Umsetzung der Aarhus-Konvention in Deutschland

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Umsetzung der AarhusKonvention in Deutschland
Michael Zschiesche/Marion Rosenbaum
Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V. -UfU-, Berlin
Umsetzung der Aarhus-Konvention
in Deutschland
Umsetzung der Aarhus-Konvention in
Deutschland
1.
2.
3.
4.
Bedeutung der Aarhus-Konvention
Inhalt
Ebenen der Umsetzung
Umsetzung in Deutschland
1. Bedeutung der Aarhus-Konvention
• Die Anerkennung von Information, Beteiligung und Klagemöglichkeiten
als Rechte einer jeden Person zum Schutz der Umwelt auch für zukünftige
Generationen
• Die Anerkennung, dass Umwelt- und Naturschutz häufig nur durch das
Wahrnehmen von Rechten Dritter, vom Staat unabhängiger Gruppen,
Initiativen und Organisationen zustande kommt.
• Die Etablierung von Mindeststandards für den Zugang zu
Umweltinformationen, für Öffentlichkeitsbeteiligung und für den Zugang zu
Gerichtsverfahren.
• Die Stärkung der Demokratisierungsbestrebungen insbesondere in Mittelund Osteuropa.
2. Inhalt der Konvention
Die Aarhus-Konvention umfasst 22 Artikel und 2 Anhänge.
Sie besitzt 3 Hauptschwerpunkte (sog. Säulen).
1. Zugang zu Umweltinformationen (Artikel 4)
2. Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten
(Genehmigungs- und Zulassungsverfahren mit Auswirkungen auf die Umwelt)
(Artikel 6)
1. Zugang zu Gerichten (Artikel 9)
Neben diesen Schwerpunkten werden weitere Themen behandelt wie:
•
Erhebung und Verbreitung von Informationen über die Umwelt (Art. 5)
• Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Plänen, Programmen und
Politiken (Art. 7)
•
Öffentlichkeitsbeteiligung während der Vorbereitung exekutiver Vorschriften
und/oder allgemein anwendbarer rechtsverbindlicher normativer Instrumente (Art. 8)
•
Transparenz und Anwendung der Beteiligungsprinzipien in internationalen
Organisationen
2.1 Recht auf Umweltinformationen - warum?
Welche Gründe sprechen dafür, Bürgern den Zugang zu
Umweltinformationen, die bei der Verwaltung vorliegen, zu gewähren?
(nach modernerem Staatsverständnis)[1]
•
Legitimationsfunktion (Transparenz verwaltungsbehördlicher Entscheidungen
und deren Akzeptanz durch den Bürger)
•
Kontrollfunktion (Kontrolle der Verwaltung und ihrer Handlungen)
•
Informations- oder Entlastungsfunktion (Kontrolle soll auf Dritte wirken,
damit Abbau von Vollzugsdefiziten)
•
Rechtsverteidigungsfunktion (Bessere Ausgangsposition in Verwaltungsund Gerichtsverfahren)
[1] siehe Fluck/Theuer, Umweltinformationsrecht –UIG-, Loseblatt-Kommentar, Teil A Rn. 74, S. 12
2.1. Recht auf Umweltinformationen – empirisch
untersucht I
Markus Schmillen – Das Umweltinformationsrecht zwischen Anspruch und
Wirklichkeit, Erich-Schmidt-Verlag, 2003
Häufigkeit der Nutzung: knapp 2 Anfragen pro 100.00 Einwohner in drei Jahren – sehr wenig!!!
Wer nutzt das UIG?
• Unternehmen
• Privatpersonen
• BIs, Vereine
• Sonstige
• Medien
51 %
28%
18 %
3%
0,5 %
Warum wird es nicht genutzt?
• Mangelnde Bekanntheit
• Desinteresse an Umwelt
• Keine Umweltprobleme
in der Umgebung
• Zu hohe Gebühren 19%
• Anderes
84 %
40 %
36 %
20%
2.1 Recht auf Umweltinformationen – empirisch
untersucht II
• Positive Erwartungen an das UIG waren:
Themen stärker in die Öffentlichkeit bringen, Diskussionen anregen
Umweltbewusstsein erhöhen,
bessere Akzeptanz von Behördenentscheidungen durch mehr
Information, besserer Vollzug umw.rechtl. Vorschriften
• Negative Erwartungen:
Überlastung der Behörden, Schädigung der Wirtschaft durch
Erlangung von „belastenden“ Informationen, Ausspähung von
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch andere Unternehmen
• Ergebnis der Studie: keine positiven und keine negativen
Auswirkungen ermittelt
 UIG bisher wirkungslos!! Hauptursache: geringe
Inanspruchnahme
2.1 Recht auf Umweltinformationen – empirisch
untersucht III
• Bei stärkerer Inanspruchnahme d.h. mehr
Umweltinformationsanträgen ist jedoch nicht zu
erwarten, dass die negativen Auswirkungen, insb. die
Arbeitsbelastung, proportional steigt:
selbst Behörden, die eine deutlich über dem Durchschnitt
liegende Anzahl von Anträgen zu bearbeiten hatten,
gaben an, nur einen „leicht“ gestiegenen Arbeitsaufwand
zu verzeichnen
keine Behörde stufte den Arbeitsaufwand als „stark“ ein
 verstärkte Nutzung des UIG „schadet“ ihm nicht!
