Ernst Paar Christophorus16 Fortbildung 20.Mai 2006 Der Kindernotfall Allgemeines und Spezielles = Häufiges und Horribles Ausgespart: Neugeborenenversorgung Allgemeiner Teil / päd.Notfälle 1.) was heißt Kindernotfall oder warum wir keine Kinder mögen 2.) Checkliste „Management – Strategien“ im Umgang mit Kindern 3.) ERC – News: jetzt ist alles ganz einfach!? 4.) Intubation / Beatmung / Analgesie / Volumsersatz Zum Auflockern HF AF AZV NG 140/min 40/min 30ml BlutKrit. vol. Temp. 250ml 23°C Sgl. 120 30 60 450 KK 100 25 150 1200 Schule 90 20 250 2000 Jug. 80 15 400 3500 1°C Liste Dosierungen Checkliste Management und die „Häufigsten Fehler Liste“ Einfühlsamer Umgang mit Kindern / Eltern • Besonders Kindern Maßnahmen erklären, NICHT LÜGEN! • Denk daran: auch die Lapalie erscheint Laien schrecklich bis „vital bedrohlich“; (Fieberkrampf) • Bezugsperson, insbesondere Eltern miteinbeziehen und begleiten lassen (bis zur Reanimation?!) Was wann tun? • Keine Maßnahmen ohne Indikation, Kinder sind kein Übungsplatz für notärztliche Gelüste, ABER • Notwendige Maßnahmen sollen auch erbracht werden, und zwar vollständig und raschest (!), z.B. - Reanimationsbeginn (Kreislaufstillstand bei Kindern ist nicht Folge, sondern Ursache der Asphyxie) - Analgesie / Volumstherapie bei Indikation VORSICHT: je jünger der Organismus, desto schwerer einschätzbar der Grad der Vitalbedrohung (junge Patienten schauen lange gut aus, sterben aber fulminant!) Zusätzliche Faktoren bei Beeinträchtigungsbeurteilung miteinbeziehen • V.a. bei Unfall Hergang berücksichtigen, Art des Traumas; andere verletzte Personen in Beurteilung einbeziehen, Sturzhöhe und Sturzart berücksichtigen (über Stiege gestolpert oder Laufwagerl?) • Bei internistischem Geschehen Vorgeschichte genau erheben (nicht jeder Krampfanfall ist ein Fieberkrampf!) • Glaube den Eltern bis zum Beweis des Gegenteils Sogar Notärzte sollten päd. Patienten untersuchen • Anamnese kurz, aber unverzichtbar • Inspektion immer, aber auch Auskultation / Perkussion erlaubt (wenn mitunter auch schwierig) • Basismaßnahmen wie RR messen, EKG, Pulsoxymetrie werden selten vergessen, meistens bei Kindern • nach allen Basismaßnahmen kurze selbstkritische Reflexion, um Fehler medizinischer und organisatorischer Natur zu vermeiden Wer will NA gewesen sein? • • • • • • Säugling, kein Fieber, plötzliche Apnoe, Blässe, schlaff geworden.NÄ Diagnose = Fieberkrampf 4 – Jähriger mit Dyspnoe, nach Ausziehen (erstmals im Spital) Einziehungen jugolär, intercostal, epigastrisch, SpO2 55% (Status asthmaticus) kommt ohne Kanüle, ohne Inhal, ohne Pulsoxymetrie Sgl. im Maxi Cosi bei VU mit mehreren Polytraumatisierten, kommt im Maxi Cosi mit weicher Schädeldecke, jetzt CP Wesensänderung laut Mutter eines Sgl. nach Sturz von Wickeltisch von NA nicht ernst genommen - SHT 5 – Jähriger mit Krampfanfall, so behandelt und im KH abgegeben, RR von 260/130 nicht gemessen (dekomp. hypertensive Encephalopathie bei Nierenversagen) 4 Wochen alter Sgl., bek. Fallot`sche Tetralogie und andere Fehlbildungen, seit einigen Tagen erschwerte Atmung, NAW wegen akuter Dyspnoe, Zyanose, Streckkrämpfe; bei NA Eintreffen im KH SpO2 55%, Bradycardie; bisher keine Pulsoxymetrie, keine Kanüle, keine Inhalation, kein Schleimabsaugen (was im KH gereicht hat, um Sättigung zu erzielen); Transport im NAW über 20 Minuten nach Oberwart tagsüber, NAH steht am Boden. ERC NEWS • Änderungen nicht wegen neuer medizinischer