Der Hedonismus Das menschliches Handeln ausschließlich motiviert durch den Gewinn von Lust und die Vermeidung von Unlust Der Hedonismus Als ethische Position wird vertreten, dass es keine anderen Beweggründe des Handelns gibt als die Befriedigung empirisch-naturaler, sinnlicher Affekte. Das sittlich Gute ist so das Lustvolle. Der Sinn der Praxis liegt in der Realisierung eines LustUnlust-Kalküls. Die Vernunft ist instrumentalisiert, sie hat die Aufgabe, den Lust-Unlust-Kalkül zu optimieren. Der Hedonismus Die technischen Überlegungen geben an, wie man die wünschenswerten Ziele (der Lust) möglichst effizient und sicher erreichen kann (Regeln der Geschicklichkeit) . Die pragmatischen Überlegungen betreffen die Ziele, die man wählen sollte, um im Lust-UnlustKalkül möglichst positiv abzuschneiden (Ratschläge der Klugheit). Der Hedonismus geschichtlich Der Hedonismus ist schon in der griechischen Philosophie der Antike aufgetreten; in der Tradition der empiristischen Ethik führte die hedonistische Grundorientierung zu sehr unterschiedlichen Positionen; vor allem wollten die Philosophen der angelsächsischen Aufklärung auch die altruistischen und sozialen Dimensionen in das empirische Streben nach Lust integrieren. Antiker Hedonismus Aristipp von Kyrene (435-365): Ziel des Handelns ist ein möglichst lustvolles Leben, also die positive, konkrete, aktuelle Lust. Ethik ist Lebenskunst zur Führung eines möglichst genussvollen und beschwerdefreien Lebens. Antiker Hedonismus Epikur (341-270) Auch bei ihm sind Lust und Unlust die einzigen Motive des menschlichen Handelns. Aber es geht ihm nicht um möglichst viele konkrete Lusterlebnisse, sondern um dauerhafte Lust in Ruhe, um ein Leben in Ataraxie (d.i. Leidenschaftslosigkeit, Unerschütterlichkeit der Seele). Es gibt höhere (seelische) und niedere (leibliche) Lüste. Britischer Empirismus David Hume 1711-1776 Seine Lehre hat eine eminente wirkungsgeschichtliche Bedeutung bis zur Gegenwart Es ist eine nicht-egoistische Ethiktheorie David Hume Gegenstand moralischer Billigung Einfache empirische Überlegung: Wir schätzen und loben Menschen dann als moralisch, wenn sie sich durch ein bestimmtes Wohlwollen gegenüber den Mitmenschen und der menschlichen Gesellschaft auszeichnen und bestrebt sind, ihnen durch ihr Handeln zu nützen und zu ihrem Glück beizutragen. Die moralische Billigung bezieht sich so auf Einstellungen, Haltungen und Handlungen, die nicht egoistisch, sondern altruistisch und sozial motiviert sind und sich insofern am Wohl der anderen und am Nutzen der Allgemeinheit orientieren. Wir empfinden Sympathie für solche Menschen, genauso wie uns egoistische und asoziale Einstellungen missfallen. David Hume Das Grundphänomen der moralischen Billigung ist interkulturell und allgemein-menschlich. Es hat offenbar mit der psychischen Konstitution des Menschen zu tun. Warum? Weil uns das Wohl der Mitmenschen bzw. das allgemeine Wohl nicht gleichgültig ist. In unserer Motivation sind wir so keineswegs nur am eigenen Nutzen orientiert, sondern auch altruistisch und sozial am Nutzen der Mitmenschen und der Allgemeinheit . David Hume Wie wird dies erklärt, da doch unsere sinnlichempirischen Affekte (Triebe, Gefühle, Neigungen) Leidenschaften zuerst einmal egoistisch, d.h. auf uns selbst bezogen sind? Hume unterscheidet zwei Klassen von Affekten: die direkten (entstehen durch Objekte, die in uns Lust oder Unlust hervorrufen) und die indirekten (beziehen sich auf Personen und sind