Burnout und die Frage nach der (Mit-)Verantwortung der Führung! 18. Steyrer FrühjahrsSymposion 4. und 5. April 2013 Karl-Heinz Weiland Vorhaben, Zielsetzung Die Stellung und Sicht der Führung Fragen der Verantwortlichkeiten und des Führungsverständnisses Ein Perspektivenwechsel und Anregungen im Umgang mit dem Thema „Es ist bereits alles gedacht – wir müssen es nur immer wieder neu denken“ (Johann Wolfgang von Goethe) Inhalte Begriffsklärung – fachlicher Zugang Ursachen für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms und die „Führung“ „Führung“ und (Mit-)Verantwortung Burn on statt Burn out ein Perspektivenwechsel Anregungen - konkrete Maßnahmen … Anhang Begriffserklärung – fachlicher Zugang Statement führender österreichischer ExpertInnen auf dem Gebiet der Psychiatrie, Neurologie, Inneren Medizin, Psychologie und Allgemeinmedizin als Leitfaden und Orientierungshilfe für ÄrztInnen, für die Prävention, Diagnosestellung und Behandlung eines BurnoutSyndroms. Internationale Zeitschrift für ärztliche Fortbildung. Nr. 9/Juni 2011 Begriffserklärung – fachlicher Zugang Ohne chronische, vorwiegend berufsspezifische Belastungssituation entsteht kein Burnout-Syndrom, wenngleich außerberufliche Belastungen infolge der Verknüpfung zwischen Privat- und Berufsleben eine große Rolle spielen. Das Burnout-Syndrom zeigt in der Regel einen phasenhaften Verlauf und verfügt über eine hohe Komorbidität mit Depressionen, Sucht- und psychosomatischen sowie internistischen Erkrankungen, die im Zuge der Diagnosestellung in die therapeutischen Überlegungen einbezogen werden müssen. ExpertInnenstatement S.11 Begriffserklärung – fachlicher Zugang Eine *Rezidivprophylaxe des Burnout-Syndroms sollte Warnzeichen wie beginnende Erschöpfung oder übertriebenen Energieeinsatz rechtzeitig identifizieren. Die Früherkennung von Vorstadien auf persönlicher Ebene, in der Arbeitsumgebung – meist durch den Allgemeinmediziner, durch Arbeitsmedizin oder Arbeitspsychologie – muss als stetiger Prozess verstanden werden. (*Als Rezidivprophylaxe bezeichnet man die Gesamtheit aller medizinischen Maßnahmen zur Abwendung eines Wiederauftretens einer Erkrankung) ExpertInnenstatement S.11 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Ursachen für die Entwicklung eines Burnout-Syndroms a) Außenfaktoren (aus der Sicht der „Betroffenen“) b) Individuelle Faktoren der Betroffenen Methodische Erklärung: Die Außenfaktoren aus dem ExpertInnenstatement sind mit grauer Schriftfarbe angeführt! ExpertInnenstatement S.8-9 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Mangelnde Ressourcen bei Personal Finanzmittel Arbeitsbelastung Überbelastung und Zeitdruck Mangelnde Kompetenzen Spezifische Symptome: Überstunden, Urlaubsrückstände, Fehlerhäufigkeit … Günstige Fragen: Habe ich genug MitarbeiterInnen und haben meine MitarbeiterInnen die erforderlichen Kompetenzen? ExpertInnenstatement S.8-9 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Kontrolle unzureichende Rückmeldesysteme wenig Information und Ergebniskontrolle fehlendes oder wenig positives Feedback Spezifische Symptome: Häufige Rückfragen, Rückdelegation oder Eigenmächtigkeiten, Orientierungslosigkeit, Ungenauigkeiten etc. Günstige Fragen: Weiß ich, wie es in meiner Abteilung „ausschaut“? Wissen meine Mitarbeiter wie ich ihre Arbeit bewerte? ExpertInnenstatement S.8-9 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Gemeinschaft