Kritik der Geschlechterverhältnisse – Politik der - Uni

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Kritik der
Geschlechterverhältnisse –
Politik der Geschlechterdifferenz
Vorlesung Wintersemester 09/10
Prof. Dr. Ingrid Kurz-Scherf
Themenplan
13.10.09
Organisatorische Einführung
• Proseminare
Vorstellung
• Zentrum für Gender Studies und feministische
Zukunftsforschung
• GendA – Forschungs- und Kooperationsstelle
Arbeit, Demokratie, Geschlecht
• FemArchiv
Themenplan
20.10.09
Zur Einstimmung: FeMale (CD)
Inhaltliche Einführung
• Konzept und Themenplan der Vorlesung
• Reader Feministische Politik&Wissenschaft
• http://www.staff.uni-marburg.de/~kurzsche
„Geschichte(n) aus der real-existierenden
Andrarchie“
Was ist (kritisch-feministische) „Wissenschaft“?
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner
selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist
das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung
eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese
Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am
Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und
des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen
zu bedienen. Habe Mut dich deines eigenen Verstandes
zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung“.
Immanuel Kant: Antwort auf die Frage „Was ist Aufklärung?“
„Du sollst nicht Gedanken,
sondern denken lernen!“
(Immanuel Kant, in einem Vorlesungsprogramm der Königsberger Universität „Albertina“
aus dem Jahre 1765 [zit. nach 2)
Was ist (kritisch-feministische) „Wissenschaft“?
„Ich bin davon ausgegangen, dass nur erzwungene Werte –
Rassismus, Klassenherrschaft, Sexismus – die Objektivität
zerstören, während partizipatorische Werte – Anti-Sexismus,
klassenlose Gesellschaft, Anti-Rassismus – die Verzerrungen
und Mystifikationen in unseren kulturbedingten Erklärungsund Verstehensweisen allmählich zum Verschwinden bringen.“
„Als wir ... in der neuen Frauenbewegung damit begannen, unsere
Erfahrung theoretisch zu verarbeiten, wussten wir, dass unsere
Aufgabe ebenso schwierig wie aufregend sein würde. Doch
hätten wir uns wohl nicht einmal in unseren kühnsten Träumen
vorstellen können, dass wir sowohl die Wissenschaft als auch
das theoretische Denken (und das politische Handeln, iks)
würden neu erfinden müssen ...“
Harding, Sandra 1991 (1986): Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von
Wissenschaft und sozialem Geschlecht, Hamburg: Argument, hier: S. 272 und 274
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
27.10.09
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen
Gesellschaft geworden“
(1) Politische Philosophie und die Frauenfrage – Seyla
Benhabib und Linda Nicholson, in: Kurz-Scherf, Ingrid
u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik &
Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 175-177
(2) Benhabib, Seyla/Nicholson, Linda 1987: Politische
Philosophie und die Frauenfrage, in: Iring
Fetscher/Herfried Münkler (Hg.), Pipers Handbuch der
politischen Ideen, Bd. 5: Neuzeit, München
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Platon (427-347 v.u.Z.); aus: Politeia – Der Staat
„Gerechtigkeit sei, dass jeder das Eigene und Seinige hat und tut“
(434)
„Wenn also das männliche und das weibliche Geschlecht sich in
Bezug auf irgendeine Kunst oder eine sonstige Beschäftigung als
verschieden erweisen, so muss man jedem von beiden – wie wir
behaupten – eben das Seine zuweisen. Wenn aber die
Besonderheit bloß darin besteht, dass die Frau gebärt und der
Mann zeugt, so ist ... dadurch noch gar nicht bewiesen, dass
hinsichtlich des von uns geltend gemachten Gesichtspunkts die
Frau vom Manne verschieden ist, sondern wir werden nach wie vor
der Überzeugung sein, dass unsere Wächter und ihre Frauen
denselben Beschäftigungen obliegen müssen“ (454 e)
„Es gibt also ... keine die Staatsverwaltung betreffende Beschäftigung,
die der Frau als Frau oder dem Mann als Mann zukäme; vielmehr
sind die natürlichen Anlagen gleichmäßig unter beiden
Geschlechtern verteilt, und naturgemäß hat die Frau ebenso wie der
Mann Anspruch auf alle Beschäftigungen, bei allen aber ist die Frau
schwächer als der Mann“ (455 e)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Aristoteles (384-322 v.u.Z.); aus: Politik
„Es ist auch eine Ungereimtheit, einen Vergleich mit den Tieren
anzustellen und zu erklären, dass die Frauen dasselbe besorgen
und tun sollen wie die Männer. Denn bei den Tieren besteht kein
Hauswesen“ (1264 b 4)
„Der Staat besteht aber nicht bloß aus einer Mehrheit von Menschen,
dieselben sind auch der Art nach verschieden“ (1261 a)
„Es ist also notwendig, dass sich zuerst diejenigen Individuen
verbinden, die ohne einander nicht sein können, also einmal
Männliches und Weibliches der Fortpflanzung wegen, ... dann
zweitens von Natur Herrschendes und Beherrschtes der Erhaltung
wegen“ (1252 a)
„Endlich verhält sich Männliches und Weibliches von Natur so
zueinander, dass das eine das Bessere, das andere das
Schlechtere und das eine das Herrschende und das andere das
Dienende ist“ (1254 b)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Aurelius Augustinus (354-430):
„Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem
Ebenbilde geschaffen wurde. Es entspricht der natürlichen Ordnung, dass
die Frauen den Männern dienen“
Thomas von Aquin (1225-1274)
„Der wesentliche Wert einer Frau liegt in ihrer Gebärfähigkeit und in ihrem
hauswirtschaftlichen Nutzen“.
„Die Frau ist ein Missgriff der Natur ..., eine Art verstümmelter, verfehlter,
misslungener Mann ... Die volle Verwirklichung der menschlichen Art ist nur
der Mann“
Martin Luther (1483-1546)
„Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, dass die Männer durch sie
geboren werden“
„Will die Frau nicht, so komm’ die Magd“
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Jean Bodin (1529-1596); aus: Sechs Bücher über den Staat
„Ein mannhaftes, tapferes Volk könnte sich nur mühsam mit dem Regiment
einer Frau abfinden ... Wären die Untertanen solche Memmen, dass sie
sich unter Zwang oder aus anderen Gründen die Gynäkokratie beim
souveränen Regiment gefallen ließen, dann kann kein Zweifel bestehen,
dass jeder Untertan sie auch im Hause wird dulden müssen“ (2: 450)
Thomas Hobbes (1588-1679); aus: Vom Menschen (1648) und
Leviathan (1651)
Naturzustand: „homo homini lupus est“
« Die einander Gleiches tun können, sind gleich“ – „Hier ist nach dem
Naturrecht der Sieger der Herr der Besiegten“ – „Offenbar ist aber das
Neugeborene eher in der Gewalt der Mutter als eines anderen ... Denn die
Ungleichheit der natürlichen Kräfte ist nicht so groß, dass der Mann ohne
Krieg die Gewalt über die Frau erlangen könnte“
Durch den Gesellschaftsvertrag wird dem Staat, dem sich die Staatsbürger
freiwillig unterwerfen, das Gewaltmonopol übertragen.
„... weil in allen Staaten, die ja von den Vätern, nicht von den Müttern
begründet worden sind, das häusliche Regiment dem Manne gebührt“
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen
Gesellschaft geworden“
John Locke (1632-1704); aus: „Zwei Abhandlungen
über die Regierung“ (1690)
Naturzustand: Menschen sind frei und gleich. Es herrscht „ein Zustand der
Subsistenz und Suffizienz“ (Rauschenbach).
