Metrische Markow-Ketten Klaus Frieler Universität Hamburg Musikwissenschaftliches Institut Einleitung • Metrisch gebundene Musik verfügt über zwei Apsekte musikalischer Zeit: Lineare Zeit Zyklische Zeit • Der zyklische Aspekt ist vor allem in genuiner Rhythmus und Metrumsforschung untersucht worden • Gelegentliche Kreisdarstellungen, meisten beschränkt auf eintaktige Patterns oder Strukturen von Metren. Metrische Markow-Ketten Einleitung • Verallgemeinerung: Metrische Kreisabbildung (MKA) • Einführung von Metrischen Markow-Ketten (MMK) • Kompakte Visualisierung von einzelnen oder mehreren Rhythmen auf dem metrischen Kreis. • Definition der Metrischen Entropie (ME) als Kennzahl für metrische Variabialiät und Strukturiertheit. Metrische Markow-Ketten Metrische Kreisabbildung • Rhythmen darsgestellt als streng monotonwachsende Folge von Zeitpunkten ti • Annahme hier: Metrische Rhythmen mit Taktlänge T. • Metrische Kreisabbildung vom Rhythmus auf den Einheitskreis in der komplexen Ebene • Zeit läuft gegen den Uhrzeigersinn. Der freie Parameter f erlaubt,die Taktanfänge auf einen Punkt abzubilden, hier: (1,0) oder 3 Uhr. Metrische Markow-Ketten Metrische Markow-Ketten • Definiere N nicht-überlappende Kreissegmente mit Mittelpunkten auf den Nten Einheitswurzeln (bei Winkeln 360°/N) • Jeder Punkt der MKA ist liegt dann in genau einem Intervall. • Wir erhalten eine Folge von Kreisindizes für einen Rhythmus. Metrische Markow-Ketten Metrische Markow-Ketten • Markow-Ketten ergeben sich dann als Besetzungs- und Übergangswahrscheinlichkeiten (0. und 1. Ordnung) zwischen Kreisindizes. • Bem.: Markow-Ketten lassen sich auch für andere musikalische Parameter definieren und wurden oft für algorithmische Kompositon eingesetzt. Metrische Markow-Ketten Visualisierung • Beispiel: Mandy von Barry Manilow Metrische Markow-Ketten Visualisierung • Beispiel: Drumgroove „Cross-Fade“ von Steve Coleman (9/4). (OL: Hihat, OR: Cowbell, UL: Kick, UR: Snare) Metrische Markow-Ketten Metrische Entropie • Informationsentropie wurde 1948 von Claude Shannon für die Signaltechik eingeführt. • Sie ist ein Maß für die „Information“ die in einer Wahrscheinlichkeitsverteilung enthalten ist, in diesem Sinne: Wieviele Ja/Nein-Fragen muss man im Mittel stellen um das Ergebnis eines Zufallsexperiment herauszufinden. • Einheit: Bits. Metrische Markow-Ketten Metrische Entropie • Sei eine Zufallsvariable (Wahrscheinlichkeitsverteilung) mit N Wahrscheinlichkeiten pi gegeben. Dann ist die Entropie H = -S pi log2 pi • Sehr sichere und sehr unsichere Ereignisse transportieren wenig Information. • Maximale Entropie bei Gleichverteilung: pi = 1/N Metrische Markow-Ketten Metrische Entropie • Wir definieren für die Metrischen Markow-Ketten Entropie 0. und 1. Ordnung, h0 and h1, normalisiert auf Werte zwischen 0 und 1. • h0 ist Entropie der Besetzungswahrscheinlichkeiten: Desto mehr verschiedene metrische Positionen und desto gleichmäßiger sie eingenommen werden, desto höher ist die Entropie. • Höchste Entropie bei vollkommen gleichmäßigen Schlagfolgen, aber auch bei vollkommen zufälligen. • Entropie sinkt falls bestimmte Positionen bevorzugt werden („Besetzungakzente“) Metrische Markow-Ketten Metrische Entropie • h1 ist Entropie der Übergangswahrscheinlichkeiten. Desto