Der Bremer Bildungssenator und Präsident der
Kultusministerkonferenz Willi Lemke in der FR 28.8.2000)
„Jeder Jugendliche sollte während seiner Schulzeit einmal
Gelegenheit haben, Auschwitz oder eines der anderen
Schandmäler zu sehen. Wer hier gewesen ist, wird nie
wieder Fremdenhass empfinden oder Gewalt ausüben
können.“
(Wolfgang Clement in WAZ 4.9. 2000)
Jugendliche mit aufklärungsresistenten Vorurteilsstrukturen lassen sich durch Gedenkstättenbesuche
nicht beirren. Autoritäre Lernstrukturen dementieren
die demokratischen Zielsetzungen von selbst.
Didaktisch-methodisch problematische Wege der
Auseinandersetzung mit NS – Verbrechen im
Unterricht
Zu starke suggestive Lenkung durch L/L: die
erwünschten Einstellungen und Urteile werden mit
den Informationen jeweils mitgeliefert.
Bewusstes Abstellen auf „Betroffenheitsdidaktik“:
Emotionale Überforderung durch didaktische Grundsätze wie: „Erst wenn die Schülerinnen von einer Sache
betroffen sind, lernen sie!“
Nationalsozialismus wird als das Werk Hitlers und
(allenfalls) einiger alles Menschliche hinter sich
lassender Nazi-Bonzen dargestellt.
Der „Bystander“ (Mitwisser, Mitläufer und Mittäter)
bleibt außer Betracht.
Die Verführbarkeit der Menschen unter bestimmten
wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wird nicht
deutlich gemacht.
Die mögliche Fragilität eigener Resistenz gegenüber politischen Anfechtungen bleibt unerörtert.
Einige mögliche Gründe für Überdrussreaktionen
Jugendlicher (Sekundarstufe 2):
 Ständig ausgeübter Betroffenheitsdruck und Trauererwartung durch und von Autoritäten
 Hohe Frequenz der Information (Schule, Medien)
 Druck zur ungefragten Übernahme von vorgefertigten
Urteilen und fertigen Bewertungen

Erleben von Milieuverlust und Individualisierung, mangelnde Solidaritätserfahrungen u. soziale Einbindungen
im Alltag
 Ablehnung jeder Verantwortung der eigenen Generation
für das historische Geschehen
 gegenwärtigen Konflikten und Kriege und deren Lösung
wird höhere Bedeutung beigemessen

Die Erfahrung, dass eigene (traumatische) Erfahrungen
auf kein Interesse in der Gesellschaft stoßen
 Personalisierung der Geschichte (Film, Dokutainment,
Schulbuch; GU)
Das Problem des Lernalters: sollen auch schon
Kinder vom NS erfahren?
Argumente dafür:
NS ist Thema nicht nur der Schule, sondern vor allem
der Medien
S/S eignen sich zumeist schon früh über Medien und /
oder Erzählungen der (Ur)Großeltern Informationsfragmente an
Auch für Volksschüler ist der Nationalsozialismus kein
Geheimnis
Ohne die Gelegenheit, solche Informationspartikel zu
ordnen, kann ein obskures Geschichtsbild entstehen
Der Gefahr psychischer Überbelastung durch Zufallsinformationen kann mit Gesprächen und didaktisch
reflektierter Aufklärung entgegengewirkt werden.
Wenn fragmentarisches Wissen zu bedrückenden Geschichtsbildern führt und psychischen Schaden anzurichten droht 
LehrerInnen sollten darauf reagieren.
Positive Voraussetzungen: das (vorpubertäre) Vertrauensverhältnis jüngerer Kinder zu ihren Eltern und Lehrern.
Wie mit Kindern über den NS reden?
1) Mit Kindern im Volksschulalter kann eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der Geschichte nur auf je individuelle Art erfolgen. (Indem der Lehrer / die Lehrerin auf Anstöße der SchülerInnen reagiert und kein Curriculum vorgibt)
z.B.: gemeinsame und individuelle Lektüre von
geeigneten Kinderbüchern zum Thema (ich
stelle mein Bilderbuch, mein Lieblingsbuch vor)
SchülerInnen bringen Fotos der Urgroßeltern
aus der Zeit mit und ordnen sie thematisch zu
Collagen (dabei werden Informationsschritte
gesetzt)
Mein Urgroßvater kommt in die Schule und
erzählt……….
Grundsätze:
Fakten nicht verschweigen, aber vorsichtig und a) die Würde der
Opfer nicht verletzend und b) die Psyche der Kinder schonend
erzählen!
Vermeiden von grausamen Bildern und Beschreibungen (Gefahr
des Weckens von Sensationslust oder der Schaffung von
Traumata).
Das Thema darf für Schüler unter 14 Jahre niemals Teil eines
Curriculums werden, sondern muss Option bleiben. (Lernen um
mit dem Schrecklichen nicht allein gelassen zu werden)
Das Problem der Altersgerechtheit u. d. Lernprogression
Individuelle (auf Sozialistionseinflüsse zurückzuführende
Unterschiede im Geschichtsverständnis sind größer als
die altersspezifisch bedingten!!)
