Diagnose: Melioidose - Deutsches Ärzteblatt

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Klaus Göbels1
Dieter Teichmann2
Joachim Richter1
Gregor Zysk3
Dieter Häussinger1
Zusammenfassung
Die Melioidose wird durch das gramnegative
Bakterium Burkholderia pseudomallei hervorgerufen und ist in Südostasien und Nordaustralien, nicht aber in Europa endemisch. Das klinische Bild der Melioidose ist äußerst vielfältig.
Die Erkrankung kann einen akuten oder chronisch-rezidivierenden Verlauf nehmen oder
über Jahrzehnte latent bleiben. Etwa 80 Prozent der Melioidose-Patienten leiden an prädisponierenden Erkrankungen wie Diabetes
mellitus, chronischen Nierenerkrankungen, Alkoholabusus oder chronischen Lungenerkrankungen. Die Melioidose ist eine wichtige Differenzialdiagnose bei Fieber unklarer Genese
nach Aufenthalt in Endemiegebieten. Selbst
bei hochdosierter Antibiotikatherapie ist die
Behandlung schwierig und häufig durch ein
verzögertes Ansprechen gekennzeichnet. Die
Behandlung besteht aus einer mindestens zwei
bis zum Teil mehrwöchigen intravenösen Initialtherapie, gefolgt von einer mindestens 20wöchigen oralen Erhaltungstherapie, wobei
D
ie Melioidose wird durch das
gramnegative Bakterium Burkholderia pseudomallei hervorgerufen und ist in Südostasien und Nordaustralien endemisch. In Nordost-Thailand verursacht Burkholderia pseudomallei bis zu 20 Prozent der ambulant
erworbenen septischen Krankheitsbilder. Das klinische Bild reicht von einer
lokalen Hautmanifestation bis zur fulminant verlaufenden Sepsis, die Inkubationszeit ist äußerst variabel: Sie
kann wenige Tage bis Jahrzehnte betragen (1). In Europa ist die Melioidose eine seltene importierte Erkrankung.
Aufgrund der Seltenheit besteht
die Gefahr, die Erkrankung bei
differenzialdiagnostischen Erwägungen nicht in Betracht zu ziehen. Die
1 Tropenmedizinische Ambulanz, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie (Direktor: Prof. Dr.
med. Dieter Häussinger), Universitätsklinikum Düsseldorf
2 Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin (Leiter: Dr.
med. Dieter Teichmann), Klinikum Dresden-Neustadt
3 Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Düsseldorf
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Diagnose: Melioidose
Erkrankung mit vielfältigem klinischen Bild
und sehr variabler Inkubationszeit
etwa 10 bis 30 Prozent der so behandelten Patienten Rückfälle erleiden. Melioidosepatienten müssen lebenslang in medizinischer Betreuung bleiben, um Rückfälle rechtzeitig zu
erkennen und adäquat zu behandeln. Burkholderia mallei und pseudomallei sind als potenziell biowaffenfähig anzusehen, obgleich eine
absichtliche Freisetzung sehr wahrscheinlich
keine Epidemie auslösen würde.
Schlüsselwörter: Reisemedizin, Melioidose,
gramnegative Sepsis, Antibiose, Erhaltungstherapie
Summary
A Disease with a Diverse Clinical Presentation and a Variable Incubation Period
Melioidosis is caused by the gram-negative bacterium Burkholderia pseudomallei. It is endemic
in Southeast Asia and northern Australia, but
not in Europe. The clinical picture of melioidosis
is variable. The disease may be acute or relapse
Veröffentlichung von Einzelfallberichten in infektiologischen Fachzeitschriften verdeutlicht das regelmäßige Vorkommen der Melioidose als importierte
Erkrankung in Europa (2, 3, 4, 5). Aktuell wurde im Mai 2005 im Epidemiologischen Bulletin (13. Mai 2005/Nr.19)
ein Fall von pulmonaler Melioidose infolge des Tsunami in Thailand publiziert, siehe hierzu auch die Kasuistik im
folgenden Beitrag.
Bakteriologie
Burkholderia pseudomallei wurde erstmals 1911 von Whitmore bei Slumbewohnern Rangoons isoliert, die an einer
Rotz-ähnlichen Erkrankung starben (6).
Rotz (englische Bezeichnung: Glanders)
ist eine hauptsächlich Pferde betreffende abszessbildende Infektionskrankheit,
die durch Burkholderia mallei hervorgerufen wird und im neunzehnten bis Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts auch
in Europa endemisch war.
after a latency of decades. About 80 per cent of
patients with Melioidosis have underlying diseases such as diabetes mellitus, chronic renal
diseases, alcohol abuse or chronic lung diseases.
Melioidosis is an important differential diagnosis for fever of unknown origin after a visit to
endemic areas. Even with high dose intravenous antibiotics, treatment is often difficult and
therapeutic response is slow. Therapeutic regimes consist of an initial intravenous therapy,
which is typically given for at least two or more
weeks. This regime is followed by an oral maintenance therapy for at least another 20 weeks.
