Fachtagung Arbeitsschutz 09.07.2008 VBG Akademie Lautrach

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Auswirkungen von häuslicher
Gewalt in engen sozialen
Beziehungen
Neurobiologie des Traumas
13. November 2013
Referentin: Dr. med. Brigitte Bosse
Mainz
Gliederung
I.
II.
III.
IV.
V.
Was ist ein Trauma?
Trauma und Gedächtnis
Trauma macht krank
Transgenerationale Aspekte
Erkennen von Traumatisierung und
Traumafolgestörungen
I. Was ist ein Trauma?
I. Definition eines Traumas nach ICD 10
I
Ein Trauma ist ein
„belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher
Bedrohung oder
katastrophenartigen Ausmaßes (kurz- oder lang anhaltend),
die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde.“
I. Ursachen eines Traumas nach ICD10
Ein Trauma wird verursacht durch:
• Naturereignisse
• Kampfhandlungen
• Schwere Unfälle
• Von Menschen herbeigeführte Katastrophen
• Miterleben des gewaltsamen Todes anderer
• Erleben oder Miterleben von Folter,
Geiselnahme oder Vergewaltigung
I. Trauma-Definition nach DSM-IV
Objektive Merkmale eines Traumas:
•
Bedrohung des eigenen Lebens
•
Gefährdung der eigenen körperlichen
Unversehrtheit
•
Schädigung oder tödliche Bedrohung anderer
Personen
I. Trauma-Definition nach DSM-IV
Subjektive Merkmale eines Traumas:
•
Das Erleben intensiver Hilflosigkeit
•
Erleben intensiver Furcht
•
Erleben intensiven Entsetzens
I. Unmittelbare Überlebensreaktionen
Konzentration auf existenziell Notwendiges:
•
klares, überwaches Bewusstsein
•
Ausblenden „unwichtiger“ Details: keine
Schmerz- und Gefühlswahrnehmung
•
automatisiertes Handeln
•
Nicht-Wahrnehmen der körperl.
Belastungsgrenze
I. Typische Symptomatik nach
Traumatisierung
1. Wiedererleben
•
Intrusionen: sich aufdrängende Erinnerungen
•
•
•
•
Gedanken und Bildern
Geräuschen
Gerüchen
Haptischem Erleben
•
Flashback: Wiedererleben; „wie im falschen Film“
•
Albträume
I. Typische Symptomatik nach
Traumatisierung
2. Vermeiden und emotionales Abstumpfen
•
Vermeidungsverhalten in Bezug auf
•
•
•
Orte
Situationen
Gedanken, die an das traumatische Ereignis erinnern
•
Gedächtnisschwierigkeiten
•
Entfremdungsgefühl
•
Interessensverlust
I. Typische Symptomatik nach
Traumatisierung
3. Erhöhte Anspannung
•
Hypervigilanz (= Zustand einer überhöhten
Wachsamkeit und dauernder Anspannung)
•
Schlafstörungen
•
Reizbarkeit und Wutausbrüche
•
Konzentrationsschwierigkeiten
II. Trauma und Gedächtnis
II. Pathologie der PTSD
•
Ein Trauma ist ein extrem stressreiches äußeres
Ereignis, das den Betroffenen überwältigt.
