Kritik der Geschlechterverhältnisse – Politik der Geschlechterdifferenz Vorlesung Wintersemester 09/10 Prof. Dr. Ingrid Kurz-Scherf Themenplan 13.10.09 Organisatorische Einführung • Proseminare Vorstellung • Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung • GendA – Forschungs- und Kooperationsstelle Arbeit, Demokratie, Geschlecht • FemArchiv Themenplan 20.10.09 Zur Einstimmung: FeMale (CD) Inhaltliche Einführung • Konzept und Themenplan der Vorlesung • Reader Feministische Politik&Wissenschaft • http://www.staff.uni-marburg.de/~kurzsche „Geschichte(n) aus der real-existierenden Andrarchie“ Was ist (kritisch-feministische) „Wissenschaft“? „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung“. Immanuel Kant: Antwort auf die Frage „Was ist Aufklärung?“ „Du sollst nicht Gedanken, sondern denken lernen!“ (Immanuel Kant, in einem Vorlesungsprogramm der Königsberger Universität „Albertina“ aus dem Jahre 1765 [zit. nach 2) Was ist (kritisch-feministische) „Wissenschaft“? „Ich bin davon ausgegangen, dass nur erzwungene Werte – Rassismus, Klassenherrschaft, Sexismus – die Objektivität zerstören, während partizipatorische Werte – Anti-Sexismus, klassenlose Gesellschaft, Anti-Rassismus – die Verzerrungen und Mystifikationen in unseren kulturbedingten Erklärungsund Verstehensweisen allmählich zum Verschwinden bringen.“ „Als wir ... in der neuen Frauenbewegung damit begannen, unsere Erfahrung theoretisch zu verarbeiten, wussten wir, dass unsere Aufgabe ebenso schwierig wie aufregend sein würde. Doch hätten wir uns wohl nicht einmal in unseren kühnsten Träumen vorstellen können, dass wir sowohl die Wissenschaft als auch das theoretische Denken (und das politische Handeln, iks) würden neu erfinden müssen ...“ Harding, Sandra 1991 (1986): Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem Geschlecht, Hamburg: Argument, hier: S. 272 und 274 Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 27.10.09 „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ (1) Politische Philosophie und die Frauenfrage – Seyla Benhabib und Linda Nicholson, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 175-177 (2) Benhabib, Seyla/Nicholson, Linda 1987: Politische Philosophie und die Frauenfrage, in: Iring Fetscher/Herfried Münkler (Hg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 5: Neuzeit, München „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Platon (427-347 v.u.Z.); aus: Politeia – Der Staat „Gerechtigkeit sei, dass jeder das Eigene und Seinige hat und tut“ (434) „Wenn also das männliche und das weibliche Geschlecht sich in Bezug auf irgendeine Kunst oder eine sonstige Beschäftigung als verschieden erweisen, so muss man jedem von beiden – wie wir behaupten – eben das Seine zuweisen. Wenn aber die Besonderheit bloß darin besteht, dass die Frau gebärt und der Mann zeugt, so ist ... dadurch noch gar nicht bewiesen, dass hinsichtlich des von uns geltend gemachten Gesichtspunkts die Frau vom Manne verschieden ist, sondern wir werden nach wie vor der Überzeugung sein, dass unsere Wächter und ihre Frauen denselben Beschäftigungen obliegen müssen“ (454 e) „Es gibt also ... keine die Staatsverwaltung betreffende Beschäftigung, die der Frau als Frau oder dem Mann als Mann zukäme; vielmehr sind die natürlichen Anlagen gleichmäßig unter beiden Geschlechtern verteilt, und naturgemäß hat die Frau ebenso wie der Mann Anspruch auf alle Beschäftigungen, bei allen aber ist die Frau schwächer als der Mann“ (455 e) „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Aristoteles (384-322 v.u.Z.); aus: Politik „Es ist auch eine Ungereimtheit, einen Vergleich mit den Tieren anzustellen und zu erklären, dass die Frauen dasselbe besorgen und tun sollen wie die Männer. Denn bei den Tieren besteht kein Hauswesen“ (1264 b 4) „Der Staat besteht aber nicht bloß aus einer Mehrheit von Menschen, dieselben sind auch der Art nach verschieden“ (1261 a) „Es ist also notwendig, dass sich zuerst diejenigen Individuen verbinden, die ohne einander nicht sein können, also einmal Männliches und Weibliches der Fortpflanzung wegen, ... dann zweitens von Natur Herrschendes und Beherrschtes der Erhaltung wegen“ (1252 a) „Endlich verhält sich Männliches und Weibliches von Natur so zueinander, dass das eine das Bessere, das andere das Schlechtere und das eine das Herrschende und das andere das Dienende ist“ (1254 b) „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Aurelius Augustinus (354-430): „Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbilde geschaffen wurde. Es entspricht der natürlichen Ordnung, dass die Frauen den Männern dienen“ Thomas von Aquin (1225-1274) „Der wesentliche Wert einer Frau liegt in ihrer Gebärfähigkeit und in ihrem hauswirtschaftlichen Nutzen“. „Die Frau ist ein Missgriff der Natur ..., eine Art verstümmelter, verfehlter, misslungener Mann ... Die volle Verwirklichung der menschlichen Art ist nur der Mann“ Martin Luther (1483-1546) „Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, dass die Männer durch sie geboren werden“ „Will die Frau nicht, so komm’ die Magd“ „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Jean Bodin (1529-1596); aus: Sechs Bücher über den Staat „Ein mannhaftes, tapferes Volk könnte sich nur mühsam mit dem Regiment einer Frau abfinden ... Wären die Untertanen solche Memmen, dass sie sich unter Zwang oder aus anderen Gründen die Gynäkokratie beim souveränen Regiment gefallen ließen, dann kann kein Zweifel bestehen, dass jeder Untertan sie auch im Hause wird dulden müssen“ (2: 450) Thomas Hobbes (1588-1679); aus: Vom Menschen (1648) und Leviathan (1651) Naturzustand: „homo homini lupus est“ « Die einander Gleiches tun können, sind gleich“ – „Hier ist nach dem Naturrecht der Sieger der Herr der Besiegten“ – „Offenbar ist aber das Neugeborene eher in der Gewalt der Mutter als eines anderen ... Denn die Ungleichheit der natürlichen Kräfte ist nicht so groß, dass der Mann ohne Krieg die Gewalt über die Frau erlangen könnte“ Durch den Gesellschaftsvertrag wird dem Staat, dem sich die Staatsbürger freiwillig unterwerfen, das Gewaltmonopol übertragen. „... weil in allen Staaten, die ja von den Vätern, nicht von den Müttern begründet worden sind, das häusliche Regiment dem Manne gebührt“ „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ John Locke (1632-1704); aus: „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ (1690) Naturzustand: Menschen sind frei und gleich. Es herrscht „ein Zustand der Subsistenz und Suffizienz“ (Rauschenbach). „Gott gab die Welt den Menschen gemeinsam. Doch da er sie ihnen zu ihrem Nutzen gab und zu den größtmöglichen Annehmlichkeiten des Lebens ... kann man nicht