Folie 1 - Ewald Walterskirchen

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Die Informationsgesellschaft
als Folge eines
Evolutionsprozesses
Ewald Walterskirchen
Präsentation an der
Akademie der Wissenschaften
Wien, 10. Jänner 2006
Einfluss der Naturwissenschaften auf die Ökonomie
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Früher war die Physik Leitwissenschaft, heute die Biologie
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Die Ökonomie übernimmt Analogien aus Physik und Biologie
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Physik:
Gleichgewichtskonzept (Anpassung nach Schocks)
Optimierung und Maximierungskonzepte

Biologie:
Evolution als Selektionsprozess
Darwin von Malthus beeinflusst (Wechselwirkung)
Neodarwinistische Synthese: Mutation und Selektion

Ökonomie: Selektion = Wettbewerb
Mutation = Innovation bzw. technischer Fortschritt
Gravierende Unterschiede zwischen biologischer
und sozioökonomischer Evolution
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Biologische Mutationen sind rein zufällig und meist schädlich
Nach technischen Innovationen wird gezielt geforscht,
sie sind vorteilhaft
Die darwinistische Biologie kennt keinen „Fortschritt“ an sich,
es gibt nur Anpassungen an Umweltveränderungen
In der Ökonomie gibt es einen Fortschritt in Technik,
Produktivität und Lebensstandard (BIP pro Kopf)
Konzept der Selbstorganisation in den
Naturwissenschaften
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mit Selektionsprozessen und zufälligen Mutationen allein lässt
sich der Evolutionsprozess in Richtung höherer Komplexität
nicht erklären
heute Tendenz in den Naturwissenschaften, die
Selbstorganisation zu betonen
Selbstorganisation = neue Anordnung von einzelnen Elementen
im Evolutionsprozess spielen Selektion und
Selbstorganisation – Konkurrenz und Kooperation - zusammen
Mein Entwicklungsmodell
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Es gibt ein Muster der langfristigen Entwicklung, das sich auf
allen Ebenen wiederholt (nicht bloß Zufall).
Der Aufbau komplexer Strukturen erfolgt typischerweise in vier
Phasen.
Jede neue Evolutionsphase erlaubt die Koordination bzw.
Integration größerer Einheiten und wird damit evolutionär
erfolgreich:
 Isolation kleiner Einheiten
 Bindung kleiner Einheiten zu Entwicklungskernen (Symbiose)
 Aggregation zu riesigen hierarchischen Strukturen
 Informations- und Kommunikationsprozesse ermöglichen die
Koordination noch größerer Einheiten
Das klingt sehr abstrakt, lässt sich aber konkret belegen.
DER UNIVERSELLE EVOLUTIONSPROZESS
Isolation
Bindung
Aggregation
Information
KOSMISCHE EVOLUTION
Isolierte
Elementarteilchen
Bindung zu
Atomkernen und
zu Atomen
Aggregation der
Materie zu
Galaxien
Information in
Planetensystemen
(Licht)
Zerfall und
Umwandlung
durch die
schwache Kraft
Bindung durch die
starke Kraft
Zusammenballung
durch die
Gravitationskraft
Signale durch die
elektromagnet.
Kraft
DER UNIVERSELLE EVOLUTIONSPROZESS
Isolation
Bindung
Aggregation
Information
CHEMISCHE EVOLUTION
Wasserstoff
Sauerstoff
Stickstoff
Kohlenstoff
relativ isoliert
bindungsfreudig
wachstumsanregend
kommunikativ
1 Valenz
2 Valenzen
3 Valenzen
4 Valenzen
vorherrschend
im Kosmos
vorherrschend
auf der Erde
vorherrschend
in der Atmosphäre
vorherrschend
in der Biosphäre
Fettsäuren
Zucker
Aminosäuren
Nukleotide
Lipide zur
Membranbildung
Polysaccharide
Nahrung
Proteine zur
Strukturbildung
DNA, RNA zur
codierten
Information
DER UNIVERSELLE EVOLUTIONSPROZESS
Isolation
Bindung
Aggregation
Information
ENTFALTUNG DES LEBENS
Abgrenzung von
Prokaryoten
Endosymbiose der
Eukaryoten
Aggregation zu
Vielzellern
komplexe Tiere
Nerven und
Gehirn
Epithelien
Bindegewebe
Muskelgewebe
Nervengewebe
Autonomie
Adhäsion
Kontraktion und
Ausdehnung
Kommunikation
DER UNIVERSELLE EVOLUTIONSPROZESS
Isolation
Bindung
Aggregation
Information
SOZIALE EVOLUTION – HISTORISCHE EPOCHEN