•
normale Abwehmechanismen funktionieren in der
Regel nicht mehr
• no fight
• no flight
 freeze or fragment
II. Fight or Flight – Handlung ist
möglich
•
•
•
•
Aktivierung des sympathischen Nervensystems,
Freisetzung von Katecholaminen (Adrenalin,
Noradrenalin, Cortisol)
Starke Durchblutung der Muskulatur
Bereitstellung von Glukose als „Kampfreserve“
Geschlechtsspezifische Unterschiede:
• Frauen neigen zu Flucht
• Männer eher zum Kampf
II. Freeze or Fragment – Handlung ist
unmöglich
•
Der Organismus distanziert sich vom äußeren
Geschehen (= Dissoziation)
•
Endorphinausschüttung führt zu einer
„Betäubung“
•
Die Erinnerung wird fragmentiert
•
Geordnete Gedächtnisverarbeitung ist nicht
möglich
Stressachse
CRF
ACTH
Cortisol
II. Gedächtnissystem der
Stressverarbeitung
•
•
Hippocampus - Archiv des Gedächtnisses
• Biografisch
• Episodisch
• narrativ
Amygdala - „Feuerwehr“ und Notsystem
• extreme Reize sind der normalen Verarbeitung
entzogen
• Erinnerung ist fragmentiert, leicht zu „triggern“
• gestörte Überleitung zur Großhirnrinde Sprachzentren blockiert
III. Trauma macht krank
Frühkindliche Traumatisierung
Von der Priorität des Lernens zur
Priorität des Überlebens
III. Traumafolgestörungen
• Reaktionen auf schwere Belastungen und
Anpassungsstörungen (PTSD)
• Depressionen
• Angststörungen
• Zwangsstörungen
• Somatoforme Störungen
• Schmerzstörungen
• Essstörungen/Sucht
III. Traumafolgestörungen
Persönlichkeitsstörung
• andauernde Persönlichkeitsänderng nach
Extrembelastung (F 62.0)
• Borderlinestörung – emotional instabile
Persönlichkeitsstörung (F 60.31)
• Dissoziative Identitätsstörung (F 44.81)
– multiple Persönlichkeitsstörung
IV. Transgenerationale Weitergabe
• Spiegelneurone (Rizzolatti 2002/ Bauer „Warum ich
fühle, was Du fühlst“ , 2006)
• „genetische“ Faktoren – Genexpressivität abhängig
vom mütterlichen Stresslevel
• Kaskadenmodell (Teicher 2000) Stress verändert die
neuronale Morphologie
• Bindungsstörungen sind „erblich“
V. Erkennen von Traumatisierung und
Traumafolgestörungen
V. Der kleine Unterschied
• Das Risiko körperlich oder sexuell mißhandelt zu
werden ist in früher Kindheit für Mädchen und
Jungen annähernd gleich
• Später steigt für Mädchen und Frauen das Risiko für
Mißhandlung im sozialen Nahraum. Jungen und
Männer werden eher von Fremden angegriffen
• Frauen neigen zu autoagressiver, internaler
Verarbeitung: „Ich bin schuld“
• Männer neigen zu agressiver, externaler Verarbeitung:
Angriff und Täterfixierung
• Frauen in der Psychiatrie – Männer im Gefängnis
V. Erkennen von Traumatisierung
• Körperliche Wunden sind sichtbar, seelische
Verletzungen sind unsichtbar
• Traumata lassen sich häufig nur an den
Traumafolgestörungen erkennen
• Es gibt keine spezifische Symptomatik für spezifische
Traumatisierungen
• PTSD ist eine anerkannte Traumafolge
• Es gibt eine hohe Korrelation zwischen BPS und
sexueller Traumatisierung im sozialen Nahraum
• DID ist ohne Traumatisierung kaum vorstellbar
Dissoziative Identitässtörung
Dissoziative Identitätsstörungen I
• Häufigkeit:
• bis zu 1% der Bevölkerung
• bis zu 5% bei stationären psychiatrischen Patienten
• bis zu 7% der Borderline-Patienten
• Ätiologie:
• schwere frühkindliche Gewalterfahrungen
• extreme sadistische Gewalt
• „verraten und verkauft“ – Betrayal-Trauma
Dissoziative Identitätsstörungen II
strukturelle Dissoziation nach Nijenhuis
primäre strukturelle Dissoziation
1 ANP, 1 EP  PTSD
sekundäre strukturelle Dissoziation
1 ANP, mehrere EPs  komplexe PTSD, DDnos
tertiäre strukturelle Dissoziation
mehrere ANPs, mehrere EPs  DID
Dissoziative Identitätsstörungen III
• negative Symptome der Dissoziation
– psychisch:
• Amnesie
• Depersonalisation
• Emotionale Betäubung
– somatisch
• Schmerzlosigkeit
• sensorischer Wahrnehmungsverluste
• Motorischer Fnuktionsausfall
Dissoziative Identitätsstörungen IV
• positive Symptome der Dissoziation
– psychisch:
• Stimmen hören
• plötzlich auftretende Emotionen
• Intrusionen, Flashbacks
– somatisch
• „Körpererinnerungen“ mit plötzlich auftretenden
Körperempfindungen und Schmerzen; körperliches
Wiedererleben des Traumas
Erkennen von
Traumafolgestörungen: DID
SDQ 5
• Schmerzen beim Urinieren
• Der Körper oder Teile davon sind
schmerzunempfindlich
• Verändertes Sehvermögen(Tunnelblick)
• Gefühl als sei der Körper oder ein Teil davon
verschwunden
• Kann nicht mehr sprechen/nur flüstern
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