„Gott gab die Welt den Menschen gemeinsam. Doch da er sie ihnen zu ihrem
Nutzen gab und zu den größtmöglichen Annehmlichkeiten des Lebens ...
kann man nicht annehmen, er habe beabsichtigt, dass sie immer
Gemeingut und unkultiviert bleiben sollte. Er gab sie den Fleißigen und
Verständigen zur Nutznießung (und Arbeit sollte seinen Rechtsanspruch
darauf bewirken“ (220)
Durch den Gesellschaftsvertrag werden Staaten geschaffen um das
Privateigentum zu schützen.
„Obwohl die Verpflichtung der Eltern, ihre Kinder aufzuziehen, und die
Verpflichtung der Kinder, ihre Eltern zu ehren, auf der einen Seite alle
Gewalt und auf der anderen Seite alle Unterwerfung enthält, ... so liegt
gewöhnlich doch noch eine andere Gewalt in der Person des Vaters, durch
die seine Kinder ihm zum Gehorsam verpflichtet sind. ... Das ist die Macht
die Menschen gewöhnlich besitzen, ihr Vermögen denjenigen zu
vermachen, die ihnen am liebsten sind“ (244)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), aus: Politische
Ökonomie (1755)
„Aus mehreren in der Natur der Sachen liegenden Gründen muss der Vater in der Familie
befehlen. Erstens darf die Autorität von Vater und Mutter nicht gleich sein; vielmehr
muss die Leitung in einer Hand liegen und bei Meinungsverschiedenheiten eine
ausschlaggebende Stimme entscheiden. Zweitens für wie unbedeutend man die
typischen Beschwernisse der Frau auch halten mag, da sie ihr immer eine Zeitlang
Untätigkeit auferlegen, ist das ein hinreichender Grund dafür, sie von jener
Vorrangstellung auszuschließen: denn wenn auch eine Waage völlig im
Gleichgewicht steht, so genügt doch ein Strohhalm, um den Ausschlag zu geben.
Außerdem muß der Ehemann das Verhalten seiner Frau überwachen: weil ihm daran
gelegen ist, sich zu vergewissern, dass die Kinder, die er anerkennen und ernähren
muss, nicht anderen als ihm gehören. Die Frau, die nichts vergleichbares zu fürchten
braucht, hat nicht dasselbe Recht über ihren Mann.“
„Rousseau verstieg sich zu der Behauptung, dass nie ein Volk vom exzessiven Genuß
des Weines ruiniert wurde. Völker gingen hingegen zugrunde wegen des ‚desordre
des femmes’. Trunkenheit, überwiegend bei Männern beobachtet, erschien als das
kleinere Übel. Sie macht nur albern, aber nicht böse“ (Klaus von Beyme (1992),
Theorie der Politik im 20sten Jahrhundert, Frankfurt, S. 307)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen
Gesellschaft geworden“
Immanuel Kant (1724-1804), aus: Über den
Gemeinspruch : Das mag in der Theorie richtig sein,
taugt aber nicht für die Praxis (1793)
« Derjenige nun, welcher das Stimmrecht in dieser Gesetzgebung hat, heißt ein
Bürger (citoyen, d.i. Staatsbürger, nicht Stadtbürger, bourgeois). Die dazu
erforderliche Qualität ist, außer der natürlichen (dass es kein Kind, kein
Weib sei), die einzige, dass er sein eigener Herr sei, mithin Eigentum habe,
... folglich dass er niemandem diene“
Johann Gottlieb Fichte (1762-1814); aus: Grundlage
des Naturrechts (1796)
„Die Ruhe des Weibes hängt davon ab, dass sie ihrem Gatten ganz
unterworfen sey, und keinen anderen Willen habe, als den Seinigen“
„Das Weib ist nicht unterworfen, so dass der Mann ein Zwangsrecht auf sie
hätte, sie ist unterworfen durch ihren eigenen fortdauernden, nothwendigen
Wunsch, unterworfen zu sein. Sie dürfte wohl ihre Freiheit zurücknehmen,
wenn sie wollte; aber gerade hier liegt es; sie kann vernünftigerweise nicht
wollen“ (345)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831); aus Grundlinien der
Philosophie des Rechts (1821)
„Stehen Frauen an der Spitze der Regierung, so ist der Staat in Gefahr, denn
sie handeln nicht nach den Anforderungen der Allgemeinheit, sondern nach
zufälliger Neigung und Meinung ... Frauen können wohl gebildet sein, aber
für die höheren Wissenschaften, die Philosophie und gewisse Produktionen
der Kunst, die ein Allgemeines fordern, sind sie nicht gemacht. Frauen
können Einfälle, Geschmack, Zierlichkeit haben, aber das Ideale haben sie
nicht“ (§ 166)
„Das eine ist das Geistige, als das sich Entzweiende in die für sich seiende
persönliche Selbständigkeit und in das Wissen und Wollen der freien
Allgemeinheit, in das Selbstbewusstsein des begreifenden Gedankens und
in das Wollen des objektiven Endzwecks, - das andere das in der Einigkeit
sich erhaltende Geistige als Wissen und Wollen des Substanziellen in Form
der konkreten Einzelheit und der Empfindung; - jenes im Verhältnis nach
außen das Mächtige und Betätigende, dieses das Passive und Subjektive.
Der Mann hat daher sein wirkliches, substantielles Leben im Staate, der
Wissenschaft und dergleichen, und sonst im Kampfe und der Arbeit mit der
Außenwelt und mit sich selbst, so dass er nur aus seiner Entzweiung die
selbständige Einigkeit mit sich erkämpft, deren ruhige Anschauung und die
empfindende subjektive Sittlichkeit er in der Familie hat, in welcher die Frau
ihre substantielle Bestimmung und in dieser Pietät ihre sittliche Gesinnung
hat (§ 166)
„So ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ (§ 238).
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Karl Marx (1818-1883)
„Das Verhältnis des Mannes zum Weib ist das natürlichste
Verhältnis des Menschen zum Menschen. In ihm zeigt
sich also, inwieweit das natürliche Verhalten des
Menschen menschlich und das menschliche Wesen ihm
zum natürlichen Wesen ... geworden ist. In diesem
Verhältnis zeigt sich auch, inwieweit das Bedürfnis des
Menschen zum menschlichen Bedürfnis, inwieweit ihm
also der andere Mensch als Mensch zum Bedürfnis
geworden ist, inwieweit er in seinem individuellsten
zugleich Gemeinwesen ist“ (Nationalökonomie und
Philosophie, 1844)
„Aber die Bourgeoisie hat nicht nur die Waffen
geschmiedet, die ihr den Tod bringen; sie hat auch die
Männer gezeugt, die diese Waffen führen werden: das
Proletariat“ (Kommunistisches Manifest, 1848)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Max Weber (1864-1920); aus: Gesammelte
Aufsätze zur Religionssoziologie (1922)
„Universalgeschichtliche Probleme wird der Sohn
der modernen europäischen Kulturwelt
unvermeidlicher- und berechtigterweise unter
der Fragestellung behandeln: welche Verkettung
von Umständen hat dazu geführt, dass gerade
auf dem Boden des Okzidents, und nur hier,
Kulturerscheinungen auftraten, welche doch –
wie wenigstens wir uns gern vorstellen – in einer
Entwicklungsrichtung von universeller
Bedeutung und Gültigkeit lagen?“
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Theodor W. Adorno (1903-1969)/Max Horkheimer (18951973); aus: Dialektik der Aufklärung (1947)
„Die Frau ist nicht Subjekt“
André Gorz (1923-2007); aus: Brief an D. – Geschichte
einer Liebe, o.O.: Rotpunktverlag, 2007)
„Als wäre es Deine Berufung,
mich in der meinen zu bestärken.“
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft
geworden“
Diskussionsfragen:
1. Sind moderne Gesellschaften
strukturell und kulturell „misogyn“?
