VaR – Varianz-Kovarianz Methode B.Burkhard 19.08.2004 Definition & Methoden Defintion: VaR mißt den in Währungseinheiten bewerteten Verlust, der während eines bestimmten Zeitraums (bspw. 1 Tag) mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit (bspw. 99%) nicht überschritten wird. Methoden: 1. Varianz / Kovarianz – Verfahren Verteilungsannahme der wichtigsten Einflußfaktoren, um auf das VaR zu schließen 2. Simulationsverfahren und jeweils anschließende Neubewertung des Portfolios Historische Simulation Simulation der Einflußfaktoren auf Basis von Beobachtungen in der Vergangenheit Monte Carlo Simulation Simulation auf Basis einer Verteilungsannahme 2 Risiko ist Vorhersage über Wertentwicklung des Portfolios (P&L) 3 Prämissen für VaR-Methoden 4 Festlegung des Portfolios i.d.R. Gesamtportfolio oder über Risikofaktoren Aktien, Zinsen, Devisen Identifikation der Marktparameter z.B. Devisenkurse, Zinssätze, Aktienkurse, Aktienindizes und (implizite) Volatilitäten Festlegung eines Beobachtungszeitraums Beobachtungsperiode bestimmt bei der historischen Simulation die Anzahl der Szenarien. Liegt zwischen 90 – 250 Tagen. Bankenaufsicht schreibt 1 Jahr vor, also 250 Tage. Festlegung eines Liquidationszeitraum Zeitraum bis zur Glattstellung oder bis Hedging, z.B. im Handelsbestand 1 Tag, im Anlagebuch 30 Tage – 1 Jahr. Abhängig von Liquidität der jeweiligen Märkte. Größter Schwachpunkt liegt in der impliziten Annahme, daß das Portfolio während der gesamten Liquidationsperiode unverändert bleibt. Festlegung eine Wahrscheinlichkeitsniveau VaR ist das Quantil der Verteilung der Wertänderungen i.d.R. zwischen 95%-99%, damit der tatsächliche Verlust während der Liquidationsperiode nur selten das VaR übersteigt. Parameterisierung extern / regulatorisch (GS I) • • • • 10 Tag Haltedauer 99 % Konfidenz-Niveau gleichgewichtete Volas+Korr. (RiskMetrics) histor. Betrachtungszeitraum (mind. 250 Handelstage) intern / Risiko-Steuerung • • • • 5 1 Tag Haltedauer 99% Konfidenz-Niveau exp. gewichtete Volas+Korrelationen (RiskMetrics) histor. Betrachtungszeitraum (250 Handelstage) Varianz-Kovarianz-Methode 6 Verwendung von Kovarianzen ( also Volatilitäten und Korrelationen) der Risikofaktoren und die Sensitivitäten des Portofoliowertes bzgl. dieser Risikofaktoren. Nur lineare Näherungen für die Risikofaktoren Risiko und Volatilität der Risikofaktoren Risiko: Streuung möglicher Werte einer Zufallsgröße z.B.: Streuung der relativen Änderung r t (Return) eines Währungskurses über einen bestimmten Zeitraum Return: r t = (S t - S t-1 )/S t-1 S t : Währungskurs zur Zeit t Mittelwert: Varianz: 7 = 1/T i ri 2 = 1/(T-1) i ( ri - )2 Volatilität: des Returns des Risikofaktors S ( Währungskurs, Aktienkurs, Zins...) VaR 1 Beispiel FX-Kassa Position Annahme einer Normal-Verteilung für Risikofaktor (parametrisches VaR) Bsp.: deutscher Investor ist long Kassa-Position Nominal N=1 Mio USD Definition: VaR = N x x x T1/2 z.B. USD/EUR-Volatilität : 1.3 % ( aus z.B. RiskMetrics ) Skalierung : 2.33 ( für Konfidenzniveau 99 %) Haltedauer T : 1 Tag Umtauschrate EUR/USD : 1.0000 EUR/USD VaR = 1 Mio USD x 2.33 x 0.013 x 1.0000 EUR/USD = 30 290 EUR 8 Aussage: Mit 99 % Wahrscheinlichkeit wird der Marktwert der Position sich im Laufe eines Tages um nicht mehr als 30 290 EUR verringern. VaR 2 VaR von mehreren Produkten, Korrelationen Risikofaktoren verändern sich nicht unabhängig voneinander, sondern sind korreliert ein Maß für die Korrelation ist