Relapses occur in 10 to 30 per cent of treated patients. Melioidosis patients require a life long
follow-up in order to detect relapses early and
to treat the infection effectively. Burkholderia
mallei and pseudomallei are possible biological
weapons, albeit it is unlikely that a deliberate
release would cause an epidemic.
Key words: travel medicine, melioidosis, gramnegative septicaemia, antibiotic, maintenance
therapy
Heute ist die Erkrankung auch bei
Nutztieren selten und kommt nur
noch sporadisch in den Tropen und
Subtropen vor. Humane Rotz-Fälle
beschränken sich hauptsächlich auf einen Personenkreis, der häufig Kontakt
mit Burkholderia-mallei-infizierten
Tieren hat, wie etwa Tierärzte, Tierpfleger und Schlachter. Daher treten Infektionen mit Burkholderia
mallei beim Menschen auch in den
betroffenen Regionen lediglich sporadisch auf (7).
Burkholderia pseudomallei ist ein
motiles, aerobes nicht sporenbildendes gramnegatives Stäbchen, das aus
Wasser, feuchten Böden, und insbesondere aus Reisfeldern isoliert werden kann (Abbildung). In dem Hauptendemiegebiet in Nordost-Thailand
sind bis zu 50 Prozent der Reisfelder
mit Burkholderia pseudomallei kontaminiert (8).
Die Bakterien sind auf den üblichen
bluthaltigen Festnährböden unter aeroben Bedingungen anzüchtbar. Zur
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Erhöhung der Sensitivität des kulturellen Nachweises aus beispielsweise
respiratorischen Sekreten ist jedoch die
vorherige Anreicherung in selektiven
Flüssigkulturmedien und anschließender Subkultur auf einem Selektivnährboden zu empfehlen (9).
Diese Verfahren werden nur bei klinischem Verdacht in Speziallaboratorien der Sicherheitsstufe 3 durchgeführt. Besteht der Verdacht auf kulturellen Nachweis von Burkholderia
pseudomallei in einem mikrobiologischen Routinelabor, so sind weitere
Differenzierungsschritte in einem entsprechend ausgestatteten Labor angewendet zum Beispiel dem Institut
für Mikrobiologie der Bundeswehr in
München beziehungsweise dem Friedrich-Loeffler-Institut für Medizinische Mikrobiologie der Ernst-MoritzArndt Universität in Greifswald.
Pathogenese
Die Pathogenese der Melioidose ist
trotz der intensivierten Forschung der
letzten 20 Jahre noch weitgehend unklar. Das Spektrum der Erkrankung
reicht von der asymptomatischen
Serokonversion bis zur fulminanten
Sepsis. Die Melioidose kann akut verlaufen, einen chronischen oder einen
rezidivierenden Verlauf nehmen. Die
Schwere der Erkrankung und deren
Prognose wird maßgeblich durch die
Epidemiologie
Neben den typischen Endemiegebieten in Nordost-Thailand und dem tropischen Norden Australiens, wurden
vereinzelte Fälle aus Indien, China
und Südamerika publiziert. In Afrika
sind in den letzten Jahren keine Fälle
von Melioidose aufgetreten (10).
In den Endemiegebieten kommt die
Erkrankung gehäuft in der Regenzeit
vor (11). Meistens sind Menschen,
die direkten Kontakt zu Wasser oder
feuchten Böden hatten, betroffen. Die
Infektion verläuft gewöhnlich durch
Inokulation des Erregers über Hautverletzungen oder direkt durch Inhalation. Während des Vietnamkrieges
sind bei amerikanischen Hubschrauberbesatzungen gehäuft Fälle von pulmonaler Melioidose aufgetreten. Die
Soldaten wurden am wahrscheinlichsten über Inhalation von erregerhaltigen Aerosolen infiziert (12).
Die vertikale, sexuelle oder nosokomiale Übertragung stellt eine seltene
Ausnahme dar und spielt epidemiologisch keine wesentliche Rolle (13, 14).
Rotz hingegen wird meist über erregerhaltiges Nasensekret von infizierten Tieren durch Aerosole (15),
aber auch durch Kontakt mit eitrigen Wunden auf den Menschen übertragen (16).
Abbildung: Elektronenmikroskopische Aufnahme des Melioidose-Erregers; Mit freundlicher Genehmigung, Dennis Kunkel, Microscopy, Inc.
wirtseigene Immunitätslage bestimmt.
Etwa 80 Prozent der Melioidosepatienten leiden an prädisponierenden
Erkrankungen wie Diabetes mellitus,
chronischen Nierenerkrankungen, Alkoholabusus oder chronischen Lungenerkrankungen zu der auch die zystische Fibrose (CF) zählt. Männer sind
etwa dreimal häufiger betroffen als
Frauen, die Ursache hierfür ist unbekannt (17).
