Chronisch-entzündliche Darmerkrankung und

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Chronisch-entzündliche
Darmerkrankung und
Spondylarthropathien
bei Kindern und Jugendlichen
in den neuen Bundesländern
J. Quietzsch, S. Bartik, A. Tauchnitz,
D. Möbius, J. Henker, U. Rothe, Th.
Richter und alle Mitglieder des
„Sächsischen CED-Registers“
Definition:
Enterospondylarthropathien
(Entero-Sp.A.) sind nichtinfektiöse,
seronegative Spondylarthritiden bzw.
arthralgien vor, nach oder mit Beginn
der entzündlichen Darmsymptomatik
bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
Enterospondylarthropathien
•
•
•
•
•
•
gehören implizit in die heterogene Gruppe der juvenilen
Spondylarthritiden (j. Sp.A.),
was schon in den 1980er Jahren vermutet worden war!
Oligoarthritis II der jc.-A. (Eular 1977, Oslo) heute:
Enthesitis-Arthritis-assoziiertes Syndrom d. j.i.A.
(ILAR-Kriterien 1997, Durban)
Juvenile Spondarthritis
Juvenile Psoriasisarthritis
Arthritiden bei CED
Postenteritische Arthritis mit/ohne Reitersyndrom
undifferenzierte Spondylarthritiden mit gastrointestinaler
Symptomatik
Leider erwiesen sich die ILAR-Kriterien als
Klassifikationskriterien der j. Sp.A. im
Kindesalter als zu wenig sensitiv (79%),
so dass die für das Erwachsenenalter
verbindlichen ESSG-Kriterien von 1991 noch
immer zur Anwendung kommen, bei
annähernd gleicher Spezifität
[Dougados M. et al. Arthritis Rheum. 1991;
34:1218-1227]
Verlaufsformen j. Sp. A.
Klinisch werden 2 artikuläre Verlaufsformen
unterschieden (in Anlehnung an
Erwachsenenstudien):
1. Periphere, insbes. asymmetrische Oligoarthritiden der großen Gelenke der unteren
Extremitäten (aber auch Schulter-, Hand- , und
Ellenbogengelenke), die flüchtig und migrierend,
gleichzeitig mit der CED erscheinen oder ihr
folgen und innerhalb von 2–4 Wochen wieder
abklingen
Verlaufsformen j. Sp. A.
2. Arthritiden des Achsenskeletts
Sacroiliitiden und seltener bei Kindern
Spondylitiden, die bei HLA B27-Expression und
CED 10-fach häufiger auftreten und bei bis zu
80% einen Übergang in ankylosierende
Spondylitis zeigen + zusätzlichen Befall großer
(Hüftgelenke v.a.) und kleiner Gelenke
[D. A. Cabral, Malleson P. N., Petty R. E. Clin.North. Am. 1999;
42:1051-1070]
Gründe für die Erfassung und
Untersuchung von Pat. mit Entero-Sp.A.
1. Valide epidemiologische und klinische Daten
bei Kindern sind eher spärlich
2. Profunde Publikationen liegen oft
Jahre/Jahrzehnte zurück
3. wesentliche Erkenntnisse von Erwachsenen
mit Entero-Sp.A. wurden auf Kinder und
Jugendliche einfach übertragen
Methodik:
1. Ab 1.1.2000 begannen wir in der
„Sächsischen CED-Register-Arbeitsgruppe“
und ab 1.1.2002 auch die Teilnehmer einiger
pädiatrisch-gastroenterologischer Zentren
außerhalb Sachsens neuerkrankte Kinder und
Jugendliche <18 Jahren mit CED zu erfassen
und solche mit Spondylarthropathien
multifaktoriell zu charakterisieren.
2. Dazu wurden anamnestische Daten bei
Erstvorstellung sowie die klinischen Befunde
bei stationärer und ambulanter Vorstellung
mittels 3 verschiedener Meldeformulare erfasst
und durchgearbeitet.
Ergebnisse
1.Bis 31.12.2003 wurden insgesamt 416 Patienten
<18 Jahren mit CED im Alter von 2,1-17,3 Jahren
(Median 11,7 Jahre) an das Sächsische CEDRegister gemeldet.
