Moral

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Vorlesung Bildungspsychologie I WS 2008/09
PD Dr. Haci-Halil Uslucan
Herzlich Willkommen
1
Vorlesung Bildungspsychologie I WS 2008/09
PD Dr. Haci-Halil Uslucan
1.
Überblick: Vorlesungsinhalte
Freitag: 09.01.2009:
 Geschichte der Bildungspsychologie
 Voraussetzungen und Folgen von Bildung:
gesundes Aufwachsen: Bindung und Bildung
kognitive Entwicklung: Piaget und Wygotski
2
Vorlesung Bildungspsychologie I WS 2008/09
PD Dr. Haci-Halil Uslucan
1.
Überblick: Vorlesungsinhalte
Freitag: 09.01.2009:
 Voraussetzungen und Folgen von Bildung:
Implikationen für den Unterricht
 Bildung und Erziehung
 Lernen und Lernstörungen
3
Vorlesung Bildungspsychologie I WS 2008/09
PD Dr. Haci-Halil Uslucan
1.
Überblick: Vorlesungsinhalte
Samstag: 10.01.2009:




Rolle der Gleichaltrigen und Rolle des Fernsehens: Peer-und
Mediensozialisation
Werte und Wertentwicklung von jungen Erwachsenen
Entwicklung und Förderung moralischer Bildung
Kognitive Fähigkeiten, Bildung und Weisheit im Alter
4
Psychologie der Moralentwicklung

Was ist Moral?

Unter Moral werden ganz allgemein spezifische
Einstellungs- und Verhaltensnormen verstanden, die die
individuell-private
Lebensführung
des
Einzelnen
überschreiten
und das soziale Leben der Menschen regulieren.
Regeln, die nicht nur das Soziale regulieren, sondern
selbst sozial konstituiert sind;
Regeln, die in einer Kultur, in einer Gruppe oder
Gesellschaft über einen längeren Zeitraum von der
Mehrheit ihrer Mitglieder als verbindlich betrachtet
werden.
5
Psychologie der Moralentwicklung

Was ist Moral?

Im Gegensatz zu Gesetzen sind moralische Regeln vielfach nicht
schriftlich fixiert, sondern wirken implizit und indirekt über
erzieherische Normen, aber auch als der ethische Gehalt von
Gesetzen in die Lebenswelt des Einzelnen hinein.

Auf moralische Regeln lässt sich nur fiktiv verzichten; in der
konkreten Gestaltung des Lebens bilden Normen und Regeln einen
wesentlichen Bestandteil unseres Zusammenlebens.

Sogar eine Räuberbande, wie Platon überzeugend dargelegt hat,
bedarf verbindlicher Regeln, um die Beute unter sich einigermaßen
gerecht aufzuteilen.
6
Psychologie der Moralentwicklung










Menschen leben und entwickeln sich in sozialen
Systemen/Sozialisationsinstanzen:
• Familien
• Kindergärten
• Schulen/Hochschulen
• Gleichaltrigen Gruppen
• Nachbarschaften
• Betrieben/Firmen
• Kirchen
• Gemeinden
• Staaten etc.
7
Psychologie der Moralentwicklung
In jedem dieser Systeme und der Gesellschaft
allgemein gibt es Normen/Regeln des
Zusammenlebens:
 • Verbote
 • Gebote
 • Pflichten
 • Verantwortlichkeiten gegenüber anderen (und
entsprechende Rechte)

8
Psychologie der Moralentwicklung





Normen entstammen kulturellen oder religiösen
Traditionen,
Ideologien und Menschenrechten.
Moralische Normen wie auch Rechts- und
Konventionsnormen
regeln unser Handeln („es sollte normkonform“ sein).
Außerdem liefern sie Bewertungsmaßstäbe für unser
eigenes Handeln/Tun und das der anderen.
9
Psychologie der Moralentwicklung
Aber:
 • Normen können missverstanden werden
 • sie können nicht anerkannt werden
 • sie können trotz Anerkennung nicht befolgt werden
 • sie können befolgt werden, ohne anerkannt zu
werden.
 Idealerweise erfolgt die Anerkennung der Norm auf
einer freien Entscheidung und nicht als Folge von
Sozialisationsdruck.
10
Psychologie der Moralentwicklung