der Korrelations-Koeffizient es gilt: -1 <= 1 = 1: vollständige Korrelation zwischen A und B A steigt--> B steigt auch = -1: vollständige Anti-Korrelation zwischen A und B A steigt--> B sinkt = 0: keine Korrelation zwischen A und B A steigt--> B steigt oder sinkt 9 VaR 3 VaR von mehreren Produkten Beispiel 2 Produkte aus der Def. der Varianz: 2(1+2) = 2(1) + 2(2) + 2 (1) (2) ==> VaR (1+2) = [ VaR(1)2 + VaR(2)2 + 2 VaR(1) VaR(2) ] 1/2 Grenzfälle: =1 VaR (1+2) = VaR(1) + VaR(2) nur im Fall vollständig (positiv) korrelierter Produkte ist das Gesamtrisiko gleich der Summe der Einzelrisiken = -1 VaR (1+2) = VaR(1) - VaR(2) Differenz der Einzelrisiken (für VaR(1)=VaR(2) ist VaR(1+2) =0 !) = 0 VaR (1+2) = [ VaR(1)2 + VaR(2)2 ] 1/2 Für alle <1 ist das Gesamtrisiko kleiner als die Summe der Einzelrisiken: Korrelationen führen zur "Risiko-Diversifikation" ! 10 VaR 4 Beispiel 2 Devisen Kassa-Positionen Bsp.: deutscher Investor long Kassa-Position Nominal N=1 Mio USD short Kassa-Position Nominal N= -1.5 Mio CAD z.B. USD/DEM-Volatilität : 1.3 % CAD/DEM-Volatilität : 1.2 % Korrelation USD-CAD: 0.9 Skalierung : 2.33 ( für Konfidenzniveau 99 %) Haltedauer T : 1 Tag Umtauschrate EUR/USD : 1.0000 EUR/USD Umtauschrate EUR/CAD : 0.7000 EUR/CAD VaR(USD) = 1 Mio USD x 2.33 x 0.013 x 1.0000 EUR/USD = 30 290 EUR VaR(CAD) = 1.5 Mio CAD x 2.33 x 0.012 x 0.7000 EUR/CAD = 29 358 EUR VaR(USD+CAD) = 13 368 EUR Da die Positionen effektiv gegeneinander stehen ist das Portfolio-Währungs-Risiko gegenüber den Einzelrisiken stark reduziert. 11 Annahmen Jede Variable wird als Zufallsgröße mit bekannter Verteilung aufgefaßt. die Wertänderung einer Position über eine Liquidationsperiode L ist normalverteilt. die Mittelwerte (Trends) einzelner Parameter sind im Zeitablauf konstant die Volatilitäten einzelner Parameter sind ebenfalls konstant die Werte einzelner Parameter weisen im Zeitablauf keine Autokorrelation auf die Korrelation zwischen verschiedenen Parameter ist im Zeitablauf konstant Fazit: VaR ist eine Risiko-Kennzahl, die insbesondere unter normalen Marktbedingungen wertvolle Aussagen liefert und die den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird. Für die tägliche Praxis muß sie jedoch durch komplementäre Risiko-Kennzahlen (z.B. Stress-Tests für "worst case ") ergänzt werden. 12 Methoden zur Risikomessung Überblick Risiko-Maße Szenarios Stress-Tests, Monte Carlo (MC) 13 Value-at-Risk (VaR) parmetrisches VaR, VaR durch historische Simulation Idee: generiere eine Veränderung Risikofaktoren (Szenario) und bestimme die Wertveränderung des Portfolios (Neubewertung) Idee: bestimme den maximalen Verlust des Portfolios bei gegeb. Konfidenz-Intervall (z.B. 99%) und gegebener Haltedauer (z.B. 1 Tag) Vorteile: - volle Bewertung -gute Kommunizierbarkeit (bei Stress) -nicht normalverteilte Risikofaktoren(bei MC) - berücksichtigt extreme Fälle Vorteile: - berücksichtigt Information über Verhalten des Marktes in der Vergangheit in statistischer Form (Volatilitäten, Korrelationen) - Resultat ist ein Betrag, der mit anderen Risiken vergleichbar ist Nachteile: - Auswahl Szenarien subjektiv (bei Stress) - keine Korrelationen (bei Stress) Nachteile: -Modellannahmen ( siehe hinten) -keine extremen Risiken (fat tails !) Stress-Tests 1 Bsp. USD Kassa-Position z. B. Portfolio aus Produkten, die nur auf einen Risikofaktor sensitiv sind (z.B. eine Kassa-Position in USD) 1. Identifizierung des Risikofaktors: USD/EUR-Rate SUSD/EUR 2. Bewertung