Rollenkonflikte und -unklarheiten mangelnde (soziale) Unterstützung durch Vorgesetzte/KollegInnen Fairness in der Verteilung der Aufgaben ungerechte Entlohnungssysteme („Bonuszahlungen“) Spezifische Symptome: wenig Solidarität, jeder für sich, Konkurrenz, Streitereien … Günstige Fragen: Habe ich mit meinen MitarbeiterInnen die Aufgabenverteilung erarbeitet? Sind wir ein gutes Team und bin ich gerne Teamleiter? Wie beurteile und honoriere ich (die Organisation) die Leistungen der MitarbeiterInnen? ExpertInnenstatement S.8-9 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Werte der Widerspruch in der Darstellung eines Unternehmens nach außen und den „wirklichen“ Werten intern Spezifische Symptome: Stille Post, negative Äußerungen über die Organisation im privaten Umfeld, das Leitbild „belächeln“ bzw. zynisch kommentieren Günstige Fragen: Wie oft (gerne) spreche ich positiv über die Organisation? Wie gerne gehe ich arbeiten? ExpertInnenstatement S.8-9 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Daneben ist ein enger Zusammenhang zwischen der Entwicklung eines Burnout-Syndroms und Mobbing bzw. infolge ständiger Konflikte bzw. Konfrontationen zu beobachten. Günstige Fragen: Sehe ich es als meine Aufgabe, aktiv Konflikte zu „bearbeiten“? Wie gelingt mir das? ExpertInnenstatement S.8-9 Ursachen für die Entwicklung eines BurnoutSyndroms und die Führung Die als Außenfaktoren angeführten Themen entsprechen den funktionalen Aufgaben der Führung und sind somit unmittelbar zu beeinflussen. Die Individuellen Faktoren entspringen dem „Charakter“ der Person und sind nur bedingt und mittelbar beeinflussbar, erfordern hohe soziale und psychologische Kompetenz und stellen zumeist eine Überforderung der „Beteiligten“ dar! „Führung“ und (Mit-)Verantwortung Rahmen der (Mit-)Verantwortung rechtlich ABGB, HGB, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz Mit 1. Jänner 2013 ist eine Novelle zum ASchG in Kraft getreten. Bei den meisten Änderungen im ASchG handelt es sich um Klarstellungen. Bereits bisher galt schon, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer/innen umfassend vor Gefahren zu schützen ist. Die Novelle des ASchG stellt nun klar, dass unter Gefahren neben physischen auch psychische Belastungen gemeint sind. Diese Klarstellung dient der stärkeren Betonung arbeitsbedingter psychischer Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen. Dies mit dem Ziel den notwendigen Bewusstseinsbildungsprozess bei den Verantwortlichen in den Betrieben zu unterstützen und die Auseinandersetzung mit diesem Thema in den Betrieben zu intensivieren aus Merkblatt der Arbeitsinspektion (http://www.arbeitsinspektion.gv.at/NR/rdonlyres/CD1B4D2C-926346BF-999A-C6D5FBE36E1/0/Merkblatt_Arbeitsplatzevaluierung_psychischer_Belastungen_22_1.pdf) „Führung“ und (Mit-)Verantwortung Rahmen der (Mit-)Verantwortung moralisch respektvoller Umgang, …! funktionsbezogen – „führen“ - Dienstvertrag - Stellenbeschreibung - „Leitbild“ …wofür bin ich verantwortlich und wofür nicht! „Führung“ und (Mit-)Verantwortung Funktionsbezogen – „führen“ Soziale Einflussnahme eines Vorgesetzten auf (mindestens einen) MitarbeiterInnen Gemeinsames Ziel und miteinander zu erfüllende Aufgabe „Gute Führung wirkt, schlechte auch!