annehmen, er habe beabsichtigt, dass sie immer Gemeingut und unkultiviert bleiben sollte. Er gab sie den Fleißigen und Verständigen zur Nutznießung (und Arbeit sollte seinen Rechtsanspruch darauf bewirken“ (220) Durch den Gesellschaftsvertrag werden Staaten geschaffen um das Privateigentum zu schützen. „Obwohl die Verpflichtung der Eltern, ihre Kinder aufzuziehen, und die Verpflichtung der Kinder, ihre Eltern zu ehren, auf der einen Seite alle Gewalt und auf der anderen Seite alle Unterwerfung enthält, ... so liegt gewöhnlich doch noch eine andere Gewalt in der Person des Vaters, durch die seine Kinder ihm zum Gehorsam verpflichtet sind. ... Das ist die Macht die Menschen gewöhnlich besitzen, ihr Vermögen denjenigen zu vermachen, die ihnen am liebsten sind“ (244) „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), aus: Politische Ökonomie (1755) „Aus mehreren in der Natur der Sachen liegenden Gründen muss der Vater in der Familie befehlen. Erstens darf die Autorität von Vater und Mutter nicht gleich sein; vielmehr muss die Leitung in einer Hand liegen und bei Meinungsverschiedenheiten eine ausschlaggebende Stimme entscheiden. Zweitens für wie unbedeutend man die typischen Beschwernisse der Frau auch halten mag, da sie ihr immer eine Zeitlang Untätigkeit auferlegen, ist das ein hinreichender Grund dafür, sie von jener Vorrangstellung auszuschließen: denn wenn auch eine Waage völlig im Gleichgewicht steht, so genügt doch ein Strohhalm, um den Ausschlag zu geben. Außerdem muß der Ehemann das Verhalten seiner Frau überwachen: weil ihm daran gelegen ist, sich zu vergewissern, dass die Kinder, die er anerkennen und ernähren muss, nicht anderen als ihm gehören. Die Frau, die nichts vergleichbares zu fürchten braucht, hat nicht dasselbe Recht über ihren Mann.“ „Rousseau verstieg sich zu der Behauptung, dass nie ein Volk vom exzessiven Genuß des Weines ruiniert wurde. Völker gingen hingegen zugrunde wegen des ‚desordre des femmes’. Trunkenheit, überwiegend bei Männern beobachtet, erschien als das kleinere Übel. Sie macht nur albern, aber nicht böse“ (Klaus von Beyme (1992), Theorie der Politik im 20sten Jahrhundert, Frankfurt, S. 307) „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Immanuel Kant (1724-1804), aus: Über den Gemeinspruch : Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis (1793) « Derjenige nun, welcher das Stimmrecht in dieser Gesetzgebung hat, heißt ein Bürger (citoyen, d.i. Staatsbürger, nicht Stadtbürger, bourgeois). Die dazu erforderliche Qualität ist, außer der natürlichen (dass es kein Kind, kein Weib sei), die einzige, dass er sein eigener Herr sei, mithin Eigentum habe, ... folglich dass er niemandem diene“ Johann Gottlieb Fichte (1762-1814); aus: Grundlage des Naturrechts (1796) „Die Ruhe des Weibes hängt davon ab, dass sie ihrem Gatten ganz unterworfen sey, und keinen anderen Willen habe, als den Seinigen“ „Das Weib ist nicht unterworfen, so dass der Mann ein Zwangsrecht auf sie hätte, sie ist unterworfen durch ihren eigenen fortdauernden, nothwendigen Wunsch, unterworfen zu sein. Sie dürfte wohl ihre Freiheit zurücknehmen, wenn sie wollte; aber gerade hier liegt es; sie kann vernünftigerweise nicht wollen“ (345) „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831); aus Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821) „Stehen Frauen an der Spitze der Regierung, so ist der Staat in Gefahr, denn sie handeln nicht nach den Anforderungen der Allgemeinheit, sondern nach zufälliger Neigung und Meinung ... Frauen können wohl gebildet sein, aber für die höheren Wissenschaften, die Philosophie und gewisse Produktionen der Kunst, die ein Allgemeines fordern, sind sie nicht gemacht. Frauen können Einfälle, Geschmack, Zierlichkeit haben, aber das Ideale haben sie nicht“ (§ 166) „Das eine ist das Geistige, als das sich Entzweiende in die für sich seiende persönliche Selbständigkeit und in das Wissen und Wollen der freien Allgemeinheit, in das Selbstbewusstsein des begreifenden Gedankens und in das Wollen des objektiven Endzwecks, - das andere das in der Einigkeit sich erhaltende Geistige als Wissen und Wollen des Substanziellen in Form der konkreten Einzelheit und der Empfindung; - jenes im Verhältnis nach außen das Mächtige und Betätigende, dieses das Passive und Subjektive. Der Mann hat daher sein wirkliches, substantielles Leben im Staate, der Wissenschaft und dergleichen, und sonst im Kampfe und der Arbeit mit der Außenwelt und mit sich selbst, so dass er nur aus seiner Entzweiung die selbständige Einigkeit mit sich erkämpft, deren ruhige Anschauung und die empfindende subjektive Sittlichkeit er in der Familie hat, in welcher die Frau ihre substantielle Bestimmung und in dieser Pietät ihre sittliche Gesinnung hat (§ 166) „So ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ (§ 238). „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Karl Marx (1818-1883) „Das Verhältnis des Mannes zum Weib ist das natürlichste Verhältnis des Menschen zum Menschen. In ihm zeigt sich also, inwieweit das natürliche Verhalten des Menschen menschlich und das menschliche Wesen ihm zum natürlichen Wesen ... geworden ist. In diesem Verhältnis zeigt sich auch, inwieweit das Bedürfnis des Menschen zum menschlichen Bedürfnis, inwieweit ihm also der andere Mensch als Mensch zum Bedürfnis geworden ist, inwieweit er in seinem individuellsten zugleich Gemeinwesen ist“ (Nationalökonomie und Philosophie, 1844) „Aber die Bourgeoisie hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr den Tod bringen; sie hat auch die Männer gezeugt, die diese Waffen führen werden: das Proletariat“ (Kommunistisches Manifest, 1848) „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Max Weber (1864-1920); aus: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie (1922) „Universalgeschichtliche Probleme wird der Sohn der modernen europäischen Kulturwelt unvermeidlicher- und berechtigterweise unter der Fragestellung behandeln: welche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, dass gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch – wie wenigstens wir uns gern vorstellen – in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen?“ „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Theodor W. Adorno (1903-1969)/Max Horkheimer (18951973); aus: Dialektik der Aufklärung (1947) „Die Frau ist nicht Subjekt“ André Gorz (1923-2007); aus: Brief an D. – Geschichte einer Liebe, o.O.: Rotpunktverlag, 2007) „Als wäre es Deine Berufung, mich in der meinen zu bestärken.“ „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Diskussionsfragen: 1. Sind moderne Gesellschaften strukturell und kulturell „misogyn“? 