2.2 Recht auf Beteiligung - Inhalt
beinhaltet:
• Ausgestaltung von Beteiligungsrechten während Zulassungsoder Genehmigungsverfahren im Umweltschutz sowie in UVPVerfahren bzw. auch bei der Aufstellung von Plänen und
Programmen
• Beteiligung von Staaten in grenzüberschreitenden
Zulassungsverfahren
• Klagerechte von Betroffenen sowie
(anerkannten) Umweltverbänden bei Verstößen gegen
Umweltrecht
2.2 Recht auf Beteiligung – Veränderungen in
Deutschland durch die Konvention
1.
Änderungen Beteiligungsrechte: Änderungen liegen im
Detail, keine durchgreifenden Neuerungen, bestehende
Regelungen bleiben erhalten
2.
Klagerechte: Keine Ausweitung der Klagerechte von
Einzelnen – bestehende Regelungen bleiben erhalten
Klagerechte von Umweltschutzverbänden:
•
Erhebliche Ausweitung der Klagerechte im Vergleich zum
derzeitigen Klageumfang des Bundes/bzw. der Länder
•
Problem, welche Verbände in den „Genuss“ der
erweiterten Rechte kommen
2.2 Recht auf Beteiligung - Anwendungsbeispiele
Beteiligungs- und Klagerechte bestehen z.B bei folgenden Verfahren
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
UVP-pflichtige Verfahren
Anlagen aus dem Immissionsschutzrecht gemäß Sp. 1 Anlage 1
„UVP-pflichtige Vorhaben“
Anlagen gemäß Atomgesetz
Abfalldeponien
Wasserwirtschaftliche Vorhaben
Verkehrsvorhaben
Forstliche Vorhaben
Vorhabenbezogene Bebauungspläne
Leitungsanlagenbau
Bei „Kann-UVP`s“ nach Einzelfallprüfung
2.2 Recht auf Beteiligung – Diskussionsbedarf in den
Verbänden
Ausdehnung von Beteiligungs- und Klagerechten stellt an
Umweltverbände personell, materiell und finanziell neue
Anforderungen:
•
Wie wird zusätzlicher Sachverstand organisiert? Kann der
zusätzliche Aufwand ohne finanzielle Unterstützung
überhaupt bewerkstelligt werden?
•
Wie werden die neuen Rechte in die Verbände hinein als
Chance kommuniziert? (Risiko Auszehrung)
2.3 Zugang zu Gerichten - Inhalt
Weitgehendes Klagerecht von Verbänden bei Verstößen gegen
Umweltvorschriften durch administrative Handlungen oder
Unterlassungen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Umweltvorschriften (lt. EU-Richtlinien-Entwurf):
Gewässerschutz
Lärmschutz
Bodenschutz
Flächenplanung und Bodenschutz
Erhaltung der Natur und der biologischen Vielfalt
Abfallbewirtschaftung
Chemikalien, einschließlich Bioziden und Pestiziden
Biotechnologie
Luftverschmutzung
Sonstige Emissionen, Einleitungen und Freisetzungen in die Umwelt
• Siehe Verordnungsentwurf zur Anwendung auf EU-Organe (2003/0242 (COD))
bzw. Richtlinie über Zugang zu Gerichten (2003/0246 (COD)
3. Ebenen der Umsetzung – international
Inzwischen haben 45 Staaten in ganz Europa und Zentralasien und die
Europäische Union die Konvention unterzeichnet
• Die EU hat Febr. 2005 ratifiziert, d.h. zu allen Teilen der Konvention
europäische Regelungen erlassen
• Von 45 Unterzeichnern haben 37 die Konvention bereits ratifiziert
• Es fehlen noch Deutschland, Griechenland, Irland, Liechtenstein,
Luxemburg, Monako, Schweiz, Island
3. Ebenen der Umsetzung – EU-Ebene
Umsetzung der 1. Säule:
• Richtlinie 2003/4/EG - Umweltinformations-Richtlinie
Umsetzung der 2. Säule:
• 2003/35/EG – Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie
Umsetzung 3. Säule:
• Es existiert ein Richtlinien-Entwurf, noch nicht verabschiedet,
Verfahren stockt.[1]
[1] Siehe Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Zugang
zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, KOM (2003) 624 endgültig (2003/0246 (COD) sowie
weitere Papiere
3. Ebenen der Umsetzung - Deutschland
• Deutschland hatte sich frühzeitig entschieden, die EU-Richtlinien
abzuwarten und vorher keine eigenen Umsetzungsvorhaben
einzuleiten (siehe kleine Anfrage BT-Drs. 14/3568)
• Umsetzungsfrist Umweltinformations-RL abgelaufen
seit 14. Februar 2005
• Umsetzungsfrist Öffentlichkeitsbeteiligungs-RL abgelaufen
seit 25.Juni 2005,
Gesetzesentwürfe liegen vor, durch Neuwahlen verzögert
• Ratifizierung der Konvention durch Deutschland war zeitgleich mit
der Verabschiedung der Gesetze zur
Öffentlichkeitsbeteiligungs-RL geplant, Verfahren ruht
Wo kann man weitere Informationen
zur Konvention erhalten?
• www.aarhus-konvention.de
• www.participate.org (EN)
• http://www.unece.org/env/pp
(EN)
• [email protected]
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