2. Ist Artikel 3 Absatz 2 – „Frauen und
Männer sind gleichberechtigt“ – eine
Verfassungslüge oder ein
Verfassungsversprechen?
3. Geht es bei der „Kritik der
Geschlechterverhältnisse“ nur um
die Diskriminierung von Frauen?
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
03.11.09
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation (1):
„Die Freiheit ist unteilbar“ – Aufbrüche und
VorkämpferInnen
•
•
Einleitung und Lektürehilfe „Frühe Frauenbewegungen“
in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader
Feministische Politik & Wissenschaft,
Königstein/Taunus, S. 9-26
Holland-Cunz, Barbara 2003: Die alte neue
Frauenfrage, Frankfurt a.M.; - Gerhard, Ute 1990:
Unerhört. Die Geschichte der deutschen
Frauenbewegung, Reinbek bei Hamburg
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
„Das Leben könnte viel
schlimmer sein, Calvin“
„Das Leben könnte aber auch
wesentlich besser sein“
G-Gang, Institut für Politikwissenschaft
Grafitti aus dem Bildungsstreik im
Sommersemster 2009
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Was bewegt die Welt?
•
•
•
•
•
Technischer Fortschritt?
Machtspiele der Mächtigen?
Ideen und Ideale?
Widersprüche?
Soziale Bewegungen?
Bewegungsforschung: z.B. Framing
•
•
•
•
diagnostic framing (Snow/Benford 2000)
prognostic framing
motivational framing
Masterframe
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Was sind die Bedingungen politischen
Bewusstseins/politischen Handelns im Sinn
des „Ausgangs aus selbst verschuldeter
Unmündigkeit“?.
„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes
ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die
Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes,
sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich
seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen“.
(Immanuel Kant: Antwort auf die Frage „Was ist Aufklärung?“)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
In der gesamten Zivilisationsgeschichte in all ihren
kulturellen Verästelungen gibt es kein anderes,
vergleichbar stabiles Merkmal von Herrschaft als das
„Gesetz der hierarchisch zunehmenden Dominanz
von Männern“ (Geissler)
Anfragen an die politische Anthropologie
• Soziale Konstruktion von Herrschaft
• Soziale Konstruktion von Geschlecht
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
„Unter feministisch verstehe ich die Einnahme eines
komplizierten besonderen Standpunktes mit
gleichwohl menschheitlich allgemeiner Perspektive.
Vom feministischen Standpunkt wird die
Ineinssetzung des Allgemein-menschlichen mit dem
Männlichen ebenso in Frage gestellt wie ihr Pendant,
die Besonderung des Weiblichen als natürlich.
Gleichwohl wird aus dieser zugeschriebenen
Besonderung heraus selbstbewusst eine Perspektive
entworfen, die beide Geschlechter einschließt. Sie
kann nur vom Besonderten her formuliert werden,
eben weil das falsche Allgemeine zurückgewiesen
und durch wirklich Allgemeines, welches sich erst
noch herausbildet, ersetzt werden muss. In dieser
Weise ist Feminismus zugleich politische Utopie und
hat seinen Ort jenseitig wie er auch im Diesseits
seine Schritte setzt“ (Frigga Haug).
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Feministische Anthropologie
• Sichtbarmachen von Frauen
• „unendliche Vielfalt und monotone
Ähnlichkeit männlicher Dominanz“
• Herrschaft: Rangordnungen und
Rangordnungskämpfe unter Männern
unter Ausschluss von Frauen
• Wie also entsteht „feministisches
Bewusstsein“, „feministische
Bewegung“?
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Cornelia Klinger: Ein unzeitgemäßes
Plädoyer für die Aufklärung
Kapitalismus als Grundlage des
modernen Patriarchats?
Kapitalismus als Wegbereiter von
(Geschlechter)Demokratie?
Kapitalismus und Demokratie als
eigenständige Bewegungsformen der
Moderne?
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation (1)
Literatur zur Geschichte der Frauen und der Frauenbewegung
(Auswahl)
• Gerhard, Ute, 1991, Unerhört. Die Geschichte der deutschen
Frauenbewegung, Reinbeck bei Hamburg
• Gerhard, Ute u.a. (Hg), 2008: Klassikerinnen feministischer Theorie.
Grundlagentexte, Bd. I
• Anderson, Bonnie S.; Zinsser, Judith P., 1993: Eine eigene Geschichte.
Frauen in Europa. 2 Bände, Zürich
• Lerner, Gerda, 1995: Die Entstehung des feministischen Bewusstseins.
Vom Mittelalter bis zur Ersten Frauenbewegung, Frankfurt a.M./New
York
• Nave-Herz, Rosemarie, 1997: Die Geschichte der Frauenbewegung in
Deutschland, 5. Auflage, Bonn (Bundeszentrale für Politische Bildung)
• Bock, Gisela, 2000: Frauen in der europäischen Geschichte. Vom
Mittelalter bis zur Gegenwart, München
• Holland-Cunz, Barbara 2003: Die alte neue Frauenfrage, Frankfurt a.M.
• Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik &
Wissenschaft, Königstein/Taunus
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Kleine Geschichte der Frauenbewegung:
Vorkämpferinnen
• Christine de Pisan (1365-1431)
– „Das Buch der Stadt der Frauen“ (1405)
• Olympe de Gouges (1748/55 – 1793
– « Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin »
(1791)
• Mary Wollstonecraft (1759 – 1797)
– „Ein Plädoyer für die Rechte der Frau“ (1792)
• Flora Tristan (1803 – 1844)
– „Arbeiterunion“ (1843)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Kleine Geschichte der Frauenbewegung:
Verbündete
• Charles Fourier (1772-1837)
– Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen
Bestimmungen (1808)
• John Stuart Mill (1806-1873)/Harriet Taylor
Mill (1808-1859)
– Die Hörigkeit der Frau (1869)
• August Bebel (1840-1913)
– Die Frau und der Sozialismus (1883)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Kleine Geschichte der Frauenbewegung:
Strömungen
• Bürgerlich
• Proletarisch
• Radikal
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Kleine Geschichte der Frauenbewegung:
„bürgerliche (liberale) Frauenbewegung“
Louise Otto Peters (1819 – 1895)
–
–
–
–
1848/49: Märzrevolution
1849: „Frauenzeitung“ (Verbot 1850/52)
1848/49: Mitbegründerin Dienstboten- und Arbeiterinnenverein
1865: zus. mit Auguste Schmidt „Allgemeiner Deutscher Frauenverein“
Helene Lange (1848 – 1930)
– 1890: „Allgemeiner Deutscher Lehrerinnenverein“
– 1894-1906: Vorstand „Bund deutscher Frauenvereine (BDF)“
Gertrud Bäumer (1873 – 1954)
– 1910-1919: Vorsitzende „Bund deutscher Frauenvereine (BDF)“
– 1916-1944: Herausgabe der Zeitschrift „Die Frau“ (z.T. zus. Mit Helene
Lange)
– 1920: erste deutsche Ministerialrätin (1933 ihres Amtes enthoben)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Kleine Geschichte der Frauenbewegung:
„proletarische (sozialistische) Frauenbewegung“
Lily Braun (1865 – 1916)
–
–
„Die Frauenfrage“ (1901)
„Frauenarbeit und Beruf“ (1914)
Clara Zetkin (1857 – 1933)
–
–
–
–
1878: Eintritt in Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (ab 1890: SPD)
1891-1917: Herausgeberin der SPD-Frauenzeitung „Die Gleichheit“
1915: Mitinitiatorin einer internationalen sozialistischen Antikriegs-Frauenkonferenz in
Bern
ab 1916: Spartakus, USPD, KPD
Emma Goldmann (1839 – 1940)
–
–
–
–
1893, 1916/17, 1917-1919 Gefängnis
1906: „Mother Earth“ (anarcha-feministische Zeitschrift)
1919: Ausweisung nach Russland, danach England und Frankreich
1936: Spanischer Bürgerkrieg
Alexandra Kollontai (1872 – 1952)
–
„Tagebuch einer sexuell emanzipierten Kommunistin“ (1921)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Kleine Geschichte der Frauenbewegung:
„radikale (autonome) Frauenbewegung“
Minna Cauer (1841 – 1922)
– 1892: Beitritt Deutsche Friedensgesellschaft (Bertha von Suttner)
– 1895-1919: Herausgabe der Zeitung „Die Frauenbewegung“
– 1989-1907: Vorsitz „Verband Fortschrittlicher Frauenvereine“
Helene Stöcker (1869 – 1943)
–
–
–
–
Bis 1932: Herausgabe der Zeitschrift „Die neue Generation“
Bund für Mutterschutz und Sexualreform
1915: Internationaler Frauenfriedenskongress
1933: Emigration
Hedwig Dohm (1831/33 – 1919)
– „Die wissenschaftliche Emanzipation der Frau“ (1874)
– „Die Antifeministen“ (1902)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
•
•
•
•
•
•
•
Themen und Kämpfe
der frühen Frauenbewegungen (Auswahl)
Menschenrechte sind Frauenrechte
Recht auf Organisation und Partizipation
(Stimmrecht)
Recht auf Bildung
Recht auf
Berufstätigkeit/Arbeitsschutz/Lohngleichheit
Mutterschutz
Sexualreform
Frieden
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1)
Diskussionsfrage:
Warum haben die frühen Frauenbewegungen nicht
mehr Widerstand gegen den aufkommenden
Nationalsozialismus geleistet?