2. Ist Artikel 3 Absatz 2 – „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ – eine Verfassungslüge oder ein Verfassungsversprechen? 3. Geht es bei der „Kritik der Geschlechterverhältnisse“ nur um die Diskriminierung von Frauen? Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 03.11.09 Gleichberechtigung und/oder Emanzipation (1): „Die Freiheit ist unteilbar“ – Aufbrüche und VorkämpferInnen • • Einleitung und Lektürehilfe „Frühe Frauenbewegungen“ in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 9-26 Holland-Cunz, Barbara 2003: Die alte neue Frauenfrage, Frankfurt a.M.; - Gerhard, Ute 1990: Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Reinbek bei Hamburg Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) „Das Leben könnte viel schlimmer sein, Calvin“ „Das Leben könnte aber auch wesentlich besser sein“ G-Gang, Institut für Politikwissenschaft Grafitti aus dem Bildungsstreik im Sommersemster 2009 Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Was bewegt die Welt? • • • • • Technischer Fortschritt? Machtspiele der Mächtigen? Ideen und Ideale? Widersprüche? Soziale Bewegungen? Bewegungsforschung: z.B. Framing • • • • diagnostic framing (Snow/Benford 2000) prognostic framing motivational framing Masterframe Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Was sind die Bedingungen politischen Bewusstseins/politischen Handelns im Sinn des „Ausgangs aus selbst verschuldeter Unmündigkeit“?. „Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen“. (Immanuel Kant: Antwort auf die Frage „Was ist Aufklärung?“) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) In der gesamten Zivilisationsgeschichte in all ihren kulturellen Verästelungen gibt es kein anderes, vergleichbar stabiles Merkmal von Herrschaft als das „Gesetz der hierarchisch zunehmenden Dominanz von Männern“ (Geissler) Anfragen an die politische Anthropologie • Soziale Konstruktion von Herrschaft • Soziale Konstruktion von Geschlecht Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) „Unter feministisch verstehe ich die Einnahme eines komplizierten besonderen Standpunktes mit gleichwohl menschheitlich allgemeiner Perspektive. Vom feministischen Standpunkt wird die Ineinssetzung des Allgemein-menschlichen mit dem Männlichen ebenso in Frage gestellt wie ihr Pendant, die Besonderung des Weiblichen als natürlich. Gleichwohl wird aus dieser zugeschriebenen Besonderung heraus selbstbewusst eine Perspektive entworfen, die beide Geschlechter einschließt. Sie kann nur vom Besonderten her formuliert werden, eben weil das falsche Allgemeine zurückgewiesen und durch wirklich Allgemeines, welches sich erst noch herausbildet, ersetzt werden muss. In dieser Weise ist Feminismus zugleich politische Utopie und hat seinen Ort jenseitig wie er auch im Diesseits seine Schritte setzt“ (Frigga Haug). Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Feministische Anthropologie • Sichtbarmachen von Frauen • „unendliche Vielfalt und monotone Ähnlichkeit männlicher Dominanz“ • Herrschaft: Rangordnungen und Rangordnungskämpfe unter Männern unter Ausschluss von Frauen • Wie also entsteht „feministisches Bewusstsein“, „feministische Bewegung“? Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Cornelia Klinger: Ein unzeitgemäßes Plädoyer für die Aufklärung Kapitalismus als Grundlage des modernen Patriarchats? Kapitalismus als Wegbereiter von (Geschlechter)Demokratie? Kapitalismus und Demokratie als eigenständige Bewegungsformen der Moderne? Gleichberechtigung und/oder Emanzipation (1) Literatur zur Geschichte der Frauen und der Frauenbewegung (Auswahl) • Gerhard, Ute, 1991, Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Reinbeck bei Hamburg • Gerhard, Ute u.a. (Hg), 2008: Klassikerinnen feministischer Theorie. Grundlagentexte, Bd. I • Anderson, Bonnie S.; Zinsser, Judith P., 1993: Eine eigene Geschichte. Frauen in Europa. 2 Bände, Zürich • Lerner, Gerda, 1995: Die Entstehung des feministischen Bewusstseins. Vom Mittelalter bis zur Ersten Frauenbewegung, Frankfurt a.M./New York • Nave-Herz, Rosemarie, 1997: Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland, 5. Auflage, Bonn (Bundeszentrale für Politische Bildung) • Bock, Gisela, 2000: Frauen in der europäischen Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München • Holland-Cunz, Barbara 2003: Die alte neue Frauenfrage, Frankfurt a.M. • Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Kleine Geschichte der Frauenbewegung: Vorkämpferinnen • Christine de Pisan (1365-1431) – „Das Buch der Stadt der Frauen“ (1405) • Olympe de Gouges (1748/55 – 1793 – « Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin » (1791) • Mary Wollstonecraft (1759 – 1797) – „Ein Plädoyer für die Rechte der Frau“ (1792) • Flora Tristan (1803 – 1844) – „Arbeiterunion“ (1843) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Kleine Geschichte der Frauenbewegung: Verbündete • Charles Fourier (1772-1837) – Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen (1808) • John Stuart Mill (1806-1873)/Harriet Taylor Mill (1808-1859) – Die Hörigkeit der Frau (1869) • August Bebel (1840-1913) – Die Frau und der Sozialismus (1883) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Kleine Geschichte der Frauenbewegung: Strömungen • Bürgerlich • Proletarisch • Radikal Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Kleine Geschichte der Frauenbewegung: „bürgerliche (liberale) Frauenbewegung“ Louise Otto Peters (1819 – 1895) – – – – 1848/49: Märzrevolution 1849: „Frauenzeitung“ (Verbot 1850/52) 1848/49: Mitbegründerin Dienstboten- und Arbeiterinnenverein 1865: zus. mit Auguste Schmidt „Allgemeiner Deutscher Frauenverein“ Helene Lange (1848 – 1930) – 1890: „Allgemeiner Deutscher Lehrerinnenverein“ – 1894-1906: Vorstand „Bund deutscher Frauenvereine (BDF)“ Gertrud Bäumer (1873 – 1954) – 1910-1919: Vorsitzende „Bund deutscher Frauenvereine (BDF)“ – 1916-1944: Herausgabe der Zeitschrift „Die Frau“ (z.T. zus. Mit Helene Lange) – 1920: erste deutsche Ministerialrätin (1933 ihres Amtes enthoben) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Kleine Geschichte der Frauenbewegung: „proletarische (sozialistische) Frauenbewegung“ Lily Braun (1865 – 1916) – – „Die Frauenfrage“ (1901) „Frauenarbeit und Beruf“ (1914) Clara Zetkin (1857 – 1933) – – – – 1878: Eintritt in Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (ab 1890: SPD) 1891-1917: Herausgeberin der SPD-Frauenzeitung „Die Gleichheit“ 1915: Mitinitiatorin einer internationalen sozialistischen Antikriegs-Frauenkonferenz in Bern ab 1916: Spartakus, USPD, KPD Emma Goldmann (1839 – 1940) – – – – 1893, 1916/17, 1917-1919 Gefängnis 1906: „Mother Earth“ (anarcha-feministische