16 Elektromagnetische Wellen

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16
Elektromagnetische Wellen
In den folgenden Kapiteln werden wir uns verschiedenen zeitabhängigen Phänomenen
zuwenden. Zunächst werden wir uns mit elektromagnetischen Wellen beschäftigen
und sehen, dass diese als Lösung der Maxwell-Gleichungen im Vakuum auftreten.
Anschließend werden wir die allgemeine Lösung der Maxwell-Gleichungen formulieren
und uns speziell mit den Feldern bewegter Punktladungen und damit der Strahlung
auseinandersetzen.
16.1
Elektromagnetische Wellen im Vacuum
Maxwell-Gleichungen im Vakuum: ρ(r, t) = 0 und j(r, t) = 0
∇·E =0
∇×E =−
∇·B =0
∂
B
∂t
∇ × B = µ 0 0
∂
E
∂t
Wendet man ∇× auf die “Rotation-Gleichungen an”, so erhält man beispielsweise
∇ × (∇ × E) = ∇(∇ · E) − ∆E = −
∂
∂2
B = −µ0 0 2 E
∂t
∂t
mit ∇ · E = 0 führt dies auf die homogene Wellengleichung
∆E = µ0 0
∂2
E,
∂t2
∆B = µ0 0
∂2
B.
∂t2
und analog
Auf diese Weise kann man also die Differential-Gleichungen für das elektrische
und magnetische Feld entkoppeln. Die Wellengleichung ist eine lineare partielle
Differential-Gleichung zweiter Ordnung. Es gilt also weiterhin das Superpositionsprinzip und man findet die Lösung der Wellengleichung durch Fourier-Transformation
mit dem Ansatz:
1
E(r, t) =
(2π)2
Z
3
dk
Z
dω Ẽ(k, ω)ei(k·r−ωt)
Einsetzen in die Wellengleichung ergibt dann:
1
(2π)2
Z
d3 k
Z
h
i
dω Ẽ(k, ω) −k 2 + µ0 0 ω 2 ei(k·r−ωt) = 0.
Da das Integral zu allen Zeiten und an allen Orten verschwinden muss , muss der
Integrand selbst Null sein, woraus sich die Dispersionsbeziehung
|k| =
√
µ0 0 ω
für die Komponenten Ẽ(k, w)ei(k·r−ωt) des Wellenpakets ergibt.
√
Mit der Abkürzung c−1 = µ0 0 läss t sich die Dispersionsrelation für elektromagnetische Wellen, die sich im Vacuum ausbreiten, auch als
ck = ω
schreiben.
Dies ist ein in mehrfacher Hinsicht erstaunliches Resultat: Zum einen haben wir mit
den elektromagnetischen Wellen nicht-triviale Lösungen der Feldgleichungen gefunden, die unabhängig von allen Quellen (Ladungen und Strömen) im gesamten Raum
existieren. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Elektrodynamik wesentlich sowohl von der Elektro- als auch der Magnetostatik. In der Statik gibt es nur dann
von Null verschiedene Felder, wenn es irgendwo im Raum (und sei es auch nur auf
den Oberflächen) Ladungen und/oder Ströme gibt.
Das zweite erstaunliche Resultat, das aus den Maxwell-Gleichungen folgt, ist die
Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Jede einzelne Komponente des Wellenpaketes
E(r, t) breitet sich mit der gleichen Geschwindigkeit c = ω/|k| aus.
16.1.1
Monochromatische, ebene Wellen
Die Fourier-Transformierte einer monochromatischen, ebenen Welle enthält
nur eine einzige Frequenz ω0 und eine einzige Ausbreitungsrichtung k 0 :
Ẽ(k, w) = (2π)2 E 0 δ(ω − ω0 ) δ(k − k 0 )
⇒ E(r, t) = E 0 ei(k0 ·r−ωt)
(B analog)
Aus den Maxwell-Gleichungen im Vakuum folgt dann sofort
∇ · E = 0 ⇒ k0 · E 0 = 0
∇ · B = 0 ⇒ k 0 · B 0 = 0,
d.h. elektrisches und magnetisches Feld einer monochromatischen Welle stehen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der (ek = k/k) der Welle. (→ Transversal-Welle)
Darüber hinaus ergibt sich aus den Rotation-Gleichungen
∂
B ⇒ k × E = ωB ⇒ ek × E = c B
∂t
1 ∂
1
∇ × B = 2 E ⇒ k × B = − cω2 E ⇒ ek × B = − E.
c ∂t
c
∇×E =−
Das elektrische und magnetische Feld stehen in einer monochromatischen Welle also
senkrecht aufeinander.
Im Folgenden werden wir oft die komplexe Schreibweise für Felder und Potentiale benutzen. Man muss aber stets im Hinterkopf behalten, dass physikalische
Felder reelle Größen sind, welche durch den Realteil der komplexen Felder
wiedergegeben werden.
Polarisation einer ebenen Welle
Die Richtung von k legt die Ausbreitungsrichtung einer ebenen Welle fest. Dann
definiert die Richtung von E relativ zu k die Polarisation der Welle.
Wenn die Richtung des elektrischen Feldes E in Raum und Zeit konstant ist, dann
spricht man von einer linear polarisierten Welle.