Thesen:
• Fragmentierung der bürgerlichen und radikalen
Frauenbewegung/Auflösung der proletarischen
Frauenbewegung (Verzicht auf eigenständiges
allgemeinpolitisches Mandat)
• Mütterlichkeitsideologie der bürgerlichen
Frauenbewegung als Wegbereiter des
Nationalsozialismus
• Männlichkeitsideologie der bürgerlichen und
sozialistischen/kommunistischen
Weltauffassungen/Parteien/Bewegungen als
Wegbereiter des Nationalsozialismus
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
10.11.09
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation (2):
„Es hat seinen Grund, dass es eine Frauenbewegung
gibt und keine Männerbewegung“ – Autonome
Frauenbewegungen
(1) Lektürehilfe „Autonome Frauenbewegung“ in: KurzScherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische
Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 88-93
(2) Holland-Cunz, Barbara 2003: Die alte neue
Frauenfrage, Reinbeck bei Hamburg; - Lenz, Ilse 2000:
Frauenbewegungen weltweit. Aufbrüche, Kontinuitäten,
Veränderungen., Opladen
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
Rückblick: frühe Frauenbewegung
• Konstituierung in etwa zeitgleich mit der
Arbeiterbewegung
– Allgemeiner Deutscher Frauenverein (1865, ab
1894: Bund Deutscher Frauenvereine, BDF)
• Strömungen
– Bürgerlich (u.a.Helene Lange, Gertrud Bäumer)
– Proletarisch (u.a. Lily Braun, Clara Zetkin, Emma
Goldmann, Alexandra Kollontai)
– Radikal (Minna Cauer, Helene Stöcker, Hedwig
Dohm)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
Rückblick: frühe Frauenbewegung
• Themen und Kämpfe der frühen
Frauenbewegungen (Auswahl)
– Menschenrechte sind Frauenrechte
– Recht auf Organisation und Partizipation
(Stimmrecht)
– Recht auf Bildung
– Recht auf
Berufstätigkeit/Arbeitsschutz/Lohngleichheit
– Mutterschutz
– Sexualreform
– Frieden
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
1949:
•
•
•
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz;
Elisabeth Selbert)
Gründung des „Deutschen Frauenrats“ als überparteilicher Dachverband
von Frauenverbänden und Frauenausschüssen in Partein,
Gewerkschaften, Kirschen etc.
Simone de Beauvoir: Le deuxième sex (Das andere Geschlecht)
1963:
•
Betty Friedan: The Feminine Mythique (Der Weiblichkeitswahn)
1966:
•
Gründung „National Organization for Women (NOW)“ in Washington D.C.
•
In der Bundesrepublik Deutschland (West): "Pflegerin und Trösterin sollte
die Frau sein; Sinnbild bescheidener Harmonie, Ordnungsfaktor in der
einzig verläßlichen Welt des Privaten; Erwerbstätigkeit und
gesellschaftliches Engagement sollte die Frau nur eingehen, wenn es die
familiären Anforderungen zulassen.„ (Bericht der Bundesregierung über
die Situation der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
Anfang 1968:
•
•
„Aktionsrat zur Befreiung der Frau“ im SDS
„Frankfurter Weiberrat“
September 1968:
•
„Tomatenwurf“ auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS (Sigrid
Rüger anläßlich der SDS-Ignoranz zu einer Rede von Helke
Sander
November 1968:
•
„Befreit die sozialistischen Eminenzen von ihren bürgerlichen Schwänzen“
(Frankfurter Weiberrat zur 24. Delegiertenkonferenz des SDS in
Hannover)
Ab 1968/69:
•
in fast allen Städten Frauengruppen u.a. mit den Schwerpunkten §218
und „Selbsterfahrung“, aber auch Berufstätigkeit/Hausarbeit,
Kinder(läden), Kapitalismuskritik (z.B.: „Brot & Rosen“, „Sozialistischer
Frauenbund“)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
1970:
„Frauenaktion 70“ in Frankfurt, Ziel: Streichung § 218
1971:
April in Frankreich: „Je me suis fait avorter“ in Nouvel Observateur
(u.a. S. d. Beauvoir, Marguerite Duras, Jeanne Moreau)
1971:
Juni in Deutschland: „Wir haben abgetrieben“ in Stern (u.a. Alice
Schwarzer, Senta Berger, Romy Schneider)
1972:
Einrichtung des ersten "Frauenzentrums" in Berlin.
1974:
Gründung des ersten Frauenbuchverlags "Frauenoffensive„
1975 :
UN: „Jahr der Frau“, erste Weltfrauenkonferenz in Mexico
1976:
Erste Sommeruniversität für Frauen in der Freien Universität
Berlin (West)
Gründung der Zeitschrift Courage (bis 1984)
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
1977
zur
1978)
1979
1980
ab 1980
Partei
1982
1985
1987
1991
1995
1997
2007
Erstes Frauenhaus in Berlin
Gründung der Zeitschrift Emma
Erstes "Feministisches Frauen-Gesundheits-Zentrum" in Berlin
Gründung des Vereins "Sozialwissenschaftliche Forschung
und Praxis e.V., Herausgabe der Zeitschrift „Beiträge
feministischen Theorie und Praxis“ (ab
Gründung der Sektion Frauenforschung in der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie
zweite Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen
Das Engagement in der „neuen Frauenbewegung“ verlagert
sich teilweise auf "Die Friedensbewegung" und die
"Die Grünen„
erste Gleichstellungsbüros in Köln und Hamburg
Gründung der Zeitschrift „Feministische Studien“
Dritte Weltfrauenkonferenz in Nairobi
erste Professur für Frauenforschung an der Uni Frankfurt
Gründung „Arbeitskreis Politik und Geschlecht“ in der
„Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft“
Vierte Weltfrauenkonferenz in Peking
Gründung der Zeitschrift „Femina Politica“
DIE ZEIT: „Wir brauchen einen neuen Feminismus“
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
Themen und Kämpfe der „neuen Frauenbewegungen“
(Auswahl)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
„Die Tyrannei des Mannes in unserer Gesellschaft“
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation
Autonomie versus Institution
Arbeit und Arbeitsteilung/Kapitalismus und Patriarchat
Körperpolitik und Selbsterfahrung
Wissenschaft und Wissenschaftskritik
Ökologie
Gewalt und Krieg
„Affidamento“ versus „queer“
Gleichheit, Differenz, Dekonstruktion, Re-Vision
Race, Class, Gender
Feminismus
Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2)
Aktuelle Feminismus-Varianten
• konservativ – neoliberal –
sozialemanzipatorisch
• lokal – global
• integrativ – transformativ
• wissenschaftlich – praktisch
• ...