Erkenntnisse, sondern Versuch einer Vereinfachung und Anlehnung an Erwachsenenalgorithmen, um überhaupt Ersthelfermaßnahmen zu erreichen. Diese bei Kindern noch essentieller, weil KST nicht Ursache, sondern Folge der Asphyxie ist. • 8 Jahre – Grenze gefallen, Unterscheidung NG – Sgl. (1Jahr) – Pubertätsbeginn (Einschätzung) Beatmung • Diagnostik wie bisher, angehobenes Kinn; Sgl. in Neutralposition, Kinder überstreckt • Atemwege nur bei offensichtlicher Verlegung säubern • Nach Diagnose Atemstillstand oder Schnappatmung initiale 5 Atemstöße unter Kontrolle der Thoraxexpansion • Sgl. Mund / Mund, Nase; bei Kindern Mund / Mund Beatmung Thoraxkompression Kinder • KL Diagnostik mit Auskultation, Carotispuls bei Kindern • 1- Helfer/Laienhelfer: Verhältnis Kompression / Ventilation 30 / 2 • Professionelle 2 oder MehrHelfer: 15 / 2; 100x/min • Kompressionstechnik: 1 oder 2 Handtechnik mit ausreichender Kompression (1/3 des Thoraxdm); Kompressionspunkt ist unteres Sternumdrittel, 2 Finger oberhalb des Xiphoid Thoraxkompression Säuglinge • KL Diagnostik mit Auskultation, Brachialispus bei Sgl., • 1- Helfer/Laienhelfer: Verhältnis Kompression / Ventilation 30 / 2, • Professionelle 2 oder MehrHelfer: 15 / 2; 100x/min • Kompressionstechnik: 1 Helfer:2 Finger; 2 Helfer: thoraxumgreifend 2 Daumen • Thoraxkompression bei fehlenden Kreislaufzeichen, Puls unter 60 mit schlechter Perfusion, Unsicherheit Defibrillation • nach Basismaßnahmen, 1 Schock Strategie • Automat. ext. Defibrillation: soll bei allen Kindern (NICHT Sgl.!) angewendet werden. Wenn möglich, Verwendung eines Gerätes mit Kinderprogramm (geringere Energieabgabe) und Kinderelektroden, aber auch Erwachsenen AED geeignet. • Manuelle Defis: sofort 4J / kg KG (weil Einschockstrategie) ALS • Zusätzlich O2, Atemwegssicherung und Beatmung mit Intubation, wenn möglich, zuvor Maskenbeatmung, Alternative Larynxmaske, chir. Intervention; Hyperventilation vermeiden • Zusätzlich Gefäßzugang, bevorzugt periphervenös, (3 Versuche), dann intraossär; für ausreichend Volumen sorgen, kreislaufwirksame Medikamente Medikamente • Adrenalin: 10ug/kg KG i.V. oder i.o. oder alternativ 100ug/kgKG endotracheal; für Vasopressin unzureichende Datenlage • Amiodaron: schockrefraktäres Kammerflimmern oder pulslose Kammertachycardie 5mg/ kg KG, hat Lidocain verdrängt, kann bei schneller Applikation RR Abfall auslösen • NaBic: nur bei prolongiertem Stillstand und ausgeprägter Azidose erwägen • Atropin: 0,01 – 0,02mg/kg KG • Magnesium: torsade de pointes 25mg/kg • Glucose: nur bei Hypoglycämie (schlechtes Outcome) • Volumen (s.u.) Nie vergessen – reversible Ursachen • 4 H: HYPOXIE HYPOVOLÄMIE HYPO - ERKAL. HYPOTHERMIE • 4 HITS Herzbeuteltamponade Intoxikation Thromboembolie Spannungspneumoth. Intubation • Der „golden standard“ zur Etablierung und Erhaltung freier Atemwege • Orotrachealer Zugang, präoxyxgenieren, Absaugung parat, Ambubeutel, Reservoir, Maske, Magillzange, Mandrin bereithalten, Fixation vorbereiten • Tubusgröße 4-4,5 im 1. Lj, dann 4 + (Alter/4) = mmID • Tubuslänge 12 + (Alter/2) = cm ab Zahnreihe • Gecuffte Tuben ab Größe ?? • Alternative: Maskenbeatmung,Larynxmaske, Koniotomie, Venflonpkt. und 3,5er Tubuskonnektor ansetzen (reicht für Oxygenierung) • Medikamente: Midazolam 0,1 – 0,2mg/kg, Propofol 2 – 5mg/kg, Etomidate 0,2 – 0,3mg/kg, Fentanyl 1-5 ug/kg, Nimbex 0,1mg /kg Beatmung • meist wird hyperventiliert, was zu vermeiden ist (erhöhter