Zeitschrift) 1919: Ausweisung nach Russland, danach England und Frankreich 1936: Spanischer Bürgerkrieg Alexandra Kollontai (1872 – 1952) – „Tagebuch einer sexuell emanzipierten Kommunistin“ (1921) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Kleine Geschichte der Frauenbewegung: „radikale (autonome) Frauenbewegung“ Minna Cauer (1841 – 1922) – 1892: Beitritt Deutsche Friedensgesellschaft (Bertha von Suttner) – 1895-1919: Herausgabe der Zeitung „Die Frauenbewegung“ – 1989-1907: Vorsitz „Verband Fortschrittlicher Frauenvereine“ Helene Stöcker (1869 – 1943) – – – – Bis 1932: Herausgabe der Zeitschrift „Die neue Generation“ Bund für Mutterschutz und Sexualreform 1915: Internationaler Frauenfriedenskongress 1933: Emigration Hedwig Dohm (1831/33 – 1919) – „Die wissenschaftliche Emanzipation der Frau“ (1874) – „Die Antifeministen“ (1902) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) • • • • • • • Themen und Kämpfe der frühen Frauenbewegungen (Auswahl) Menschenrechte sind Frauenrechte Recht auf Organisation und Partizipation (Stimmrecht) Recht auf Bildung Recht auf Berufstätigkeit/Arbeitsschutz/Lohngleichheit Mutterschutz Sexualreform Frieden Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (1) Diskussionsfrage: Warum haben die frühen Frauenbewegungen nicht mehr Widerstand gegen den aufkommenden Nationalsozialismus geleistet? Thesen: • Fragmentierung der bürgerlichen und radikalen Frauenbewegung/Auflösung der proletarischen Frauenbewegung (Verzicht auf eigenständiges allgemeinpolitisches Mandat) • Mütterlichkeitsideologie der bürgerlichen Frauenbewegung als Wegbereiter des Nationalsozialismus • Männlichkeitsideologie der bürgerlichen und sozialistischen/kommunistischen Weltauffassungen/Parteien/Bewegungen als Wegbereiter des Nationalsozialismus Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 10.11.09 Gleichberechtigung und/oder Emanzipation (2): „Es hat seinen Grund, dass es eine Frauenbewegung gibt und keine Männerbewegung“ – Autonome Frauenbewegungen (1) Lektürehilfe „Autonome Frauenbewegung“ in: KurzScherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 88-93 (2) Holland-Cunz, Barbara 2003: Die alte neue Frauenfrage, Reinbeck bei Hamburg; - Lenz, Ilse 2000: Frauenbewegungen weltweit. Aufbrüche, Kontinuitäten, Veränderungen., Opladen Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) Rückblick: frühe Frauenbewegung • Konstituierung in etwa zeitgleich mit der Arbeiterbewegung – Allgemeiner Deutscher Frauenverein (1865, ab 1894: Bund Deutscher Frauenvereine, BDF) • Strömungen – Bürgerlich (u.a.Helene Lange, Gertrud Bäumer) – Proletarisch (u.a. Lily Braun, Clara Zetkin, Emma Goldmann, Alexandra Kollontai) – Radikal (Minna Cauer, Helene Stöcker, Hedwig Dohm) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) Rückblick: frühe Frauenbewegung • Themen und Kämpfe der frühen Frauenbewegungen (Auswahl) – Menschenrechte sind Frauenrechte – Recht auf Organisation und Partizipation (Stimmrecht) – Recht auf Bildung – Recht auf Berufstätigkeit/Arbeitsschutz/Lohngleichheit – Mutterschutz – Sexualreform – Frieden Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) 1949: • • • „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz; Elisabeth Selbert) Gründung des „Deutschen Frauenrats“ als überparteilicher Dachverband von Frauenverbänden und Frauenausschüssen in Partein, Gewerkschaften, Kirschen etc. Simone de Beauvoir: Le deuxième sex (Das andere Geschlecht) 1963: • Betty Friedan: The Feminine Mythique (Der Weiblichkeitswahn) 1966: • Gründung „National Organization for Women (NOW)“ in Washington D.C. • In der Bundesrepublik Deutschland (West): "Pflegerin und Trösterin sollte die Frau sein; Sinnbild bescheidener Harmonie, Ordnungsfaktor in der einzig verläßlichen Welt des Privaten; Erwerbstätigkeit und gesellschaftliches Engagement sollte die Frau nur eingehen, wenn es die familiären Anforderungen zulassen.„ (Bericht der Bundesregierung über die Situation der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) Anfang 1968: • • „Aktionsrat zur Befreiung der Frau“ im SDS „Frankfurter Weiberrat“ September 1968: • „Tomatenwurf“ auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS (Sigrid Rüger anläßlich der SDS-Ignoranz zu einer Rede von Helke Sander November 1968: • „Befreit die sozialistischen Eminenzen von ihren bürgerlichen Schwänzen“ (Frankfurter Weiberrat zur 24. Delegiertenkonferenz des SDS in Hannover) Ab 1968/69: • in fast allen Städten Frauengruppen u.a. mit den Schwerpunkten §218 und „Selbsterfahrung“, aber auch Berufstätigkeit/Hausarbeit, Kinder(läden), Kapitalismuskritik (z.B.: „Brot & Rosen“, „Sozialistischer Frauenbund“) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) 1970: „Frauenaktion 70“ in Frankfurt, Ziel: Streichung § 218 1971: April in Frankreich: „Je me suis fait avorter“ in Nouvel Observateur (u.a. S. d. Beauvoir, Marguerite Duras, Jeanne Moreau) 1971: Juni in Deutschland: „Wir haben abgetrieben“ in Stern (u.a. Alice Schwarzer, Senta Berger, Romy Schneider) 1972: Einrichtung des ersten "Frauenzentrums" in Berlin. 1974: Gründung des ersten Frauenbuchverlags "Frauenoffensive„ 1975 : UN: „Jahr der Frau“, erste Weltfrauenkonferenz in Mexico 1976: Erste Sommeruniversität für Frauen in der Freien Universität Berlin (West) Gründung der Zeitschrift Courage (bis 1984) Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) 1977 zur 1978) 1979 1980 ab 1980 Partei 1982 1985 1987 1991 1995 1997 2007 Erstes Frauenhaus in Berlin Gründung der Zeitschrift Emma Erstes "Feministisches Frauen-Gesundheits-Zentrum" in Berlin Gründung des Vereins "Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis e.V., Herausgabe der Zeitschrift „Beiträge feministischen Theorie und Praxis“ (ab Gründung der Sektion Frauenforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie zweite Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen Das Engagement in der „neuen Frauenbewegung“ verlagert sich teilweise auf "Die Friedensbewegung" und die "Die Grünen„ erste Gleichstellungsbüros in Köln und Hamburg Gründung der Zeitschrift „Feministische Studien“ Dritte Weltfrauenkonferenz in Nairobi erste Professur für Frauenforschung an der Uni Frankfurt Gründung „Arbeitskreis Politik und Geschlecht“ in der „Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft“ Vierte Weltfrauenkonferenz in Peking Gründung der Zeitschrift „Femina Politica“ DIE ZEIT: „Wir brauchen einen neuen Feminismus“ Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) Themen und Kämpfe der „neuen Frauenbewegungen“ (Auswahl) • • • • • • • • • • • • „Die Tyrannei des Mannes in unserer Gesellschaft“ Gleichberechtigung und/oder Emanzipation Autonomie versus Institution Arbeit und Arbeitsteilung/Kapitalismus und Patriarchat Körperpolitik und Selbsterfahrung Wissenschaft und Wissenschaftskritik Ökologie Gewalt und Krieg „Affidamento“ versus „queer“ Gleichheit, Differenz, Dekonstruktion, Re-Vision Race, Class, Gender Feminismus Gleichberechtigung und/oder Emanzipation: Frauenbewegungen (2) Aktuelle Feminismus-Varianten • konservativ – neoliberal – sozialemanzipatorisch • lokal – global • integrativ – transformativ • wissenschaftlich – praktisch • ... • ... • ... Diskussionsfrage: Ist Ursula von der Leyen eine Feministin? Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 17.11.09 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke (1) (2) Gleichstellungspolitik jenseits patriarchaler Alternativen – Silvia Kontos, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus Gerhard, Ute 1990: Gleichheit ohne Angleichung. Frauen im Recht, München; - Berghahn, Sabine 2003: Der Ritt auf der Schnecke, in: www.gender-politik-online.de ; - Kurz-Scherf, Ingrid/Lepperhoff, Julia/Scheele, Alexandra 2006: Arbeit und Geschlecht im Wandel: Kontinuitäten, Brüche und Perspektiven für Wissenschaft und Politik, in: www.gender-politik-online.de „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte • Historischer Ausgangspunkt: Geschlechtsvormundschaft (cura sexus – cura maritalis) • Verwoben mit anderen Dimensionen von Rechtlosigkeit, Unterdrückung und Ungleichheit • Frauen stehen lebenslang unter der Gewalt eines Mannes (Vater, Ehemann, Vormund) • Historische Wellen der Abschwächung, Verschärfung und Ausdifferenzierungen des gleichbleibenden Grundprinzips der Unterordnung von Frauen unter Männer seit der Antike (vorher?) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte Entdeckung der Menschenrechte: – „We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty an the pursuit of Happiness” (Amerikanische Unabhängigkeitserklärung, 1776) – “Les hommes naissent et demeurent libre et égaux en droits. Les distinctions sociales ne peuvent etre fondées que sur l’utilité commune. Le but de toute association politique est la conservation des droits naturels et imprescritibles de l’homme. Ces droits sont la liberté, la proprieté, la sureté et la resistance à l’opression » (Déclaration des droits de l’Homme et du citoyen, 1789) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte Entdeckung der Frauenrechte : – „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich in allen Rechten. Die sozialen Unterschiede können nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.“ (Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin; Olympe de Gouges, 1789) – „Wir halten folgende Wahrheiten für keines Beweises bedürftig: dass alle Männer und Frauen gleich geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt sind, dass zu diesem Leben Freiheit und Streben nach Glück gehören, dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen eingesetzt werden, die den Rechtsgrund ihrer Macht aus der Zustimmung der Regierten ableiten.“ (Declaration of Sentiment; USA, 1848) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1850 “Politischen Vereinen ist die Aufnahme von Frauenpersonen, Schülern, Lehrlingen verboten” (§ 8 des Vereinsgesetzes) 1869 Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (u.a. Luise OttoPeters) 1871 „Eine Schwangere, welche vorsätzlich abtreibt oder im Muterleib tödtet, wird mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft ...“ (Reichsstrafgesetzbuch; 1926: Abtreibung wird vom Verbrechen zum Vergehen, Gefängnis statt Zuchthaus; 1974 Fristenregelung, wird für verfassungswidrig erklärt; 1976 Indikationsregelung mit sozialer Indikation; 1992 Fristenregelung mit Beratungspflicht, wird für verfassungswidrig erklärt; seit 1995 aktuelle Regelung: „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft ... Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn...“, Fristenregelung mit Beratungspflicht) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1896/1900 Verabschiedung/Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Dem Mann steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche Eheleben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. (§ 1354 Abs. 1) Die Frau erhält den Familiennamen des Mannes (§ 1355) Die Frau ist ... berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten (§ 1356) Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen ... (§ 1358) Das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterworfen (§1363) Das uneheliche Kind untersteht nicht der elterlichen Gewalt der Mutter (§1707) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1908 Frauen dürfen Mitglied in politischen Vereinen werden Immatrikulationsrecht für Frauen 1918 Aktives und passives Wahlrecht für Frauen 1919 „Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten“ (Art. 109, Weimarer Reichsverfassung) 1920 Habilitationsrecht für Frauen „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1933-45 Frauen verlieren das passive Wahlrecht, werden ab 1935 nicht mehr als Richterinnen, ab 1936 nicht mehr als Rechtsanwältinnen zugelassen, können ab 1937 als verheiratete Beamtin entlassen werden, „wenn ihre wirtschaftliche Versorgung gesichert erscheint“ 1949 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz) Anpassung der dem Gleichheitssatz widersprechenden Gesetze bis spätestens 31.3.1953 (Art. 117 Absatz 1 Grundgesetz) „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben“ (Art. 7 Verfassung der DDR) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1956 Bundesverfassungsgericht erklärt Frauenlohngruppen für verfassungswidrig 1957/58 Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau „Stichentscheid“ des Vaters bei elterlichen Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Kindererziehung (1959 auf Betreiben des Juristinnenbundes vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt) Der Ehe- und Familienname ist der des Mannes. Die Frau ist berechtigt ... dem Namen des Mannes ihren Mädchennamen hinzuzufügen (§ 1355 BGB) Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist (§ 1356 BGB) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte (1968) „Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung, ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe“ (Verfassung der DDR) 1976 Gründung des ersten Frauenhauses in Berlin 1977 Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts Die Ehegatten führen einen gemeinsamen Familiennamen ... Treffen sie keine Bestimmung, so ist Ehename der Geburtsname des Mannes (§1355 BGB) Die Ehegatten regeln die Hauhaltsführung im gegenseitigen –Einvernehmen ... Beide Ehegatten sind berechtigt erwerbstätig