“ In allen Studien zum Thema Führen werden die Führungskräfte ungünstig beurteilt! Warum? Ein Beispiel Einige grundsätzliche Überlegungen … Gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen ..! Zu Beginn der Industrialisierung Kopie der Führungsstrukturen von Obrigkeitsstaat und Armee – aus Befehl und Gehorsam wurden Hierarchie und Arbeitsanweisung (Beförderungen statt Sterne am Revers) In den sechziger und siebziger Jahren wurden diese starren Strukturen Zug um Zug durch die Prinzipien von Delegation und Kooperation abgelöst In den achtziger und neunziger Jahren ging die Entwicklung hin zu Partizipation und Mitunternehmertum Generell ...wachsende Leistungsanforderungen und Individualisierung des Einzelnen! Weitere Gründe … Meist nicht „richtig“ und ausreichend auf den neuen Führungsjob vorbereitet! Aufstieg (Sozial) versus Funktion (Aufgabe) - fachliche Leistungen – „Belohnung“ - Seniorität ( …wartet schon lange…) Zuwenig Klarheit über neue (zusätzliche) Verantwortungen und Aufgaben wurden selbst nie geführt (keine positiven Vorbilder) Mischfunktion - Führung/Experte („80/20“) die fehlenden „20 %“ wirken sich aber langfristig zu „100%“ aus! Weitere Gründe … Aus- und Weiterbildung zuviel Ausbildung Off statt On The Job Wissen auf Vorrat - „Theorie“ Führung mit „Hausverstand“ Umgang mit Information und Kommunikation „zu wenig und zu viel“ (z.B. Mails, Meetings, etc.) Hierarchie als Hindernis (..die da oben, die da unten..) fehlendes Methodenwissen „Führung“ und (Mit-)Verantwortung Wie präsent ist das Thema in der Praxis? ..bei Früherkennung und Prävention?! Durch die Dauer und phasenhafte Entwicklung des BurnoutSyndroms entsteht oft ein Gewöhnungseffekt (…die Person ist halt so…) Durch das Zusammenwirken von Außenfaktoren und individuellen Faktoren ist eine richtige Einschätzung (Diagnose) durch die „Beteiligten“ (Führungskraft und MitarbeiterInnen) sehr schwierig, weshalb es oft zur Verdrängung oder Verleugnung oder zur Bagatellisierung der Situation kommt. Oder die Frage der Verantwortung („Schuld“) wird beim „anderen“ gesucht. … Abgrenzung zu einer Krise?!? „Führung“ und (Mit-)Verantwortung Die Frage der Verantwortung darf aber nicht auf eine individuelle Führungskraft „delegiert“ (geschoben) werden. Die Führungsqualität einer Organisation braucht vielmehr einen umfassenden Blick auf viele Dimensionen von Führung – von den kulturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen über die zur Verfügung stehenden Instrumente und Prozesse bis zu den einzelnen Führungsteams und Führungskräften (Jan Krims, aus Karrierestandard „Wie sich Führung verändert“; 16./17.2.2013) Fragen für die Führung: Macht jeder seinen Job nach „bestem Wissen und Gewissen“ und hat er die dazu nötigen Kompetenzen? Burn on statt Burn out - ein Perspektivenwechsel Eine „gute“ Arbeit ist durch optimale Belastung gekennzeichnet, die herausfordernd, aber nicht überfordernd ist. (Expertinnenstatement S. 9) These „Burn on – ist alles was eine Organisation nachhaltig erfolgreich macht und damit auch gleichzeitig die beste Antiburnoutprävention.“ Burn on statt Burn out - ein Perspektivenwechsel Historischer Begriff „Gesundes“ Unternehmen/Organisation kapitalstark produktiv wettbewerbsfähig … durch Leistungen der MitarbeiterInnen Burn on statt Burn out - ein Perspektivenwechsel Der Begriff „Gesund“ umfasst aber sowohl die psychische und physische Verfassung der Mitarbeiter, als auch die Organisatorischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer Organisation „Der Schlüsselfaktor jeder nachhaltig erfolgreichen = „gesunden“ Organisation sind leistungsfähige, engagierte und gesunde „Menschen“ auf allen Ebenen.