Das Geschichtsinteresse jüngerer SchülerInnen:
ist stärker auf das Konkrete, das Abenteuerliche und
Fremde ausgerichtet.
 verlangt Identifikationsangebote. Geschichte wird
am Beispiel des Erlebens von bestimmten Menschen
leichter verstanden und erlernt. (Einzelne Menschen
dienen als Identifikationsfigur. Mangelnde und falsche
Identifikationsangebote beim Lernen über den Nationalsozialismus sind ebenso üblich wie fatal.
Das Geschichtsinteresse älterer SchülerInnen:
 Bedarf Freiräume bei der Urteilsbildung
ist auf Segmente der Vergangenheit bezogen
Die Relevanz der Stufen der Moralentwicklung
(Lawrence Kohlberg )
Niveau 1 (Bis zum 9. Lebensjahr):Prämoralisch
1
Heteronome
Moralität
Verhalten orientiert sich am Vermeiden von
Strafen
2
Naiver
instrumenteller
Hedonismus
Konformität des Verhaltens um Belohnung zu
erhalten
Niveau 2 (Ab dem 9. Lebensjahr.): Moral der
konventionellen Rollenkonformität
3
Moral des guten Kindes, das die
Anerken-nung der
anderen sucht
Konformes Verhalten angestrebt, um Missbilligung und Ablehnung durch die Anderen zu
vermeiden
4
„Law and Order“ Orientierung
Konformes Verhalten um Kritik legitimer
Autoritäten zu vermeiden
Niveau 3 (Ab dem 20. Lebensahr): Stufe d. autonomen
moralischen Verhaltens
5
Moral d. Vertrags, des
demokrat. anerkannten Rechtssystems
Handeln um die Achtung legitimer, das
Wohlergehen sichernder Autoritäten zu
erlangen
6
Moral der individuellen Gewissensprinzipien
Verhalten nach Prinzipien, die
Selbstverurteilung vermeiden
Signifikanteste Option des Geschichtelernens mit
zunehmendem Alter:
Basisniveau des G-Lernens (ab 08) ist die erste Ebene des
kognitiven Bereichs: Wissen, Kennen
Langsames und systematisches Anbahnen von
Kompetenzen sollte nicht zu spät erfolgen:
Erkennen der Abhängigkeit jeder Geschichtsdarstellung
von den vorhandenen Quellen (Rekonstruktionskompetenz)
(spätestens ab 13 / 14)
Erkennen von Parteilichkeit und Perspektivität jener, die
Geschichte erzählen ( Standortbezogenheit) (ab 12 / 13)
Fähigkeit zum Darstellungsvergleich (Kontroverse)
(ab 14 / 15)
Annahme von Folgerungsangeboten (Gegenwartsbezug)
(ab 15/ 16)
Kompetenzen zum Erkennen der Bereichsspezifik von
Medien, die Geschichte erzählen (ab 14)
Kompetenz im analytischen Umgang mit Geschichtsfiktion
(Geschichte im Spielfilm, Computerspiel, Roman etc.)
(ab 16)
Zusammenfassung der Ergebnisse einer Befragung
von Gedenkstättenmitarbeitern in Deutschland zum
geschlechtsspezifischen Verhalten Jugendlicher in
der Gedenkstätte (Pia Frohwein und Leonie Wagner)
Mädchen identifizieren sich stärker mit den Opfern
als Burschen
Burschen lassen weniger Betroffenheit erkennen als
Mädchen,
Burschen lehnen Verantwortung stärker ab als
Mädchen (z.B. in der Frage der Entschädigungen)
Burschen zeigen stärkeres Interesse für Technik (?)
und Strukturen als Mädchen
Mädchen zeigen sich insgesamt engagierter,
interessierter und aktiver
Mädchen sind zu forschendem Lernen leichter zu
motivieren
Mädchen interessieren sich weit weniger für die Täter
als Burschen.
Schlussfolgerungen aus der Untersuchung
Gedenkstättenpädagogik stellt Zugänge ins Zentrum,
die den Mädchen besser entsprechen
Burschen werden auf Grund ihrer Interessen eher
vernachlässigt und ihre Zugänge als moralisch unangemessen sanktioniert
Das Angebot richtet sich vorrangig an Mädchen /
Frauen, während männliche Zugänge unberücksichtigt bleiben
Die (überaus heterogene) Einstellung junger
Migranten zu NS und Holocaust nach Georgi
Typus 1:
Identifiziert sich mit den Opfern der NS-Herrschaft
Intensive Beschäftigung mit den Ereignissen und
hohes Maß persönlicher Betroffenheit. Identifikation
mit den Opfern (verstärkt durch eigene Erfahrung mit
rassistischer Gewalt)
Vergleich mit der eigenen Position als Angehörige(r)
einer Minderheit.
