Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge 1. Allg. Grundlagen zur Situation von UMF 2. Zugang nach Deutschland 3. UMF und Rückkehr? 4. Rechtlicher Rahmen von Haft 5. Situation in den Haftanstalten 6. Was tun? Niels Espenhorst, B-UMF e.V. 1. Allg. Grundlagen zur Situation von UMF - Seit 2007 steigende Zahlen: 2009 > 3.000 Inobhutnahmen, 2010 ~ 3.850 Inobhutnahmen - Fehlende Infrastruktur (Aufnahmeeinrichtungen, Beratung, Vormünder, ErgänzungspflegerInnen) - Fehlende Handlungssicherheit bei Akteuren, fehlende Absprachen, widerstreitende Interessen - Altersfestsetzung als Ventil - Gesundheitliche Situation - Asylverfahren und Anerkennung kinderspezifischer Verfolgung Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 2/11 2. Zugang nach Deutschland - Deutschland als Land der Träume? Abhängig von den individuellen Zielen des Jugendlichen! - Reisewege und Dublin-Verfahren - Bundespolizei als Erstkontakt - Flughafenverfahren als Sonderfall Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 3/11 3. UMF und Rückkehr - Es gibt gegenwärtig nur wenige Rückkehrprojekte, die auf Minderjährige zielen. - Die „besondere Schutzbedürftigkeit“ von UMF verleitet zu einer defensiven Politik. - „Freiwillige“ Rückkehr wäre ein Fall für die Jugendhilfe. - Dennoch muss das Sanktionsmittel der erzwungenen Rückkehr scharf bleiben. Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 4/11 4. Rechtlicher Rahmen von Haft Aus der Allg. Verwaltungsvorschrift: 62.0.5 Minderjährige, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben sollen grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen werden. Bei UMF hat die Ausländerbehörde mit dem zuständigen Jugendamt wegen der Unterbringung des Ausländers bis zur Abschiebung Kontakt aufzunehmen (vgl. § 42 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII). Minderjährige Ausländer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, sollen bis zur Abschiebung regelmäßig in der bisherigen Unterkunft untergebracht werden. 80.2.1 Die Abschiebung Minderjähriger darf ohne Beteiligung des gesetzlichen Vertreters (mangels Anwesenheit oder Erreichbarkeit im Bundesgebiet) nur angeordnet und durchgeführt werden, wenn der Minderjährige kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist. Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 5/11 4. Rechtlicher Rahmen von Haft - 2 Artikel 10 EU-Rückführungsrichtlinie Rückkehr und Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger (1) Vor Ausstellung einer Rückkehrentscheidung für unbegleitete Minderjährige wird Unterstützung durch geeignete Stellen, bei denen es sich nicht um die für die Vollstreckung von Rückkehrentscheidungen zuständigen Behörden handelt, unter gebührender Berücksichtigung des Wohles des Kindes gewährt. (2) Vor Abschiebung von unbegleiteten Minderjährigen aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates vergewissern sich die Behörden dieses Mitgliedstaats, dass die Minderjährige einem Mitglied ihrer Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Rückkehrstaat übergeben werden. Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 6/11 Artikel 14 Garantien bis zur Rückkehr 4. Rechtlicher Rahmen von Haft - 3 c) Gewährleistung des Zugangs zum Grundbildungssystem für Minderjährige je nach Länge ihres Aufenthalts. Artikel 17 Inhaftnahme von Minderjährigen und Familien (1) Bei unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Minderjährigen wird Haft nur im äußersten Falle und für die kürzestmögliche angemessene Dauer eingesetzt. (3) In Haft genommene Minderjährige müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten [...]. (4) Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind. Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 7/11 4. Rechtlicher Rahmen von Haft - 4 2. EU-Richtlinienumsetzungsgesetz-Entwurf - Die Abschiebehaft von Minderjährigen bleibt grundsätzlich möglich, aber nur in Ausnahmefällen und nur für die kürzest mögliche angemessene Dauer. - Es fehlt eine Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 Rückführungsrichtlinie, wonach vor Ausstellung der Rückkehrentscheidung für unbegleitete Minderjährige die Unterstützung durch geeignete Stellen gewährt wird. - Hinweis auf Bildungs- und Freizeitangebote fehlen. Personelle und materielle Eignung wird nicht hinreichend erwähnt. - Vorrangigkeit des Kindeswohls fehlt im Gesetzentwurf Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 8/11 5. Situation in den Haftanstalten 1 - 2005 - 2007: bundesweit mind. 377 unbegleitete Minderjährige in Abschiebungshaft, darunter Berlin 155, Nordrhein-Westfalen 86 und Sachsen 65. Bayern, Hamburg, Hessen haben keine Angaben gemacht. - Baden-Württemberg: Ausnahmen möglich. Strafhaft in Stammheim. - Bayern: „In den wenigen Fällen,in denen Abschiebungshaft bei Jugendlichen vollzogen wird, werden sie regelmäßig in den Abteilungen für jugendliche Untersuchungsgefangene untergebracht.“ - Berlin: Sonderfalle Gefangenensammelstelle - Hamburg: Suizid von David M. als Einschnitt. Vom 1.1.2009 bis 15.03.2010 14 Minderjährige in Abschiebehaft. - NRW hat eine Richtlinie, die die Berücksichtigung des Kindeswohls vorschreibt. Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 9/11 5. Situation in den Haftanstalten 2 - Haftanstalten sind nicht für Kinder ausgelegt, das Personal ist nicht qualifiziert. - Es gibt wenig Kontrolle über das Handeln von Ausländerbehörden und Haftanstalten. - Das Jugendamt wird regelmäßig nicht eingebunden. - Es gibt oft keine kostenlosen Rechtsbeistände. - Alternativen zur Haft werden nicht genügend berücksichtigt und sind gesetzlich nicht geregelt. - UMF sind im normalen Jungendstrafvollzug untergebracht (z.B. Stadelheim) Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 10/11 6. Was tun? - Im Einzelfall: Haftbeschwerde, Vormundschaftsbestellung und alternative Unterbringungsform vorschlagen. - Stress bei Häftlingen reduzieren, Sicherheiten geben (soweit möglich). - Erfassung und Auswertung der Situation in Haftanstalten. - Vernetzung und Austausch - Politische Initiativen auf Landesebene - Gemeinsame Handreichung erarbeiten, Jugendämter beteiligen - Schulungen/Fortbildungen entwickeln Niels Espenhorst, B-UMF e.V. Abschiebehafttagung 26.03.2011 S. 11/11