Joseph Greber Überleben im Leichenkommando 10Nonsendio | Amcommy | Dolorperos | Conseni Sohn eines Talmud-Gelehrten Joseph Greber wurde am 11.11. 1920 in Przemysil (Polen) geboren. Er war der jüngste von zehn Brüdern und Schwestern. Sein Vater war Talmud-Gelehrter, dessen wichtigste Tätigkeit darin bestand, religiöse Bücher zu studieren. Die Familie war sehr arm. Im Winter konnte Joseph Greber oft nicht zur Schule gehen, weil er keine Schuhe hatte. Im Haus „wohnten“ noch eine Kuh und eine Ziege. Die Mutter verkaufte die koschere Milch, außerdem arbeitete sie als Hebamme. Manchmal – zu Festtagen – kam Geld von Verwandten aus den USA, dann gab es mehr zu essen. Joseph Greber arbeitete in einem Laden, später in einem Restaurant. Przemysl Unter sowjetischer Herrschaft Von den 75 000 Einwohnern Przemysls – in der Mehrheit Ukrainer – waren 25 000 Juden. Am 15.9.1939 besetzten deutsche Truppen die galizische Stadt. Die Einsatzkommandos I/1 und I/3 erschossen ungefähr 600 Juden. Die verbliebenen Mitglieder der jüdischen Gemeinde wurden von den deutschen Einheiten über den die Stadt teilenden Fluss San getrieben, der gemäß dem Hitler-Stalin-Abkommen die Demarkationslinie zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion bildete. Am 28.9.1939 übergaben die deutschen Einheiten Przemysl an die Rote Armee. Unter sowjetischer Besatzung gab es wenig Freiheit, Kritik war verboten. Deutsche Soldaten treiben Juden über den Fluss Dan Brot Nach dem Einmarsch der Deutschen in die Sowjetunion am 22.6.1941 hatten alle Juden Angst vor den Nazis. Joseph Grebers Hauptsorge war jedoch der ständige Hunger. Er kam in ein Lager, das die Deutschen im Ghetto von Przemysl geschaffen hatten, um über genügend Arbeitskräfte zu verfügen. Hauptaufgabe war das Räumen zerbombter Häuser. Ausgerechnet Joseph Greber, der ständig hungrig war, wurde ausgewählt, das Brot auszugeben. Er wog alle Brote, um sie gerecht unter den Häftlingen zu verteilen. Einrichtung des Ghettos Ghetto Przemysl Grzymek, der Judenhasser Joseph Greber bemerkte, dass Leute abtransportiert und mit Auspuffgasen der LKWs getötet wurden. Seine Mutter und fast alle Geschwister wurden deportiert. Er selbst wurde ins Vernichtungslager Belcec gebracht. Von dort kam er nach einer zweitägigen Fahrt in Viehwaggons ins Arbeitslager Szebnie. Lagerkommandant war SSHauptscharführer Grzymek, ein Volksdeutscher und Judenhasser, der wahllos Leute erschoss und grausame Strafen verhängte. Folterszene in Szebnie In Unterwäsche nach Auschwitz Von September 1943 bis Februar 1944 leitete SS-Hauptscharführer Amon Göth die Liquidierung von Szebenie. Die Räumung begann mit der Ermordung von 700 jüdischen Gefangenen. Die Opfer wurden mit LKWs aus der Stadt hinaustransportiert und dort erschossen. Auch Joseph Grebers Schwester wurde ermordet. Der Rest von einigen hundert Häftlingen wurde zum Bahnhof gebracht. Nackt mussten sie in die Viehwaggons. In Unterwäsche kam Joseph Gruber in Auschwitz an. Weil er so fror, wollte er auf den bereitstehenden Lastwagen klettern, der direkt ins Krematorium fuhr. Birkenau: Rampe Muselmann Nach vier Wochen Quarantäne kam Joseph Greber ins Außenlager Buna, wo von der IG-Farben Kunststoffrohre hergestellt wurden. Er wurde zum „Muselmann“ und musste als Arbeitsunfähiger wieder zurück nach Birkenau. Im Krankenhaus von Birkenau traf der Todgeweihte auf einen Arzt aus seiner Stadt, der ihm eine Arbeit im sog. Leichenkommando vermittelte. In diesem Kommando, dessen Aufgabe es war, die Leichen aus den Baracken zu holen, gab es besseres Essen, sodass er sich wieder erholen konnte. Buna-Werke Von Stutthof nach Hailfingen Im Oktober 1944 wurde Joseph Greber nach Stutthof deportiert. Von dort kam er am 17. November 1944 mit 600 weiteren Häftlingen nach Hailfingen. Häftlings-Personalkarte Äpfel In Hailfingen wurde Joseph Greber Zeuge der Luftangriffe der Alliierten. Es hatte Apfelbäume an der Straße. Anders als in Polen, wo sie teuer sind, lagen viele Äpfel auf der Straße. Wenn man sie aufhob, wurde man von der SS geschlagen. Manchmal gelang es, ungesehen ein paar Äpfel aufzulesen. Karte der US-Air Force, die schon früh genaue Kenntnis des Flugplatzes hatte DP-Lager Am 8.Mai 1945 wurde Joseph Greber in Dachau von den Amerikanern befreit. Er kam in ein DP-Lager in München-Feldafing. Dort wurde er sehr krank; er verlor alle Haare. Im Krankenhaus traf er seine spätere Frau Stella, die die ganze Zeit im Lager Lodz verbracht hatte und nichts von dem mitbekommen hatte, was draußen geschehen war. Joseph Greber mit Freunden im DP-Lager Feldafing Emigration in die USA Stella und Joseph Greber heirateten am 15. September 1945. Mit dem Schiff fuhren sie im Frühjahr 1946 von Bremerhaven aus zur Familie seines Onkels, der in den USA lebte. Bei der Ankunft in den USA knieten die Menschen nieder und küssten den Boden. Joseph Greber wurde Damenschneider. Er hat drei Kinder – zwei Töchter und einen Sohn, denen er wenig von seinen Erlebnissen erzählte. 1985 starb seine Frau. Joseph Greber und Sohn Bildnachweis USC Shoah Foundation Institute Code 9988: 2, 11 und 12 Holocaustresearchproject: 3, 4 und 5 Yad Vashem (1136): 6 und 7 Auschwitz-Museum: 8 USAF Historical Research-Center: 10 Text: Volker Mall/Harald Roth