Kriterien für die Definition von (reifer) Moralität:
Internalisierung von Normen: das Erleben des
Sollens (der normativen Verpflichtung) ohne äußere
Kontrolle, Zwänge oder Anreize einer selbst
vertretenen Norm zu entsprechen.
Gerechtigkeitsempfinden: Verständnis für Regeln der
Verteilung und des Austausches von Gütern bzw. von
Belohnung und Bestrafung in einem sozialen System.
11
Psychologie der Moralentwicklung

Erst das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser
Kriterien klassifiziert ein Verhalten als
moralisch oder unmoralisch.
12
Psychologie der Moralentwicklung

Wie erreichen Normen diese Funktionen diese
Funktionen?

(1) Wissen über Normen muss erworben werden. Es
muss verstanden werden, was Normen in konkreten
Situationen bedeuten.
(2) Ihr Geltungsanspruch muss anerkannt werden
(Forderungen als berechtigt einsehen – als das, was
wirklich werden sollte, auch nach eigener
Überzeugung).
(3) Sie müssen befolgt werden.


13
Psychologie der Moralentwicklung
Moral umfasst zwei Dimensionen:
 (a) Die kognitive (was ist richtig?)
 (b) Die motivationale (warum sollte man tun, was
richtig ist?)

In der kognitiven Dimension geht es um die
Inhalte und den Geltungsbereich von Moral, in der
motivationalen Dimension geht es um die
Begründung (aus welchen Gründen, werden
Regeln befolgt).
14
Psychologie der Moralentwicklung

• Es ist nicht Anspruch der Psychologie, eine Ethik zu
begründen.

• In der Moralforschung geht es vielmehr darum, Unterschiede
in normativen Überzeugungen aufzuzeigen, die das Erleben,
Urteilen und Handeln von Menschen leiten.
• Die entwicklungspsychologische Forschung bezieht sich vor
allem auf die Beschreibung und Erklärung der Sozialisation
des normbezogenen Wissens.

15
Psychologie der Moralentwicklung
Probleme der moralischen Normen:
 1) „Wissen“ über geltende Normen garantiert nicht
deren Anerkennung. Die meisten Vergehen werden
im Bewusstsein der Normverletzung begangen.

2) „Urteile“ über das moralisch Gebotene implizieren
keine moralische Verpflichtung, das moralisch
Gebotene auch zu tun.
16
Psychologie der Moralentwicklung

3) „Verhalten“ müsste daraufhin geprüft werden, ob das
Motiv tatsächlich die Erfüllung der Moralnorm ist oder aber
andere Motive (z. B. positive Selbstdarstellung, Angst vor
Kritik und Sanktionen, Hoffnung auf künftige Vorteile).

4) „Moralische Gefühle“ - sofern sie wirklich erlebt werden sind moralische Bewertungen eigenen und fremden
Verhaltens und spiegeln insofern die Moral einer Person
wider. Das Problem liegt in der Erfassung ihrer Echtheit.
17
Psychologie der Moralentwicklung




Es gilt zu beachten, dass auch normabweichendes
Verhalten noch nicht beweist, dass es an Moral fehlt!
Es kann einer abweichenden persönlichen
moralischen Überzeugung entsprechen (die erfasst
werden muss)
Es kann aus der Situation moralisch gerechtfertigt
werden
Es kann Schuldgefühle auslösen, welche die
Akzeptanz der verletzten Norm belegen.
18
Psychologie der Moralentwicklung
Internalisierung von Normen
 Ein Verhalten wird häufig als moralisch klassifiziert,
wenn es ohne äußere Kontrolle (Überwachung,
Druck, Anreiz, Sanktionen) einer als verbindlich
erachteten Norm entspricht.
 D. h. die Einhaltung der Norm ist selbstkontrolliert.
Sie gilt dann als internalisiert / verinnerlicht.
19
Psychologie der Moralentwicklung

Internalisierung
kann
auch
die
anspruchsvollere Bedeutung haben, dass eine
Norm eine Facette (ein Teil) des
Selbstkonzeptes oder der Identität der Person
wird, deren Verletzung Selbstvorwürfe in
Form von Scham- oder Schuldgefühlen nach
sich zieht.
20
Psychologie der Moralentwicklung
Moralische Sozialisation in der Familie:
 Hoffmann und Salzstein (1967) unterscheiden
drei Grundformen der Erziehung:
 1. Machtausübung (gekennzeichnet durch
gewaltsame Durchsetzung von Forderungen)
durch Befehl, Sanktionsdrohung, sowie
materielle oder körperliche Strafen.