• ...
• ...
Diskussionsfrage: Ist Ursula von der Leyen
eine Feministin?
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
17.11.09
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
(1)
(2)
Gleichstellungspolitik jenseits patriarchaler Alternativen – Silvia
Kontos, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader
Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus
Gerhard, Ute 1990: Gleichheit ohne Angleichung. Frauen im
Recht, München; - Berghahn, Sabine 2003: Der Ritt auf der
Schnecke, in: www.gender-politik-online.de ; - Kurz-Scherf,
Ingrid/Lepperhoff, Julia/Scheele, Alexandra 2006: Arbeit und
Geschlecht im Wandel: Kontinuitäten, Brüche und Perspektiven
für Wissenschaft und Politik, in: www.gender-politik-online.de
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
• Historischer Ausgangspunkt: Geschlechtsvormundschaft
(cura sexus – cura maritalis)
• Verwoben mit anderen Dimensionen von Rechtlosigkeit,
Unterdrückung und Ungleichheit
• Frauen stehen lebenslang unter der Gewalt eines
Mannes (Vater, Ehemann, Vormund)
• Historische Wellen der Abschwächung, Verschärfung
und Ausdifferenzierungen des gleichbleibenden
Grundprinzips der Unterordnung von Frauen unter
Männer seit der Antike (vorher?)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
Entdeckung der Menschenrechte:
– „We hold these truths to be self-evident, that all men
are created equal, that they are endowed by their
Creator with certain unalienable Rights, that among
these are Life, Liberty an the pursuit of Happiness”
(Amerikanische Unabhängigkeitserklärung, 1776)
– “Les hommes naissent et demeurent libre et égaux en
droits. Les distinctions sociales ne peuvent etre
fondées que sur l’utilité commune. Le but de toute
association politique est la conservation des droits
naturels et imprescritibles de l’homme. Ces droits
sont la liberté, la proprieté, la sureté et la resistance à
l’opression » (Déclaration des droits de l’Homme et
du citoyen, 1789)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
Entdeckung der Frauenrechte :
– „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne
gleich in allen Rechten. Die sozialen Unterschiede
können nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.“
(Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin; Olympe
de Gouges, 1789)
– „Wir halten folgende Wahrheiten für keines Beweises
bedürftig: dass alle Männer und Frauen gleich
geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit
gewissen unveräußerlichen Rechten begabt sind,
dass zu diesem Leben Freiheit und Streben nach
Glück gehören, dass zur Sicherung dieser Rechte
Regierungen eingesetzt werden, die den Rechtsgrund
ihrer Macht aus der Zustimmung der Regierten
ableiten.“ (Declaration of Sentiment; USA, 1848)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1850
“Politischen Vereinen ist die Aufnahme von Frauenpersonen,
Schülern, Lehrlingen verboten” (§ 8 des Vereinsgesetzes)
1869
Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (u.a.
Luise OttoPeters)
1871
„Eine Schwangere, welche vorsätzlich abtreibt oder im
Muterleib tödtet, wird mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft ...“
(Reichsstrafgesetzbuch; 1926: Abtreibung wird vom Verbrechen
zum Vergehen, Gefängnis statt Zuchthaus; 1974
Fristenregelung, wird für verfassungswidrig erklärt; 1976
Indikationsregelung mit sozialer Indikation; 1992
Fristenregelung mit Beratungspflicht, wird für verfassungswidrig
erklärt; seit 1995 aktuelle Regelung: „Wer eine
Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft ... Der Tatbestand des § 218
ist nicht verwirklicht, wenn...“, Fristenregelung mit
Beratungspflicht)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1896/1900
Verabschiedung/Inkrafttreten des
Bürgerlichen
Gesetzbuches
(BGB)
Dem Mann steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche
Eheleben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere
Wohnort und Wohnung. (§ 1354 Abs. 1)
Die Frau erhält den Familiennamen des Mannes (§ 1355)
Die Frau ist ... berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche
Hauswesen zu leiten (§ 1356)
Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person
zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das
Rechtsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen ... (§
1358)
Das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung
und Nutznießung des Mannes unterworfen (§1363)
Das uneheliche Kind untersteht nicht der elterlichen Gewalt der Mutter
(§1707)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1908
Frauen dürfen Mitglied in politischen Vereinen
werden
Immatrikulationsrecht für Frauen
1918
Aktives und passives Wahlrecht für Frauen
1919
„Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben
staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten“ (Art. 109,
Weimarer Reichsverfassung)
1920
Habilitationsrecht für Frauen
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1933-45
Frauen verlieren das passive Wahlrecht, werden ab
1935 nicht mehr als Richterinnen, ab 1936 nicht mehr
als Rechtsanwältinnen zugelassen, können ab 1937
als verheiratete Beamtin entlassen werden, „wenn
ihre wirtschaftliche Versorgung gesichert erscheint“
1949
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art. 3
Abs. 2 Grundgesetz)
Anpassung der dem Gleichheitssatz
widersprechenden Gesetze bis spätestens 31.3.1953
(Art. 117 Absatz 1 Grundgesetz)
„Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze
und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der
Frau entgegenstehen, sind aufgehoben“ (Art. 7
Verfassung der DDR)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1956
Bundesverfassungsgericht erklärt Frauenlohngruppen
für verfassungswidrig
1957/58
Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau
„Stichentscheid“ des Vaters bei elterlichen Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Kindererziehung (1959
auf Betreiben des Juristinnenbundes vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt)
Der Ehe- und Familienname ist der des Mannes. Die
Frau ist berechtigt ... dem Namen des Mannes ihren
Mädchennamen hinzuzufügen (§ 1355 BGB)
Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung.
Sie ist berechtigt erwerbstätig zu sein, soweit dies mit
ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist (§ 1356
BGB)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
(1968)
„Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben gleiche
Rechtsstellung in allen Bereichen des
gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens.
