Ruhrkampf und Inflation 1923 1 Gliederung 1. 2. 2.1 2.2 2.3 3. 3.1 3.2 3.3 4. 5. 6. 7. 8. Historischer Kontext Der Ruhrkampf Ursachen Verlauf Ergebnisse Die Inflation von 1923 Begriffsbestimmung Ursachen Folgen Überwindung der Krise Die Rentenmark Zusammenfassung Diskussion zur Situation in Deutschland Ende 1923 Literaturhinweise 2 1. Historischer Kontext Versailler Vertrag von 1919 - Verankerung von Reparationen, Höhe noch nicht festgelegt Pariser Konferenz der Alliierten vom 29.01.1921 - Festlegung der Reparationen auf 226 Mrd. Goldmark zu leisten in 42 Jahresraten zu 2 später zu 6 Mrd. Goldmark - darüber hinaus jährlich 12 % des Wertes der deutschen Ausfuhr (1- 2 Mrd. GM) Deutschland lehnte diese Forderungen ab und nahm die Besetzung der Rheinhäfen Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort in Kauf. - Regierungskrise ; Umsturzversuch durch KPD ; Volksentscheid in Oberschlesien ; Rücktritt der Regierung Fehrenbach Londoner Ultimatum am 31.03.1921 an Deutschland - Annahme der Forderung oder Vorlage von Gegenvorschlägen (50 Mrd. GM) innerhalb von 4 Tagen 3 Siegermächte verlangten am 05.05.1921 die Annahme der Forderungen - 132 Mrd. GM, Jahreszahlungen für Zinsen und Tilgung von ca. 2 Mrd. GM, Abgabe von 26 % des jährlichen Exportwertes - anderenfalls Besetzung des Ruhrgebietes ab 12.05.1921 Regierung Wirth sah sich gezwungen das „Londoner Ultimatum“ anzunehmen Vertrag von Rapallo vom 16.04.1922 - Frankreich : Vertrag sicherheitspolitisches Ärgernis; dadurch keine zusätzliche Schwächung Deutschlands durch Russland; Vertrag deutsche Option für den Osten und gegen den Westen Raymond Poincaré wurde im Frühjahr 1922 neuer französischer Ministerpräsident, ein unversöhnlicher, stramm national ausgerichteter Franzose. Im Juli 1922 drohte Poincaré mit der „Politik der produktiven Pfände“, da Deutschland kaum die Reparationsforderungen erfüllen konnte und um Aufschub und Umwandlung bat. 4 2. Der Ruhrkampf 2.1 Ursachen - Deutschland konnte seit August 1922 wegen akuter wirtschaftlicher und finanzieller Probleme die Reparationenforderungen nicht mehr erfüllen - die Alliierten verzichteten auf Geldleistungen, erhöhten aber die Güterlieferungen (Holz und Kohle) - Holzlieferungen wurden bis Ende 1922 von Deutschland nicht vollständig geleistet - die alliierte Reparationskommission stellte am 26.12.1922 einen Verstoß gegen den VV fest und unterstellte Deutschland am 09.01.1923 die absichtliche Zurückhaltung von Kohlelieferungen - die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen (6 Divisionen – 60 000 Mann) erfolgte daraufhin am 11.01.1923 5 2.2 Verlauf Reaktionen in Deutschland : Protestwelle in allen Parteien u. sozialen Schichten ! Anweisung für Beamte : Jede Zusammenarbeit mit Besatzern vermeiden ! Reparationslieferungen vollständig eingestellt ! Passiver Widerstand ! Aufruf Eberts (RP) am 13.02.1923 Das 6 heißt : Passiver Widerstand ist : Arbeiten nur für deutsche Belange ! Ignorieren französischer und belgischer Befehle ! Es gab nur in sehr geringem Umfang mitarbeitsbereites Personal ! Es gab aber auch zunehmend aktiven Widerstand rechtsradikaler Gruppen ! Unterstützung des passiven Widerstandes mit ca. 40 Mio. GM täglich ! 