21
Psychologie der Moralentwicklung
Moralische Sozialisation in der Familie:
 2. Liebesentzug (z. B. durch Ausdruck der
Enttäuschung, Unterbrechung des Kontaktes zum
Kind)
 3. Induktion, die ruhige Erläuterungen von Geboten
und Verboten durch Aufzeigen der Folgen des
Fehlverhaltens für sich selbst und andere.
22
Psychologie der Moralentwicklung



Studien belegen: Machtausübung verhindert eher
eine Internalisierung von Normen als dass es sie
fördert:
Facetten internalisierter Moral (Indikatoren von
Schuldgefühlen, Hilfsbereitschaft, Widerstand gegen
Versuchungen) korrelieren negativ mit
Machtausübung.
Verhaltensprobleme (Aggressivität, Aufsässigkeit)
korrelieren substantiell mit elterlicher Strafe und
Feindseligkeit.
23
Psychologie der Moralentwicklung


a) Machtausübung: In einem solchen Klima
ist Identifikation mit den Erziehenden und
ihren Anliegen und Werten nicht zu erwarten.
Zwang löst Reaktanz aus, Widerstand und
Ablehnung von Forderungen.
24
Psychologie der Moralentwicklung

b) Wenn Erzieher nur moralwidriges Verhalten
bestrafen und das wünschenswerte Verhalten nicht
anregen, dann kann sich dieses Verhalten nur
schwer entwickeln.

c) Internalisierung von Normen kann erwartet
werden, wenn normentsprechendes Verhalten nicht
erzwungen und damit external attribuiert wird. Bei
Machtausübung bleibt die Regelbeachtung
external.
25
Psychologie der Moralentwicklung
Erfolgversprechende Moralerziehung:





Reflexion über die Berechtigung einer Norm und
angemessene Auslegung
Erziehung, in der je nach Verständnis der Sinn von
Forderungen erklärt,
• Konflikte zwischen Normen und Neigungen
angesprochen,
• verschiedene Lösungsmöglichkeiten erwogen
und
• Entscheidungen begründet werden.
26
Psychologie der Moralentwicklung



Die Beachtung der Norm wird auf diese
Weise zu einem Teil des Selbst und der
eigenen Identität.
Es wird Spielraum für eigene
Entscheidungen und Argumentationen
gewährt.
Die Beachtung von Normen kann als
eigene Entscheidung erlebt werden.
27
Psychologie der Moralentwicklung

Die Moralpsychologie von Jean Piaget:

Beobachtung des Murmelspiels der Kinder und Befragung
nach dem Regelverständnis (Piaget, 1932/1973).
28
Psychologie der Moralentwicklung
Die Moralpsychologie von Jean Piaget:
Stadien der Entwicklung des Regelbewusstseins
•Fehlen von gemeinsamen Regeln auf der untersten Stufe
(vom ersten bis zum vierten Lebensjahr),
•Regeln gelten als unantastbar (fünftes bis zehntes
Lebensjahr),
•Einsicht der sozialen Konstruiertheit von Spielregeln, die
gemeinsam mit anderen erarbeitet werden und prinzipiell
aushandelbar sind (ab dem elften Lebensjahr).
29
Psychologie der Moralentwicklung
Die Moralpsychologie von Jean Piaget:
Piagets Befunde
Analog der Entwicklung des Regelverständnisses erfolgt die
Entwicklung des moralischen Urteils über drei Stadien.
1) Eine vormoralische Stufe (bis ca. zum vierten Lebensjahr), in
der das Kind weder über ein Regel- bzw. Normbewusstsein
verfügt, noch die soziale Funktion von moralischen Normen
versteht.
2) Eine heteronome (fremdgesteuerte) Moral ab dem fünften
Lebensjahr, die auch als "moralischer Realismus" bezeichnet
wird.
30
Psychologie der Moralentwicklung
Die Moralpsychologie von Jean Piaget:
Piagets Befunde
3)
Eine autonome Moral, die auch als "Moral der
Gegenseitigkeit" oder "kooperative Moral" bezeichnet wird.
In der Entwicklung tritt sie ab dem zehnten Lebensjahr auf.
31
Psychologie der Moralentwicklung
Die Moralpsychologie von Lawrence Kohlberg:

