Intoxikationen Referent: Christian Kessens Rettungsassistent DRK KV OS-Nord Kessi 1 Paracelsus 1493 - 1541 Alles ist Gift, nichts ist ohne Gift, allein die Dosis macht das Gift ! Kessi 2 Allgemein Die Zahl der Stoffe und der Stoffgemische, durch die akute Vergiftungen zustande kommen können, ist sehr groß. (hunderttausende) 80 – 90 % in suizidaler Absicht 10 – 15 % durch Unfälle Ca. 5 % sind gewerblich bedingt Kessi 3 Erkennen einer Vergiftung Bei der rettungsdienstlichen Erstversorgung sind Anamnese und spezielle Kardinalsymptome oft die einzigen Hilfsmittel für eine Diagnose! Kessi 4 Die sechs „W“ Für die präklinische Erstversorgung und weitere klinische Behandlung sind folgende Aspekte von besonderer Bedeutung: Wer Wann Wie Was Wie viel Warum (Alter) (Zeitpunkt) (Aufnahmeweg) (Substanz) (Menge) (Grund) Kessi 5 Informationszentren für Vergiftungen Kontakt herstellen: Bei allen schweren Intoxikationen Wenn die genaue Zusammensetzung nicht bekannt ist Wenn das weitere Vorgehen unklar ist Kessi 6 Informationszentren für Vergiftungen 24 Stunden Zentren in: Berlin Göttingen Bonn Mainz Homburg/Saar Freiburg München Nürnberg Erfurt Kessi 7 Vergiftungswege Orale Giftaufnahme durch Schlucken häufigste Form Gase, Dämpfe oder Nebel Inhalation Hautkontamination fettlösliche Gifte (Benzol) Pflanzenschutzgifte (E605) Medikamente, Rauschgifte Injektionen Kessi 8 Präklinische Versorgungsstrategie: Bei der präklinischen Erstversorgung sollte nach einem bestimmten Standard vorgegangen werden: „5 Finger-Regel“ Kessi 9 „5 Finger-Regel“ 1. Elementarversorgung 2. Giftelimination 3. Antidottherapie 4. Asservierung 5. Transport Kessi 10 Elementarversorgung Eigenschutz in jeder Hinsicht beachten NA-Ruf Unterbrechen der Giftaufnahme ggf. Rettung aus Gefahrenzone Basismaßnahmen Indikationsgerechte Lagerung, psychologische Betreuung –bes. bei Suizidenten; O² -Gabe, ggf. Beatmung/Reanimation, Wärmeerhaltung, i.V. Zugang, konsequentes Atemwegsmanagement, Basisuntersuchung, engmaschiges Monitoring. ggf. mit Giftnotrufzentrale Kontakt aufnehmen Auch scheinbar leichte Intoxikationen sehr ernst nehmen Kessi 11 Giftelimination: Haut Der Kontakt eines Giftes mit der Haut kann sowohl zu resorptiven Vergiftungserscheinungen (E 605) als auch zu schweren Hautschädigungen führen (Säuren/Laugen) !! Schutzhandschuhe anziehen, ggf. Säurefest Entfernen kontaminierter Kleidungsstücke Ausgiebige Spülung der Haut mit Wasser körperwarm Reiben der Haut vermeiden Reaktive Mehrdurchblutung erhöhte Giftresorption!! Kessi 12 Giftelimination: Respirationstrakt Schnellstmögliche Rettung aus der toxischen Atmosphäre Eigenschutz ggf. Atemschutz, Feuerwehr Telefonbenutzung, Melder, Lichtschalter Verdrängung giftiger Gase Bronchiallavage in der Klinik Mögliche Explosionsgefahr berücksichtigen Hochdosierte Sauerstofftherapie Entfernen kontaminierter Kleidungsstücke Bei Aspiration von Puder und Stäuben: Kessi 13 Giftelimination: Magen-Darm-Trakt Kontraindikation für das Auslösen von Erbrechen: Bewusstseinstrübungen/Bewusstlosigkeit Bei ätzenden Substanzen Trinken von reichlich Wasser Bei Schaumbildnern Aspirationsgefahr Aspirationsgefahr Bei organischen Lösemitteln oder Mineralölprodukten (Benzin, Petroleum o.ä.) Aspirationsgefahr mit schweren Lungenschädigungen Kessi 14 Giftelimination: Magen-Darm-Trakt Magenspülung: Indikationen: Kontraindikation für das provozierte erbrechen Quantitativ nicht ausreichendes erbrechen Besonders gefährliche Stoffe (z.B. Antiarrhythmika, E605) Längere Transportzeiten Material: Trichter mit Magenschlauch Beißschutz Mind. 10l Wasser (36°C) Litermaß Auffanggefäß Schutzhandschuhe, Schürze ggf. Intubationsbesteck evtl. Atropin u. med. Kohle Kessi 15 Giftelimination: Blut Prinzip: Forcierte Diurese: Erhöhung der renalen Ausscheidungsrate toxischer Substanzen durch eine Steigerung der Urinproduktion (Ziel: mind. 6-12 l/24 h) Durchführung (Notarzt) Ausreichende Volumenzufuhr (z.B Ringer-Lösung) Diuretika (Lasix oder Furosemid 20 – 60 mg) ggf. Dopamin (in niedriger Dosierung 3 ml/h) Bilanzierung und Überwachung des Wasser- u. Elektrolythaushaltes Kessi 16 Giftelimination: Blut Weitere Möglichkeiten: Hämodialyse Peritonealdialyse Hämoperfusion Plasmapherese Hyperventilation (bei flüchtigen organischen Lösemitteln die abgeatmet werden Können) Oft nur in (Spezial-) Kliniken mit toxikologischer Abteilung möglich. Kessi 17 Antidottherapie Gemessen an der großen Zahl der möglichen Giftstoffe stehen nur relativ wenige Antidote zur Verfügung Kessi 18 Antidottherapie unspezifisch Sab simplex Indikation: Intoxikationen mit Schaumbildnern Entschäumer, Hemmung der Schaumbildnung 2 – 5 ml (Teelöffel) per Oral, bei Bedarf mehr Kessi 19 Antidottherapie unspezifisch Paraffin-Öl Indikation: Intox. Durch Kohlenwasserstoffe Giftbindung, Resorptionsverzögerung Kinder: 2-3 ml/kgKG oral Erwachsene: 150-200 ml oral Medizinische Kohle Indikation: Intox. Mit wasserlöslichen Substanzen Giftadsorption, Verhinderung der Resorption 10-30 g mit Wasser oral (Kuhle Pulvis) Kessi 20 Spezielle Antidote Alkylphoshate (E605) Atropin, Toxogonin Opiate (Heroin) Narcanti Atropin Anticholium Zyanide (Blausäure) Natriumthiosulfat, 4-DMAP Kessi 21 Asservierung Asservat = „Als Beweisstück sichergestellter Gegenstand“ Bei Vergiftungsnotfällen sind solche Beweisstücke: Giftreste Mögliche Behälter oder Verpackungen Schriftliche Verlautbarungen des Patienten ggf. Abschiedsbrief o.ä. Evtl. auch Urin, Stuhl, Blutprobe Kessi 22 Transport Transportziel frühzeitig bestimmen mögliche Behandlungseinrichtungen berücksichtigen Dialyse, Toxikologie, Kinderklinik Bei längeren Fahrzeiten RTH Voranmeldung beim Zielkrankenhaus Kessi 23 Ende Vielen Dank fürs Zuhören! Kessi 24