“ Anregungen - konkrete Maßnahmen … Wann ist eine Arbeit eine gute Arbeit? Sind wir eine „gesunde“ Organisation? Unterforderung – Herausforderung – Überforderung? Wer weiß es wirklich? Wer ist objektiv? Die subjektive Meinung einzelner, objektivieren; d.h. „gemeinsame Wirklichkeiten“ schaffen durch … Anregungen - konkrete Maßnahmen … … „Management ist Kommunikation“ (Peter Drucker) Thema ist hier vor allem die Bereitschaft zur Reflexion: Selbstreflexion der Führungskraft Reflexion und Feedback durch die MitarbeiterInnen und dem bewusster Einsatz von „Führungswerkzeugen“ Mitarbeiterbefragung Mitarbeitergespräch Supervision/Coaching/Intervision und dem methodisches Wissen hierfür! Anregungen - konkrete Maßnahmen … Führungswerkzeug MitarbeiterInnen-Befragung mit Impulstest Ins Gleichgewicht kommen … Anregungen - konkrete Maßnahmen … Führungswerkzeug MitarbeiterInnen-Befragung mit Impulstest Erfolgskriterien Echte Bereitschaft der „Führung“ „Wer fragen stellt, muss mit Antworten rechnen!“ Analyse der Arbeitsinhalte und Arbeitsplatzbedingungen durch die MitarbeiterInnen selbst mittels Projektteam(s) Zeit und MitarbeiterInnenressourcen, vor allem für die Umsetzung der Ergebnisse… die eigentliche Arbeit und die Widerstände beginnen mit der Umsetzung!“ Externe Begleitung „Betroffene zu Beteiligte machen – Mitarbeiterpartizipation“ Anregungen - konkrete Maßnahmen … Führungswerkzeuge MitarbeiterInnengespräch strukturiert mit qualitativen Zielen eine gemeinsame Herausforderung …! Supervision/ Coaching mit externer Begleitung Intervision interne „Moderation“! Anregungen - konkrete Maßnahmen … Inhaltsschwerpunkte – „Unsere Zusammenarbeit“ Günstige Fragen: Was fördert unsere Zusammenarbeit? Was behindert sie? Erfolgskriterien für den Einsatz damit (wieder) zu beginnen Erfahrungen sammeln regelmäßig Ergebnisse umsetzen! Anregungen - konkrete Maßnahmen … These „Organisationen finden die effektivsten und effizientesten Lösungen selbst, wenn die „Zusammen-Arbeit“ der Beschäftigten ständig weiterentwickelt wird.“ Zusammenfassendes Resümee Führungsbewusstsein und verantwortungsvolles Handeln fördert die Leistungen und die Arbeitszufriedenheit aller! Gute Führung ermöglicht „Burn on“ schlechte Führung begünstigt „Burn out“! Beschäftigen wir und uns mit „Burn on“! … und zu guter letzt..! Anhang Literaturverzeichnis Burnout & Depression; Experten-Statement aus Internationale Zeitschrift für ärztliche Fortbildung Nr. 9/Juni 2011 (http://www.seminarconsult.at/d/2011_DV_Experten_Statement_Burnout_&_Depression.pdf) Impuls-Projekt und Impulstest; www.impulstest.at BURN ON statt BURN OUT; Schriftreihe des Wirtschaftförderungsinstitut Nr. 347 (http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=640548&dstid=6963) ASchG-Novelle BGBl. I Nr. 118/2012 (http://www.arbeitsinspektion.gv.at/NR/rdonlyres/6B70F952-D5AE-4DBB-AE36A0183E1B172A/0/ASchG_idF_BGBl_I_Nr_118_2012.pdfetc. Merkblatt der Arbeitinspektion (http://www.arbeitsinspektion.gv.at/NR/rdonlyres/CD1B4D2C-9263-46BF-999AC6D5FBE36E1/0/Merkblatt_Arbeitsplatzevaluierung_psychischer_Belastungen_22_1.pdf) Karl-Heinz Weiland Managementtrainer und Organisationsberater [email protected] www.khweiland.at Download dieses Vortrags unter www.khweiland.at/Kunden/Burnout_und_die_Frage_nach_der_Mitverantwortung_der_Führung.pdf