2.Es handelt sich dabei sowohl um prävalente Fälle
(CED-Manifestation zwischen 1987 und 1999) als
auch um inzidente Fälle (CED-Manifestation ab
1.1. 2000)
Morbus Crohn:
263 Pat. (63,2%)
Colitis ulcerosa:
153 Pat. (36,8%)
Ergebnisse:
3. Vom 1.1.2000-31.12.2003 wurden in Sachsen 206 inzidente
CED-Fälle, davon 19 (9,2%) mit Entero-Sp.A. registriert.
Bezogen auf Sachsen und die meldenden neuen
Bundesländer waren es 355 Kinder mit CED, davon 27
(7,6%) mit Entero-Sp. A.
4. Von 1987 bis 1999 wurden 36 prävalente Fälle von EnteroSp. A. (19 Kinder aus Sachsen und 17 außerhalb Sachsens)
registriert
5. Von 2000-2003 wurden 27 inzidente Fälle von Entero-Sp.
A. (13 Kinder aus Sachsen und 14 außerhalb Sachsens)
registriert.
Jahr der Primärmanifestation von Patienten mit CED und
Spondylarthropathie n = 63
12
11
10
Inzidente Fälle
n=27 Patienten
Prävalente Fälle
n=36 Patienten
9
8
9
7
6
4
5
5
2
5
1
4
3
2
1
3
5
1
1
1
1
1
1
1
1987
1989
1993
1994
1995
2
3
4
3
4
5
1
0
Sachsen n = 33
1996
1997
1998
1999
2000
andere neue Bundesländer n = 30
2001
2002
2003
Ergebnisse:
• Durch die Erfassung inzidenter und
prävalenter Fälle wurden insgesamt
63 Patienten mit Enterospondylarthropathie
Morbus Crohn Colitis ulcerosa
mit Entero.-Sp.A.-Patienten
1987-1999
24
10
2000-2003
16
13
Inzidenz der Entero-Sp.A. in Sachsen
• Vom 1.1.2000-31.12.2003:
206 Kinder mit CED, davon 19 mit Entero-Sp.A.
Durchschnittliche Bevölkerungszahl der 0-18 jährigen in
Sachsen: 550000 Kinder und Jugendliche
• Inzidenz Entero-Sp.A.: 0,66 /100000 Kinder /Jahr
• Prävalenz Entero-Sp.A.: 2,64 /100000 Kinder/Jahr
• Inzidenz j. Sp.-A.: 1-2 Kinder<16 Jahre/100000
• Prävalenz j. Sp.-A.: 12-33 Kinder<16 Jahre/100000
Ergebnisse:
• 63 Patienten entwickelten Enterospondylarthropathien
Spondylarthritis:
29 (46%)
Spondylarthralgien
34 (54%)
Morbus Crohn
Anzahl der Patienten
40 (63,5%)
Jungen:Mädchen
24:16
Geschlechtsverhältnis
1,6:1
Alter bei Ersterkrankung (Jahre/Monate)
IQR
2,1-17,2
Median
12,1
Colitis ulcerosa
23 (36,5%)
9:14
1:1,6
3,2-17,3
11,2
Kliniken und Zahl der Patienten mit Entero-Sp. A.
(anhand der Auswertung der Meldebögen)
Kliniken
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
CED-gesamt
Leipzig
9
4
13
Cottbus
8
5
13
Plauen
4
6
10
Greifswald
5
3
8
Dresden
5
0
5
Berlin (Friedrichshain)
2
3
5
Magdeburg
1
2
3
Chemnitz
2
0
2
Bautzen
1
0
1
Erlabrunn
1
0
1
Torgau
1
0
1
Potsdam
1
0
1
40
23
63
Verlaufsformen der Arthritis/Arthralgien
bei Morbus Crohn n = 40
Arthritis
6
Poly
Arthralgie
3
5
Oligo
13
82,5%
5
Mono
0
8
5
10
15
20
Verlaufsformen der Arthritis/Arthralgien bei
Colitis ulcerosa und Colitis indeterminata n = 23
Arthritis
Arthralgien
5
Poly
6
Oligo
2
Mono
0
9
82,6%
1
2
4
6
8
10
12
14
16
Gelenkbefallhäufigkeiten bei 42 Kindern
mit peripheren Arthritiden
100
Morbus Crohn n = 28
Colitis ulcerosa n = 14
50
42,9%
33,3%
36
22,6%
3
4
15
14
8 6
Gelenkerguss
(14 Patienten)
8
3
Verschiedene
kleine Gelenke
(9 Patienten)
11
9,5%
Schultergel.
15
4,8%
3,6% 3,6%
Ellenbogengel.
14
Handgel.
19
Sprunggel.
