ppt - Universität Wien

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9.Einheit – 25. Mai 2005
Exkurs: Ursachen und Terminologie in bezug auf
innerafrikanische Prozesse im Rahmen des Sklavenhandels
• Stamm (Tribe/ Tribu) vs. Ethnizität und...?:
– Stamm ist ein problematischer Begriff. Herkunft
(Wissenschaft): in bezug auf mittleren Osten:
bezeichnet meist ein identitär definiertes Kollektiv, das
gleichzeitig eine politische Einheit darstellt
– Ethnizität bezieht sich „nur“ auf identäre Aspekte.
Ethnizität ist grundsätzlich nichts auf Dauer
festgelegtes, unterliegt historischen Prozessen,
insbesondere auch Staatsbildungsprozessen
• Stammesfehden/ Stammeskriege: abwertender Begriff,
tendiert dazu die Historizität afrikanischer Bevölkerungen
zu verleugnen
• Staat/ Staatlichkeit vs. Stamm/ Häuptlingstum etc.
– In bezug auf Sklavenhandel: weniger identitäre Aspekte wichtig
(also weder Stamm noch Ethnien richtige Terminologie), sondern
politische Prozesse/ Formen staatlicher Herrschaft
– Anwendung des Begriffs Staat auf vorkoloniales Afrika
problematisch (aber auch in bezug auf vormodernes Europa!!!)
– Am besten: vorkolonialer Staat
• Grundsätzlich zu Begriffen und leicht zu lesen: Leonhard
Harding (1994): Einführung in das Studium afrikanischer
Geschichte. Hamburg: LIT
Abolitionismus
• Geistesgeschichtlicher Hintergrund:
– Aufklärung, insgesamt allerdings wichtiger
– Religiöse (v.a. protestantische) Bewegungen in England
und den USA (Quaker, Methodisten, etc.)
• Geschichtlicher Hintergrund in UK
– Demokratisierung Großbritanniens
– Langsame Durchsetzung der Ideologie des Freihandels
– Sozialreformerische Bewegungen
• USA:
– kein starker Druck auf Kongress/ Senat
(Südstaaten), allerdings auch breite christlich
getragene Bewegung, sowie
– Vereinigungen freigelassener Sklaven
• Frankreich:
– Abolitionismus als ein Elitenprojekt
– Abnehmender Bedeutung der Sklaverei für
Frankreich (entscheidender Machtverlust nach
napoleonischen Kriegen, Verlust von Kolonien)
• Insgesamt:
– Fokus auf „Middle Passage“, außer Blickfeld:
Kontexte der Versklavung in Afrika, sowie
Bedingungen der Sklaverei in Übersee
– Allerdings: Mobilisierung von britischen
Gläubigen in bezug auf Widerstand von
Plantagenbesitzern gegen Missionierung von
Sklaven/ gegen Misshandlung von Missionaren
Politische und ökonomische Faktoren, die die
Abolition/ Emanzipation begünstigten
• Verbreitung und Realisierung der relativen
Effizienz kapitalistischer Lohnarbeit
• Assimilation von Sklaven/ Einbindung in
Familiennetzwerke (wenn auch paternalistisch)
machte Sklaverei insgesamt recht teuer
• In den USA: Rückgang des Sklavenhandels durch
Unabhängkeitskrieg (Unterbrechung der
Handelsströme), ohne dass negative
Konsequenzen spürbar waren
Abolition in England
• Erstes Hoch öffentlicher Mobilisierung nach dem
Ende des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges,
1791-92 im Kontext einer breiteren Diskussion
über Rechte (Katholische Emanzipation,
Wahlrechtsreform, Armenhilfe, erste
arbeitsrechtliche Gesetzgebung)
• Deutliche Interessensdifferenz zwischen Pflanzern
in den britischen Kolonien in der Karibik und der
Bevölkerung auf den britischen Inseln
• Rege publizistische Tätigkeit, besonders
nach dem Verbot des Sklavenhandels (z.B.
zwischen 1823 und 1830 publizierte die
Antisklavereibewegung knapp 0,5
Millionen Pamphlete)
• Zahlreiche Petitionen an das Parlament, z.B:
1792er Petition aus Manchester (Bev.:
60,000) unterschrieben von 20,000
Personen
• Zahlreiche öffentliche Veranstaltungen
(Versammlungen, Vorträge, etc.)