des Portfolios mit heutiger Rate SUSD/EUR 3. Szenario: Rate fällt an einem Tag um 6% 4. Neubewertung mit neuer Rate SUSD/EUR new = 0.94 x SUSD/EUR 5. Differenz zum ursprünglichen Marktwert gibt Wertveränderung unter dem gewählten Szenario zahlenmäßig: heute long 1 Mio USD, SUSD/EUR =1.0000 EUR/USD -> PVold = 1.0 Mio EUR Szenario: SUSD/EUR new = 0.9400 EUR/USD -> PVSzenario = 0.94 Mio EUR Wertveränderung unter Szenario: - 60 000 EUR 14 Stress-Tests 2 Auswahl von Szenarien 15 Vielzahl von Risikofaktoren (evt. Gruppenbildung) komplizierte Bewertungsverfahren (sehr zeitaufwendig) gleichzeitige Veränderung mehrerer Risikofaktoren (Szenario-Matrizen für z.B. Wechselkurs und Wechselkurs-Volatilität bei FX-Optionen) kritisch: Auswahl von Szenarien (auch extreme Änderungen der Risikofaktoren, z.B. 19.10.87: S&P 500 -20.4 % an einem Tag) Empfehlungen der Derivatives Policy Group: Zinsen: parallel shift of +/- 100 BP, Volatilität +/- 20 % yield curve twisting +/- 20 % Aktien: Index-Shift von +/- 10%, Volatilität +/- 20 % Währungen: FX-rate Shift +/- 6%, Volatilität +/- 20 % 16 15.03.2000 10.03.2000 07.03.2000 02.03.2000 28.02.2000 23.02.2000 18.02.2000 15.02.2000 10.02.2000 07.02.2000 Performance (tägl) = 0,3 02.02.2000 28.01.2000 25.01.2000 20.01.2000 17.01.2000 12.01.2000 07.01.2000 6,0 04.01.2000 30.12.1999 27.12.1999 Risiko und Performance in Mio EUR Bsp. Backtesting Gegenüberstellung von Risikoprognose und Performance Im-Performance VaR (Prognose) = 3,4; VAR (Vortag) = 3,2 4,0 2,0 0,0 -2,0 -4,0 -6,0 VaR-Prognose für den nächsten Tag Performance realisierte Gewinne/Verluste realisierte cash flows carry interest earnings funding costs Provisionsergebnis unrealisierte Verluste GuV nach HGB = HGB P&L unrealisierte Gewinne Handelsergebnis = betriebswirtschaftliche Performance 17 Prognosegüte (Backtesting) § 41 GSI: Prüfung der Prognosegüte mittels täglichem Vergleich der potentiellen Risikowerte mit den tatsächlichen Wertveränderungen "Backtesting" Zur Bemessung des Zusatzfaktors sind bei 250 Arbeitstagen die Ausnahmen zu zählen (Stand: 2000) Anzahl der Ausnahmen höherer Faktor weniger als 5 0,00 5 0,40 6 0,50 7 0,65 8 0,75 9 0,85 10 und mehr 1,00 18 Internet-Adressen zum Thema http://www.gloriamundi.org/ All about Value at Risk www.risknews.net http://www.contingencyanalysis.com/index.htm (mit weiteren Links) http://www.riskbook.com/ http://www.iir.de/ http://www.investopedia.com/default.asp http://www.lombardrisk.com/ http://www.riskmetrics.com/ http://www.risknet.de/ http://www.rmce.de/topic_risikomanager.asp http://www.derivativesmodels.com http://www.unriskderivatives.com/ http://www.unriskderivatives.com/download/whitepaper.pdf (Accuracy does matter: High-End Numerical Techniques for the Robust Pricing of Structured Financial Instruments) 19 http://www.statslab.cam.ac.uk/ http://www.mathfinance.de/ Literatur-Empfehlungen (Auswahl) Bankweites Risiko-Management: Joel Bessis Risk Management in Banking , John Wiley 1998 Roland Eller, Handbuch Derivativer Instrumente, Schäffer Poeschel 1996 Handel, Derivate, Bewertung : I. Uszcapowski, Optionen und Futures verstehen , Beck-DTV 1995 Roland Eller, H.P. Deutsch, Derivate und Interne Modelle, Schäffer 1998 John C. Hull, Options, Futures and other derivatives, Prentice-Hall 1989 M. Mattoo, Structured Derivatives, Pitman Publishing 1997 Methoden zur Risiko-Messung: Philippe Jorion, Value at Risk, McGraw-Hill 1997 Kevin Dowd, Beyond Value at Risk, Wiley 1998 20