0
Kniegel.
28
17,9%
16,7%
13,1%
Gelenkbefallhäufigkeiten und Symptome bei
21 Kindern mit Achsenskelettbefall
100
Morbus Crohn n = 12
Colitis ulcerosa n = 9
50
33,3%
33,3%
28,6%
28,6%
19%
4
9,5%
8
4
2
2
Enthesitis Daktylitis
Achillodynie
3
3
periphere Gelenke
(auch kleine)
4
tief sitzende
Rückenschmerzen
+ seitliche
Gesäßregion +
LWS
11,9%
7,1%
5
3
ISG-Befall
0
Hüftgelenkbefall
12
isol.
Hüftgelenkbefall
14
Auftreten erster Symptome einer
Spondylarthropathie in Abhängigkeit von der
CED-Primärmanifestation (%)
100
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
65%
52,2%
50
30,4%
20%
8
15% 17,4%
7
6
4
26
12
0
SpA geht CED
voraus
SpA geht CED
parallel
(kein Intervall)
SpA folgt CED
Dauer und Häufigkeit von
Enterospondylarthropathien
Morbus Crohn
n = 40
Colitis ulcerosa
n = 23
a) Einmalige kurze
artikuläre Episode
7 (17,5%)
4 (17,4%)
b) Rezidivierende
artikuläre Schübe
33 (82,5%)
19 (82,6%)
Intervalle (IQR) zwischen CED- und
Beginn der Entero-Sp.-A.
Spondylarthropathie - CED
CED –
Spondylarthropathie
Morbus Crohn
(n = 40)
Colitis ulcerosa
(n = 23)
n=8
IQR
4 Monate – 6,2 Jahre
Median
16,3 Monate
n=7
IQR
3,4 Jahre– 10,2 Jahre
Median
76,3 Monate
n = 26
IQR
1 Monat – 5,9 Jahre
Median
9,9 Monate
n = 12
IQR
2 Monate – 6,3 Jahre
Median
14,8 Monate
Chronische Enterospondylarthropathien
n = 13 Patienten (20,6%)
Morbus Crohn
n = 6 (15%)
Colitis ulcerosa
n = 7 (30,4%)
Juvenile idiopathische Arthritis
(mon-oligo-polyartikulär-Verläufe)
3
3
Enthesitis-Arthritis-assoziierte
j.i.A.-Verläufe
1
1
HLA-B27+assoziierte juvenile
Spondylarthritis-Verläufe
(Sacroiliitis/Spondylitis)
MRT gesichert
2
3
13 Kinder mit chronischer Entero-Sp.-A.
A) 9 Patienten (4 mit M. Crohn, 5 mit C.u.) entstammen
der Gruppe von 15 Kindern mit Entero.-Sp.A., die der
CED vorausging:
bei M. Crohn: bis max. 6,2 Jahre
bei C. ulcerosa: bis max. 10,2 Jahre
Röntgenmorphologische Pathologien bei 8/9 Kindern
Diagnosen: -Subgruppen juveniler idiop. Arthritiden
-Vd. juveniler Morbus Bechterew
Therapie: jahrelange Therapie mit NSAR, DMARD,
Zytostatika, i.v. Immunglobuline, Corticoide,
Synovektomie und Arthroskopie
B) 4 Patienten (2 mit M. Crohn, 2 mit C.u.) gehören zur
Gruppe von 38 Kindern, bei denen sich die EnteroSp.A. nach der CED-Manifestation entwickelte:
bei M. Crohn: bis max. 5,9 Jahre
bei C. ulcerosa: bis max 6,8 Jahre
Röntgenmorphologische Pathologien bei 2/4
Kindern (2 j. Sp.-A.-Verläufe)
Entzündungsaktivität bei Beginn der
Enterospondylarthropathie in Abhängigkeit von
der CED-Primärmanifestation CrP (g/l)
Median
200
173,5
177,8
185,6
183
63,8
66,5
150
100
98,5
95,2
69,5
62,6
50
41,8
9,1
MC
CU
MC
CU
7,2
9,5
3,8
5,2
5,8
0
41,2
MC
CU
Sp A geht CED voraus
Sp A folgt CED
Sp A geht CED parallel
Hohe Entzündungsaktivität wird v.a.