Beispiele: k liege in z-Richtung
1. E 0 = E0 ex : lineare Polarisation in x-Richtung
2. E 0 = E0 √12 (ex + ey ): lineare Polarisation unter 45◦
Wenn die Richtung von E sich im Laufe der Zeit ändert:
1. |E0x | = |E0y |, aber Ey = e±iπ/2 Ex : zirkulare Polarisation
√
Beispiel: E 0 = (E0 / 2) (1, i)
√
⇒ <Ex = (E0 / 2) cos(kz − ωt)
√
<Ey = (E0 / 2) cos(kz − ωt + π/2)
Man unterscheidet zwischen rechts und links zirkular polarisierten Wellen:
(a) rechts zirkular polarisiert: E-Feld schraubt rechtshändig, wenn man der Welle in k-Richtung folgt.
(b) links zirkular polarisiert: E schraubt linkshändig.
2. elliptisch polarisierte Welle: Die Spitze des E-Feldvektors beschreibt eine
Ellipse.
Energie und Impuls einer ebenen Welle
Zu jedem Zeitpunkt ist die Energiedichte der elektromagnetischen Welle gegeben
durch
1
1
(0 E 2 + B 2 )
2
µ0
1 2
1
(0 E 2 +
E )
=
2
cµ0
1
(20 E 2 ),
=
2
u =
d.h. die Energie, die vom elektrischen Feld getragen wird ist gleich der Energie, die
vom magnetischen Feld getragen wird.
Der Poynting-Vektor der monochromatischen Welle ist
1
(E × B)
µ0
1
=
(E × (ek × E))
µ0 c
1
ek E 2 = c0 E 2 ek = cuek
=
µ0 c
S =
Beachte, dass der Poynting-Vektor in die gleiche Richtung zeigt, in der sich die Welle
ausbreitet. Das bedeutet, dass die Welle ihre Feldenergie mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c mit sich führt.
Die Energiedichte und auch der Poynting-Vektor sind schnell variierende Größen.
Daher ist man in der Regel nur an ihren zeitlichen Mittelwerten interessiert. Diese
ergeben sich zu
1
hui = 0 E02
2
und
1
hSi = c0 E02 ek .
2
Die mittlere Leistung, die pro Flächeneinheit von einer elektromagnetischen Welle
getragen wird, wird Intensität genannt. Sie beträgt
1
I = hSi = c0 E02 .
2
Wenn Licht auf eine ideal absorbierende (schwarze) Fläche A auftrifft, überträgt es
seinen gesamten Impuls
1
hg f ield i = 2 hSi
c
auf die Fläche. In einem Zeitintervall ∆t beträgt der Impulsübertrag
∆p = hg f ield iAc∆t.
Dies führt zu einem Strahlungsdruck
P =
16.2
1
I
1 ∆p
= 0 E02 = .
A ∆t
2
c
Elektromagnetische Wellen in Leitern
Im Vergleich zum Vakuum wird die Ausbreitung von Wellen in Leitern durch die Anwesenheit von Strömen modifiziert. Wir nehmen an, dass alle Ladungsanhäufungen
auf einer Zeitskala abfließen, die viel schneller ist als die Phänomene, für die wir uns
hier interessieren. Die Ströme hingegen sind gemäß dem Ohm’schen Gesetz
j = σE
durch äußere Felder festgelegt (σ: Leitfähigkeit des Leiters).
Das Ampère’sche Gesetz in einem Leiter lautet dann
∇ × B = µ
∂
E + µσE.
∂t
[Beachte: in diesem Ausdruck habe ich den Index 0 sowohl bei der dielektrischen
Konstanten als auch bei der Permeabilität weggelassen, um den veränderten MaxwellGleichungen in einem linearen Material Rechnung zu tragen.]
Dies führt zu modifizierten Wellengleichungen,
∆E = µ
∂2
∂
E + µσ E
2
∂t
∂t
und
∂2
∂
B + µσ B.
2
∂t
∂t
Die Fourier-Transformation ergibt dann die Dispersionsrelation
∆B = µ
k̃ 2 = µω 2 + iµσω,
d.h. die Wellenzahl k̃ = k/|k| ist nun komplex.
Ihr Imaginärteil
s
µ 
σ
1+
κ=ω
2
ω
r
2
(1/2)
− 1
verursacht eine Abschwächung der Welle, wenn sie in das Material eindringt. Die
Länge, auf der die Feldamplitude um den Faktor 1/e abfällt, wird Skintiefe
d=
1
κ
genannt.
Beachte, dass κ mit zunehmender Frequenz zunimmt. Daher können hochfrequente
Komponenten eines elektromagnetischen Signals nicht in einem gewöhnlichen Draht
transmittiert werden. (→ Hohlleiter)
Der Realteil der Wellenzahl
s
µ 
σ
k=ω
1+
2
ω
r
2
(1/2)
+ 1
bestimmt die Wellenlänge und die Ausbreitungsgeschwindigkeit,
λ=
2π
k
v=
ω
.
k
Die Maxwell-Gleichungen bedingen weitere Einschränkungen für die ebenen WellenLösungen des elektromagnetischen Feldes. Wie im Vakuum gilt auch im Leiter
k·E =0
und
k · B = 0,
d.h. die Wellen sind noch stets transversal.
Aus den Rotationsgleichungen erhält man nun allerdings
k̃
e × Ẽ = B̃.
ω k
Elektrisches und magnetisches Feld sind also nicht länger in Phase. Statt dessen
sind sie um
φ = tan−1 (κ/k)
phasenverschoben.
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