Allgemeinanästhesie Anästhesie griechisch: anaisthesia Empfindungslosigkeit, Betäubung Historie 1540 - V. Cordus synthetisiert "Sweet Oil of Vitriol" (Äther) 1751 - erste 'Anaesthesia' Definition in Bailey's English Dictionary „a defect in sensation” 1772 - J. Priestly entdeckt Lachgas 1824 - H.H. Hickman operiert Tiere schmerzfreie unter CO2 1831 - Entdeckung des Chloroforms 1842 - C.W. Long führt erste OP unter Äther durch 1844 - H. Wells verwendet Lachgas erstmalig zur Anästhesie bei Zahnextraktionen 1846 - W.T.G. Morton erste öffentlich durchgeführte Äthernarkose 1847 - J. Simpson führt Chloroform in die klinische Anwendung ein 1 Anästhesiologische Betreuung  Vorbereitung     Aufklärung Prämedikation Anästhesie postanästhesiologische Nachsorge   Überwachung Schmerztherapie Anästhesievorbereitung (präoperative Visite)   Aufklärung des Patienten unter juristischen Aspekten (!) Einholen des Einverständnisses für die Anästhesie (einschl. aller invasiver Maßnahmen)     Einschätzung des körperlichen und psychischen Zustandes Bewertung der präop. Routineuntersuchungen Einstufung des Narkoserisikos Auswahl des Narkoseverfahrens Narkosevorbereitung Prämedikation   Verminderung von Angst und Aufregung Substanzen für die Prämedikation   Applikationswege   Benzodiazepine, Opioide, Neuroleptika, Barbiturate, Anticholinergika, Antihistaminika, Antiemetika orale (auch direkt präoperativ), rektale, nasale, intramuskuläre, intravenöse Sortieren der Dauermedikation 2 Befunderhebung im Rahmen der Anästhesievorbereitung   Anamnese und körperliche Untersuchung Laborwerte  abhängig vom Alter (< 14 J. Ø; - 60 J. BB + Ger.; > 60 J. zus. E‘lyte, BZ, Niere)  abhängig vom Eingriff  EKG (12 Ableitungen)  Röntgen - Thorax    > 40 Jahre; immer bei kardialer Vorbelastung > 60 Jahre; immer bei pulmonalen, kardialen und/oder thorakalen Vorerkrankungen zusätzliche Untersuchungen Einstufung des Narkoserisikos ASA-Kriterien (American Society of Anesthesiologists) 1 normaler, gesunder Patient 2 leichte Allgemeinerkrankung ohne Leistungseinschränkung 3 schwere Allgemeinerkrankung mit Leistungseinschränkung 4 schwere Allgemeinerkrankung, die mit oder ohne OP das Leben des Patienten bedroht 5 moribund, Tod innerhalb 24 Stunden mit oder ohne OP zu erwarten Das Narkose-Thema        Narkose-Definition Narkose-Stadien Narkose-Mittel Narkose-Systeme Narkose-Komplikationen Narkose-Überwachung Narkose-Dokumentation 3 Narkose Definition  temporäre, reversible Funktionshemmung des ZNS (an höheren, phylogenetisch jüngeren Hirnteilen zuerst einsetzend)   Herbeiführung einer Bewußt- und Schmerzlosigkeit Ausschaltung der willkürlichen (graduell, je nach Tiefe auch der reflektorischen) Muskeltätigkeit  Abnahme des Muskeltonus  Dämpfung von Atmung u. Kreislauf (Narkosephasen)  Tiefe feststellbar anhand charakteristischer Symptome (Narkosestadien) Narkosestadien 1 Stadium der Analgesie 2 Stadium der Exzitation 3 Stadium der Toleranz (nach Guedel) (Lähmung sensorischer Areale im ZNS) (gesteigerte Reflexe, kein Bewusstsein mehr) (Schutzreflexe, Atmung aufgehoben; eigentliches Narkosestadium für die Operation) 4 Stadium der Asphyxie (Erstickung, Herz-Kreislaufversagen) 4 Narkosekomponenten  Hypnose  Analgesie  Muskelrelaxation     Î Schlaf, Bewusstlosigkeit Schmerzfreiheit Fehlender Muskeltonus Lähmung (einschließlich Atemmuskulatur) Vegetative Dämpfung Einleitungshypnotika  Anforderungen       schneller