Ängste, dass rassistische Bedrohung in der
Gegenwart wieder aufleben bzw. sich ausweiten
könnte.
Typus 2:
Identifiziert sich mit dem „kleinen Mann“ im NS
„Die Deutschen waren selbst Opfer des Nationalsozialismus“ oder haben zumindest von der Dimension der
Verbrechen nicht gewusst.
„Das Bedürfnis dieses Typus, dazuzugehören, führt zur
Verteidigung der Mitläufer. Verständnis für „die Deutschen“ als Eintrittsbillett in die deutsche Gemeinschaft.
(Für Österreich kann Ähnliches vermutet werden !!)
Typus 3:
Identifiziert sich vor allem mit der eigenen
ethnischen Gruppe
Soziale Situation der eigenen Gruppe ist Hauptbezugspunkt.
Argumentative Verknüpfung der Situation und der
Geschichte der eigenen ethnischen Gruppe (soziale
Benachteiligung, Opfer von Fremdenhass) mit dem
Holocaust.
Junge Migranten, die ihre eigene Verfolgungsgeschichte nicht anerkannt sehen, nutzen die
Geschichte der Judenverfolgung als Projektionsfläche für die Abbildung ihrer eigenen Geschichte.
Typus 4:
Identifiziert sich mit der Menschheit als historische
Bezugsgruppe
Relativierung oder Rechtfertigung der NS-Vergangenheit und der rechts-extremistischen Potentiale in
der Einwanderungsgesellschaft durch Verweis auf
Universalisierung der Phänomene.
Ebenso große Verbrechen hätte es zu anderen Zeiten
und an anderen Orten auch gegeben (nicht zuletzt in
Israel)
„Menschen sind überall gleich“ – Argument.
Zusammenfassende Thesen zur Behandlung
der Themen NS und Holocaust im GU
Das Geschichtsbewusstsein das SchülerInnen in den GU
mitbringen, ist heute vor allem von großer Heterogenität
gekennzeichnet.
Alle Versuche, dieses oft naive und wenig reflektierte Geschichtsbewusstsein in ein reflektiertes überzuleiten, hat zur
Voraussetzung, dass sich Schülerinnen ihre Haltungen und
Urteile frei und ohne Bevormundung erarbeiten können.
Jede Generation hat das Recht sich in ein je spezifisches
Verhältnis zur Vergangenheit zu setzen. Eine von der älteren
Generation „geliehene Erinnerung“ ist dafür unbrauchbar.
Durch die mediale Vermittlung (TV-Dokumentationen!) erleben S/S die Geschichte des NS und des Holocausts primär
als das Werk von Einzeltätern. Sie erkennen sich in dieser
Geschichte nicht. Der GU muss diese Perspektive aufbrechen und die „Bystanders“ stärker in den Blick nehmen.
Eine „Verschärfung der Wachsamkeit auch sich selbst gegenüber“ wird nur so möglich sein.
Es verbietet sich, über die Geschehnisse in der Diktion
der Täter zu berichten („Blitzkriege“, „Volksgemeinschaft“, „Judenproblem“ usw.) und die Opfer erneut zum
Schweigen zu verurteilen.
Geschichtsunterricht darf nicht verhindern sondern fördern, dass kommende Generationen einen eigenen, nicht
von uns geborgten Zugang zu diesem Teil der Geschichte
finden können.
Didaktisch-methodische Anmerkungen zum Besuch
von Gedenkstätten
LehrerInnen die von unreifen, kritischen und provokanten Haltungen Jugendlicher emotionell getroffen werden, sollten sich aus
entsprechenden Projekten eher heraushalten. Sie laufen Gefahr,
psychische Widerstände, die unterschiedlichste Ursachen haben
können, einseitig als politische „Verdrängung“ und „Verweigerung“ misszuverstehen.
Der Besuch von Gedenkstätten stellt zweifellos die Menschen
selbst in den Mittelpunkt, die an diesen Orten gelebt und gelitten
haben oder an die erinnert wird. Dabei ist der ständige Perspektivenwechsel zwischen Opfer und Täter notwendig, die Zuschauer und Widerstand Leistenden dürfen nicht ausgeklammert bleiben.
SchülerInnen sollten Gelegenheit haben, eigene Positionen zu
finden: durch Arbeitsaufgaben, die S/S allein oder in Gruppen
erfüllen), durch das Rekonstruieren von Einzelschicksalen anhand von Fotos, Zeitzeugenberichten u.ä.
Bei Gedenktafeln und Denkmälern kann deren Geschichte
selbst zum Gegenstand des Interesses werden.
Freiwilligkeit des Besuchs und Abwesenheit von Leistungsbeurteilung ist obligat.
Eine vorausgehende Behandlung der Frage, welche inneren
Widerstände auftreten können, ist ebenso wichtig wie ein
gemeinsames Nachdenken darüber, welches Verhalten, die
Würde der Opfer verletzen könnte.
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