Parteistiftungen - Prof. Rode: Internationale Beziehungen und

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Unabhängige: Bundesbank und Parteistiftungen
Bundesbank
 Die Bundesbank spielt bis zur Einführung des Euro als
oberster Währungshüter in der Außenwirtschaftspolitik eine
zentrale und entscheidende Rolle.
Das Bundesbankgesetz räumt ihr bei ihrer Aufgabe, „die Währung zu
sichern“ (§ 3), einen relativ autonomen Status ein. Nach § 12 des Bundesbankgesetzes ist sie aber auch verpflichtet, „... die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik zu unterstützen“.
Diese Doppelrolle kann ohne Spannungen mit der Bundesregierung nicht
ausgefüllt werden. Dabei hat die Bundesregierung aber nur wenig Mittel, die
Bundesbank auf die von ihr gewünschte Linie zu verpflichten.
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 Die Ernennung der Bundesbankspitze erfolgt nämlich nur
alle acht Jahre.
Die Bundesregierung ist dabei auf den Bundesrat angewiesen, der die
Präsidenten der Landeszentralbanken benennt.
Zusammen mit den Mitgliedern des Direktoriums bilden sie den Zentralbankrat, der die währungs- und kreditpolitischen Entscheidungen zu fällen
hat.
Üblicherweise wird die Bundesbank der Exekutive zugeordnet, funktional
agiert sie aber als unabhängige Agentur.
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 Während die Bundesbank in den sechziger und siebziger
Jahren ihr Spannungsverhältnis zur Bundesregierung bei den
Auf- und Abwertungsentscheidungen der Deutschen Mark
auszutarieren hatte,
 war ihre Rolle als faktische europäische Zentralbank in den
achtziger Jahren Stein des Anstoßes.
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 Bei der Vereinigung der beiden deutschen Staaten spielte die
anfängliche Opposition der Bundesbank gegen die
Währungsunion und den von der Regierung anvisierten
Tauschkurs eine wichtige Rolle.
Karl Otto Pöhl, Bundesbankpräsident von 1980 bis 1991, hielt die Idee einer
schnellen Währungsunion, die Anfang 1990 aufkam, für völlig unrealistisch.
Die Entscheidung dafür fiel am 6. Februar 1990 im Bundeskanzleramt, ohne
dass Pöhl konsultiert worden wäre.
Bei dieser politischen Grundsatzentscheidung endeten Macht und Einfluss
der Bundesbank, die gute wirtschaftliche Argumente für ihr Zögern
vorgebracht hatte.
Der enorme Aufwertungseffekt für die Ost-Mark war ein Wahlgeschenk für
die Bürger der DDR, das viele Unternehmen im Osten konkurrenzunfähig
machte und damit ruinierte.
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 Als finanz- und währungspolitische Entscheidungsinstitution war die Bundesbank alles andere als beliebt.
Von den Partnern in der EG wurde sie als die deutsche Institution hingestellt, die
deutsche wirtschaftliche Vorherrschaft ausdrücke. Ihrem angeblichen Zinsdiktat
vermöchten die anderen europäischen Länder nicht zu trotzen.
Innenpolitisch gerät sie in einer Hochzinsphase schnell zum Buhmann von Unternehmen und Gewerkschaften.
Ihre Autonomie ist sogar als Demokratiedefizit und Legitimationsmangel dargestellt
worden.
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 Mit dem Demokratiedefizit ist die deutsche Wirtschaftspolitik aber
im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern eher gut
gefahren.
Dort, besonders in Frankreich, ist die Zentralbank ein Quasiorgan der Exekutive.
Die Folge war gewöhnlich Gefälligkeitsgeldpolitik.
Auch die Dominanzposition in der europäischen Währungspolitik hatte für die
Nachbarn einen positiven Aspekt. Während die Bundesbank offen angefeindet
werden konnte, wurden die Regierungen politisch entlastet, weil sie nicht selbst die
politisch undankbare Rolle des Stabilisators spielen mussten.
Eine der deutschen Regierung allzu willfährige Bundesbank wäre sicher in Westeuropa auf noch weniger Gegenliebe gestoßen.
Zwar wurde im Ausland die Stabilität der Bundesbank vor dem Hintergrund der
geschichtlichen deutschen Erfahrungen mit verheerenden Inflationen häufig als
Marotte kritisiert, zugleich wird das Ergebnis relativer Geldwertstabilität im regionalen
Vergleich bewundert.
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 Dennoch war sie für viele im europäischen Ausland eine
gefürchtete deutsche Machtinstitution:
„... An ihrem Prestige und ihrer Professionalität, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer
Potenz besteht kein Zweifel.