zu sein (§1356 BGB) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1979/81 CEDAW – Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (1979 von UNOVollversammlung verabschiedet, seit 1981 in Kraft, mittlerweile von 180 Staaten unterzeichnet) „In diesem Übereinkommen bezeichnet der Ausdruck ‚Diskriminierung der Frau’ jede mit dem Geschlecht begründete Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung, die zur Folge oder zum Ziel hat, daß die auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau gegründete Anerkennung, Inanspruchnahme oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die Frau – ungeachtet ihres Familienstandes – im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, staatsbürgerlichen oder jedem sonstigen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird“ (Art. 1) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1980 Erste kommunale Gleichstellungsstellen in Köln und Hamburg 1989 Erstes Frauenfördergesetz in NRW; danach in fast allen Bundesländern Frauenförder- oder Gleichstellungsgesetze 1993 Familienrechtsrahmengesetz Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen bestimmen ... Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung (§ 1355 BGB) 1994 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 1995 Die 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen verpflichtet alle Regierungen, bei allen politischen Entscheidungen die Auswirkungen auf die Situation von Männern und Frauen zu prüfen („Gender Mainstreaming“) 1997 Gender Mainstreaming wird auf EU-Ebene mit dem Ziel, Chancengleichheit in allen Politikfeldern zu erreichen, im „Amsterdamer Vertrag“ verankert. Die Bundesregierung verankert Gender Mainstreaming in ihrer Geschäftsordnung. Reform Strafgesetzbuch: Jede Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung ist strafbar, auch in der Ehe (§ 177 StGB; bis 1997 war ausdrücklich nur die „außereheliche Vergewaltigung“ strafbar, erster Versuch zur Veränderung scheitert 1983 im Deutschen Bundestag unter Hohn und Spott) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Der Ritt auf der Schnecke Kleine Geschichte der Frauenrechte 2001 „Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit in der Privatwirtschaft“ August 2006 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ (§ 1) „Antidiskriminierungsstelle des Bundes“ (§ 25) http://www.antidiskriminierungsstelle. de/ Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 24.11.09 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie • Politische Repräsentation von Frauen in Europa – Beate Höcker, in: KurzScherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus WSI 2005: FrauenDatenReport, Berlin; www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/root.html http://www.gender-index.de/karte-und-profile.html • • http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=774&langId=en&intPageId=655 http://hdr.undp.org/en/statistics/data/ (1) (2) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Rückblick: Androzentrismus im Denken am Beispiel der politischen Theorie Feminismus in der Praxis: frühe und autonome Frauenbewegungen Demokratie oder Androkratie? Auf dem Weg zur Gleichberechtigung – oder: Der Ritt auf der Schnecke Soziogramm der real-existierenden Andrarchie „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Geschlecht als Ungleichheitsdimension z.B. in der Sozialstrukturforschung Geschlecht als Strukturkategorie (z.B. Regina Becker-Schmidt); Arbeits-, Demokratie-, Kapitalismuskategorie Geschlecht als Identitätskategorie (z.B. Judith Butler: Das Unbehagen der Geschlechter) Geschlecht als Subjektkategorie: z.B. „hegemoniale Männlichkeit“ (R. Connell) Geschlecht als „soziale Konstruktion“ „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Formen der Unterdrückung (Iris Young) Ausbeutung Marginalisierung Machtlosigkeit Kulturimperialismus (Androzentrismus) Gewalt „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Fünf Prinzipien komplexer Gleichheit (Nancy Fraser) • Bekämpfung von Armut • Bekämpfung von Ausbeutung • Bekämpfung von Marginalisierung • Bekämpfung von Diskriminierung – Gleiche Einkommen – Gleiche Freizeit – Gleiche Achtung • Bekämpfung des Androzentrismus „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Informationsquellen Qualitativ/wissenschaftlich: http://www.gender-politik-online.de/ http://www.wiso-net.de Zeitschriften: femina politika, Feministische Studien, Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis Feministische Wissenschaft/Gender Studies/Queer Studies Feministisches Archiv (Marburg) Quantitativ (Überblick BRD): http://www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/root.html http://www.gender-index.de/karte-und-profile.html http://www.boeckler-boxen.de/cps/rde/xchg/SID-3D0AB75D4034079C/boxen/hs.xsl/1124.htm http://www.destatis.de Frauendatenreport (WSI) „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Genderdatenreport: „Nach wie vor ist das Ausbildungssystem geschlechtsspezifisch segregiert. Junge Männer stellen fast 60 Prozent der Berufsschüler im dualen System der betrieblichen Ausbildung. Junge Frauen machen dagegen den größeren Anteil in den Berufsfachschulen (knapp 60 %) sowie an den Schulen des Gesundheitswesens (80 %) aus. In den Ausbildungen zu den Gesundheitsberufen dominieren junge Frauen seit Jahren. In der Altenpflegeausbildung beträgt der Männeranteil zum Beispiel nur 18 Prozent, bei der Kinderpflege gar nur 5 Prozent“. „Trotz des zahlenmäßigen Gleichgewichts beim Studienbeginn, sind die Anteile der Frauen in den höheren Stadien der akademischen Laufbahn auch heute noch vergleichsweise gering; im Studienjahr 2003/04 stellten sie 38 Prozent der Promovendinnen, erlangten 22 Prozent aller Habilitationen und besetzten 13 Prozent der Professuren“. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Genderdatenreport: „Teilzeitarbeit ist eine "weibliche Domäne". Abhängig erwerbstätige Frauen stehen 2004 zu 43 Prozent in Beschäftigungsverhältnissen von 31 Stunden die Woche und weniger. Bei den Männern sind dies nur 7 Prozent. Dagegen überwiegen auf den Vollzeitarbeitsplätzen eindeutig die Männer“. „Von der Zunahme flexibler Arbeitszeitformen sind erwerbstätige Frauen ebenso wie Männer betroffen. Männer befinden sich 2004 allerdings häufiger als Frauen in diesen atypischen Arbeitszeitformen. Neben den positiven Rückwirkungen auf das Erwerbseinkommen haben diese Arbeitszeitformen nachteilige Effekte, etwa für die Gesundheit und die Teilhabe am familiären Leben“. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Genderdatenreport: • „Wie die Teilzeitbeschäftigung und die atypischen Arbeitszeiten hat auch die geringfügige Erwerbstätigkeit in den letzten Jahren zugenommen. Besonders die Neuregelung von Mini- und Midijobs führte zur weiteren Ausbreitung von geringfügiger Erwerbstätigkeit. Nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit werden Mini- und Midijobs vor allem von Frauen genutzt. Besonders ausgeprägt ist das bei den Midijobs; hier machen Ende 2003 Frauen 75,0 Prozent der Beschäftigten aus. Bei den ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten beträgt der Frauenanteil 68,1 Prozent und bei den Nebenjobbern 56,4 Prozent. Zum Vergleich: Von allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind dagegen nur 45,4 Prozent Frauen“ „Viele neue Arbeitsverträge in Deutschland werden nur noch befristet abgeschlossen. Dies stellt eine weitere Abweichung vom traditionellen Normalarbeitsverhältnis dar. Sie trifft insbesondere junge Menschen. Allerdings kann die Befristung von Arbeitsstellen auch zu langfristig diskontinuierlichen Erwerbsbiografien führen, was mit größerer sozialer Unsicherheit verbunden ist. Im Jahr 2004 stehen laut Mikrozensus jeweils rund 8 Prozent der weiblichen (7,8 %) und der männlichen Beschäftigten (7,9 %) in einem befristeten Arbeitsverhältnis[51]. Männer wie Frauen sind vor allem am Anfang ihrer Berufslaufbahn befristet beschäftigt“. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Genderdatenreport: „Gleich, welchen Datensatz man einer Analyse der Erwerbseinkommen zu Grunde legt, das Einkommen von Frauen liegt in Deutschland bei ungefähr gleicher Arbeitszeit mindestens 20 Prozent unter dem von Männern. Damit nimmt Deutschland mit Österreich und Großbritannien unter den EU-Staaten einen der letzten Rangplätze im Hinblick auf die Angleichung der Einkommen von Frauen und Männern ein“. • „Der Anteil der Bevölkerung, der in Deutschland unterhalb der Armutsgrenze lebt, ist im Vergleich zu dem in vielen anderen europäischen Staaten relativ niedrig. Wie in fast allen europäischen Staaten liegt allerdings auch in Deutschland die Armutsquote von Frauen über der von Männern“. • „Die Leistungsbezüge bei Arbeitslosigkeit wiesen 2003 ein deutliches Geschlechterungleichgewicht auf. Nur 73 Prozent der arbeitslos gemeldeten Frauen, aber 83 Prozent der ebenso gemeldeten Männer erhielten Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe“ „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Genderdatenreport: „Ein Vergleich der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) zeigt, dass sich Deutschland - was die Erwerbsbeteiligung kinderloser Frauen betrifft - international gut behaupten kann, dass Deutschland aber im Ranking der Staaten erstaunlich weit zurückfällt, wenn man prüft, wie stark sich Mütter mit mehreren Kindern aus dem Erwerbsleben zurückziehen. In Deutschland scheint also das Vorhandensein von Kindern die Erwerbsarbeit von Frauen stärker zu beeinträchtigen als in vielen anderen vergleichbaren Staaten“. „Während Väter deutlich mehr bezahlte Arbeit leisten als Mütter, leisten Mütter das Gros der Familienarbeit, auch wenn sie erwerbstätig sind. Der Arbeitseinsatz von Vätern in der Familie nahm in den letzten zehn Jahren kaum zu“. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Genderdatenreport: • • • „Knapp drei Viertel der Fälle von "Gewaltkriminalität" im Jahr 2003 wurden von der Polizei aufgeklärt, wobei die Aufklärungsquote zwischen 50 Prozent bei Raubdelikten und 96 Prozent bei Tötungsdelikten schwankt. Dabei wurden 192.107 Personen als Tatverdächtige ermittelt. Von diesen waren 87 Prozent männlich und nur 13 Prozent weiblich. Verglichen mit ihrem Bevölkerungsanteil von mehr als 51 Prozent der Bevölkerung werden weibliche Personen also deutlich seltener wegen einer Gewaltstraftat polizeilich registriert als männliche“. „Innerhalb der Gewaltdelikte im weiteren Sinne ist der Jungen-/Männeranteil an den Tatverdächtigen bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung am höchsten (99 Prozent bezogen auf sexuelle Nötigung/Vergewaltigung und 97 Prozent bezogen auf den sexuellen Missbrauch von Kindern). Die höchsten Mädchen-/Frauenanteile sind bei den Körperverletzungsdelikten zu verzeichnen; hier stellen sie 14 bis 15 Prozent der Tatverdächtigen“. „Von den meisten Gewaltdelikten sind Frauen seltener als Männer als Opfer betroffen. Dies gilt nicht für Sexualdelikte, die sich ganz überwiegend gegen weibliche Opfer richten, und auch nicht für Raubdelikte gegenüber Opfern über 60 Jahren“ „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Art 3 GG) oder: Empirische Dimensionen der Geschlechterdifferenz und der Geschlechterhierarchie Informationsquellen Quantitativ (Überblick international): • http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=774&l angId=en&intPageId=655 • http://hdr.undp.org/en/statistics/data/ http://epp.eurostat.ec.europa.eu http://genderstats.worldbank.org/home.asp http://www2.oecd.org/mcmdown/ http://www.ilo.org Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 01.12.09 Sex und Gender (1) Becker-Schmidt, Regine/Knapp, Gudrun-Axeli 2000: Feministische Theorien zur Einführung, Hamburg, S. 63-73 (2) Krause, Ellen 2003: Einführung in die politikwissenschaftliche Geschlechterforschung, Opladen, S. 28-64 Sex und Gender Alice Schwarzer (1975): „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ sex (biologisches Geschlecht) gender (soziales Geschlecht) Robert Stoller (1968) : Sex and Gender: On the Development of Masculinity and Femininity Sex und Gender „Geschlecht“ als (gesellschaftliches) Naturverhältnis • Geschlecht im Kontext von Natalität und Mortalität (born of a woman) • Geschlecht im Vermittlungszusammenhang zwischen Kultur (Mensch?) und Natur („innere und äußere Natur“) • Geschlecht im Vermittlungszusammenhang zwischen „Körper“ und „Geist“ • Biologie als Schicksal? • Naturalismus und Essentialismus als Legitimationsideologien • Körper als „diskursiver Effekt“? Sex und Gender Polarisierung der Geschlechtscharaktere Sachbezogen Objektiv Instrumentell Abstrakt Universalistisch Differenziert Rational Egoistisch Prinzipienorientiert vs. vs. vs. vs. vs. vs. vs. vs. vs. Menschenbezogen Subjektiv Expressiv Konkret Kontextuell Ganzheitlich Emotional Altruistisch Wertorientiert (Cornelia Klinger: Die Ambivalenz der Moderne und die Ordnung der Geschlechter) Sex und Gender „Das andere Geschlecht“ (Simone de Beauvoir, 1949): „Man wird nicht als Frau (als Mann, iks) geboren, man wird es erst“ „Soziale Konstruktion“ von Geschlecht „Sexual Politics“ (Kate Millett, 1969): • • • • • • • • Ideologie Biologie Soziologie Ökonomie Sozialisation Gewalt Anthropologie Psychologie Sex und Gender “sexual politics“: „doing gender“: man hat kein