Die „neuen“ Kriege

Werbung
Kriege, neue Kriege, Terrorisums und die
Privatisierung von Sicherheit
VO Internationale Politik (Prof. Brand), 12.11.2007
•
•
•
•
•
•
•
Voice statt exit: Zwischenbilanz
was ist „Krieg“? wie analysieren?
jüngste historische Veränderungen
„neue“ Kriege
Privatisierung von Gewalt, private Militärfirmen
Rolle des (internationalen) Terrorismus
US-Politik: Nationale Sicherheitsstrategie von 2002, 2006, Kritik
• Café-Haus
• Diskussion im Plenum; auch Fragen zu letzter Woche
• am Ende: Bücher ABC der Globalisierung (7.-) und ABC der
Alternativen (8.-)
• erste Abgabemöglichkeit für Exzerpte
Zwischenbilanz vor zwei Wochen
•
•
•
•
•
methodisches Problem: nur voice, viele wählten exit
Qualität VO: okay und richtig gut; einige „zu schwer“
Zeitlicher Input: Mehrheit okay; einige: zu viel
Café-Haus: 4/5, die geblieben sind, gut
Reader-Zeit: 1/3 liest (fast) alles, 1/3 mehr als die Hälfte, 1/3 ein
Drittel
• Reader-Qualität: ¼ okay, ½ spannend, 1/5 zu schwierig
Konsequenzen:
• Café-Haus, keine Angst davor
• für Klausur Hälfte der Texte; wird vor Weihnachten bekannt
gegeben
• Bleiben Sie dabei! Lohnt sich!
Textgrundlage
zwei von drei Texten gelesen
• Gärtner, Heinz (2002): Die unverstandene Supermacht: Die USA
nach den Anschlägen am 11. September 2001
• Uesseler, Rolf (2005): Neue Kriege, neue Söldner. Private
Militärfirmen und globale Interventionsstrategien
• Hippler, Jochen (2006): Internationaler Terrorismus und seine
Folgen für die internationalen Beziehungen
Krieg als bewaffneter Massenkonflikt
• zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte sind an Kämpfen beteiligt,
wobei es sich mindestens in einem Fall um eine reguläre Armee
oder andere Regierungstruppen handelt
• Vorgehen beider Teilnehmer entfaltet sich in zentral gelenkter,
organisierter Form (das aber auch bei Guerillaoperationen,
Partisanenkrieg der Fall)
• bewaffnete Auseinandersetzung besteht nicht aus spontanen,
sporadischen Zusammenstößen; beide Parteien gehen
systematisch vor, unabhängig davon, ob der Krieg auf dem Gebiet
eines einzigen Landes oder auf dem mehrerer Länder, ob kurz oder
länger geführt wird
Istvan Kende: Kriege nach 1945. Eine empirische Untersuchung, Militärpolitik Dokumentation 27, Frankfurt/Main 1982
ergänzendes Definitionsmerkmal: „Krieg“ wenn mind. 1000 Tote p.a.,
sonst „bewaffneter Konflikt“
 Krieg also nicht gleich Krise und Konflikten
 Beteiligung von Staaten
Beschreibung eines krieger. Konflikts
• Beginn, Entwicklung, Verlauf
• Akteursebene
lokale Ebene
• Kriegsparteien: Anzahl, militärische Kapazitäten, Finanzierung,
Organisation...
regionale Ebene
• Nationalstaaten, regionale Organisationen,...
internationale Ebene
• Nationalstaaten, Internationale Organisationen, NGOs
wirtschaftliche Dimension: z.B. Zerstörung der Infrastruktur, Stärkung
des informellen Sektors ...
menschliche Dimension: Todesopfer, Verletzte, Flüchtlinge ...
soziale Dimension: physisches Leid, Traumatisierung ...
 weites Feld:
Ursachen: historisch, wirtschaftlich, ethnisch, ideologisch, sozial
Formen kriegerischer Konflikte
1. Endogen – exogen
2. Zwischenstaatlich – innerstaatlich
3. offensiv (Aggression) vs. defensiv (Verteidigung vor Aggressor)
4.
•
•
•
•
•
•
•
Feinere Unterteilung
Bürgerkrieg
Anti-Regime-Kriege
Innerstaatliche Machtkämpfe
Separationskriege, Sezessionskriege
Ethnischer Konflikt
Ideologischer Konflikt
Militärische Intervention
Fragen?