intrathorakaler Druck – schlechtere Zerebral – und Koronarperfusion), daher möglichst rasch Pulsoxymetrie und Kapnographie, vorher Überprüfen des Tidalvolumens durch Inspektion (moderates Heben des Brustkorbes) • Bei Beutelbeatmung O2 10l/min + Reservoir = FiO2 0,9 • Beatmungsbeginn Oxylog: mit 8ml – 10ml AZV/kg, 25 Frequenz, 25 Maximaldruck, 100% O2, dann nach Sättigung und Kapnographie • DOPES: Dislokation, Obstruktion, Pneumothorax, Equipementversagen, Stomachüberblähung Analgesie • = ein zentraler Punkt der notärztlichen Versorgung, verbessert outcome und bedeutet „Lebensqualität“. • Kotniemi et al 1997: ungenügende periop. Analgesie führt in 50% der Fälle zu postop. Verhaltensauffälligkeiten, 10% noch nach 4 Wochen anhaltend! • Analgesie wird viel zu sparsam verwendet, weil 1.) Angst vor Arzneiwirkung bei Kindern – Dosierungsunsicherheit 2.) Schmerzgrad erschwert einschätzbar : Schmerzskalen wie CHEOPS oder andere beobachten Mimik, Muskeltonus, RR; HF; Agitiertheit ODER Therapieindikation wie bei Erwachsenen mit selber Problematik 3.) Kanüle als Hindernis: auch vital bedrohte Kinder sind noch wehrhaft Kindern wird eine adäquate oft Therapie vorenthalten, weil sie Kinder sind • Gute Analgesie bedeutet Pharmakologie (meist begleitende Sedierung günstig), Psychologie, physikalische Maßnahmen Analgesie - Pharmakologie • S - Ketamin, Fentanyl, nicht auf alternative Applikation vergessen! Z.B. initial Dormicum 1mg/kg und S-Ketamin 5mg/kg rektal! – dann nach weiterer Transportvorbereitung Neoflon setzen • Bei Nicht - Intubation auch tiefe Sedoanalgesie unter Monitoring:Midazolam ca. 0,1mg/kg, S-Ketamin 12mg/ kg, günstig zur Vermeidung „Hypersekretion“ als NW Atropin o,o1mg/kg! • Vorsicht vor Überdosierungen im Sinne von 10er Potenz, immer „Dosierung nach Wirkung“, Monitoring! Hypoxien sind selten, Erbrechen ist selten, Aspirationen sind Rarität ; keine tiefe Sedoanalgesie bei SHT (Hypoxiegefahr, intracranielle Druckerhöhung ) Volumstherapie – wann? • Die meisten schweren Kindernotfälle erreichen das KH mit unzureichender Volumstherapie • Typ. Schockzeichen: Tachypnoe, flache Atmung, hochfrequenter, schlecht palp. Puls, marmorierte, blasse Haut, Kapillarfüllung über 1 Sek., RR schlecht meßbar (70 +2xAlter) • ABER: obere Parameter oft schwer beurteilbar, Schockgeschehen oft bis zum Schluß mit normalem RR möglich (Gefäßcompliance!), bis zum Schluß ansprechbare Patienten, daher auch URSACHENORIENTIERTES VORGEHEN!, also Schockannahme bei z.B. höhergradiger Verbrennung über 15%KOF; Polytrauma; Sepsis mit Verbrauchskoagulopathie Volumstherapie – wie? • Venöser Zugang: idealerweise 2 Zugänge, erster Zugang kleinlumig – „lieber klein als kein!“, auf V. saphena und Schädelvenen nicht vergessen! • Nach 3 Minuten oder 3 frustranen Punktionen: intraossären Zugang an prox. Tibia medialseits wählen! KI sind nur Frakturen der betroffenen Knochen bzw. eine Osteogenesis imperfecta, keine nennenswerte Komplikationsgefahr! • Kristalline Lösung 10 – 20ml als Bolus bis 15 Min., evtl. 2x; wegen Gefahr des HÖ und osmotischer Diurese keine kochsalzfreien Lösungen wie Glucose (außer bei Hypoglycämie - BZ bestimmen!), bei Stabilisierung 10ml/kg/Std. • Kolloidale Lösungen 10 – 20ml/kg als Bolus • Hypertone Lösungen: keine ausreichende Datenlage für Empfehlungen, bei schwerem hämorrhagischem Schock bzw. SHT mit schlechter Perfusion aber eine Ultima ratio (4ml/kg) Spezielles Häufiges und harmlos? Horribles Fieberkrampf Polytrauma Pseudokrupp Meningitis / Sepsis Asthmaanfall Anaphylakt. Schock Fieberkrampf • Unkompliziert: Alter zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, Fieber über 38,5°C, kein wiederholter Krampf, Krampfdauer unter 15 Min.