Sierrea Leone
• Erste Ideen zu einer Repatriierung bereits in den 1780er
Jahren und früher
• Sierra Leone: erster Besiedlungsversuch 1787
(gescheitert),
• 1791: Gründung der Sierra Leone Company, Gründung
Freetowns 1792, 1000 Rückkehrer
• Städtischer Charakter blieb – meisten Siedler siedelten um
Freetown herum.
• Herausbildung eines kolonialen Verhältnisses zwischen
Umland von Freetown und Hinterland
• Mehrere Wellen neuer Einwanderer (1. Welle haupts.
freigelassene Sklaven aus den USA, die nach
Großbritannien gegangen waren, später „Maroons“ aus
Jamaica u.a.)
• Sozialgeschichtlicher Hintergrund/UK: Freigelassene
Sklaven als soziales Problem wahrgenommen
• Neuankömmlinge halfen GB diese gegen
„eingesessene“ Siedler auszuspielen (gezielte
Politik, um Autonomie zu verhindern)
• 1808: Bankrott der Gesellschaft, direkt britischer
Herrschaft unterstellt
• Europäisches/ Britisches Selbstbild der
Repatriierten  unterstützt von ihrer
Heterogenität, „Kreolen“, Krio; Ausbreitung einer
westlich gebildeten, auf Rückkehrer/ befreiten
Sklaven zurückgehende Gemeinschaften in ganz
Westafrika
• Zitat: „Das Direktorium [der Sierra Leone
Company] zeigte auch Interesse an einer
„Zivilisierung“ Afrikas, mit deren Hilfe eine
Handelsbasis errichtet werden könnte. Es sollten
Schulen entstehen und die christliche Mission
vorangetrieben werden, damit Afrika auch Anteil
an der „guten“ Seite Europas nehmen könne und
nicht nur an seiner schlechten, dem „bösen“
Sklavenhandel. Abolitionismus und christliche
Mission (....) wirkten hierbei als treibende Kraft“
(Bettschart Daniel (1997): "Back to Africa":
Visionäres Konzept und emanzipatorische
Bewegung". Diplomarbeit, Universität Wien [UB
Wien], p.41)
Liberia
• Anfangs, ähnlich wie Sierra Leone „Abladeplatz“
unangenehmer freier Sklaven
• Ursprünge schon relative früh:
– Schon um 1713 erste Ideen für Kolonien von AfroAmerikanern (allerdings hauptsächlich auf dem Gebiet
der USA)
– 1773: Anthony Benezet (Afro-Amerikaner) propagierte
ein Kolonisationsprogramm
– 1776: zwei afro-amerikanische Studenten erhalten
Ausbildung in Princeton, um als für
Führungspositionen innerhalb einer etwaigen Kolonien
trainiert zu werden
• Breites Interesse an einer Repatrieirung unter
Afro-Amerikanern (sehr viel größer als die Zahl
der tatsächlich Repatriierten)
• Kontext: Nationalismus/ Diskurs über nationale
Selbstbestimmung, („jeder Mensch hat eine
„natürliche“ Heimat“)
– Ironie: unspezifischer „Afrika-Nationalismus“ (später
bekannt als Pan-Afrikanismus) Wechselspiel mit
Rassismus
– Wichtige Vertreter des frühen Pan-Afrikanismus E.W.
Blyden, Africanus Horton, Bischof Samuel Croyder
• US Regierung unterstützte Aktivitäten der 1816
gegründeten American Colonization Society
(offene Kolonialpolitik war tabu)
• ACS hatte zahlreiche prominente (weiße)
Unterstützer und Mitglieder
• Hintergrund der Unterstützung von Weißen:
– Rassismus
– Afro-Amerikaner würden niemals mit weißen
Amerikanern auf gleicher Basis
zusammenleben können (so z.B. Thomas
Jefferson)
• Sierra Leone als Vorbild
• Vorwurf: ACS hätte kein Kolonisations-,
sondern ein Deportationsprogramm (frei
schwarze wurden nicht konsultiert, dafür
unterstützten manche Sklavenhalter die
Gesellschaft)
• 1819 Gründung der Siedlung
• 1822 konnte diese nur mit Hilfe der Engländer
„gerettet“ werden (keine „friedliche“ Besiedlung,
Vertrag über Abtretung von Land wurde mit
Waffengewalt erzwungen)
• ACS wie eine Kolonialgesellschaft (Monopol auf
Handel)
• Zuerst hauptsächlich „freie“ Afro-Amerikaner als
Siedler, später hauptsächlich von Schiffen befreite
Ex-Sklaven („Congoes“)
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