Wertewandel und Wahlentscheidungen

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Wertewandel
und
Wahlentscheidungen
Ergebnisse der empirischen Langzeitforschung
Dr. Helmut Jung
GMS Dr. Jung GmbH,
Hamburg
Eingangsstatement zum Panel „Was heute den Ausschlag gibt.“ auf der internationalen Fachtagung
„Politische Kommunikation in der globalisierten Welt - Richtungsentscheidungen in schwieriger Zeit“
Mainz, den 13. Oktober 2005
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1. Veränderungen des
Wahlverhaltens
Wertewandel und Wahlentscheidungen, Mainz, den 13. Oktober 2005
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1. Veränderungen des Wahlverhaltens /1
Die Folgen des sozialen und
wirtschaftlichen Wandels für
das Wahlverhalten
Wahlentscheidung
??
Kurzfristige Faktoren:
Sachthemen und
Lösungskompetenz
Langfristige Faktoren:
Parteien
und deren Image
Kandidaten,Personal
vielfach: Wertekonflikte
und keine feste Parteibindung
Wegfall der Bindungskraft der Sozialstruktur
• Verschwinden von Klassen und Schichten
• sozialer Wandel, Auflösung sozialer Milieus
• Rollenpluralismus
• Abnahme der konfessionellen Bindungen
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Grundüberzeugungen und Werte
▪ kontinuierlicher Wertewandel
▪ inter- und intraindividueller Wertepluralismus
▪ Individualismus und Hedonismus
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1. Veränderungen des Wahlverhaltens /2
Die Konsequenzen des wirtschaftlichen und sozialen Wandels für das Wahlverhalten
 Bedeutungsverlust langfristig vorprägender Einflussfaktoren
 Zunahme des Einflusses kurzfristig wirksamer Einflussfaktoren
 Abnahme von Stammwählerpotenzialen
 Gleichzeitige Zunahme von Wechselwählerpotenzialen
 Permanente Zunahme der Volatilität von Wählern
 Ein aktuelles Beispiel aus einer Umfrage eine Woche vor der Bundestagswahl:
Unabhängig von Antwort zur Sonntagsfrage in den letzten 2 Wochen darüber nachgedacht,

ob ich überhaupt an der Wahl teilnehme
19%

welche Partei ich wählen soll
17%

sowohl über die Wahlteilnahme als auch die Wahlentscheidung nachgedacht 11%

nicht mehr nachgedacht, Entscheidung steht fest
52%
 Relative Stärkung des Gewichts von Wertorientierungen unter den insgesamt unwichtiger gewordenen langfristig vorprägenden Einflussfaktoren
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2. Wertewandel in Deutschland
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2. Wertewandel in Deutschland /1
 Relevanz von Wertorientierungen und Wertehierarchien im Jahr 2005
Durchschnittswerte (Skala von 1 bis 7)
Das „Mittelfeld“
Die fünf stärksten Werte
Die fünf schwächsten Werte
1. Kontakt / Vertrauen
5,8
6. Selbstverwirklichung 5,3
18. Erwerb / Ökonomik
4,8
2. Sicherheit
5,5
7. Geltung/Anerkennung 5,3
19. Abenteuer
4,8
3. Harmonie / Ästhetik
5,5
8. Wissenserweiterung
5,3
20. Privacy
4,6
4. Verantwortung
5,5
9. Leistung
5,3
10. Daseinsgenuss
5,2
21. Macht
4,4
5. Pflichterfüllung
5,4
11. Unabhängigkeit
5,2
22. Religiosität
4,1
12. Altruismus
5,2
13. Kontemplation
5,2
14. Toleranz
5,1
15. Kooperation
5,1
16. Aktivität
5,0
17. Moral
5,0
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2. Wertewandel in Deutschland /2
 Veränderungen der Wertehierarchien und Wertewandel 2002 bis 2005
Durchschnittswerte (Skala von 1 bis 7)
Die größten Veränderungen seit 2002*
Zunahme der Relevanz
Abnahme der Relevanz
bei den fünf stärksten Werten
Kontakt / Vertrauen
Sicherheit
Harmonie / Ästhetik
Verantwortung
Pflichterfüllung
–0,5
–0,5
–0,4
–0,3
–0,2
im Mittelfeld
Altruismus
Kontemplation
Moral
+0,2
+0,2
+0,2
Daseinsgenuss
Selbstverwirklichung
Unabhängigkeit
–0,3
–0,2
–0,2
bei den fünf schwächsten Werten
Religiosität
Privacy
Abenteuer
Macht
+0,7
+0,4
+0,3
+0,3
Erwerb / Ökonomik
–0,2
* Differenzen = Mittelwerte für 2005 - Mittelwerte für 2002, getrennt für 5 stärkste Werte, Mittelfeld und 5 schwächste Werte
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2. Wertewandel in Deutschland /3
Fazit zum Thema Wertewandel
 80er und 90er Jahre: Postmaterialismus, Individualismus, Hedonismus
Anpassungsdruck für die Werte durch die negative Stimmungslage seit 2001

