Einführung in die Blinden- und Sehbehindertenpädagogik

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Einführung in die Blinden- und
Sehbehindertenpädagogik
WiSe 2008/09
Pädagogisch fundamentaler Unterschied
• Sehbehinderung: Ausgangspunkt spezielle
Diagnostik für Unterstützungsmaßnahmen
• Blindheit: Wahrnehmungsbedingungen bei
Abwesenheit von Sehen finden und gestalten
Unterscheidung
• erworbene Blindheit und Sehbehinderung
• kongenitaler (angeborener)
• stabile und progrediente Verlaufsformen
• singuläre vs. komplexe Schädigungen
Ursachen
hereditäre (vererbte)
genetisch-, stoffwechsel- und umweltbedingte
prä-, peri-, postnatale Schädigungen
Geschichte/Traditionelle Sichtweise:
• Sehen = wichtig für Erkennen von Welt
• „Bist du blind!“  Hast du das nicht mitbekommen,
bist du blöd, unsensibel, dumm …
• Über das Auge wird 80% aller Informationen
aufgenommen.
Heute:
• Sehen = mehr als die Abbildung eines Gegenstandes
auf der Netzhaut
• Sehbehinderung ist etwas anderes als ein Visuswert
(Sehschärfe) oder eine Prozentangabe eines
Gesichtsverlustes
• Wahrnehmungstheorien und
Wahrnehmungsforschung = wichtig für das
Verständnis von Blindheit und Sehbehinderung
 Wahrnehmung von Welt wird neu bestimmt
• es gibt nicht ein Sehzentrum, Sprachenztrum,
Motorikzentrum sondern viele Bereiche in den
verschiedenen Regionen des Gehirns sind
gleichzeitig aktiv
Medizinische Klassifikation
• BRD: Sehschädigung
 Sammelbegriff für Sehbehinderung,
hochgradige SB und Blindheit
• Sehschärfe (Visus) und
Gesichtsfeldeinschränkung
• Visus = Testenfernung : Normalentfernung
• Sehzeichen: auf 30 cm erkannt
 Visus von 0,3
üblicherweise auf 100 cm erkennbar
Medizinische Klassifikation
Sehbeeinträchtigung: gröbere einseitige bzw. mäßige
beidseitige Sehbeeinträchtigung
Sehbehinderung: 1. Auge 0,3 – 0,067; 2. Auge 0,05 und
weniger
Hochgradige Sehbehinderung: 1. Auge 0,05 – 0,03; 2.
Auge weniger
Blindheit: auf dem besseren Auge 0,02 und weniger
Pädagogische Klassifikation
• (KMK 1998): „Blinde Kinder und Jugendliche können
nicht oder nur in sehr geringem Maße auf der
Grundlage visueller Eindrücke lernen. Sie nehmen
Informationen aus der Umwelt insbesondere über
das Gehör und den Tastsinn sowie über die Sinne
der Haut, des Geruchs und des Geschmacks auf
(…)“
• Kinder und Jugendliche mit einer SB können ihr
eingeschränktes Sehvermögen nutzen. Sie sind in
vielen Situationen auf spezielle Hilfen angewiesen.
Sie bedürfen besonderer Anleitung,
sonderpädagogischer Förderung und technischer
Hilfen (Drave et al. 2000, 179)
Funktional orientierte Klassifikation
Hyvärinen (2001):
orientiert und analysiert Aktivitäten z. B.
Orientierung und Bewegung
Aufgaben im Nahbereich (etwa Lesen, Schreiben …)
 Je nach Kontextbedingungen (z. Beleuchtung,
Kontrast) werden nicht visuell orientierte Techniken
(Blindentechniken), Sehbehindertentechniken oder
Sehendentechniken angewendet.
vgl. auch ICF visuell-kognitve Funktionen
Fazit: Eine einheitliche Klassifizierung oder Definition
gibt es nicht !
Entwicklung des Sehvermögens
im Vergleich zu basalen Sinnen wie z. B. Tasten und
Gleichgewichtssinn beim Neugeborenen
verhältnismäßig undifferenziert und unfertig
Um Farbe, Form, Details, räumliche Tiefe und Lage,
differenzierte Bewegung u.a. visuelle Eigenschaften
unserer Welt erfassten zu können, bedarf es einer
Feinabstimmung
Prägephasen: bei Katzen kurze Zeitspanne
Menschen: sensible Phasen deutlich länger für den
Aufbau von Synapsenverbindungen bis etwa
15. Lebensjahr
Sehschädigung
Bekannteste Formen: Sehschärfe (Visus);
Gesichtsfeldausfälle; Farbensehens
Unterscheidung nach:
Zeitpunkt des Entstehens: vor dem 3. Lebensjahr,
keine bleibenden visuellen Erinnerungen
Ursache der Erkrankung und verbundenen
Funktionsstörung
z. B. genetisch bedingt, stoffwechselbedingte
Störungen, Infektionen (Röteln, Toxoplasmose),
Blutungen in die Netzhaut, Tumore, Unfall
Lokalisation der Schädigung: anteriore oder posteriore
Anteriore Sehstörungen
Auge, Sehnerv, Chiasma opticum
(Sehnervenkreuzung),
Posteriore Sehstörungen
Schädigungen in der visuellen Hirnrinde und den
anschließenden Sehrindenarealen sowie den
Assoziationsrindenbezirken z. B. Tumore; Agnosie
nach Durchblutungsstörungen und Schlaganfällen
Agnosie bezeichnet eine Störung des Erkennens bei
erhaltener Wahrnehmung: sehen etwas, aber können
nicht sagen, was es ist
Beispiele von Sehbehinderungen …
Aber: was sagen diese Beispiele aus über:
• die individuellen Schwierigkeiten oder
• die individuellen Möglichkeiten einer Person
• über das Weltverständnis einer Person
Wahrnehmung ohne Sehbehinderung
und Retinitis Pigmentosa
Grauer Star und Makula-Degeneration
Grüner Star / Glaukom und Diabetische Retinopathie
Empfehlenswerte Literatur:
• Renate Walthes: Einführung in die Blinden- und
Sehbehindertenpädagogik. Reinhardt UTB Verlag.
• Sacks Oliver: Eine Anthropologien auf dem Mars.
Sieben paradoxe Geschichten.
• Vilaynur S. Ramachandran, Sandra Blakeslee: Die
blinde Frau, die sehen kann: Rätselhafte Phänomene
unseres Bewusstseins.
• Hannah Green: Bevor du liebst.
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