Wirkeintritt geringe Nebenwirkungen hohe therapeutische Breite keine toxischen Abbauprodukte nicht allergen angenehmes Einschlafen Wirkungsweise     Durchdringung der Blut-Hirn-Schranke Anlagerung am Membranproteine Beeinflussung von Ionenkanälen Ausschaltung des Bewusstseins 5 Wirkeintritt und Dauer     physikochemischen Eigenschafte der Moleküle (z.B. Fettlöslichkeit) Herzzeitvolumen Gewicht, Körpergröße und Verteilungsvolumen des Patienten, Fettanteil, Leber- und Nierenfunktion, Abbau, Ausscheidung, Umverteilung Einleitungs- und IV-Hypnotika (1) Etomidate und Propofol Etomidate Hypnomidate®, Etomidat-Lipuro®    zeitliche Abläufe ähnlich den Barbituraten kaum Auswirkungen auf den Blutdruck unwillkürliche Muskelzuckungen während/nach der Injektion, postoperative Übelkeit Propofol Disoprivan®      zeitliche Abläufe ähnlich den Barbituraten Blutdruckabfall, Injektionsschmerzen sehr angenehmes Einschlafen gut geeignet für TIVA sehr gute Vigilanz nach Aufwachen Einleitungs- und IV-Hypnotika (2) Benzodiazepine Midazolam (Dormicum®), Flunitrazepam (Rohypnol®), Diazepam (Valium®)      im Vergleich zu den oben genannten Stoffen relativ lange Wirkungsdauer je nach Dosierung von Prämedikation bis zur Narkoseeinleitung geeignet Blutdruckabfall, Atemdepression, Suchtpotential kontraindiziert bei Muskelerkrankungen und Intoxikationen paradoxe Reaktionen bei sehr jungen und sehr alten Menschen möglich 6 Einleitungs- und IV-Hypnotika (3) Barbiturate Thiopental (Trapanal®), Methohexital (Brevimytal®)    Bewusstseinsverlust nach ~ 30-60 s, Dauer ~ 3-8 min Blutdruckabfall, Atemdepression, Histaminfreisetzung, Bronchospasmus, Laryngospasmus, Husten, Hyperakusis (Ruhe bei der Einleitung!) Kontraindikationen Porphyrie (Hämoglobinsynthesestörung), Asthma, Schock, Herzinsuffizienz Allen genannten Hypnotika ist gemeinsam, dass sie keinerlei analgetische Wirkung haben. Die Auswahl richtet sich neben spezifischen Indikationen auch an den Gepflogenheiten des jeweiligen Krankenhauses. Ketamin Ketanest®, Ketanest S®        stärkstes Analgetikum mit hypnotischer Komponente schlafähnlicher Zustand (dissoziative Anästhesie) führt zu schlimmen Alpträumen deshalb immer Kombination mit Benzodiazepin Patient atmet spontan, keine Intubation nötig, Schutzreflexe gesteigert wirkt bronchodilatatorisch und RR-steigernd Kontraindikationen Hypertonie, KHK, erhöhter Hirndruck, Hyperthyreose intramuskuläre Gabe möglich (Kleinkinder) Das ideale Inhalationsanästhetikum physikalisch biologisch  angenehmer Geruch  nichtentzündbar /  niedrige Blut-Gasnichtexplosiv Löslichkeit  verdampfbar  hohe Wirkstärke  chemisch stabil  minimale  keine Reaktion mit CO2 Nebenwirkungen  umweltneutral  keine  kostengünstig Biotransformation  nichttoxisch 7 Inhalationsanästhetika (1) (volatile Anästhetika, Narkosegase)       wirken wie intravenöse Anästhetika im Gehirn (Anforderungen, Wirkeintritt und Dauer vergleichbar) Aufnahme über die Lunge und Transport im Blut über spezielle Verdampfer den Atemgasen beigemischt überwiegend für die Aufrechterhaltungsphase verwendet Einleitung mit Inhalationsanästhetika ist möglich, verläuft aber nicht so sanft und erfordert die Kooperation des Patienten Einleitung z.B. bei Kindern (Ballon aufblasen), oder bei Patienten mit schlechten Venen, Inhalationsanästhetika (2) (volatile Anästhetika, Narkosegase)      wirken in hoher Dosierung analgetisch und muskelrelaxierend verstärken die Wirkung von Analgetika und Muskelrelaxanzien Beeinflussung der Konzentration im Blut durch die Ventilation möglich volatile Anästhetika sind besser steuerbar als intravenöse, da sie einfach wieder abgeatmet werden werden kaum verstoffwechselt Minimale Alveoläre Konzentration MAC Die Minimale Alveoläre Konzentration eines Inhalationsanästhetikums ist die alveoläre Konzentration, bei der 50% aller Patienten nicht mehr auf einen definierten Schmerzreiz reagieren.    