Entwicklung von Begründungen normativer
Urteile und der urteilsleitenden Orientierung.
32
Psychologie der Moralentwicklung

Kohlberg: moralische Reaktionen des Menschen nicht nur
als eine internalisierte (gewissensmäßige) emotionale
Befindlichkeit, sondern betont die rationale Begründung
von Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten.

Diese Begründungen können eine bestimmte Qualität
haben.
Die Muster der Begründungen versuchte Kohlberg in
einem Stufenschema der Moralentwicklung abzubilden.

33
Psychologie der Moralentwicklung
Charakteristika der Kohlbergschen Theorie:


• Methodischer Ansatz: Moralische
Dilemmata (z. B.„Heinz-Dilemma“)
• Schwerpunkt: moralisches Urteil
34
Psychologie der Moralentwicklung
Beispiel Dilemma: „Heinz“




Eine todkranke Frau litt an einer besonderen Krebsart. Ein einziges
Medikament könnte nach Ansicht der Ärzte ihr Leben retten. Ein
Apotheker in der Stadt hatte es gerade entdeckt. Das Medikament war in
der Herstellung teuer. Der Apotheker verlangte aber (ca. 20.000 $) ein
Vielfaches des Herstellungspreises.
Heinz, der Ehemann der kranken Frau, brachte trotz großer Anstrengung
das Geld nicht zusammen; er hatte gerade mal 10.000 $. Nach
ergebnislosen Verhandlungen mit dem Apotheker brach Heinz
schließlich in die Apotheke ein, um das Medikament zu stehlen.
Durfte Heinz das Medikament stehlen? Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht? ….)
35
Psychologie der Moralentwicklung

Wenn Heinz seine Frau eigentlich nicht mehr liebt, sollte er
dennoch das Medikament stehlen?

Angenommen, die Person, die im Sterben liegt, ist nicht
seine Frau, sondern ein Fremder. Sollte Heinz dennoch
das Medikament stehlen?

Angenommen, der Wachtmeister Braun, der die Situation
von Heinz kennt, beobachtet diesen Einbruch. Wie sollte
er sich verhalten?

Wie sollte der Richter die Tat von Heinz beurteilen?
Wie würden Sie als Richter hier urteilen?

36
Psychologie der Moralentwicklung
• Entwicklung als Stufenfolge (in Anlehnung an
Piaget)




3 Hauptstufen
- Autoritätsorientierung
- Konventionsorientierung
- Prinzipienorientierung
37
Psychologie der Moralentwicklung
Sechs-Stufen-Theorie
 I. Präkonventionelles Niveau
 1. Strafe und Gehorsam
 2. Naiver instrumenteller Hedonismus
 (Moralische Entscheidungen werden durch
drohende Strafe, mächtige Autoritäten oder
am eigenen Bedürfnis begründet)
38
Psychologie der Moralentwicklung
Sechs-Stufen-Theorie
 II. Konventionelles Niveau
 3. Interpersonale oder Gruppenperspektive
 4. Gesellschaftsperspektive
 (Vorherrschend ist die Tendenz zur Aufrechterhaltung
wichtiger Sozialbeziehungen (z. B. Familie) und zur
Erfüllung des geltenden Rechts)
39
Psychologie der Moralentwicklung
Sechs-Stufen-Theorie
 III. Postkonventionelles Niveau
 5. Sozialer Kontrakt
 6. Universelle ethische Prinzipien
 (Es wird erkannt, dass ein gegebenes Normsystem
auch geändert werden kann. Bemühen um
übergeordnete Prinzipien und Werte, die
allgemeingültigen ethischen Leitlinien folgen)
40
Psychologie der Moralentwicklung






