Wissenschaft, Geschlecht und `Rasse` I

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Wissenschaft, Geschlecht und 'Rasse' I
Literatur
Johann Friedrich Blumenbach, Über die natürlichen
Verschiedenheiten im Menschengeschlechte (1798),
Auszug. Kopiervorlage in der W-1 Kursmappe!
Londa Schiebinger, Das Private Leben der Pflanzen.
Geschlechterpolitik bei Carl von Linne und Erasmus Darwin.
In: Michael Hagner (Hrsg.), Ansichten der
Wissenschaftsgeschichte (Frankfurt a.M. 2001), S. 137-160.
Kopiervorlage in der W-1 Kursmappe!
I. Fragestellungen
A. „Naturrechte“ und „Natur“ des Menschen:
Rechtslehre oder Naturwissenschaft?
B. Postulierte (normative) Gleichheit (der
Rechte) und empirische Vielfalt (der Menschen)
C. Differenzdiskurse: Was haben Rassen- und
Geschlechtsunterscheidungen miteinander zu
tun?
II. ‚Rasse’ – Einheit oder Vielfalt
des Menschen
A. Kontext: „Entdeckungsreisen“ und „Charakterbilder“
• Captain James Cook – Weltumsegelung mit „Endeavor“
(ab 1768)
• Joseph Banks – mitreisender „Naturalist“, später
Präsident der Royal Society
• Georg Forster
Titelbild eines Reiseberichtes
von Jacques Jacquin
„Menschenaffe“
(angeblich ein
Gorilla)
nach Buffon
Orangutan
nach Buffon
Schimpanse
nach Buffon
Douc Langur
nach Buffon
Ausdrucke der
Emotionen
- Wieder nach
Buffon
Charakterausdrucksbilder, oder „Physiognomien“
nach Johann Kaspar Lavater
B. Die Debatte im 17. und 18. Jahrhundert
1. Ein Ursprung des Menschen oder
mehrere Ursprünge?
2. Eine ‚Menschenrasse’ oder viele?
Immanuel Kant, ‚Von den verschiedenen Racen des
Menschen‘ (1775)
Johann F. Blumenbach, Über die natürlichen
Verschiedenheiten im Menschengeschlechte (1793)
Johann Friedrich
Blumenbach,
Über die natürlichen
Verschiedenheiten im
Menschengeschlechte
(1798), Titelblatt
Kant-Blumenbach-Konzept
• Die „Rassen“ als Subeinheiten des (als Einheit
gedachten) Menschengeschlechtes
(Grundlage: Buffon, funktionales Kriterium der
Artenunterscheidung)
• Vermeintlich empirische Kategorien (gewonnen aus
ethnologischen Reiseberichten)
• Klima und „Schönheit“
III. Geschlecht – Einheit,
Hierarchisierung, Komplementarität
A. Frauen IN und Frauen UND
Wissenschaft – ein kausales Verhältnis?
B. Frauen IN den Wissenschaften der
Frühen Neuzeit, oder: Wo und wie Frauen
am naturphilosophischen Gespräch
teilnehmen konnten – und wo nicht
1. Die (ambivalente) Rolle
bedeutender Persönlichkeiten
• Die Physikerin Laura Bassi (1711-1788)
• erste promovierte Frau (Dr. der
Philosophie, Universität Bologna, 1731)
• und erste Professorin der
Naturwissenschaften (ebendort 1733)
• „Vormütter“ oder große Ausnahmen?
2. Frauen (nicht) an den
Universitäten und Akademien
• Lady Margaret Cavendish (1623-1673) –
Naturphilosophin
• Mitgliedschaft in der Royal Society
abgelehnt
Gespräch im Hause
Cavendish – idealisiertes
Abbild
Wissensproduktion im Haushalt
Maria Winckelmann (1670-1720), Astronomin
Betreut und publiziert das mit ihrem Mann gemeinsam
geschriebene Almanac nach dessen Tod weiter, wird
jedoch nicht Mitglied der Preußischen Akademie der
Wissenschaften
3. Alternative Strukturen - Salons und
publizistische Netzwerke
• Die Bedeutung von Patronage – konnten Frauen
unabhängig von Männern sein?
Maria Sybilla Merian (1647-1717)
Tochter eines Verlegers und
Kupferstechers in Frankfurt/M.
(Hrsg. u.a. des Florilegium
Novum des Grossvaters – 1612)
Nach der Ehe mit J. M. Graf
1655 Übersiedlung 1670 nach
Nuremberg - Blumen- und
Raupenbücher (1675-1683)
1685 Übersiedlung nach Schloß
Waltha (Westfries-friesland),
1691 Amsterdam
1699 Reise nach Surinam
Bild aus:
Die Verwandlung der
Insekten Surinams (1704)
Gabrielle-Emilie le Tournelier
de Breteuil, Marquise de
Chateler
1706 - 1749
Institutions de Physique
(1740), Titelblatt
(ohne Autorennamen)
4. Populärwissenschaft – unter Damen zu Hause
Newton for the Ladies: Eliza Haywood, The Female
Spectator (London)
C. Geschlechterbilder der „Natur“
im 17. und 18. Jahrhundert
1. Natura, Scientia, Sophia, Veritas
Erstes Bild der
„Enzyklopädie“
2. Bacon – die neue Wissenschaft als männliche Kunst
• Francis Bacon, “The Natural Philosophy of Time” (1611)
• Die Natur nicht allein befragen, sondern foltern, aus ihr
die Wahrheit herauspressen.
• Problem: kaum rezipiert im Vergleich zum „Novum
Organum“ oder „Neu Atlantis“!
3. Descartes und Locke:
„Der Geist hat kein Geschlecht“
4. Pflanzen und Säugetiere bei Linne
„männliche“ und
„weibliche“
Pflanzen bei
Linné
5. Feine Unterschiede – Anatomie männlich und
weiblich, am Beispiel des Skeletts
Weibliches Skelett
Aus: Felix Platter,
De corporis humani structura
(1583), 3. Buch, Tab. II
Weibliches Skelett
Aus: Joseph Schmidt
Spiegel der Anatomy
(1654), Tab. IX
„Jean-Jacques Sue“ (= Thiroux d’Arconville), Traité de
Ostéologie (1759)
Thomas Soemmering, Tabula skeleti feminini (Utrecht
1796)
Weibliches Skelett
Aus: „Jean-Jacques Sue“
(= Thiroux d’Arconville),
Traité de Ostéologie (1759)
Weibliches Skelett
Aus: Thomas Soemmering,
Tabula skeleti feminini
(Utrecht 1796)
IV. Zusammenfassung –
Gleichheit, Differenz und die
Wissenschaften vom Menschen
• Grunddilemmata der Modernität:
• 1. Muss JEDE Unterscheidung eine Ungleichheit bzw.
eine Machthierarchisierung bedeuten?
• 2. Muss JEDE normative Gleichstellung in eine
Einheitsbrei ohne Unterscheidung münden?
• Die Rolle der Wissenschaften: „Natur“ als Kulturartefakt:
„Naturalisierung“ kultureller (gesellschaftlicher,
politischer) Normen und Ordnungen, oder Projektion
derselben auf „die
Natur“?
• Aber Wissenschaftlichkeit bedeutet: Unterscheiden
können!
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