Veränderungen internationaler Außen- und
Sicherheitspolitik
• Ende Ost-West-Konflikt, Konstellation dennoch wichtig
(Rolle Russlands)
• Herstellung gerechter Verhältnisse, Demokratisierung in
1990er nicht gelungen, keine „Friedensdividende“
• neue Konfliktlinien und „neue“ Kriege (Mary Kaldor)
• Zunahme privater Militärfirmen
• 9/11
• Multilateralismus – Unilateralismus der USA
Weltweite Militärausgaben
1985: 1.210 Mrd. USD, 1997: 830 Mrd., 2003: 900 Mrd.,
2006: ca. 1.150 Mrd. USD
Militärausgaben in 2006 nach Ländern;
©-SIPRI 2007
Nach Wechselkursen (nicht nach Kaufkraft)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
1 USA
528.7 Mrd. USD - 46 % weltweit
2 UK
59.2 - 5 % weltweit
3 Frankreich
53.1
4 China
49.5
5 Japan
43.7
6 Deutschland
37.0
7 Russland
34.7
8 Italien
29.9
9 Saudi-Arabien 29,0
10 Indien
23,9
Die „neuen“ Kriege: Mary Kaldor (2000)
• immer weniger großräumige Konflikte und immer weniger Staatenkriege
 Entstaatlichung des Krieges (früher: Kriege als Zusammenballung staatlicher
Macht, 20. Jhdt teilweise totale Kriege; neben Guerilla-, Bürgerkriegen)
• Grenzen zwischen kriegerische Gewalt, organisierter Kriminalität und
Menschenrechtsverletzungen verschwimmen
• wesentlich zwischen nicht-staatlichen Organisationen, paramilitärischeirreguläre Truppen und Taktiken, politische Gründe oft vorgeschoben 
Privatisierung der Gewalt
• ethnische und religiöse Muster werden wichtiger im Vergleich zu
politischen und sozialrevolutionären Kriege aus ökon. Interessen, etwa
Kontrolle von Ressourcen wie Öl, Diamanten; entsprechende
Finanzierungsquellen; Krieg sichert Einkommen
• weniger Entscheidung auf Schlachtfeld, sondern Kontrolle Bevölkerung
• Verschränkung imperialer Macht mit lokalen Mächten
• neue (Militär-)Technologien wichtig, aber entscheidend ist soziale Basis
• staatliches Gewaltmonopol wird räumlich „nach unten“ und „nach oben“
untergraben
 Fallbeispiel von Kaldor: Krieg in Bosnien-Herzegowina (April 1992-Oktober 1995)
Zunahme privater Militärformen
• Uesseler (2005): ca. 500.000 Söldner weltweit
• Firmen haben Lobby-Sitz, operativen Sitz und
rechtlichen Sitz (Kleinstaat, Steueroase)
• weniger bei direkten Kampfeinsätzen, stärker als
Beratungsfirmen und militär. Zulieferung: Logistik,
Versorgung, Transport
• Beispiel Vinnell, USA
Gründe für Zunahme
• Ende Ost-West-Konflikt, Schutzfunktion entfiel
• Abnahme Militärhaushalte (außer USA); viele
hochspezialisierte Militärs arbeitslos
• Globalisierung: Rohstoffsicherung für Firmen
• neue nat. und internat. Konflikte, v.a. religiöse/ethnische,
„Krieg gegen Terrorismus“
• geringe Bereitschaft Industrieländer zu
„Friedensmissionen“
• (vermeintlich) billiger, da weniger Fixkosten; de facto
aber staatl. Vorleistungen an Infrastruktur, Ausrüstung,
Ausbildung
Folgen des Einsatzes privater Militärfirmen
• Uesseler: Sicherheit von öffentlichem Gut zu
Dienstleistung am Markt, unter Konkurrenzbedingungen
abgesetzt, Einnahmen – Ausgaben - Auslastung,
Aufträge, „Markenartikel“/Qualität nach Bezahlung
• enorme Gewinne der PMF
• wo PMF/“neue Söldner“ zunehmen: mehr Instabilität,
illegaler Waffen- und Drogenhandel, informelle Netze
zwischen Militär und Kriminalität, Terror gegen Zivilbev.