indirektes Maß für die anästhetische Potenz eines Narkosegases je niedriger der MAC-Wert eines Anästhetikums, desto größer die Wirkstärke der MAC-Wert wird durch gleichzeitige Gabe von anderen Narkosemitteln (z.B. Lachgas) erniedrigt 8 Inhalationsanästhetika Medikamente (1)  Lachgas (Stickoxydul®)     Halothan (Fluothane®)    gutes Schmerzmittel (aber keine tiefe Narkose) fast frei von Nebenwirkungen mit Sauerstoff (30-40% Sauerstoff) gemischt das älteste der noch heute verwendeten Inhalationsanästhetika (nur noch für die Kinderanästhesie) langsame Ausscheidung (hoher renaler Anteil) Enfluran (Ethrane®)   kaum verstoffwechselt kreislaufdämpfend Inhalationsanästhetika Medikamente (2)  Isofluran (Forane®)    Sevofluran (Sevorane®)     deutlich weniger Wirkung auf den Kreislauf nur wenig Beeinflussung des Hirndrucks sehr rasche Ein- und Abatmung wenig Wirkung auf den Kreislauf kaum Hirndrucksteigerung Desfluran (Suprane®)    schnellstes Inhalationsanästhetika geringste Blutdruck-Wirkung am besten steuerbar Opioide  synthetisch hergestellt Substanzen            Ursprungssubstanz Morphium spezifischen Opioidrezeptoren im ZNS und im Rückenmark stark wirksame Analgetika Atemdepression Schläfrigkeit Übelkeit und Erbrechen Senkung des Hustenreizes verminderte Magen-Darm-Trakt-Motilität Senkung des Sympathikotonus Thoraxrigidität Miosis 9 Opioidrezeptoren  µ1  µ2  µ  κ  δ  supraspinal Analgesie, kardiovask. Effekte  spinale Analgesie, Atemdepression, Sucht  periphere Analgesie, GI-Wirkung, Pruritus  periphere Analgesie, Sedierung  GI-Wirkung, Modulation der µ-Rezeptoren Unterteilung der Opioide reine Agonsiten   morphinartig; Morphin, Fentanyl, Alfentanil, Sufentanil, Pethidin, Piritramid  Agonist-Antagonisten  Partialagonisten  reine Antagonisten    Pentazocin, Nalbuphin Buprenorphin Naloxon Pharmakologische Daten Substanz max. Wirkung Eliminat.-HWZ Mittl. Wirkdauer Morphin 15-30 min 1,9 h 3-5 h 1 Fentanyl 4-5 min 3,1-3,65 h 0,3-0,5 h 100-300 Alfentanil 1-1,5 min 1,2-1,6 h 0,1-0,2 h 40-50 Sufentanil 2-3 min 2,5-2,7 h 0,2-0,3 h 500-1000 1-1,5 min 4-14 min 0,05-0,1 h 200 15 min 3-4,4 h 2-4 h 0,1 Remifentanil Pethidin Potenz 10 Muskelrelaxanzien      bewirken eine reversible, schlaffe Lähmung der Skelettmuskulatur wirken an der motorischen Endplatte des Muskels (Übergang von Nerv auf Muskel) keine hypnotische und keine analgetische Wirkung zur Intubation und zur Muskelerschlaffung bei entsprechenden Operationen neuromuskuläre Blockade ab 70-80% Rezeptorbesetzung; ein kompletter Block tritt bei Besetzung von 95% ein Muskelrelaxanzien Wirkprinzipien  Depolarisierende Muskelrelazanzien    wirken wie der normale Überträgerstoff Acetylcholin, werden aber nicht so schnell abgebaut (Dauerdepolarisation) es treten zu Beginn Muskelzuckungen auf Nichtdepolarisierende Muskelrelazanzien  Muskelrelazanzien besetzen die Acetycholinrezeptoren, lösen aber keine Wirkung aus Î Blockade der Erregungsleitung (kompetitiver