Die Förderung der Frau, besonders in der beruflichen
Qualifizierung, ist eine gesellschaftliche und staatliche
Aufgabe“ (Verfassung der DDR)
1976
Gründung des ersten Frauenhauses in Berlin
1977
Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts
Die Ehegatten führen einen gemeinsamen
Familiennamen ... Treffen sie keine Bestimmung, so ist
Ehename der Geburtsname des Mannes (§1355 BGB)
Die Ehegatten regeln die Hauhaltsführung im
gegenseitigen –Einvernehmen ... Beide Ehegatten sind
berechtigt erwerbstätig zu sein (§1356 BGB)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1979/81
CEDAW – Convention on the Elimination of All Forms
of Discrimination against Women (1979 von UNOVollversammlung verabschiedet, seit 1981 in Kraft,
mittlerweile von 180 Staaten unterzeichnet)
„In diesem Übereinkommen bezeichnet der Ausdruck
‚Diskriminierung der Frau’ jede mit dem Geschlecht
begründete Unterscheidung, Ausschließung oder
Beschränkung, die zur Folge oder zum Ziel hat, daß
die auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau
gegründete Anerkennung, Inanspruchnahme oder
Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten
durch die Frau – ungeachtet ihres Familienstandes –
im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen,
staatsbürgerlichen oder jedem sonstigen Bereich
beeinträchtigt oder vereitelt wird“ (Art. 1)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1980
Erste kommunale Gleichstellungsstellen in Köln und
Hamburg
1989
Erstes Frauenfördergesetz in NRW; danach in fast allen
Bundesländern Frauenförder- oder
Gleichstellungsgesetze
1993
Familienrechtsrahmengesetz
Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen bestimmen ... Bestimmen die Ehegatten keinen
Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der
Eheschließung geführten Namen auch nach der
Eheschließung (§ 1355 BGB)
1994
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung und wirkt auf die Beseitigung
bestehender Nachteile hin“ (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
1995
Die 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen
verpflichtet alle Regierungen, bei allen politischen
Entscheidungen die Auswirkungen auf die Situation
von Männern und Frauen zu prüfen („Gender
Mainstreaming“)
1997
Gender Mainstreaming wird auf EU-Ebene mit dem
Ziel, Chancengleichheit in allen Politikfeldern zu
erreichen, im „Amsterdamer Vertrag“ verankert.
Die Bundesregierung verankert Gender
Mainstreaming in ihrer Geschäftsordnung.
Reform Strafgesetzbuch: Jede Vergewaltigung oder
sexuelle Nötigung ist strafbar, auch in der Ehe (§ 177
StGB; bis 1997 war ausdrücklich nur die
„außereheliche Vergewaltigung“ strafbar, erster
Versuch zur Veränderung scheitert 1983 im
Deutschen Bundestag unter Hohn und Spott)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Der Ritt auf der Schnecke
Kleine Geschichte der Frauenrechte
2001
„Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit
in der Privatwirtschaft“
August
2006
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
„Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus
Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen
Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder
Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder
der sexuellen Identität zu verhindern oder zu
beseitigen.“ (§ 1)
„Antidiskriminierungsstelle des Bundes“ (§ 25)
http://www.antidiskriminierungsstelle.
de/
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
24.11.09
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder:
Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der
Geschlechterhierarchie
•
Politische Repräsentation von Frauen in Europa – Beate Höcker, in: KurzScherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik &
Wissenschaft, Königstein/Taunus
WSI 2005: FrauenDatenReport, Berlin; www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/root.html
http://www.gender-index.de/karte-und-profile.html
•
•
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=774&langId=en&intPageId=655
http://hdr.undp.org/en/statistics/data/
(1)
(2)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Rückblick:
 Androzentrismus im Denken am Beispiel der
politischen Theorie
 Feminismus in der Praxis: frühe und autonome
Frauenbewegungen
 Demokratie oder Androkratie? Auf dem Weg zur
Gleichberechtigung – oder: Der Ritt auf der
Schnecke
 Soziogramm der real-existierenden Andrarchie
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
 Geschlecht als Ungleichheitsdimension z.B. in
der Sozialstrukturforschung
 Geschlecht als Strukturkategorie (z.B. Regina
Becker-Schmidt); Arbeits-, Demokratie-,
Kapitalismuskategorie
 Geschlecht als Identitätskategorie (z.B. Judith
Butler: Das Unbehagen der Geschlechter)
 Geschlecht als Subjektkategorie: z.B.
„hegemoniale Männlichkeit“ (R. Connell)
 Geschlecht als „soziale Konstruktion“
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Formen der Unterdrückung (Iris Young)
Ausbeutung
Marginalisierung
Machtlosigkeit
Kulturimperialismus (Androzentrismus)
Gewalt
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Fünf Prinzipien komplexer Gleichheit
(Nancy Fraser)
• Bekämpfung von Armut
• Bekämpfung von Ausbeutung
• Bekämpfung von Marginalisierung
• Bekämpfung von Diskriminierung
– Gleiche Einkommen
– Gleiche Freizeit
– Gleiche Achtung
• Bekämpfung des Androzentrismus
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Informationsquellen
 Qualitativ/wissenschaftlich:
http://www.gender-politik-online.de/
http://www.wiso-net.de
Zeitschriften: femina politika, Feministische Studien, Beiträge
zur feministischen Theorie und Praxis
Feministische Wissenschaft/Gender Studies/Queer Studies
Feministisches Archiv (Marburg)
 Quantitativ (Überblick BRD):
http://www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/root.html
http://www.gender-index.de/karte-und-profile.html
http://www.boeckler-boxen.de/cps/rde/xchg/SID-3D0AB75D4034079C/boxen/hs.xsl/1124.htm
http://www.destatis.de
Frauendatenreport (WSI)
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Genderdatenreport:
„Nach wie vor ist das Ausbildungssystem geschlechtsspezifisch
segregiert. Junge Männer stellen fast 60 Prozent der Berufsschüler
im dualen System der betrieblichen Ausbildung. Junge Frauen
machen dagegen den größeren Anteil in den Berufsfachschulen
(knapp 60 %) sowie an den Schulen des Gesundheitswesens
(80 %) aus. In den Ausbildungen zu den Gesundheitsberufen
dominieren junge Frauen seit Jahren. In der Altenpflegeausbildung
beträgt der Männeranteil zum Beispiel nur 18 Prozent, bei der
Kinderpflege gar nur 5 Prozent“.
„Trotz des zahlenmäßigen Gleichgewichts beim Studienbeginn, sind
die Anteile der Frauen in den höheren Stadien der akademischen
Laufbahn auch heute noch vergleichsweise gering; im Studienjahr
2003/04 stellten sie 38 Prozent der Promovendinnen, erlangten 22
Prozent aller Habilitationen und besetzten 13 Prozent der
Professuren“.
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Genderdatenreport:
„Teilzeitarbeit ist eine "weibliche Domäne". Abhängig erwerbstätige
Frauen stehen 2004 zu 43 Prozent in Beschäftigungsverhältnissen
von 31 Stunden die Woche und weniger. Bei den Männern sind dies
nur 7 Prozent. Dagegen überwiegen auf den Vollzeitarbeitsplätzen
eindeutig die Männer“.
„Von der Zunahme flexibler Arbeitszeitformen sind erwerbstätige
Frauen ebenso wie Männer betroffen. Männer befinden sich 2004
allerdings häufiger als Frauen in diesen atypischen
Arbeitszeitformen. Neben den positiven Rückwirkungen auf das
Erwerbseinkommen haben diese Arbeitszeitformen nachteilige
Effekte, etwa für die Gesundheit und die Teilhabe am familiären
Leben“.
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Genderdatenreport:
•
„Wie die Teilzeitbeschäftigung und die atypischen Arbeitszeiten hat auch
die geringfügige Erwerbstätigkeit in den letzten Jahren zugenommen.
Besonders die Neuregelung von Mini- und Midijobs führte zur weiteren
Ausbreitung von geringfügiger Erwerbstätigkeit. Nach den Zahlen der
Bundesagentur für Arbeit werden Mini- und Midijobs vor allem von Frauen
genutzt. Besonders ausgeprägt ist das bei den Midijobs; hier machen Ende
2003 Frauen 75,0 Prozent der Beschäftigten aus. Bei den ausschließlich
geringfügig entlohnten Beschäftigten beträgt der Frauenanteil 68,1 Prozent
und bei den Nebenjobbern 56,4 Prozent. Zum Vergleich: Von allen
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind dagegen nur 45,4 Prozent
Frauen“
„Viele neue Arbeitsverträge in Deutschland werden nur noch befristet
abgeschlossen. Dies stellt eine weitere Abweichung vom traditionellen
Normalarbeitsverhältnis dar. Sie trifft insbesondere junge Menschen.
