Kriegswirtschaft WKI

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Kriegswirtschaft und
Organisierter Kapitalismus
Erster Weltkrieg und Inflation
Kriegswirtschaft
Helga Schultz
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Literatur
• Wolfram Fischer: Wirtschaft, Gesellschaft und
Staat in Europa 1914-1980, in: Ders. u.a. (Hg.):
Handbuch der europäischen Wirtschafts- und
Sozialgeschichte, Bd. 6, Stuttgart: Klett-Cotta,
1987, S. 171-176.
• Wilfried Feldenkirchen: Die deutsche Wirtschaft
im 20. Jahrhundert, EDG Bd. 47, München:
Oldenbourg, S. 71-73.
• Charles H. Feinstein/Peter Temin/Gianni Toniolo: The
European Economy between the Wars, Oxford 1997, S.
1-53.
Kriegswirtschaft
Helga Schultz
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Gliederung
• Der erste totale Krieg
• Friedensordnung
• Inflation
Kriegswirtschaft
Helga Schultz
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1. Der erste totale Krieg
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Industrieller Krieg
• Das Töten des Gegners erfolgt nicht mehr von
Person zu Person, sondern wird maschinell, im
Großen betrieben: Maschinengewehr, Giftgas,
Bombenkrieg.
• Dadurch entstehen die hohen Menschenverluste
und der enorme Rüstungs- und
Versorgungsbedarf der Massenheere.
• Europa verlor zwischen 10 und 12 Millionen
Menschen.
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Materialschlachten
• Zum ersten Mal wurde ein Krieg mit industriellen
Vernichtungswaffen geführt. In Nordfrankreich
und Flandern, am Isonzo und in Galizien fraß er
sich in opferreichen Materialschlachten fest.
• Der Einsatz ungeheurer Mengen an Granaten
und anderer Munition macht den Krieg zu einem
industriellen Unternehmern, dass die gesamte
Wirtschaftskraft der Staaten erfordert.
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Gaskrieg
• Im April 1915 setzten die Deutschen im
flandrischen Ypern erstmals Giftgas ein,
um die gegnerischen Soldaten aus den
Schützenkriegen zu vertreiben und so den
Stellungskrieg aufzubrechen.
• Über 90.000 Soldaten werden an allen
Fronten des Ersten Weltkrieges durch
Giftgas getötet, mehr als eine Million
verletzt.
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Gaskrieg an der Westfront
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Leiden der Zivilbevölkerung
• Der Krieg ist total, weil er die Zivilbevölkerung
einbezieht. Erstmals werden im 1. Weltkrieg
Bomben aus Flugzeugen im Hinterland des
Gegners abgeworfen.
• Die Kriegsproduktion lastete auf den Frauen.
• Hunger und Kälte, Kohlrübenwinter und tödliche
Grippeepidemie schwächten die
Zivilbevölkerung.
• Beginnend in Russland beendete daher eine
Kette von Revolution den Krieg.
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Versorgungsprobleme
• Die Organisations- und Versorgungsprobleme
eines solchen Krieges sind entsprechend
riesengroß.
• Die kriegführenden Staaten sind 1914 nicht
darauf eingerichtet, halten es selbst für
unmöglich:
• Der Blitzkriegsplan des General von Schlieffen
(Einmarsch ins neutrale Belgien) beruhte auf der
Auffassung, dass ein moderner Krieg ein
Blitzkrieg sein müsse, weil Handel und Industrie,
die der Lebensnerv der Nation seien, nicht
unterbrochen werden sollten.
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Kriegswirtschaft
• Die Mittelmächte in besonderem Maße unter
Druck, daher früh Zwang zur staatlichen
Organisation der Kriegswirtschaft in
Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft.
– Aug. 1914 Kriegsrohstoffabteilung unter Walther
Rathenau.
– Rüstungsministerium in Frankreich, staatliche
Rüstungsindustrie in England.
• Die enorme Staatsnachfrage stärkt die
industriellen Unternehmer auf Kosten der
traditionellen adeligen und militärischen Eliten.
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Militärausgaben
Prozent Nettoinlandsprodukt
60
50
40
Großbritannien
Deutschland
USA
30
20
10
0
1914
1915
1916
1917
1918
(Quelle: Feinstein/Temin/Toniolo, 1997,189)
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Kriegsfinanzierung
Kriegswirtschaft
Schulden 1918
8000
Millionen Dollar
• Bei den
Mittelmächten
durch Anleihen
bei der
eigenen
Bevölkerung.
• Bei der
Entente durch
Anleihen bei
Alliierten
(USA).
6000
4000
2000
0
USA
GB
F
Gläubiger
Großbritannien
Russland
Andere
Frankreich
Italien
(Handbuch Europäische Wirtschaftsgesch., 6, S.176.)
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Burgfrieden
• Staatliche Reglementierung des
Arbeitsmarktes durch Dienstpflicht in der
Rüstungsindustrie mit regulierten Löhnen.
• Dagegen Garantie des Arbeitsfriedens
durch die Gewerkschaften, Mitwirkung in
gemeinsamen Ausschüssen mit Staat und
Unternehmern und staatliche
Zwangsschlichtung.