• keine Verantwortung und Sanktionen: Folter im Irakkrieg
mehr von PMF, aber Skandal erst als US-Soldaten
 kein Interesse an Frieden und Sicherheit, dann fehlen
Aufträge
Internationaler Terrorismus
Zur histor. Bedeutung des Terror-Begriffs, war nämlich meist staatlicher
Terror  Text auf website
Definition nach Hippler (2006): Terrorismus ist
• (a) gewaltsam, (b) politisch, (c) richtet sich gegen Zivilisten bzw. NichtKombatanten
• d.h. vorsätzliche, politisch motivierte Gewalt gegen nicht-kämpfende
Ziele durch gesellschaftliche Gruppen
• Zielgruppe beeinflussen, Unterstützung gewinnen
• internationaler T.: grenzüberschreitend, gegen Bürger/Einrichtungen
anderer Staaten
Abgrenzungsprobleme zu Widerstand, Guerilla (Angriff auf militär.
Einrichtungen): Wirksamkeit T. hängt von Einbettung ab
Methodisch: Todesopfer, Anschläge, Entführungen; WTC entspricht kurzer
Entführung?
Neuer Terrorismus
•
•
•
•
•
global
unabhängige Finanzquellen
gut organisiert, moderne Technologien
mehr Selbstmordattentate
teilweise: religiös, v.a. islamischer Charakter, gegen
Westen (Projektionsfläche für situative antiwestliche
Einstellungen; Erfahrungen von Bevormundung und
Unterdrückung); Hippler: droht Blick zu verstellen
• hochgradig emotionalisiert
• Bild aktuell verzerrt durch Irak-Krieg (mehr Hälfte aller
14.600 Todesopfer in 2005), Bürgerkrieg und Widerstand
gegen Besatzung
Folgen des Terrorismus, Kampf dagegen
• Hippler: reale Bedeutung nicht so groß, aber Potenzial –
Wahrnehmung von Bedrohung
• Verflechtung mit anderen Praktiken, dann höhere Wirksamkeit
• regionale, lokale Auswirkungen
• wirtschaftliche Auswirkungen: direkte, indirekte (Tourismus),
Folgekosten (Sicherheitskontrollen)
• stärkt im Westen und arab. Raum konservative Kräfte, v.a. in USA,
Counterterrorism ( Beispiel später)
• innenpolitische Konsequenzen: Innere Sicherheit, USA: homeland
security; Angst vor „Fremden“
• überhöht „Kampf der Kulturen“-These; Welt wird durch diese Brille
gesehen
• Gefahr der Pauschalisierung von „islamischem Terrorismus“, alles
wird dann zum „Dschihad“, vereitelt präzise Analysen der Ursachen
Nationale Sicherheitsstrategie der USA von 2002
• In der Folge der Anschläge auf New York und Washington, Sept.
2002, Bush jr.
• Konservative Regierung; auch schon Anfang 1990er Bush sr.: Rolle
der USA untermauern mit militär. Überlegenheit, jetzt umgesetzt
• Bedrohung durch Terrorismus
• durch „Schurkenstaaten“ (rogue states - Irak, Nordkorea): haben
Massenvernichtungswaffen, terrorisieren Bevölkerung, missachten
internationale Normen, hassen die USA
• Recht der USA auf präventive und präemptive Kriege, d.h.