Allerdings kann die Befristung von Arbeitsstellen auch zu langfristig
diskontinuierlichen Erwerbsbiografien führen, was mit größerer sozialer
Unsicherheit verbunden ist. Im Jahr 2004 stehen laut Mikrozensus jeweils
rund 8 Prozent der weiblichen (7,8 %) und der männlichen Beschäftigten
(7,9 %) in einem befristeten Arbeitsverhältnis[51]. Männer wie Frauen sind
vor allem am Anfang ihrer Berufslaufbahn befristet beschäftigt“.
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Genderdatenreport:
„Gleich, welchen Datensatz man einer Analyse der
Erwerbseinkommen zu Grunde legt, das Einkommen von Frauen
liegt in Deutschland bei ungefähr gleicher Arbeitszeit mindestens 20
Prozent unter dem von Männern. Damit nimmt Deutschland mit
Österreich und Großbritannien unter den EU-Staaten einen der
letzten Rangplätze im Hinblick auf die Angleichung der Einkommen
von Frauen und Männern ein“.
• „Der Anteil der Bevölkerung, der in Deutschland unterhalb der
Armutsgrenze lebt, ist im Vergleich zu dem in vielen anderen
europäischen Staaten relativ niedrig. Wie in fast allen europäischen
Staaten liegt allerdings auch in Deutschland die Armutsquote von
Frauen über der von Männern“.
• „Die Leistungsbezüge bei Arbeitslosigkeit wiesen 2003 ein
deutliches Geschlechterungleichgewicht auf. Nur 73 Prozent der
arbeitslos gemeldeten Frauen, aber 83 Prozent der ebenso
gemeldeten Männer erhielten Arbeitslosengeld oder
Arbeitslosenhilfe“
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Genderdatenreport:
„Ein Vergleich der Organisation for Economic Co-operation and
Development (OECD) zeigt, dass sich Deutschland - was die
Erwerbsbeteiligung kinderloser Frauen betrifft - international gut
behaupten kann, dass Deutschland aber im Ranking der Staaten
erstaunlich weit zurückfällt, wenn man prüft, wie stark sich Mütter
mit mehreren Kindern aus dem Erwerbsleben zurückziehen. In
Deutschland scheint also das Vorhandensein von Kindern die
Erwerbsarbeit von Frauen stärker zu beeinträchtigen als in vielen
anderen vergleichbaren Staaten“.
„Während Väter deutlich mehr bezahlte Arbeit leisten als Mütter,
leisten Mütter das Gros der Familienarbeit, auch wenn sie
erwerbstätig sind. Der Arbeitseinsatz von Vätern in der Familie
nahm in den letzten zehn Jahren kaum zu“.
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Genderdatenreport:
•
•
•
„Knapp drei Viertel der Fälle von "Gewaltkriminalität" im Jahr 2003 wurden
von der Polizei aufgeklärt, wobei die Aufklärungsquote zwischen 50 Prozent
bei Raubdelikten und 96 Prozent bei Tötungsdelikten schwankt. Dabei
wurden 192.107 Personen als Tatverdächtige ermittelt. Von diesen waren
87 Prozent männlich und nur 13 Prozent weiblich. Verglichen mit ihrem
Bevölkerungsanteil von mehr als 51 Prozent der Bevölkerung werden
weibliche Personen also deutlich seltener wegen einer
Gewaltstraftat polizeilich registriert als männliche“.
„Innerhalb der Gewaltdelikte im weiteren Sinne ist der Jungen-/Männeranteil
an den Tatverdächtigen bei den Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung am höchsten (99 Prozent bezogen auf sexuelle
Nötigung/Vergewaltigung und 97 Prozent bezogen auf den sexuellen
Missbrauch von Kindern). Die höchsten Mädchen-/Frauenanteile sind bei
den Körperverletzungsdelikten zu verzeichnen; hier stellen sie 14 bis 15
Prozent der Tatverdächtigen“.
„Von den meisten Gewaltdelikten sind Frauen seltener als Männer als Opfer
betroffen. Dies gilt nicht für Sexualdelikte, die sich ganz überwiegend gegen
weibliche Opfer richten, und auch nicht für Raubdelikte gegenüber Opfern
über 60 Jahren“
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG)
oder: Empirische Dimensionen der
Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie
Informationsquellen
 Quantitativ (Überblick international):
• http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=774&l
angId=en&intPageId=655
• http://hdr.undp.org/en/statistics/data/
http://epp.eurostat.ec.europa.eu
http://genderstats.worldbank.org/home.asp
http://www2.oecd.org/mcmdown/
http://www.ilo.org
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
01.12.09
Sex und Gender
(1) Becker-Schmidt, Regine/Knapp, Gudrun-Axeli
2000: Feministische Theorien zur Einführung,
Hamburg, S. 63-73
(2) Krause, Ellen 2003: Einführung in die
politikwissenschaftliche
Geschlechterforschung, Opladen, S. 28-64
Sex und Gender
Alice Schwarzer (1975):
„Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“
sex
(biologisches Geschlecht)
gender
(soziales Geschlecht)
Robert Stoller (1968) : Sex and Gender: On the Development of Masculinity and
Femininity
Sex und Gender
„Geschlecht“ als (gesellschaftliches) Naturverhältnis
• Geschlecht im Kontext von Natalität und Mortalität (born
of a woman)
• Geschlecht im Vermittlungszusammenhang zwischen
Kultur (Mensch?) und Natur („innere und äußere Natur“)
• Geschlecht im Vermittlungszusammenhang zwischen
„Körper“ und „Geist“
• Biologie als Schicksal?
• Naturalismus und Essentialismus als
Legitimationsideologien
• Körper als „diskursiver Effekt“?
Sex und Gender
Polarisierung der Geschlechtscharaktere
Sachbezogen
Objektiv
Instrumentell
Abstrakt
Universalistisch
Differenziert
Rational
Egoistisch
Prinzipienorientiert
vs.
vs.
vs.
vs.
vs.
vs.
vs.
vs.
vs.