Geschlecht, man tut es • > Zweigeschlechtlichkeit > Heteronormativität > „Politics of Signification“ > „Kampf um Bedeutung(en)“ > diskursiv/praktisch > Performanz • • • • • • • • Macht – Partizipation – Repräsentation – Autonomie/Anerkennung Recht Gewalt – Häusliche Gewalt – Vergewaltigung – Genitalverstümmelung – Strukturelle Gewalt Eigentum/Geld Arbeit – bezahlt – unbezahlt Bildung Zeit Habitus (P. Bourdieu) „Kathexis“ (R.W. Connell) Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 08.12.09 Gleichheit und Differenz (1) Klinger, Cornelia 1990: Welche Gleichheit und welche Differenz? In: Gerhard, Ute u.a. (Hg.), Differenz und Gleichheit. Menschenrechte haben (k)ein Geschlecht, Frankfurt a.M., S. 112 -119; - Das Unbehagen der Geschlechter – Judith Butler, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus; (2) Becker-Schmidt, Regine/Knapp, Gudrun-Axeli 2000: Feministische Theorien zur Einführung, Hamburg, S. 73-93; - Krause, Ellen 2003: Einführung in die politikwissenschaftliche Geschlechterforschung, Opladen, S. 147-163 Geschlecht/Geschlechterverhältnisse/-inszenierungen Struktur Patriarchat Androkratie Handlung Sexual Politics Doing Gender Identität Geschlechts - charakter, - rollen „Genderregime“ „Genderkultur“ Habitus Andrarchie „hegemoniale Männlichkeit(en)“ – männliche Hegemonie „subalterne Weiblichkeit“ (hegemoniale Subalternität?) „die männliche Herrschaft“ Gleichheit und Differenz Cornelia Klinger: Welche Gleichheit, welche Differenz? Gleichheit im Sinn von Frigga Haug • Ziel: Abbau von Geschlechterhierarchie • Mittel: Quotierung und erweiterter Arbeitsbegriff Differenz im Sinn von Adriana Cavarero • Ziel: Anerkennung von Differenz • Mittel: „Politik der Frauen“ und „weibliche Freiheit“ Gleichheit und Differenz Cornelia Klinger: Welche Gleichheit, welche Differenz? Quotierung notwendig, aber: – Hierarchie Öffentlichkeit/Privatheit wird anerkannt – „Männer haben Privatsphäre als Ressource, Frauen sind die Ressource“ • Erweiterter Arbeitsbegriff, aber: – Was ist „Arbeit“? • Gleichheit als Anerkennung von Differenz und als Abbau von Hierarchie • Anerkennung + Umverteilung + Partizipation (Nancy Fraser) • Autonomie + Anerkennung (Jessica Benjamin) Gleichheit und Differenz Cornelia Klinger: Welche Gleichheit, welche Differenz? Anerkennung von Differenz • „Theorie der Weiblichkeit“ (Cavarero) versus feministische Theorie – Weiblichkeit und Männlichkeit als soziale Konstruktion – Heterosexualität und Heteronormativität als soziale Konstruktion • Anerkennung der eigenständigen Relevanz und Spezifik des/der Herrschaftsverhältnisse/s, „dem Frauen als Frauen unterworfen sind“ (Klinger) • Anerkennung der eigenständigen Relevanz und Spezifik der Emanzipationsbewegungen von Frauen • Carol Gilligan: Gerechtigkeitsmoral (männlich) versus/plus Fürsorgemoral (weiblich) Gleichheit und Differenz Gleichheit – Differenz - Dekonstruktion? „Gender Trouble“ (Judith Butler) • Gleichheit als Angleichung (von Frauen an Männer) • Differenz als Befestigung (von Geschlechterhierarchien und Geschlechterstereotypen) • „die Frau“ („der Mann“) als Fiktion • „Dekonstruktion“ von Geschlechterstereotypen und Geschlechterhierarchien • „Dekonstruktion“ von „Feminismus“? • „linguistic turn“ • Heteronormativität versus Patriarchat/Andrarchie? • Queer Studies/Queer Theory • Postcolonial Theory Gleichheit und Differenz „Gleichursprünglichkeit von Differenz und Hierarchie“? Achsen der Differenz/Achsen der Ungleichheit? „Willkommen im Club“? (Regina Dackweiler) Jenseits von rechts und links? rechts autoritär elitär links liberal egalitär Dekonstruktion/“undoing gender“ als diskursive, soziale und politische Praxis Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 15.12.09 Feminismus als Gesellschaftskritik und Demokratieprojekt (1) Nancy Fraser, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 227 ff. (2) Krause, Ellen 2003: Einführung in die politikwissenschaftliche Geschlechterforschung, Opladen, S. 131-147; - Fraser, Nancy: Was ist kritisch an der kritischen Theorie? In: dieselbe: Widerspenstige Praktiken, Frankfurt a.M.; - Gerhard, Ute (1999): Atempause: Feminismus als demokratisches Projekt. Frankfurt am Main Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 12.01.10 Intersektionalität: „race, class, gender“ (1) Clara Zetkin, Jutta Menschik, Claudia von Braunmühl und Brigitte Young in Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 48 ff., 117 ff, 213 ff. (2) Klinger, Cornelia u.a. (Hg.): Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität. Frankfurt u.a., insbesondere Beiträge von Aulenbacher, Becker-Schmidt und Gabbert Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 19.01.10 Discover Gender!“ – Sexual Politics - Gender Politics: Empowerment, Gleichstellung, Gender-Mainstreaming, (Geschlechter)Demokratie, Diversity (1) Silvia Kontos und Barbara Holland-Cunz, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 231 ff., 239 ff. (2) Kurz-Scherf, Ingrid (2002): Geschlechterdemokratie und Feminismus : zur Notwendigkeit einer herrschaftskritischen Reformulierung eines Leitbegriffs. In: femina politica (2): S. 42-52; - Stiegler, Barbara (2002): Wie Gender in den Mainstream kommt - Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender Mainstraming. In: Bothfeld, Silke, Gronbach, Sigrid und Riedmüller, Barbara (Hg.): Gender Mainstreaming - eine Innovation in der Gleichstellungspolitik. Frankfurt/ New York; femina politica 1/2007: Von Gender zu Diversity Politics Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 26.01.10 Gender Studies – feministische Wissenschaft: Gegenstand, Methoden, Standpunkte (1) „Wie männlich ist die Wissenschaft“, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 138147; - Methodologische Postulate der Frauenforschung – Maria Mies 1978, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 141 (2) Harding, Sandra 1990: Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem Geschlecht, Hamburg; - Sauer, Birgit 2001: Zur Geschlechtsblindheit der Politikwissenschaft, in: Ayla Satilmis (Hg.), Feministischer Eigensinn: Kompass für Politik und ihre Wissenschaft, Hamburg; - Klinger, Cornelia/Knapp Gudrun(2007): Achsen der Ungleichheit – Achsen der Differenz: Verhältnisbestimmungen von Klasse, Geschlecht, „Rasse“/Ethnizität, in: Klinger, Cornelia u.a. (Hg.): Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität. Frankfurt u.a., insbesondere S. 25-32 Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 02.02.10 Klausur (keine Bange!) Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 09.02.10 Abschlussdiskussion: Was ist und wozu betreiben wir Gender Studies, Gender Kompetenz, feministische Wissenschaft?