7 Reaktion der französischen und belgischen Besatzer : Stilllegung von Zechen und Fabriken ! Beschlagnahme öffentlicher Kassen und Firmenkassen ! Aufbau einer eigenen Ruhrverwaltung ! Ausweisung von 180 000 Personen aus dem Besatzungsgebiet ! 8 2.3 Ergebnisse 1. Der Ruhrkampf führte zur nahezu hoffnungslosen Zerrüttung der deutschen Wirtschaft und der Staatsfinanzen. 2. Es herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände in den besetzten Gebieten, die 137 Tote und 603 Verletzte bis August 1924 forderten. 3. Der wirtschaftliche Gesamtschaden der Ruhrbesetzung für Deutschland belief sich auf 3,5 – 4 Mrd. GM. 4. Die Regierung Cuno setzte auf die Politik der Stärke, was angesichts der Lage Deutschlands Anfang 1923 als schlichtweg selbstmörderisch angesehen werden muss. 5. Folgerichtig kommt es zu einem erneuten Regierungswechsel in Deutschland. Gustav Stresemann (DVP) übernimmt im August 1923 die Regierungsgeschäfte und schätzte ein: „Es geht um die nackte Existenz für unser Volk“ ! 9 3. Die Inflation von 1923 3.1 Begriffsbestimmung Inflation (lat.: inflare = aufblähen) Inflation als eine negative Konjukturerscheinung tritt zum Beispiel dann auf, wenn die Geldmenge künstlich vermehrt wird, etwa durch Notenbankkredite an den Staat für fehlende Steuereinnahmen. Eine unkontrollierte, „galoppierende“ Inflation kann zur völligen Aushöhlung der Währung führen. Das abschreckendste Beispiel für eine galoppierende Inflation ist bis heute die In- flation der Mark in Deutschland von 1919 – 1923: 1 GM von 1914 entsprachen: 10 Deflation (lat.:deflare = schrumpfen lassen) Deflation bedeutet dagegen eine künstliche Verknappung von Zahlungsmitteln. Sie kann vorsätzlich herbeigeführt werden, Inflationstendenzen aufzufangen. Unmittelbare Folgen: - Preisrückgang - Einkommenseinbußen - Arbeitslosikkeit - wirtschaftliche Depression 11 3.2 Ursachen Staatsanleihen zur Kriegsfinanzierung Verarmung großer Bevölkerungkreise Entwertung der Ersparnisse ; Massenbankrott von Kleinunternehmen Unternehmerstrategie : Anheizen der Inflation Widerspruch Warenangebot <-> Nachfrage Reparationsleistungen Inflation 1$ 12.1918 = 8,- RM 20.11.1923 = 4,2 Mrd. RM Entschuldung des Staates Gegenüber Inlandsgläubigern Bereicherung von Spekulanten und Großindustrie und -banken Entschuldung und Konzernbildung 3.3 Folgen 12 Entw. des Dollarpreises 1923 : Mai 47.670 Mark Juni 109.996 Mark Juli 353.412 Mark August 4.620.455 Mark September 98.860.000 Mark Oktober 25.260.000.000 Mark November 2.193.600.000.000 Mark 20.11. 4.200.000.000.000 Mark Entw. des Preises einer Tageszeitung 01.01.1922 0,40 Mark 01.01.1923 30,00 Mark 01.04.1923 200,00 Mark 01.07.1923 700,00 Mark 01.09.1923 150.000,00 Mark 01.10.1923 10.000.000,00 Mark 22.11.1923 100.000.000.000,00 Mark Aus einem Brief von Scholem, Betty : „Berlin, 15.10.1923 (Montag) Mein liebes Kind ! Inzwischen haben sich hier die Zustände katastrophal verschlimmert. Du siehst dieser Brief kostet 15 Mio. Porto u. von übermorgen an 30 [...] Es geht nur noch um Milliarden. [...] Der Lohn dieser Woche beträgt vorläufig 8 Mrd. [...] Die Brotkarte ist aufgehoben, ein Einheitsbrot heute 450 Mio., Morgen gewiß wieder das doppelte.