(!), keine FA bzgl. Epilepsie, Therapie Stesolid 5mg Sgl., 10 mg KK, Fieber senken erst 10 Min. später • Bei kompliziertem FK weitere Abklärung, meist EEG, oft LP, aggressivere Therapie, Midazolam 0,1–0,2mg/kg, bei Status Narkose Pseudokrupp • Typischer Verlauf mit bellendem Husten, inspir. Stridor, mäßiges Fieber, aufgeregte Knider • Stadium IIb ist Stridor auch in Ruhe, III mit Einziehungen, IV resp. Insuff. und Beatmungspflicht • Therapie O2, Suprarenininhal.; v.a Steroid rektal, Kanüle nur in Ausnahmefällen • DD Epiglottitis: Sitzen lassen! Beatmung über Maske länger als Spontanatmung möglich, Intubation 1 Versuch, sonst alternativer Airway Asthmaanfall • Klinik bekannt, häufig, selten vital bedrohlich, aber bei Hypoxie / silent lung vital bedrohter Patient, bei Persistens Status asthmaticus • OK hochlagern, O2, beruhigen (auf Mutter sitzend); Feuchtinhalation mit Betamimetikum, Fortecortin 0,6mg/kg, Euphyllin 6mg/kg, Bricanyl 0,5mg auf 100NaCl, davon 1ml/3kg KG, bei resp. Insuffizienz Beatmung und Einleitung mit Midazolam / S – Ketamin günstig Polytrauma • Traumen nicht übersehen! Blutverluste und Schockierungsgrad nicht unterschätzen (RR oft bis zur Dekompensation normal – Patient ansprechbar)! SHTs reichen zum Verbluten! WS Verletzungen sind meist HWS und Luxationstraumen, Steroidindikation bei WS Trauma mit Neurologie / sogar bei SHT? • Umgebungsstudie miteinbeziehen: andere Verletzte, betroffene Fahrzeuge, Unfalldynamik • Analgesie, Volumen adäquat, WÄRME, O2 • Monitoring: Vorsicht bzgl. PEA, häufig präterminal vor der Asystolie bei Kindern im Volumenmangelschock • Zentrum anfliegen Meningitis / Sepsis • Häufig Meningokokken Gr. B und C, Pneumokokken, Hämophilus • Gute klinische Untersuchung verhindert Verwechslung Meningitis / Exsiccose • V.a. die Meningokokkensepsis ohne Meningitis verläuft fulminant mit Verbrauchskoagulopathie – Waterhouse Friedrichsen Syndrom, daher bei längerem präklinischen Vorlauf Ceftriaxon 80 - 100mg/kg i.V. • Volumen bei Sepsis, evtl. Dobutamin 10ug/kg/min. bzw. auch Noradrenalin 0,1ug/kg/min; Flüssigkeitsrestriktion bei Meningitis • Meningitiszeichen umso untypischer, je kleiner die Patienten (bei KK Meningismus, Dreifuß – Kniekußphänomen – bei Sgl. schrilles Schreien, Schreckhaftigkeit, insgesamt symptomarm • Umgebungsprophylaxe Ciprofloxacin für Erwachsene, Rifampicin für Kinder, Ceftriaxon für Schwangere Anaphylakt. Schock • Je rascher der Symptomeintritt und je vielseitiger die Klinik ist, umso gefährlicher die Situation, umso aggressiver die Therapie wählen! • Psych. Alteration, Urticaria, Gesichtsschwellungen, AW-Obstruktion mit Laryngo – Bronchospasmus, Lö, Tachycardie, Hypotonie • Allg. Maßnahmen: Antigen eliminieren, Kanüle rasch; i.o. als Alternative; Monitoring, O2; Inhal. mit Betamim., Suprarenin, Volumstherapie wie oben, bei Notwendigkeit Intubation, evtl. auch Koniotomie • Medikamente i.V.: Fortecortin 1mg/kg, Antihistaminikum, im Schock Adrenalin 0,01 – 0,1mg/10kg, evtl. weiter mit 0,5mg/10kg/h; • als Schockprophylaxe Suprarenin s.c. o,1ml/10kg hervorragend wirksam ohne problematische Nebenwirkungen • Volumen und Katecholamine sind die Eckpfeiler der Therapie!