Stufe 1: Lohn- und Strafe Moral
Stufe 2: Auge um Auge-, Zahn um Zahn-Moral
Stufe 3: „Good boy-/nice girl“ Moral
Stufe 4: Rechte- und Pflichten-Moral
Stufe 5: Prinzipien- und Sozialvertrags-Moral
Stufe 6: Ideale kommunikationsethisch fundierte
Prinzipien-Moral
41
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 1
 Ich habe Lust, das zu tun, also darf ich es auch
machen.
 Wenn man nicht erwischt wird, darf man es auch tun.
 Ich habe mich falsch verhalten, denn ich bin sehr hart
bestraft worden.
 Ich sollte das nicht tun, denn sonst wird meine
Mutter/mein Vater traurig und dann fühle ich mich
nicht wohl.
42
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 1



Das ist richtig und gut so, denn meine Eltern (mein
großer Bruder/mein Freund/meine nette Lehrerin)
sehen das so.
Wenn eine Sache nicht so wertvoll ist, dann ist Klauen
auch nicht so schlimm.
Man sollte ihn hart bestrafen, denn er hat etwas
Verbotenes getan.
43
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 2
 Jeder sollte sich um die eigenen Angelegenheiten
kümmern.
 Wenn ich was davon habe, kann ich es auch tun.
 Es ist mir egal, was meine Eltern dazu sagen;
Hauptsache, ich werde nicht erwischt.
 Es ist wichtig für sie, dann darf sie es auch machen.
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Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 3
 Was denken die anderen darüber?
 Wenn ich das mache, dient es meiner Clique.
45
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 3
Es ist nur natürlich, so zu handeln. Das
machen doch alle so; alle erwarten das von
mir.
 Wenn du das machst, fühlt sich der andere
unwohl, deshalb wäre es falsch, so zu handeln.
 Wenn ich das tue, werde ich besser angesehen.

46
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 4
 Wenn das alle täten, würde unser Gemeinwesen nicht mehr
funktionieren.
 Das ist illegal, dann darf man es auch nicht machen.
 Diese Entscheidung überlasse ich den Gerichten.
 Wenn der Gesetzgeber das so entschieden hat, dann ist das
auch richtig so.
47
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 4




Man hat schließlich eine Verantwortung gegenüber
der Gesellschaft.
Du darfst nicht nur an dich oder eure
Gruppeninteressen denken.
Wenn ich das tun würde, würde ich Recht und
Ordnung untergraben.
Ich habe diese Pflicht übernommen, dann muß ich sie
auch so gut wie möglich erfüllen.
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Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 5/6
 Schützt diese Regelung auch die Rechte dieses
einzelnen?
 Dieses legale Verfahren mißachtet in diesem Fall ein
Menschenrecht; Rechtsbruch ist hier legitim und
geboten.
 Was "normal" ist, ist damit noch lange nicht richtig.
49
Psychologie der Moralentwicklung
Stufe 5/6



Könnte mein Handeln verallgemeinert werden? Wäre
es vertretbar, wenn in diesem Fall alle so handeln
würden?
Meine Überzeugungen, die sowohl religiös wie auch
auf Vernunft begründet sind, gebieten mir hier, so zu
handeln, auch wenn die gesetzlichen Regelungen dem
entgegenstehen.
Es ist nicht akzeptierbar, wenn Menschen zu Mitteln
zum Zweck mißbraucht werden.
50
Psychologie der Moralentwicklung
Kohlberg stellt fest: Menschen gleichen
Alters können auf unterschiedlichen Stufen
der Moralentwicklung stehen.
 Auf
Basis dieser Feststellung wurde
versucht, etwa Schüler zur nächst höheren
Stufe hin zu stimulieren.
 In Studien wird dies z. B. durch kontroverse
„Dilemmadiskussionen“
wirkungsvoll
erreicht.