Die Bundesbank hat die Wehrmacht als bekannteste und gefürchtetste Institution
Deutschlands abgelöst.
Von Tokio bis Toronto, von Bogotá bis Budapest ist der Name der Bank Symbol
eines konsequent anti-inflationären Kurses. Die Ratschläge der Bank finden ernste
und aufmerksame Zuhörer an den Tischen der Mächtigen, und ihr Arm reicht weit.
Als Hüter der D-Mark, dieser exemplarischen starken Währung, die zum Symbol des
deutschen Nachkriegsaufschwungs geworden ist, herrscht die Bundesbank über ein
größeres Gebiet Europas als irgendein deutsches Reich der Geschichte.“ (David
Marsh)
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 Das Selbstbewusstsein der Bundesbankspitze drückt sich nicht
zuletzt in ihrer eindeutigen Position gegenüber der europäischen
Zentralbank aus.
Dafür kam nur ein Modell nach deutschem Muster in Frage.
Damit wurde zwar die europäische Zentralbank mit Mitgliedern aus allen
europäischen Ländern keine deutsche Institution, aber letztlich doch eine Institution,
in der die deutsche Stabilitäts- und Autonomiephilosophie garantiert blieb, weil sie
praktisch eine Kopie der Bundesbank war.
Der Vorläufer, das Europäische Währungsinstitut (EWI), wurde am 1. Januar 1994
quasi als Vorgriff für die EZB nicht zuletzt zum Zwecke der Vertrauensbildung bei
den Deutschen in Frankfurt am Main angesiedelt.
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 Renommee und Ansehen der Bundesbank waren national wie
international sehr hoch.
Die Grundlage dafür war ihre relative Autonomie, die sie gegenüber
Regierung und Parlament wahren konnte.
Die wirtschaftlichen Probleme der deutschen Vereinigung haben nicht an
der relativ autonomen Rolle der Bundesbank gerüttelt. Letztere war nicht
zuletzt auch ein Ausdruck des westdeutschen Wohlstands.
In einer großen wirtschaftlichen Vereinigungskrise hätte die herausgehobene autonome Funktion mit ihren relativ unabhängigen Entscheidungen
freilich unter stärkerem Druck gesellschaftlicher Anforderungen geraten
können.
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 Bei der Währungsunion war die Bundesbank Hauptverlierer.
Ihr letzter größerer Erfolg wurde der Export ihrer Stabilitätsphilosophie in die
Währungsunion.
Die Bundesbank war dann aber nicht mehr die europäische QuasiZentralbank, sie wurde als Institution europäisch eingebunden.
Deutschland opferte damit sein teuerstes Stück Souveränität auf dem Altar
der europäischen Einheit.
So wollten es die Nachbarn, vor allem Frankreich, dem diese Form
deutscher Vorherrschaft immer ein Dorn im Auge war.
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 Bundeskanzler Kohl hatte sich in Maastricht darauf eingelassen,
die Bundesbank konnte es nicht verhindern.
Da es geldpolitisch gut ging, wurde Europa erheblich vorangebracht.
Ein Übergangsdesaster hingegen hätte die europäische Integration schwer
beschädigt.
Das Brechen der wohlwollenden deutschen Währungshegemonie in Form einer
angeblich stabilitätsmanischen Bundesbank hätte nach Meinung der Skeptiker
gegenüber einer Europawährung in einen kleinsten gemeinsamen europäischen
Nenner romanischer Politik des leichten Geldes für Macht- und Prestigespiele
münden können.
Der deutsche Wähler hätte dies kaum hingenommen, wenn er feststellen hätte
müssen, dass er mit der alten wenngleich „demokratiedefizitären“ Bundesbank weit
besser gelebt hatte.
Eine europäische Währungsunion stand so unter ungleich größerem Erfolgszwang
als die deutsche Währungsunion von 1990. Stand 2004 wurde diese Prüfung
bestanden.
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 Die Regression zum Binnenakteur führte zu einem Imageverfall.
Die einst mächtige Frankfurter Mammutbehörde von 14 500 Mitarbeitern konnte
zwar noch regionale und internationale Präsenz zeigen – z. B. in der EZB und im
IWF sowie in der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) - ihr
Ansehen aber verfiel innen und außen.
Die Spesenaffäre des Bundesbankpräsidenten Ernst Welteke im April 2004 wegen
Reise und Hotelrechnungen inklusive seiner Familie zeigte den Imageverfall an.
(Eine Rechnung für 4 Nächte im Hotel Adlon in Berlin Anfang Januar 2002 samt
Gattin, Kind und Sohn aus erster Ehe mit Freundin betrug 7661 €. Sie war von der
Dresdner Bank übernommen worden. Ferner hatte er sich von BMW eine Reise zur
Ralley in Monte Carlo finanzieren lassen.)