Nivellierungstendenzen in den Wertehierarchien
 Bedeutungsverlust der fünf wichtigsten Werte
 rückläufige Relevanz des Strebens nach Besitz und Wohlstand
 Abnahme der Relevanz hedonistischer und individualistischer Werte
 Bedeutungszuwächse
 eher bei leistungs- und gemeinschaftsbezogenen Werten (Leistung, Altruismus)
 eher bei bisher weniger wichtigen Werten (z.B. Privacy, Religiosität)
 Revision der Wertehierarchien unter dem Druck der faktischen Verhältnisse:
weniger Streben nach Besitz und Wohlstand sowie geringere Relevanz
von Daseinsgenuss, Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit
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3. Schlussfolgerungen
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3. Schlussfolgerungen /1
Konsequenzen für das Alltagsleben und Einstellungen zur Politik
 Die gespaltene Persönlichkeit des Wählers
 Einerseits: Sicherheitsdenken

erhöhte Angst und mehr Widerstand gegen Umsteuern und Reformen
 größere Distanz und geringeres Vertrauen gegenüber der Politik
 Andererseits: Anpassung der Wertorientierungen an die „neuen“ Rahmenbedingungen
 mehr Bescheidenheit und Zurückschrauben von Erwartungen (mit Time Lag)
 langfristig bessere Grundlagen für die Akzeptanz von Einschnitten und Reformen
 Die noch offene Lösung des inneren Zwiespalts: geringere oder sogar höhere
Ansprüche an Politik, Staat und Gesellschaft? (zumindest Besitzstandswahrung)
 Zwei Konsequenzen für die politische Partizipation
 Zunahme von „Apathie“ und verstärkter Rückzug in die Privatsphäre
 Mehr Protest, größere Chancen für extremistische Gruppierungen und (Sozial)populisten
 Je nach Rahmenbedingungen: weiter sinkende Wahlbeteiligung und/oder Chancen
für kleine, extremistische, Ein-Themen- und Protestparteien
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3. Schlussfolgerungen /2
 Konsequenzen für die Wahlentscheidung

Keine Spaltung der Gesellschaft durch Wertekonflikte

Keine Wertemonopole generell bzw. bezüglich spezifischer Werte für Parteien
wegen des hohen Abstraktionsgrads und des hohen Wertekonsenses


Aber: Probleme und Konflikte bei der Operationalisierung abstrakter Werte
Beispiele für Konflikte:
Thema Sicherheit
●
Innere Sicherheit:
Bekämpfung von Verbrechen, OK, Terrorismus
●
Äußere Sicherheit:
Kein Krieg, Peacekeeping Missions, Kampfeinsätze
●
Soziale Sicherheit:
„Umfassender Sozialstaat“ vs. Subsidiarität
●
Berufliche Sicherheit:
Arbeitslosigkeit vs. „Opfer“ (Arbeitsmarktreformen“)
 Abstrakte, weitgehend konsensuale Werte beeinflussen Wahlverhalten seltener
direkt, sondern eher deren Operationalisierung einschließlich der dabei benutzten
Begriffe und Argumente („Lebensqualität“, „Reichensteuer“, „Kopfprämie“)
 Aber: Hohe Bedeutung des Zielkonflikts Selbst- vs. Gemeinschaftsbezogenheit
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Ergebnisse der empirischen Langzeitforschung
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„Politische Kommunikation in der globalisierten Welt - Richtungsentscheidungen in schwieriger Zeit“
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