51
Psychologie der Moralentwicklung

Alter
Stufen
% Anteile
5-8
0
1
2
20-30
50-65
15-25
9-11
1
2
3
30-45
35-50
20-25
12-14
1
2
3
4
5-15
30-40
40-55
10-20
52
Psychologie der Moralentwicklung

Alter
Stufen
% Anteile
15-17
1
2
3
4
5
<9
15-30
40-55
15-25
5-10
18+
1
2
3
4
5
<5
10-20
35-55
20-35
5-10
53
Psychologie der Moralentwicklung

Übergang vom konventionellen zum
postkonventionellen Urteil wird wesentlich
erleichtert durch:
54
Psychologie der Moralentwicklung





Stabile emotionale Zuwendung,
offene Konfrontation mit sozialen Problemen,
Chancen zur Teilnahme an
Kommunikationsprozessen,
Möglichkeit der Einwirkung an kooperativen
Entscheidungen
Chancen zur Übernahme von Verantwortung
55
Psychologie der Moralentwicklung
Die Kriterien für eine Einteilung der Entwicklung in Stufen hat
Kohlberg Piaget entlehnt.
Stufenentwicklung dann, wenn folgende Bedingungen zutreffen:
1) Voneinander deutlich unterscheidbare Entwicklungsfolgen,
die Ausdruck qualitativer Unterschiede sind,
2)
Hierarchische Integration der Stufen; die nächst höhere
integriert die niedrigere Stufe,
56
Psychologie der Moralentwicklung
3) Entwicklungsfolgen treten in einer invarianten Reihenfolge
auf; Regressionen, Hin- und Herschwanken ist im Prinzip
nicht möglich,
4) Jede Folge stellt idealerweise eine deutlich abgrenzbare, für
sich klar strukturierte Einheit und Ganzheit dar. (Garz, 1996).
57
Psychologie der Moralentwicklung



Moralerziehung: (N+1) Die Plus-eins-Regel
Die N+1 Regel besagt, daß Individuen in der Lage und
willens sind, einer Argumentation zu folgen, die eine Stufe
höher angesiedelt ist als die eigene Stufe.
Moralische Entwicklung im Sinne der N+1 Regel wird in
der Schule stimuliert durch "höherstufige„ Mitschüler,
durch Denkanstöße des Lehrers und durch die Darbietung
und Erörterung des sechsstufigen Entwicklungsmodells von
Kohlberg.
58
Psychologie der Moralentwicklung


Moralerziehung: (N+1) Die Plus-einsRegel
Der Schüler wird in seinem bisherigen
Denken (maßvoll) verunsichert (kognitive
Krise) und überprüft sein bisheriges Denken
von einer höheren Position aus.
59
Psychologie der Moralentwicklung


Bei Einordnungsversuchen nach dem
Stufenmodell Kohlbergs geht es immer um
die Einordnung von Positionen, nie um die
Einordnung von Personen.
Die Einordnung von Personen verbietet sich,
60
Psychologie der Moralentwicklung

weil sich die Frage stellt, ob ein Befragter in
einer gegebenen Situation sein tatsächliches
Urteilsvermögen zeigt oder durch bestimmte
Umstände darin gehindert wird (KompetenzPerformanz- Problematik).
61
Psychologie der Moralentwicklung



Unterschiede wegen der unterschiedlichen Ich-Nähe des
Materials.
Die Forschung hat subgruppenspezifische, insbesondere
geschlechtsspezifische Unterschiede nachgewiesen.
Z. B. erreichten Männer bei der Erörterung der Frage der
Wehrpflicht ein höheres Niveau im Kohlbergschen
Stufenmodell als Frauen. Frauen erreichten dagegen bei der
Frage der Abtreibung höhere Werte.
62
Psychologie der Moralentwicklung



weil es bei allen Menschen in bestimmten Bereichen zu
Leistungsverschiebungen kommt.
Menschen argumentieren nicht durchgängig auf einem
einmal erreichten Niveau.
weil ein Denkmuster nicht gleichzusetzen ist mit der
"moralischen Persönlichkeit". "Menschen auf niedriger Stufe
können hilfsbereit, aufopferungsvoll und gut sein."
63
Psychologie der Moralentwicklung: Probleme




Frage des Universalismus
Zusammenhang von moralischem Urteil und
Handeln?
Frage der „männlichen“ vs. „weiblichen“
Moral
„Raskolnikoff“-Syndrom: Rückfall möglich?
64
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
65
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