Antagonismus mit Acetylcholin) Depolarisierende Muskelrelaxanzien Succinylcholin (Succicuran®, Lysthenon®)  schnellste Anschlagzeit (30 s)  kürzeste Wirkdauer (5 min)  Nebenwirkungen   Kaliumfreisetzung, Bradykardie, Bronchialsekretion, Blutdruckabfall Indikation    (Schnell-)- Intubation potentiell schwierige Intubation bei Laryngospasmus 11 Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien Curare, Pancuronium, Vecuronium (Norcuron®) Atracurium (Tracrium®), Cisatracurium (Nimbex®) Mivacurium (Mivacron®), Rocuronium (Esmeron®)  Anschlagzeit mehrere Minuten  Wirkdauer 15-60 min  Histaminfreisetzung mit allergischem Schock mgl.  Wirkungsverstärkung durch Gase, Antibiotika, Benzodiazepine  Antagonisierung durch Cholinesterasehemmer (Neostigmin) möglich Maligne Hyperthermie        lebensbedrohliche Narkosekomplikation bei (Klein-) Kindern vorkommend genetisch determinierte Störung der Skelettmuskelfunktion gehäuftes Vorkommen bei Muskelerkrankungen rasch ansteigender Körpertemperatur bis >42 °C Rigor der Muskulatur Triggersubstanzen    Succinylcholin (sofort) Inhalationsanästhetika (verzögert) Lokalanästhetika Maligne Hyperthermie Therapie      sofortiger Narkoseabbruch reine O2-Beatmung Dantrolen als Kausaltherapie Kühlung mit kaltem Wasser oder Eiskies Furosemid drohenden Nierenversagens infolge Myoglobinurie  Azidosebekämpfung 12 Der Anästhesiearbeitsplatz  Narkoseapparat  apparative Hilfsmittel  Überwachung   Vitalfunktionen  Gerätschaft  spez. Interventionen Dokumentation Narkosesysteme  offenes Narkosesystem  halboffenes Narkosesystem      Narkosegasreservoir mit oder ohne Nichtrückatmungsventil Inspiration erfolgt nur aus dem Reservoir Exspiration in die freie Atmosphäre halbgeschlossenes Narkosesystem    atmosphär. Luft ist Vehikel des Inhalationsnarkotikums Kreissystem mit Rückatmung eines Teiles der Exspirationsluft überschüss., mit Exspirationsluft vermischte Narkosegas entweicht über ein Abgasventil geschlossenes Narkosesystem   Kreissystem mit Rückatmung der gesamten Exspirationsluft nach Absorption von CO2quantitativer Ersatz des verbrauchten O2 u. Narkotikums Atemwegsmanagement     Spontanatmung Beatmungsmaske Larynxmaske Intubation   oro- und nasotracheal Spezialtuben   Carlens, White- und Robertshaw Combitubus 13 Intubationskontrolle  sichere Zeichen     CO2-Nachweis direkte Inspektion des Tubusverlaufs bronchoskopisch unsichere Zeichen     Thoraxexkursion Beschlagen der Tubusinnenwand auskultatorisch pulsoxymetrische Sättigung Tubus-Lagekontrolle Carina Tubusspitze Intubation mögliche Komplikationen      Zahnschäden Stimmbandverletzungen HWS-Verletzungen Blutungen Reflexstimulation (Intubation ist ein starker Schmerzreiz)  Fehlintubation (Ösophagus oder rechter Hauptbronchus)   Aspiration Schluckbeschwerden 14 Entlassungskriterien für den Aufwachraum  wacher, orientierter Patient (oder Rückkehr zum Normalzustand)    keine oder nur minimale Schmerzen keine akute Blutung stabile Vitalparameter (ohne medikamentöse Intervention)   keine oder nur minimale Übelkeit, kein Erbrechen Sauerstoffsättigung über 94 % unter Raumluft (oder Rückkehr zum Ausgangswert)  ausreichende motorische Funktion Aufklärungs- und Anamnesebogen Anästhesieprotokoll Prämedikation Allg. Infromationen Anästhesieprot. Anamnest. Angaben Nachsorge Individuelle Aufklärung Einwilligung Narkoseüberwachung  Beatmungsgerät  Überwachungsgerät 15 Online-Dokumentation Bewährtes 16