• Die Rolle der Gewerkschaften wächst.
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Organisierter Kapitalismus?
• In der staatlichen Reglementierung der
Kriegswirtschaft sahen manche den Beginn des
von Rudolf Hilferding (Das Finanzkapital, 1910)
konzipierten „Organisierten Kapitalismus“:
• Die Überwindung des Kapitalismus mit Hilfe
seiner Organisation durch einen neutralen Staat.
• Auch die Kriegswirtschaft ließ indessen den
Kern der privatwirtschaftlichen Strukturen
unangetastet.
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2. Friedensordnung
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Kriegsschäden
• Die Kriegszerstörungen zwar unvergleichlich
geringer als nach dem zweiten Weltkrieg.
• Produktionseinbrüche und Unterbrechung der
Handelsströme waren hingegen gewaltig.
• Am Kriegsende war das Lebensniveau und die
Produktivität in den kriegführenden Ländern auf
das Niveau der Jahrhundertwende
zurückgeworfen.
• Erst 1925 war der Vorkriegsstand der
europäischen Industrieproduktion erreicht, im
Konjunkturjahr 1929 um ein Viertel übertroffen.
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Verlierer und Gewinner
• Großbritannien, Frankreich und Deutschland
(„Die Großen Drei“) können ihre Spitzenplätze in
Europa und in der Welt nicht halten.
• Belgien, die Niederlande, Dänemark und sogar
Schweden schieben sich an den kriegführenden
Staaten vorbei in die Spitzengruppe vor.
• Die USA sind die einzige kriegführende Macht,
die infolge der Kriegsrüstungen und Exporte an
die Verbündeten einen Wirtschaftsboom erlebt.
Die USA haben ihre Industrieproduktion in
dieser Zeit fast verdoppelt!
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Pariser Friedensordnung
• Das europäische Gleichgewicht der großen
Mächte war endgültig zerstört.
• Die großen Reiche (Deutschland, ÖsterreichUngarn, Zarenreich) lagen durch Revolutionen
und nationale Abspaltungen am Boden.
• Ziel 1: Deutschland alle Mittel zu künftiger
Kriegführung zu nehmen
• Ziel 2: Einen Cordon sanitaire alliierter Staaten
gegen das revolutionäre Sowjetrussland zu
errichten.
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Europa
1921
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Die Kritik von Keynes
• John Maynard Keynes als einer der
Juniorteilnehmer der britischen Delegation in
Paris kritisiert in seiner Schrift (The economic
consequences of the peace, 1919):
• Die geforderte Entschädigung aller Kriegskosten
der Entente durch Deutschland, die aus der
alleinigen Kriegsschuld abgeleitet wird.
• Dies würde Deutschland innerlich destabilisieren
und die Erholung des Welthandels unmöglich
machen.
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3. Inflation
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Inflation
• Alle kriegführenden Länder standen am Ende
vor zerrütteten Staatsfinanzen. Wer trug die
Kosten?
• Revolutionen, Bürgerkriege, und kriegerische
Grenzkonflikte verschlimmerten die Lage in der
Nachkriegszeit.
• Die Geldentwertung war ein Mittel, den Staat auf
Kosten der Bürger und die Grundeigentümer
und Industriellen auf Kosten der Lohnempfänger
zu entschulden.
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Währungspolitik
Hyperinflation Inflation
Deflation
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Österreich
Belgien
USA
Ungarn
Italien
Niederlande
Russland
Tschechoslowakei
Spanien
Polen
Skandinavische
Länder
Quelle: Gerald D. Feldman: Vom Weltkrieg zur Wirtschaftskrise, 1984, S. 57.
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Währungsentwicklung
1000000
1914=1
100000
10000
1000
100
10
1
1914
1916
Deutschland
1918
1920
Frankreich
1922
1923
1924
Großbritannien
Berechnet nach B. R. Mitchell, in: Cipolla/Borchardt, Europäische
Wirtschaftsgeschichte Bd. 5, Statistischer Anhang, S. 470.
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Hyperinflation im Konsens?
• Die Hyperinflation ist als Politik der deutschen
Regierung zur Vereitelung der
Reparationszahlungen interpretiert worden.
• Sie ruhte auch auf einem Konsens der
deutschen Gesellschaft über Lohnerhöhungen
für die Beschäftigten, Exportsubventionen und
Abwehr der französischen Ruhrbesetzung.
• Die deutsche Inflation steuerte gegen die
Nachkriegskrise von 1920/21. Sie traumatisierte
indessen die Gesellschaft durch das ganze 20.
Jahrhundert mit Inflationsangst.
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Goldstandard
• Der Goldstandard als Siegel der
Wiederherstellung von Sicherheit, Stabilität
und Wohlstand der Vorkriegszeit.
• Dieses Ziel sollte durch eine harte
deflationistische Politik erreicht werden.
Schädigt Export und Arbeitsmarkt.
• Vor allem Großbritannien wollte auf diesem
Wege das Pfund Sterling als internationale
Leitwährung und London als Finanzplatz
der Welt restaurieren.
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