Das Finanzministerium ging kurzfristig offen auf Kollisionskurz mit den
unabhängigen Währungshütern. Hans Eichel wollte Welteke zum Rücktritt nötigen
und einen genehmen Nachfolger einsetzen. Seinen konservativen Vize Jürgen
Stark (CDU) wollte die Regierung verhindern. Einen Streitpunkt
boten die
Goldvorräten der Bundesbank, die die Regierung für ihre Zwecke einsetzen wollte.
Welteke hatte in dieser Frage beharrlich gemauert.
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 Nach Weltekes Rücktritt wurde im April 2004 ein parteiunabhängiger Kandidat präsentiert, der Kölner Volkswirtschaftsprofessor
und Mitglied des Sachverständigenrats, Axel Weber.
Diese Lösung lag außerhalb der gewohnten Denkbahnen. Alle vorherigen
Präsidenten waren zuvor entweder Staatssekretäre gewesen oder hatten eine
Position im Bundesbanksystem inne gehabt z. B. Landeszentralbankchef oder
Bundesbankvizepräsident.
Die drei Anwärter, Jürgen Stark und die beiden Staatssekretäre Koch-Weser und
Tacke, gingen leer aus, weil sie urplötzlich als politisch zu heiß galten. Stark war
durch die Forderung der Opposition „verbrannt“ worden. Caio Koch-Weser (BMFi)
und Alfred Tacke (BMWi) hätten die Intrigenvermutung aus dem Regierungslager
genährt.
Die Folge war die Suche nach dem unabhängigen Experten, um die Bundesbank
und die Regierung wieder aus der Schusslinie zu bringen. Fleißige „Langweiler“ sind
bessere Notenbanker als schlagzeilenträchtige „Partylöwen“ und Parteigänger.
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 Das Auswahlverfahren ist so: die Regierung kürt, d. h. sie schlägt
vor, die Bundesbank hört nur an, der Bundespräsident ernennt.
Die Regierung hat praktisch die Wahl, muss aber fachliche und politische Rücksicht
nehmen und kann keinen eigenen Mann im ganz engen Sinne durchboxen. Selbst
wenn Sie das täte, würde Sie den „Thomas-Beckett-Effekt“ riskieren.
Bundesbankpräsidenten haben ihre unabhängige Rolle durchgängig auch
wahrgenommen.
Der englische König Heinrich II ernannte 1162 seinen Freund Thomas Beckett zum
Erzbischof von Canterbury, um sich die Kirche gefügig zu machen. Doch Beckett
nahm seine neue Rolle ernst und erwies sich als unbeugsamer Verteidiger der
Rechte und Freiheiten der Kirche. 1170 wurde er wegen seiner „Untreue“ von Rittern
des Königs ermordet.
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Parteistiftungen
 In den sechziger Jahren haben die vier im Bundestag vertretenen
Parteien jeweils eigene Stiftungen gegründet.
Damit pflegen sie ihre eigenen internationalen Beziehungen zu ausländischen
Partnern auf der jeweilig passenden politischen Linie.
Die Finanzierung der Stiftungen erfolgt über private und öffentliche Mittel.
Die politische Arbeit sowie die Programme und Projekte der Stiftungen im Ausland
gehen über die Kategorie politische Entwicklungshilfe hinaus.
Damit entstanden Einflusskanäle, die die deutsche offizielle Außenpolitik unterstützt
oder auch aus oppositioneller Sicht konterkariert haben.
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 Die Stiftung der CDU, die Konrad-Adenauer-Stiftung, entwickelte z. B.
einen Schwerpunkt bei der Unterstützung christlicher Parteien in
Lateinamerika.
 Die Stiftung der SPD, die Friedrich-Ebert-Stiftung, arbeitete schwerpunktmäßig in Spanien und Portugal und hat dort erheblichen Einfluss
auf die sozialdemokratischen Gruppierungen gewinnen können.
 Die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP konzentrierte sich auf die
„Qualifizierung von Führungskräften“ in der Dritten Welt.
 Die Hanns-Seidel-Stiftung der CSU war anfangs eher regional-bayerisch
und europazentrisch ausgerichtet.
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 Alle Stiftungen haben die Aktivitäten zunehmend internationalisiert
und die Auslandsprojekte so gestreut, dass keine dominanten
regionalen Schwerpunkte mehr bestehen.
Sie verfügen über zahlreiche Verbindungs- oder Außenstellen im Ausland oder
Projektbüros.
