Gastprofessor Dr. Árpád v. Klimó Katholische Kirche und Katholiken: Österreich im europäischen Kontext (19. und 20. Jahrhundert) Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● Kapitel 1. Bestimmung des Untersuchungsgegenstands 1. 1. Europäische Perspektive 1. 2. Sozialhistorische Modelle 1/ Säkularisierung 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu 1. 4. Kulturhistorische Modelle/ Konfessionalisierung Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● 1. 1. Europäische Perspektive Österreichs staats- und papsttreuer Katholizismus zwischen: ● ● ● mediterranem Feudal- und Volks-Katholizismus (Italien, Spanien, Portugal, Frankreich) nord/zentraleuropäischem Reform-Katholizismus (Deutschland, Niederlande, Schweiz) mittel- und südosteuropäischem National- oder Ethno-Katholizismus (Polen, Slowakei, Kroatien, Slowenien, Ungarn) Katholiken: Österreich im europäischen Kontext URL: <http://www.cjcr.cam.ac.uk/gateway/maps/ChristiandenomEurope.html> Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 2. Sozialhistorische Modelle 1/Säkularisierung ● In der Geschichte Europas sind „das Religiöse und das Säkulare miteinander verschränkt, [...] hängen die verschiedenen Erscheinungsformen der europäischen Aufklärung mit unterschiedlichen Erscheindungsformen des christlichen Glaubens zusammen.“ ● Casanova, José, Der Ort der Religion im säkularen Europa, in: Transit 27 (Sommer 2004), S. 86-105, hier S. 105. Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● ● ● ● 1. 2. Sozialhistorische Modelle 1/Säkularisierung Lehmann, Hartmut, Säkularisierung. Der europäische Sonderweg in Sachen Religion, Göttingen 2004. Drei europäische Besonderheiten (1) Keine Verbindung zwischen „intensiver, authentischer Religiosität“ und “wissenschaftlich-technischem Fortschritt“ (2) Konfessionalisierung durch den Staat Folgen: ● Relativierung von Religion ● Stärkung von politischen Großideologien (Marxismus, Faschismus) Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 2. Sozialhistorische Modelle 1/Säkularisierung ● (3) Zentralistische Kirchenorganisationen fördern Entkirchlichung besonders während Urbanisierung ● Insgesamt: ● Zugehörigkeit zur Kirche unreflektierte Tradition, nicht selbstbewußte Willensentscheidung Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● ● 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu Katholizismus als „sozial-moralisches Milieu“ (M. R. Lepsius) Ausgangspunkt: Parteiensysteme in Europa: vier Richtungen ● - Arbeiterparteien ● - ländlicher Konservatismus ● - politischer Katholizismus ● - bürgerlich-städtischer Liberalismus Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● ● 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu Katholizismus als „sozial-moralisches Milieu“ (M. R. Lepsius) Vier Zentralkonflikte (cleavages) (Rokkan/Lipset) Zentrum – Peripherie Staat – Kirche Agrar – Industrie Arbeit - Kapital Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● ● 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu „Gesinnungsgemeinschaften“ (Maurice Duverger) Entlang dichotomischer Ordnungsvorstellungen: Klerikalismus versus Laizismus Parlamentarismus Plan- versus Antiparlamentarismus versus Marktwirtschaft Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu “Versäulung”: Gesellschaft nach liberalen, sozialistischen, katholischen “Säulen” gegliedert Berufe, Vereine, Verbände Righart, Hans, Das Entstehen der katholischen Versäulung in Österreich 1887-1907, in: Zeitgeschichte 11/3 (1983/84), S. 69-82. Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu ● Fazit: ● ● Parteiensystem als Summe sozialmoralisch integrierter und politisch mobilisierter Gesinnungsgemeinschaften (Lepsius) Sozialmilieus: kulturell-weltanschauliche Überformung materieller Interessen Aufbau einer „sekundären Identität“ im Konflikt mit anderen Milieus Katholiken: Österreich im europäischen Kontext 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu Kritik: ● Innere Heterogenität des Sozialmilieus (W. Loth) ● Determinierung der Forschungsergebnisse (D. Blackburn) Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 3. Sozialhistorische Modelle 2/ Milieu ● Beispiel aus der Forschung: ● Kriechbaumer, Robert, Die großen Erzählungen der Politik. Politische Kultur und Parteien in Österreich von der Jahrhundertwende bis 1945, Wien [usw.] 2001. Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 4. Kulturhistorische Modelle/ Konfessionalisierung ● Moritz Csáky: Religion als soziales Kommunikationssystem (Luhmann), Teil eines kulturellen „Textes“ (Cl. Geertz) historisch gewordenes, dynamisches, prozeßhaftes „Konstrukt“ Wechselverhältnis zwischen religiösen Grundaussagen/Dogmen und ihrem historischen, sozialkulturellen Umfeld Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● ● 1. 4. Kulturhistorische Modelle/ Konfessionalisierung Csáky, Moritz, Paradigma Zentraleuropa: Pluralitäten, Religionen und kulturelle Codes. Religion – Mythos – Nation. Einführende Überlegungen, in: Csáky, Moritz, Zeyringer, Klaus (Hg.), Pluralitäten, Religionen und kulturelle Codes, Innsbruck u. a. 2001, S. 9-17. Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 4. Kulturhistorische Modelle/ Konfessionalisierung Gegen Säkularisierungsmodelle/hypothesen: ● Blaschke, Olaf (Hg.), Konfessionen im Konflikt. Deutschland zwischen 1800 und 1970: ein zweites konfessionelles Zeitalter, Göttingen 2002. Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 4. Kulturhistorische Modelle/ Konfessionalisierung Thesen: (1) Konfession sind historisch gewachsen: Konfessionalisierung im 16./17. Jahrhundert (2) Konfessionalisierung: Inklusion/Exklusion, Selbstbeschreibung/Fremdzuschreibung (3) Re-Christianisierung im 19. Jh.: Aktivierung der Gläubigen, Reaktivierung des Bekenntnisses (4) Aufklärung/Religionskritik: nicht Beweis der Schwächung von Religion Katholiken: Österreich im europäischen Kontext ● 1. 4. Kulturhistorische Modelle/ Konfessionalisierung ● Blaschke (S. 19): ● „„Aufklärung und Säkularisierung hatten eben nicht zur Folge, daß religiöse Kräfte versiegten; die grassierende Religionskritik ist kein Indiz für ein säkulares Jahrhundert. Vielmehr zeigt sie, daß sich die Protagonisten des Fortschritts stets in ein Verhältnis zum Christentum setzen mußten, und sei es, daß sie sich angestrengt als ‚Antichristen’ gerierten.“