durch j.i.A.-Verläufe
determiniert
Pat. erhalten
meist 5-ASA
oder Azathioprin
Entzündungsaktivität
wird durch beide
Prozesse beeinflußt
Entzündungsaktivität bei Beginn der
Enterospondylarthropathie in Abhängigkeit von
der CED-Primärmanifestation BSG (>40 mm/h)
100
Morbus Crohn
83,3%
75%
71,7%
71,4%
62,5%
53,8%
50
5
5
14
5
5
3
0
SpA geht CED
voraus
SpA folgt CED
SpA geht CED
parallel
Colitis ulcerosa
Gesamtzahl extraintestinaler Manifestationen
bei CED-Sp.A.-Patienten (n=63)
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
Enterospondylarthropathie
40
23
Erythema nodosum
2
1
Exantheme
4
2
Vaskulitis
1
0
Uveitis anterior/Episkleritis/Keratitis
1
2
Hepatosplenomegalie
2
2
Pankreatitis
1
3
Primär sklerosierende Cholangitis * (ANCA +)
0
2*
Glomerulonephritis *
0
1*
Porphyrie *
0
1*
Psoriasis *
1
1*
Myasthenia gravis pseudoparalytica *
0
1*
* Diverse Autoimmunopathien
Immunologische und HLA-Daten
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
HLA-B27 +
3/27* (11,1%)
3/20* (15%)
HLA-DR4 +
2/14* (14,3)
1/13*(7,7%)
ANA +
5/32* (15,6%)
4/22* (18,2%)
IgM-RF +
1/27* (3,7%)
2/20* (10%)
p-ANCA +
5/20 (25%)
3/18 (16,2%)
c-ANCA +
4/20 (20%)
3/18 (16,7%)
* Anzahl der untersuchten Patienten
Therapie bei Enterospondylarthropathien:
1. Physiotherapie (Kälte, Wärme, Krankengymnastik)
2. NSAR-Therapie mit Naproxen, Rewodina (Voltaren),
Indomethazin oder Ibuprofen wird kontrovers
diskutiert
weil: a) bei 10% der Pat. Bauchbeschwerden
b) Verstärkung der Darmsymptome
c) intestinaler Blutverlust beobachtet werden.
[Leu C. et al. Hepatogastroenterology 1999; 46:991-996]
Therapie bei Enterospondylarthropathien:
3. Bei chronischen Verlaufsformen (j.i.A. und j. Sp.A.):
• MTX
• Folsan
• Prednisolon/Decortin (meist low-dose-Corticoide)
• 5-ASA-Präparate
• Urbason- bzw. Methylprednisolonpulse
• i.v. Ig-Pulstherapie
• intraartikuläre Triamcinolongabe
• Cyclosporin A (Sandimmun optinal)
• Methoxysclerol (chem. Synovektomie)
Zusammenfassung I
1. Die Entero-Sp.A. stellen die häufigsten
extraintestinalen Komplikationen der CED dar
2. Bei 54% manifestierten sich die Entero-Sp.-A. als
Arthralgien, bei 46% als Spondylarthritiden
(Colitis ulcerosa > M. Crohn)
3. Am häufigsten manifestierten sich Spondylarthropathien nach Beginn der CED-Symptomatik
(M. Crohn in 65%, C. ulcerosa in 52,2%).
4. Rezidivierende asymmetrische monoligoartikuläre
Verlaufsformen dominieren sowohl bei M. Crohn
als auch bei C. ulcerosa in ca. 82% der Fälle.
Zusammenfassung II
•
•
•
•
Bevorzugte Gelenkbefallmuster in fallender
Häufig-keit bei CED waren Knie-, Sprung-,
Hand- und Hüftgelenk
Chronische Verlaufsformen der
Enterospondyl-arthropathie wurden bei 13
Kindern (20,6%) beobachtet.
10/13 Patienten zeigten röntgenmorphologisch Destruktionen und klinische
Deformierungen
9 davon litten schon langjährig an j.i.A. bzw. j.
Sp.-A. vor CED-Manifestation
Zusammenfassung III
•
•
•
Bei 5 Patienten (2 x M. Crohn, 3 x C. ulcerosa)
trat eine HLA B27 + j.Sp.-A. vom Sacroiliitistyp
auf
Bei 9 Patienten mit poly j.i.A. bzw. j.Sp.-A. ging
die Arthritis der CED bis max. 10,2 Jahre voraus
Koinzidenz von zwei Autoimmunerkrankungen?
HLA B27 prädisponiert bei CED und Entero.Sp.A. zur B27-assoziierten definitiven juvenilen
Spondarthrtitis mit Sacroiliitis/Spondylitis
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