dreistellig: Das Selbst bezieht sich affektiv auf eine Person auf Grund einer dieser Person eignenden Qualität – diese Affekte sind vor allem Liebe und Hass). David Hume Wir sind nun interessiert, dass unsere indirekt-affektiven Wertungen mit denen unserer Mitmenschen übereinstimmen, dass also die Qualitäten der anderen Personen auch intersubjektiv als schätzenswerte Eigenschaften gefallen. Die Intersubjektivität verleiht den wertenden Affekten Objektivität und überwindet Beliebigkeit und Willkür. Genau dies wäre die Sympathie als kommunikative Vermittlung der Affekte. Durch sie wird erklärt, warum uns Qualitäten gefallen, die am Wohl und Nutzen der Mitmenschen und der Allgemeinheit orientiert sind. David Hume Über die Sympathie bildet sich so das moralische Gefühl (moral sentiment), das als besonderer Typus der Lust-UnlustMotivation charakterisiert wird. Es ist also eine Lust/Unlust, deren Objekt nicht das eigene Wohl, sondern das allgemeine Wohl ist. David Hume Auf diesem Hintergrund bestimmte Hume auch die moralische Bedeutung der Gerechtigkeit als Tugend. Das Interesse an gerechten Regeln und Zuständen ergibt sich aus einem Nutzenkalkül: unsere Interessen können wir in sozialer Kooperation effizienter realisieren. Gerechtigkeit ist so ein Zustand, in welchem die Interessen der einzelnen auf den gemeinsamen Nutzen hin koordiniert sind. Die Sympathie wiederum bewirkt jenen allgemeinen, unparteiischen Standpunkt, der mit dem allgemeinen Nutzen sympathisiert und gerechte Handlungen und Einstellungen moralisch billigt. David Hume Humes Ethik bleibt empiristisch, da sie die Praxis letztlich durch (sinnliche) Affekte, Neigungen bzw. Gefühle bestimmt sein lässt. Sie ist hedonistisch, da sie (auch im Fall sympathetischer Vermittlung) ausschließlich die Lust-Unlust-Motivation kennt. Die Vernunft hat bei Hume eine untergeordnete, instrumentelle Funktion. Sie erkundet die geeignetsten Mittel zur Erreichung der Handlungsziele – diese aber werden affektiv bzw. emotional festgelegt. Insofern ist Humes Ethik eine Gefühlsmoral. David Hume In 4 Punkten kommt die Ethik Humes mit unserem moralischen Vorverständnis in Konflikt: Freiwilligkeit: Universalität: Unbedingtheit: Gerechtigkeit: David Hume Freiwilligkeit: Die Praxis ist vollständig durch die empirische Lust-Unlust-Motivation der Neigungen motiviert; demnach resultiert sie notwendigerweise aus der vorgegebenen psychisch-affektiven Organisation der Person, ihrer Anlagen bzw. ihres Charakters. David Hume Universalität: Die empirische Universalität, die Hume gewinnt, bleibt zufällig und kann dem moralischen Universalitätsanspruch nicht genügen. Die sympathetische Vermittlung kann letztlich nur die durchschnittlich-faktischen Werteinstellungen bestimmter gesellschaftlicher Gebilde beibringen. David Hume Unbedingtheit: Im Rahmen einer konsequenten hedonistischen Position scheint es unmöglich aufzuzeigen, dass es unbedingte sittliche Pflichten gibt, die immer gelten. Es gibt so keine unbedingten Verbote, sondern Ausnahmen sind immer möglich. David Hume Gerechtigkeit: Sie ergibt sich bei Hume aus dem wohlverstandenen Eigeninteresse der Menschen. Aber Hume kann nicht zeigen, wie vom allgemeinen Nutzen die Interessen aller einzelnen Personen erfasst sind. Es gilt das Glück der großen Zahl – einzelne Personen können durch den Rost fallen (Beispiel: Armut einzelner bei hohem BIP). Im Rahmen einer empiristischen Ethik kann der Selbstzweck aller Personen nicht stringent begründet werden.