Die Ebert-Stiftung z. B. beschäftigte 1993 135 Auslandsmitarbeiter, die SeidelStiftung 57, bei der Naumann-Stiftung waren es 59 im Jahr 1994.
Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts haben sich alle Stiftungen bei den neu
gegründeten post-sozialistischen osteuropäischen Parteien engagiert.
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 Valide vergleichende Analysen über die Wirkung dieser
Auslandsaktivitäten mit Steuergeldern liegen leider nicht vor.
Die Auslandsausgaben betrugen z. B. bei der Seidel Stiftung und der NaumannStiftung im Jahr 1994 jeweils ca. 56 Mio. DM, die Ebert Stiftung hatte 1993 111 Mio.
DM aufgewandt.
Alle Vermutungen von Verschwendung über erfolgreiche Tätigkeit bis imperiale
Einflussnahme sind deshalb möglich.
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 Auch die Grünen haben nach dem Einzug in den Bundestag die
Möglichkeit von Stiftungen genutzt.
Unter dem Dach des Stiftungsverbands Regenbogen arbeiten mehr oder weniger
eigenständig die Heinrich-Böll-Stiftung, der Buntstift und die Frauen-Anstiftung.
1994 führten diese 59 Projekte in Entwicklungsländern und 23 in Mittel- und
Osteuropa durch. Die eingesetzten Fördermittel hatten ein Jahresvolumen von 14
Mio. DM.
Die Parteistiftungen sind mit den genannten Betätigungsfeldern Träger parteilicher,
gesellschaftlicher Außenpolitik.
Sie agieren über die Welt der ausgehöhlten Nationalstaaten hinaus auf der Ebene
der sich herausbildenden Gesellschaftswelt.
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Stiftungen
Quellen
FriedrichEbertStiftung
(2001)
Westliche
Industrieländer:
13 Büros, 6
Auslandsmitarb.,
9,1 Mio DM
Budget
KonradAdenauerStiftung
(2002)
Europa:
18 Länder
Mittel- und
Osteuropa: 27
Büros, 14 Ausl.Mitarb., 16,8
Mio DM Budget
Subsahara-Afrika:
20 Büros,
19 entsandte
Mitarb.,
24,7 Mio. DM
Budget
Mittelost/Nordafrik
a: 9 Büros, 7
entsandte Mitarb.,
11,8 Mio DM
Budget
Asien/Pazifik:
16 Büros,
15 entsandte
Mitarb.,
17,8 Mio DM
Budget
Lateinamerika/
Karibik:
19 Büros,
16 entsandte Mitarb.,
23,6 Mio DM Budget
Jahresbericht
2001, S. 5879
Afrika:
11 Länder,
3 RegionalProgramme
Nahost/Nordafrika:
7 Länder
Asien:
12 Länder
Lateinamerika:
14 Länder
Nordamerika:
USA
http://www.k
as.de/internat
ional/laender/
122_webseite
.html,
3.06.2003
HannsSeidelStiftung
(2001)
Mittel-, Ost- und
Südeuropa:
15,2% von 41
Mio DM;
Projekte: 26, 9%
von 60
Afrika:
19,5% von 41 Mio.
DM; Projekte
13,4% von 60
Maghreb und Naher
Osten:
12,3% von 41 Mio.
DM;
Projekte: 13,4%
von 60
Asien/Ozeanien:
24,2% von 41 Mio.
DM; Projekte:
34,1% von 60
Lateinamerika:
15% von 41 Mio.
DM;
Projekte: 12,2% von
60
Regionenübergreifend:
13,8% von 41
Mio. DM
Jahresbericht
2001, S. 43
FriedrichNaumannStiftung
Mittel-, Südostund Osteuropa:
20 Länder,
18 Projekte
Afrika:
8 Länder,
8 Projekte
Mittelmeerländer:
10 Länder,
10 Projekte
Asien:
11 Länder,
11 Projekte
Lateinamerika:
9 Länder,
9 Projekte
Internationaler
Politikdialog:
3 Länder,
4 Projekte
Jahresbericht
2001, S. 160169
Afrika:
51 Projektpartner
Naher Osten und
Türkei:
23 Projektpartner
Asien:
34 Projektpartner
Lateinamerika:
45 Projektpartner
Jahresbericht
2001, S. 4650
Südafrika:
2 Projekte
Naher Osten:
1 Projekt
Brasilien:
3 Projekte
Jahresbericht
2001, in:
http://www.r
osaluxembur
gstiftung.de/
Aktuell/index
.htm,
13.06.2003,
S. 9f.
HeinrichBöll-Stiftung
RosaLuxemburgStiftung
Europa:
41 Projektpartner
Polen:
1 Projekt
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