erkennbare oder angenommene Gefahren
• Kooperation nur wenn im nationalen Interesse, notfalls unilateral
• Reform internationaler Organisationen, v.a. UNO
• Ausbau homeland security, Raketenabwehr
• Besondere Aufmerksamkeit für Nahem und Mittleren Osten
• Ziel ist Durchsetzung von Menschenrechten, Demokratie und
Freihandel/Marktwirtschaft; Schuld sind korrupte Regierungen, zu
hohe Staatsquote
Kritik an Nat. Sicherheitsstrategie (E.O.Czempiel)
• Hauptorientierung: „mit Waffen Frieden schaffen“
• Freund-Feind-Orientierung; Bush: coalitions of the willing
• Sicherheit im Sinne von Verteidigung wichtiger als Demokratie und
Wohlfahrt
• untergräbt UNO, stärkt neben USA v.a. NATO
• Strategie scheiterte: Vietnam, Kosovo, SU in 80er Kajren in
Afghanistan; heute Irak und Afghanistan
• keine Antwort auf neue Bedingungen: man muss Terrorismus den
„heimlichen Applaus der unterdrückten und marginalisierten
Gesellschaften“ nehmen
• Gewaltanwendung muss, defensiv, legitim und in Politik
eingebunden sein; Aufbau immer politisch
• Gefahr, dass Menschenrechte, humanitäre Intervention, Demokratie
und Marktwirtschaft im Sinne der USA instrumentalisiert werden
Nationale Sicherheitsstrategie 2006
• 16.2.2006 von Bush verkündet: Zum 3. Jahrestag der
Irak-Invasion
• Fortschreibung von 2002
• "Amerika befindet sich im Krieg„
• USA ist sicherer durch Krieg gegen Terrorismus, aber
noch nicht sicher
• Frontlinien im Kampf: Irak und Afghanistan
• zu den Schurkenstaaten Nordkorea kommt: Iran, Syrien,
Kuba, Weißrussland (Belarus), Burma (Myanmar) und
Simbabwe
Fragen?
auch zu letzter Woche?
Café-Haus:
Diskutieren Sie mit NachbarInnen!
ABC Globalisierung: nächste Woche oder bei Frau Graf
• Sind PMF ausführendes Werkzeug von Regierungen
oder nicht? Untergraben sie staatliches Gewaltmonopol?
• Ist der 11.09.2001 eine „Zeitenwende“? Haben sich
Bedingungen internationaler Politik grundlegend
verändert?
• Internationaler Terrorismus: aufgebauscht oder reale
Gefahr? Was sind angemessene Formen ihn zu
bekämpfen?
• Multilateralismus – Unilateralismus der USA: Differenzen
in Wirtschafts- und Sicherheitspolitik
für kommende Woche:
Außenpolitik Österreich und EU
lesen
Gastvortrag von Univ.-Prof. Dr. Helmut Kramer,
Professor für Internationale Politik, i.R.
 Basistext: Helmut Kramer (2006):
Strukturentwicklung der Außenpolitik (1945-2005)
Bis kommende Woche!
Analyse schwierig: Bsp. Irak
•
•
gilt (a) als ethnisch-religiöser Konflikt und (b) Widerstand gegen
Besatzungsmacht
Analyse aber auch: was sind verschiedene Gruppen, Motive –
territorial, Ressourcen
Alnasseri (2007) – website
1) alte Clans von vor 1958, d.h. Saddam/Baath-Regime, lange im Exil
2) politische Führungsgruppen alte Mittelschicht (Aufstieg unter Saddam)
3) neue Mittelschicht: Embargo- und Kriegsgewinnler
4) regionale Stammesmächte (bspw. kurdische)
5) neoliberale Institutionalisten: Manager, Experten, Techniker, USBotschaft in Bagdad
 These: ethnisch-religöse FORM des Konflikts, der Organisierung von
Herrschaft und Interessen, de facto komplizierter
 Schwächung polit.-institutioneller Mechanismen, bewaffnete Kräfte
dominieren
Vinnell Corporation, a Northrop Grumman Company, founded in 1931,
performs services for governments, international agencies, US military
and private clients, including Oman, Saudi Arabia and Turkey. On May
12, 2003, it was targeted for attack by terrorists in Saudi Arabia.
Vinnell's corporate headquarters, in Fairfax, Virginia, provides the
operational base. for marketing and for financial, personnel, data, and
project management Logistics, procurement and transportation support for
Vinnell's overseas operations is provided by Logistics and Transportation
Services, Inc. (LTSI), a Vinnell subsidiary in Baltimore, Maryland.
Vinnell has undertaken projects in over fifty countries on five continents, includi
operational and logistics support, facilities and grounds maintenance,
training, freight forwarding, and subcontract management. It provides
technical services and training programs for multi-national military
organizations, power production, and industrial facilities. Important
Department of Defense contracts include the operation, maintenance, and
caretaker services for the US Air Force at three air bases in Oman and the
Saudi Arabian National Guard (SANG)
Vinnell also carries out the Turkey Base Maintenance Contract (TBMC).
Quelle: http://www.sourcewatch.org/index.php?title=Vinnell_Corporation
Herunterladen