mehr verschiedene Übergänge und desto gleichmäßiger diese vorkommen, desto höher die Entropie • Komplett zufällige Folgen haben höhere metrische Entropie 1. Ordnung als komplett strukturierte. Unterscheidungskriterium. • Zusammengenommen bilden h0 und h1 Maß für metrische Variabilität. • Interpretation im Sinne von Vorhersagbarkeit von Rhythmen. • Frage: Metrisches Komplexitätsmaß? (keine Berücksichtung der Phasenlage und der metrischen Hierarchie) Metrische Markow-Ketten Metrische Analyse von Melodiesammlungen • Zur Demontstration der Methoden wurden 5 Liedsammlungen untersucht: – – – – – 61 Irische Volkslieder 586 LuxemburgischeWeisen, 149 Ostpolnische Kirchenlieder aus Warmia 207 deutsche Kinderlieder 53 zeitgenössische Pop songs (Boygroup-Songs aus den Charts, Daten von Frank Riedemann) • Transformation mit der MKA, Berechnung von MMK, Berechnung der ME Metrische Markow-Ketten Verteilung der Signaturen Signatur 2/4 Kinder Warmia 70,5 Luxemb. 4,1 4/8 4/4 33,6 Pop 11,0 0,2 8,7 72,3 8/4 27,0 33,0 96,2 2,0 3 /8 3,9 1,4 2,0 3 /4 12,1 7,4 21,5 6/4 6/8 Irisch 1,4 4,8 1,4 33,0 3,0 15,7 9/8 3,8 16,0 3,0 9/4 8,1 5/4 1,4 7/4 0,7 Zweier 79,2 78,4 60,8 44,0 96,2 Dreier 20,8 19,6 39,2 56,0 3,8 Ungerade 2,0 Metrische Markow-Ketten Visualisierung der Liedsammlungen • Links Kinderlieder, rechts Warmia Metrische Markow-Ketten Visualisierung der Liedsammlungen • Links:Luxemburg, Mitte: Irische, Rechts: Pop Metrische Markow-Ketten Verteilung der Metrischen Position • Pop songs Irish Pop Children East-Polish Luxembourg 350 Rel. Freq. (%/10) 300 250 200 150 100 50 0 0 5 10 15 20 25 30 35 Index on the Metrical Circle (N=48) Metrische Markow-Ketten 40 45 50 Verteilung der Metrischen Position • Oben: Kinderlieder, unten: Pop songs 350 Rel. Freq (%*10) 300 250 200 150 100 50 0 0 6 12 18 24 30 36 42 48 Circle Index 14 Rel. Freq. (%) 12 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 25 30 35 Circle Index (N=48) Metrische Markow-Ketten 40 45 50 Übergangswahrscheinlichktien 42 Circle Index (N=48) 36 30 Pop East-Polish 24 Luxembourg Irish Children 18 12 6 0 0 6 12 18 24 30 36 Circle Index (N=48) Metrische Markow-Ketten 42 Metrische Entropien • Links: 0. Ordnung, rechts: 1. Ordnung Metrische Markow-Ketten Metrische Entropien: Vergleich • Hochsignifikante Unterschiede in den Entropieverteilungen (p<.00). Ausnahme: Luxemburg und Warmia. • Kinderlieder sind am „einfachsten“: Weniger metrische Variabilität (2/4 Takte!), Besetzungswahrscheinlichkeiten am stärksten akzentuiert. • Popsongs zeigen größte Variabilität. Jede Achtelposition im 4/4 ist nahezu gleichwahrscheinlich. Viele Synkopen resultieren in höherer Zahl von Übergängen • Kinderlieder und Luxemburgische Songs zeigen homogenste Verteilung, die Irischen Lieder haben die breiteste Streuung Metrische Markow-Ketten Zusammenfassung und Ausblick • Die MKA und die Metrischen Markow-Ketten sind zur Beschreibung und Charakterisierung von Rhythmen geeignet. • Kompakte Visualisierung • Metrische Entropien sind zur Differenzierung von Stilen geeignet (auf der Ebene von Sammlungen) • Mögl. Erweiterungen: – – – – Tonhöhe als Radius Lineare Zeit als 3. Koordinate (Spiralen auf Zylindern) Tonhöhe auf dem Quintenzirkel führt auf Torusdarstellung… Metrische Ähnlichkeitsmaße Metrische Markow-Ketten