isolierte Horden verwandtschaftl. Bindungen
der
der Dorfgemeinschaften
Jäger/Sammler
staatliche
hierarchische
Organisation
marktorientierte
demokratische
Informationsgesellschaften
Autarkie
Zusammenschluss
bzw. Eroberung
Informationsnetzwerke
Symbiose mit der Natur
Technologische Entwicklung
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Die Schlüsseltechnologien hängen eng mit dem Wesen der
gesellschaftlichen Epoche zusammen, sie entwickeln sich nicht
rein zufällig.
Die Schlüsseltechnologien der Informationsgesellschaft
beschränken sich nicht auf die gängigen Informations- und
Kommunikationstechnologien (IKT).
Auf allen Ebenen der physikalischen, chemischen und
biologischen Evolution gibt es „Informations-Spezialisten“. Die
auf ihnen beruhenden Technologien treten in den Vordergrund.
Wichtige Zukunftstechnologien
Umfragen zur Jahrtausendwende:
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Computer als Basistechnologie
Photonik, Optik, Lasertechnik
Satellitentechnik
Siliziumtechnologien (Halbleiter)
Pharmazeutische Chemie
Gentechnologie und Biochemie
Visuelle Medien (TV, Internet)
Gehirnforschung und –chirurgie
Luft- und Raumfahrt
Materielle Basis der Zukunftstechnologien
Materielle Basis
Phase „Information“
Zukunftstechnik
physikalische Kräfte
elektromagnetische Kraft
Elektronik
Informationstechnologie
chem. Grundelemente
Kohlenstoff
organische Chemie
Siliziumtechnologie
Wasserstoffverbindungen
Kohlenwasserstoffe
Pharmazeutik
Kunststofftechnik
Makromoleküle
DNA,RNA
Genetik
Zelle/Gewebe
Nerven
Neurologie
Sinne
visueller Sinn
visuelle Medien
Technologische Entwicklung
 von der Mechanik zur Elektronik und Photonik
 von der Stickstoff- zur Kohlenstoffchemie
 von der Proteinforschung zur Genetik
 von der traditionellen Anatomie zur Hirnforschung
 von den auditiven zu den visuellen Medien
 vom Straßenverkehr zur Eroberung des Luftraums
 von der Nationalökonomie zur Weltwirtschaft
Die neuen Schlüsseltechnologien „merzen“ die früheren
nicht aus, sondern verknüpfen sich mit ihnen.
Politische Konsequenzen des
Neo-Darwinismus und Neoliberalismus
 Freiheit der Selektion durch den Markt
 Deregulierung und Flexibilisierung
 Rahmenbedingungen setzen, die "Aussiebung" von
Unternehmen und Arbeitskräften nicht behindern (Hayek)
 Sozialstaat als Hindernis für den Selektionsprozess beseitigen
 Standortpolitik im Zentrum: Konkurrenzkampf der Nationen (Steuerwettlauf)
Politische Schlussfolgerungen
aus dem ISAC-Modell
Informationsgesellschaft mit elektronischen Technologien und
weltweiten Netzwerken verwirklichen,
aber mit sozialen und humanen Traditionen verknüpfen
Schwerpunktbildung der Wirtschaftspolitik:
 Schlüsselbranchen der Zukunft fördern (über IKT hinaus)
 F&E und Bildung ganz allgemein reicht nicht
 nicht irgendwelche Flexibilität und Anpassung,
sondern in eine ganz bestimmte Richtung
ZUSAMMENFASSUNG
Die anbrechende Informationsgesellschaft mit ihren
elektronischen Technologien, Netzwerken, Zuliefersystemen
und Globalisierungstendenzen ist das logisch folgende Glied
einer Entwicklungskette.
Die flexiblen und weltoffenen Netzwerke der
Informationsgesellschaft ermöglichen die Koordination weit
größerer Einheiten, als dies die alten festgefügten
hierarchischen Strukturen der Nationalstaaten bzw.
Großunternehmen je erreichen konnten. Der wirtschaftliche
Aktionsradius wird buchstäblich weltumspannend.
ZUSAMMENFASSUNG
Die Evolution der Natur und der Gesellschaft hat
also zwei Gesichter:
die kontinuierliche "darwinistische" Anpassung
und die Integration zu neuen komplexeren Formen.
Die Mikroevolution wird eher durch Variation und Selektion
vorangetrieben, die Makroentwicklung zu höherer Komplexität
durch Koordination, Symbiose und Selbstorganisation.
Ewald Walterskirchen, Der Weg in die Informationsgesellschaft.
Zur Evolution von Natur, Technik und Wirtschaft, Passagen Verlag,
Wien, 2005
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