“ 13 4. Überwindung der Krise 12.08.1923 Rücktritt der Regierung Cuno Darauf Bildung der „Großen Koalition“ (SPD – DDP Z – DVP) - Regierung Stresemann 15.11.1923 26.09.1923 Einführung der „Rentenmark“ Stresemann verkündet das Ende des passiven Widerstandes und leitet eine Währungsrungsreform ein. 14 5. Die Rentenmark 4.200.000.000.000 Reichsmark 4,20 Goldmark 4,20 Rentenmark 1,00 Dollar Die Einführung der Rentenmark auf der Basis des Goldstandards beendete 1923 die Nachkriegs-Hyperinflation in Deutschland. Die „Macher“ des „Wunders der Rentenmark“ waren Reichsfinanzminister Hans Luther und Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht. Die Rentenmark funktionierte auf Grund einer Lüge der beiden Politiker: Sie, die Rentenmark, sei durch Sachund Grundwerte gedeckt, also eine stabile neue Währung. Am 30.08.1924 erfolgte die Ablösung der Rentenmark durch die goldgedeckte, im internationalen Zahlungsverkehr voll konvertierbare Reichsmark. 15 6. Zusammenfassung Das Jahr 1923 war der Höhepunkt der krisengeschüttelten Nachkriegsgeschichte Deutschlands. 1. Die Ruhrbesetzung und Die Hauptkrisen waren: Nebenkrisen waren: 2. Die durch den passiven Widerstand verstärkte Währungszerrüttung. Umsturz- und Putschversuche von rechtskonservativen Politikern und radikalen Parteien, z.B. Bayerische Regierung, KPD in Sachsen und Thüringen („deutscher Oktober“), NSDAP in Bayern („nationale Revolution“ und „Marsch auf Berlin“) 16 Diese Doppelkrise wurde sowohl von außen als auch von innen gelöst: Franreich blieb auf Grund seiner verhandlungsablehnenden Haltung in Punkto Reparationen gegenüber Deutschland im Kreise der west- lichen Alliierten (Siegermächte) isoliert und musste schließlich ein- lenken. Gustav Stresemann brachte als Reichskanzler in einer Zeit des Säbelrasselns und deutsch-nationaler Selbstüberschätzung den außerordentlichen Mut auf „eine bis dahin kaum vorstellbare Wendung in der deutschen Politik“ einzuleiten. ERFÜLLUNG und REVISION 17 7. Diskussion zur Situation in Deutschland Ende 1923 Wie sehen die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungschancen Deutsch- lands Ende 1923 aus ? Positiv : - Wechsel der Politik - Deutschland hatte seine Währung erneuert und wurde dadurch international vertrauenswürdig - Frankreich wurde erstmals von Seiten der Siegermächte nicht unterstützt u.a. Negativ : - Währung zwar erneuert, aber Zeitraum zu kurz um ihre Stabilität gewährleisten zu können - Gegner der Republik sind gestärkt aus dem Krisenjahr hervorgegangen, vor allem die NSDAP - auf Grund der durchgeführten Deflationspolitik besteht die Gefahr sozialer Unruhen weiter u.a. 18 8. Literaturhinweise Bundeszentrale für politische Bildung Information zur politischen Bildung 261; Weimarer Republik; Franzi`s print & media; München Pleticha, Heinrich; Deutsche Geschichte; Republik und Diktatur 1918 – 1945; Band 11; Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH/ LEXIKOTHEK Verlag GmbH; Gütersloh1984; Sonderausgabe 1987 Schöningh/Schroedel Zeiten und Menschen; Ausgabe K; Politik, Gesellschaft, Wirtschaft von 1919 bis 1945; Band 4/1; Paderborn 1990 Winkler/Cammann Internet Ein Lesebuch zur deutschen Geschichte 1918 – 1933; Weimar http://schankwirt.s5.com/inflation/ 19