Menschenbezogen
Subjektiv
Expressiv
Konkret
Kontextuell
Ganzheitlich
Emotional
Altruistisch
Wertorientiert
(Cornelia Klinger: Die Ambivalenz der Moderne und die Ordnung der Geschlechter)
Sex und Gender
„Das andere Geschlecht“ (Simone de Beauvoir, 1949):
„Man wird nicht als Frau (als Mann, iks) geboren, man wird es erst“
„Soziale Konstruktion“ von Geschlecht
„Sexual Politics“ (Kate Millett, 1969):
•
•
•
•
•
•
•
•
Ideologie
Biologie
Soziologie
Ökonomie
Sozialisation
Gewalt
Anthropologie
Psychologie
Sex und Gender
“sexual politics“:
„doing gender“: man hat kein
Geschlecht, man tut es
•
> Zweigeschlechtlichkeit
> Heteronormativität
> „Politics of Signification“
> „Kampf um Bedeutung(en)“
> diskursiv/praktisch
> Performanz
•
•
•
•
•
•
•
•
Macht
– Partizipation
– Repräsentation
– Autonomie/Anerkennung
Recht
Gewalt
– Häusliche Gewalt
– Vergewaltigung
– Genitalverstümmelung
– Strukturelle Gewalt
Eigentum/Geld
Arbeit
– bezahlt
– unbezahlt
Bildung
Zeit
Habitus (P. Bourdieu)
„Kathexis“ (R.W. Connell)
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
08.12.09
Gleichheit und Differenz
(1) Klinger, Cornelia 1990: Welche Gleichheit und welche Differenz? In:
Gerhard, Ute u.a. (Hg.), Differenz und Gleichheit. Menschenrechte
haben (k)ein Geschlecht, Frankfurt a.M., S. 112 -119; - Das
Unbehagen der Geschlechter – Judith Butler, in: Kurz-Scherf,
Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik &
Wissenschaft, Königstein/Taunus;
(2) Becker-Schmidt, Regine/Knapp, Gudrun-Axeli 2000: Feministische
Theorien zur Einführung, Hamburg, S. 73-93; - Krause, Ellen
2003: Einführung in die politikwissenschaftliche
Geschlechterforschung, Opladen, S. 147-163
Geschlecht/Geschlechterverhältnisse/-inszenierungen
Struktur
Patriarchat
Androkratie
Handlung
Sexual Politics
Doing Gender
Identität
Geschlechts
- charakter,
- rollen
„Genderregime“
„Genderkultur“
Habitus
Andrarchie
„hegemoniale Männlichkeit(en)“ – männliche Hegemonie
„subalterne Weiblichkeit“ (hegemoniale Subalternität?)
„die männliche Herrschaft“
Gleichheit und Differenz
Cornelia Klinger: Welche Gleichheit,
welche Differenz?
Gleichheit im Sinn von Frigga Haug
• Ziel: Abbau von
Geschlechterhierarchie
• Mittel: Quotierung und erweiterter
Arbeitsbegriff
Differenz im Sinn von Adriana Cavarero
• Ziel: Anerkennung von Differenz
• Mittel: „Politik der Frauen“ und
„weibliche Freiheit“
Gleichheit und Differenz
Cornelia Klinger:
Welche Gleichheit, welche Differenz?
Quotierung notwendig, aber:
– Hierarchie Öffentlichkeit/Privatheit wird anerkannt
– „Männer haben Privatsphäre als Ressource, Frauen sind die
Ressource“
• Erweiterter Arbeitsbegriff, aber:
– Was ist „Arbeit“?
• Gleichheit als Anerkennung von Differenz und als
Abbau von Hierarchie
• Anerkennung + Umverteilung + Partizipation (Nancy
Fraser)
• Autonomie + Anerkennung (Jessica Benjamin)
Gleichheit und Differenz
Cornelia Klinger: Welche Gleichheit, welche Differenz?
Anerkennung von Differenz
• „Theorie der Weiblichkeit“ (Cavarero) versus
feministische Theorie
– Weiblichkeit und Männlichkeit als soziale Konstruktion
– Heterosexualität und Heteronormativität als soziale
Konstruktion
• Anerkennung der eigenständigen Relevanz und
Spezifik des/der Herrschaftsverhältnisse/s, „dem
Frauen als Frauen unterworfen sind“ (Klinger)
• Anerkennung der eigenständigen Relevanz und
Spezifik der Emanzipationsbewegungen von Frauen
• Carol Gilligan: Gerechtigkeitsmoral (männlich)
versus/plus Fürsorgemoral (weiblich)
Gleichheit und Differenz
Gleichheit – Differenz - Dekonstruktion?
„Gender Trouble“ (Judith Butler)
• Gleichheit als Angleichung (von Frauen an Männer)
• Differenz als Befestigung (von
Geschlechterhierarchien und
Geschlechterstereotypen)
• „die Frau“ („der Mann“) als Fiktion
• „Dekonstruktion“ von Geschlechterstereotypen und
Geschlechterhierarchien
• „Dekonstruktion“ von „Feminismus“?
• „linguistic turn“
• Heteronormativität versus Patriarchat/Andrarchie?
• Queer Studies/Queer Theory
• Postcolonial Theory
Gleichheit und Differenz
„Gleichursprünglichkeit von Differenz und Hierarchie“?
Achsen der Differenz/Achsen der Ungleichheit?
„Willkommen im Club“? (Regina Dackweiler)
Jenseits von rechts und links?
rechts
autoritär
elitär
links
liberal
egalitär
Dekonstruktion/“undoing gender“
als diskursive, soziale und politische Praxis
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
15.12.09
Feminismus als Gesellschaftskritik und
Demokratieprojekt
(1) Nancy Fraser, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006:
Reader Feministische Politik & Wissenschaft,
Königstein/Taunus, S. 227 ff.
(2) Krause, Ellen 2003: Einführung in die
politikwissenschaftliche Geschlechterforschung,
Opladen, S. 131-147; - Fraser, Nancy: Was ist kritisch
an der kritischen Theorie? In: dieselbe: Widerspenstige
Praktiken, Frankfurt a.M.; - Gerhard, Ute (1999):
Atempause: Feminismus als demokratisches Projekt.
Frankfurt am Main
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
12.01.10
Intersektionalität: „race, class, gender“
(1) Clara Zetkin, Jutta Menschik, Claudia von Braunmühl
und Brigitte Young in Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.)
2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft,
Königstein/Taunus, S. 48 ff., 117 ff, 213 ff.
(2) Klinger, Cornelia u.a. (Hg.): Achsen der Ungleichheit.
Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität.
Frankfurt u.a., insbesondere Beiträge von Aulenbacher,
Becker-Schmidt und Gabbert
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
19.01.10
Discover Gender!“ – Sexual Politics - Gender Politics:
Empowerment, Gleichstellung, Gender-Mainstreaming,
(Geschlechter)Demokratie, Diversity
(1) Silvia Kontos und Barbara Holland-Cunz, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.)
2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S.
231 ff., 239 ff.
(2) Kurz-Scherf, Ingrid (2002): Geschlechterdemokratie und Feminismus : zur
Notwendigkeit einer herrschaftskritischen Reformulierung eines
Leitbegriffs. In: femina politica (2): S. 42-52; - Stiegler, Barbara (2002):
Wie Gender in den Mainstream kommt - Konzepte, Argumente und
Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender Mainstraming. In: Bothfeld,
Silke, Gronbach, Sigrid und Riedmüller, Barbara (Hg.): Gender
Mainstreaming - eine Innovation in der Gleichstellungspolitik. Frankfurt/
New York; femina politica 1/2007: Von Gender zu Diversity Politics
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
26.01.10
Gender Studies – feministische Wissenschaft:
Gegenstand, Methoden, Standpunkte
(1) „Wie männlich ist die Wissenschaft“, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006:
Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 138147; - Methodologische Postulate der Frauenforschung – Maria Mies
1978, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik
& Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 141
(2) Harding, Sandra 1990: Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis
von Wissenschaft und sozialem Geschlecht, Hamburg; - Sauer, Birgit
2001: Zur Geschlechtsblindheit der Politikwissenschaft, in: Ayla Satilmis
(Hg.), Feministischer Eigensinn: Kompass für Politik und ihre
Wissenschaft, Hamburg; - Klinger, Cornelia/Knapp Gudrun(2007): Achsen
der Ungleichheit – Achsen der Differenz: Verhältnisbestimmungen von
Klasse, Geschlecht, „Rasse“/Ethnizität, in: Klinger, Cornelia u.a. (Hg.):
Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und
Ethnizität. Frankfurt u.a., insbesondere S. 25-32
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
02.02.10
Klausur
(keine Bange!)
Themenplan
(1) Basistext (2) Vertiefung
09.02.10
Abschlussdiskussion:
Was ist und wozu betreiben wir
Gender Studies,
Gender Kompetenz,
feministische Wissenschaft?
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