Vorlesung 16

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Psychiatrie
Vor 16
Abnorme Gewohnheiten und Störungen der
Impulskontrolle
Definition: Das gemeinsame Merkmal dieser Störungen ist das
wiederholte, vollständige oder teilweise Versagen der
(willentlichen) Beherrschung eines Wunsches oder
Antriebs (Impuls). Durch das daraus resultierende Verhalten
kommt es meist zur Schädigung der eigenen oder anderer
Personen. Die wichtigsten Formen sind das pathologische
Stehlen (Kleptomanie), die pathologische Brandstiftung
(Pyromanie) und das pathologische Spielen. Diese
Erkrankungen weisen große Überschneidungen zu den
nichtstoffgebundenen Abhängigkeiten auf.
Wichtig sind folgende Kriterien:
-Schädlichkeit der Handlung
-Spannung und Erregung vor der Handlung
-Befriedigung und Erleichterung während der Handlung
evtl. Selbstvorwürfe nach der Handlung.
Historisches:
Die Bezeichnungen „Kleptomanie" und „Pyromanie" gehen auf das
Konzept der sog. (instinktiven) Monomanien zurück. Diesem
Konzept lag die Vorstellung zugrunde, dass die Psyche nur in einem
Punkt krankhaft verändert sei, während Urteilsvermögen und
affektive (gefühlsmäßige) Schwingungsfähigkeit erhalten bleiben.
Epidemiologie:
Die Häufigkeit des pathologischen Stehlens ist nicht sicher bekannt
(weniger als 5% der Personen, die wegen eines Ladendiebstahls
angezeigt werden, weisen eine Kleptomanie auf). Frauen sind
häufiger betroffen als Männer.
Die pathologische Brandstiftung ist auf die Allgemeinbevölkerung
bezogen zwar eine seltene Störung, unter Brandstiftern ist sie
hingegen relativ häufig zu finden.
Die Häufigkeit des pathologischen Spielens wird mit 1-3%
angegeben. Das Spielen am Geldautomaten ist die häufigste Form
des Glücksspiels (> 90%), gefolgt von Kasino-Spielen mit 19%.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Ätiopathogenese:
Die Ursache des pathologischen Stehlens ist nicht bekannt. Die
Ätiologie der Pyromanie ist ebenfalls unklar. Die Ursachen des
pathologischen Spielens sind komplex. Häufig finden sich
gleichzeitig auch affektive Störungen
Symptomatik und klinische Subtypen
Pathologisches Stehlen (Kleptomanie)
Definition: Dem Impuls Dinge zu stehlen, die nicht dem persönlichen
Gebrauch oder der Bereicherung dienen, kann nicht widerstanden
werden. Die Gegenstände werden häufig weggeworfen, weggegeben
oder gehortet.
Die Betroffenen beschreiben gewöhnlich eine steigende Spannung
vor der Handlung und ein Gefühl der Befriedigung während und
sofort nach der Tat. Dazwischen kann es zu Angst, Verzagtheit oder
Schuldgefühlen kommen
Pathologische Brandstiftung (Pyromanie)
Definition: Krankhafte Störung, bei der wiederholt vorsätzlich
Feuer gelegt wird. Die Patienten sind in der Regel von Feuer
und damit zusammenhängenden Situationen stark fasziniert.
Das Legen von Feuer ist mit einer intensiven Spannung oder
Erregung und teilweise mit Vergnügen und Befriedigung
verbunden. Die Betroffenen zeigen eine Faszination an allem,
was mit Feuer zu tun hat. Den Folgen der Brandstiftung
stehen sie oft gleichgültig gegenüber.
Die Störung beginnt gewöhnlich in der Kindheit und verläuft
periodisch mit Exazerbationen meist während
Krisensituationen.
Pathologisches Spielen
Definition: Hauptmerkmal ist eine chronische Unfähigkeit, der
Versuchung zu Glücksspiel und anderem Spielverhalten zu
widerstehen, auch wenn dadurch persönliche, familiäre und
berufliche Verpflichtungen massiv geschädigt werden
Typische Folgen sind Verschuldung, gestörte
Familienverhältnisse, Vernachlässigung des Berufs sowie
strafbare Handlungen.
Die Störung weist viele Ähnlichkeiten zum süchtigen Verhalten
auf (Zunahme der Spielhäufigkeit; Ruhelosigkeit und
Reizbarkeit, wenn nicht gespielt werden kann; Misslingen von
Versuchen, das Spielen einzuschränken).
Anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen trotz negativer
sozialer Konsequenzen, wie Verarmung, gestörter
Familienbeziehungen und Zerrüttung der persönlichen
Verhältnisse
Diagnostik und Differenzialdiagnose
Diagnose: Diagnostisch ist v. a. auf den typischen Ablauf zu achten (Gefühl
von Spannung vor der Handlung, Befriedigung während und Schuldgefühle
nach der Handlung).
Differenzialdiagnose: Störungen der Impulskontrolle kommen auch vor bei
Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen, Psychosen, organischen
Störungen, sexuellen Störungen, Essstörungen.
Die Pyromanie ist besonders von wahnhaft motiviertem Verhalten abzugrenzen
Therapie
Beim pathologischen Stehlen steht die Psychotherapie im Vordergrund
therapeutischer Maßnahmen. Bei der pathologischen Brandstiftung wird
meist ein tiefenpsychologischer Zugang versucht.
Beim pathologischen Spielen werden vorwiegend psychotherapeutische
Methoden eingesetzt. Mit Psychopharmaka kann evtl. versucht werden, die
Fähigkeit zur Impulskontrolle zu verstärken. Der Anschluss an eine
Selbsthilfegruppe ist zu empfehlen.
Verlauf
Pathologisches Stehlen neigt zur Chronifizierung. Die Folgen des
pathologischen Spielens sind meist gravierend (Abhängigkeit von
psychotropen Substanzen, Suizidversuche, strafbare Handlungen).
Weitere Formen
Eine weitere Form der Impulskontrollstörungen ist die Trichotillomanie. Hierbei
kommt es zum wiederholten Impuls, sich die Haare an verschiedenen
Körperstellen auszureißen. Üblicherweise beginnt diese Störung in der
Kindheit.
Bei der intermittierenden explosiblen Störung kommt es zu umschriebenen
Episoden mit Verlust der Kontrolle über aggressive Impulse, die zu
schweren Gewalttätigkeiten führen können. Der Grad der Aggressivität
während der Episoden steht in keinem Verhältnis zu einem auslösenden
psychosozialen Stressor. Die Symptome treten innerhalb von Minuten oder
Stunden auf und bilden sich nahezu ebenso schnell zurück.
Die Poriomanie ist durch impulshaftes Weglaufen gekennzeichnet.
Auch bei der Internet-Sucht (Online-Sucht) kommt es zu Kontrollverlust,
Entzugserscheinungen, sozialer Isolierung und finanzieller Verschuldung Die
Häufigkeit dieser Problematik ist nicht sicher bekannt.
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