Klinik
Melioidose und Rotz zeigen ähnliche
klinische Symptome, wobei der Infektionsweg zumindest im Anfangsstadium der Erkrankung, das klinische Bild
bestimmt (7). Die Klinik der Melioidose ist sehr vielfältig. Fieber ist als ein
wenig spezifisches Leitsymptom anzusehen. Die Lunge ist das am häufigsten
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betroffene Organ. Dabei kann es sich
klinisch um eine Pneumonie, einen
primären Lungenabszess oder eine sekundäre Lungenbeteiligung im Rahmen einer Sepsis handeln. Das Sputum
ist häufig eitrig, selten blutig tingiert.
Große Lungenabszesse können die
Pleura arrodieren und so ein Pleuraempyem verursachen.
Kommt es zu einer hämatogenen
Aussaat der Erreger, sind meistens
Leber, Milz, Skelettmuskeln und die
Prostata betroffen.
Im schlimmsten Fall kann eine fulminant verlaufende Sepsis entstehen, die
sowohl klinisch als auch laborchemisch
einer gramnegativen Sepsis entspricht.
In einigen Fällen verursacht Burkholderia pseudomallei lokalisierte Hautund Weichteilinfektionen mit fistelnden
Lymphadenitiden und Abszessbildungen (1). Augeninfektionen, insbesondere Kornealulzerationen, die mit Burkholderia pseudomallei aus kontaminiertem Wasser superinfiziert werden,
sind häufig destruierend (18).
Einen Sonderfall der Melioidose
stellt die akute eitrige Parotitis dar, die
bei einem Drittel der pädiatrischen
Patienten in Thailand beobachtet wird
(19), nicht hingegen in Australien.
Dort ist die Hirnstammenzephalitis,
eine zwar seltene aber gefürchtete
Manifestation der Melioidose (1).
Aufgrund des sehr variablen klinischen Bildes sowie der für den Kliniker unberechenbaren Inkubationszeit, sollte eine fieberhafte Erkrankung bei Patienten mit Immundefekten, die sich in Endemiegebieten
aufgehalten haben, an eine Melioidose
denken lassen. Hier kommt der genauen Reiseanamnese eine besondere Bedeutung zu, weil auch Aufenthalte, die
mehrere Jahre zurückliegen, einen
wertvollen differenzialdiagnostischen
Hinweis geben können.
Diagnose
Burkholderia pseudomallei kann aus
Blutkulturen oder Abszesspunktat angezüchtet werden. Die Anzucht aus respiratorischen Materialien ist schwieriger und verlangt in der Regel spezielle Anreicherungsverfahren. Bei einer Sepsis lassen automatisierte Blut-
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kultursysteme positive Ergebnisse
nach 24 bis 48 Stunden erwarten.
Der Wert der serologischen Tests ist
umstritten. Ein negativer Antikörpernachweis bei aus Nicht-Endemiegebieten stammenden Patienten kann eine differenzialdiagnostische Hilfe
sein. Die serologischen Methoden ersetzen den Direktnachweis des Erregers jedoch nicht (20). Die Polymerasekettenreaktion (PCR) ist, wie der
kulturelle Nachweis, bei begründetem
Verdacht auf Melioidose spezialisierten Laboratorien vorbehalten. In
diesen Fällen sollte daher stets ein
Referenzlabor konsultiert werden.
Das C-reaktive Protein kann initial,
selbst bei schwerer Sepsis, nur mäßig
erhöht sein (21).
Therapie
Die Melioidose ist äußerst schwierig
zu behandeln. Das therapeutische Ansprechen ist oft trotz hoher Dosen von
systemisch applizierten Antibiotika
verzögert (Kasten).
Die Behandlung besteht aus einer,
je nach klinischem Ansprechen, mindestens zweiwöchigen intravenösen
Initialtherapie, gefolgt von einer oralen
Erhaltungstherapie, die mindestens für
weitere 20 Wochen durchgeführt werden sollte. Für die Initialtherapie sind
Ceftazidim oder Carbapeneme die Antibiotika der ersten Wahl (1).
In einer großen randomisierten Studie aus Thailand konnte die Gleichwertigkeit von Imipenem und Ceftazidim bei der Initialtherapie belegt werden (22). Eine australische Studie
konnte bei Patienten mit schwerer
Sepsis, die mit Meropenem im Vergleich zur Standardtherapie mit Ceftazidim behandelt wurden, eine geringere Mortalität nachweisen (25 Prozent
versus 76 Prozent, p < 0,001) (23). Eine Therapie mit Meropenem sollte,
insbesondere sowohl vor dem Hintergrund des postantibiotischen Effektes,
als auch der verminderten Endotoxinausschüttung, als Therapie der ersten
Wahl bei Burkholderia-pseudomalleiSepsis angesehen werden (24, 25). Eine Umstellung auf eine orale Erhaltungstherapie sollte erst dann erfolgen, wenn es zu einer sicheren klini-
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schen als auch laborchemischen Besserung gekommen ist. Ein Rückgang
des Fiebers ist im Mittel nach neun Tagen zu erwarten, bei Abszedierungen
oder Empyem können rezidivierende
Fieberepisoden über mehrere Wochen
anhalten. Eine Resistenzentwicklung
gegen die genannten Antibiotika ist in
weniger als einem Prozent der behandelten Fälle zu erwarten, sodass weiterhin bestehendes Fieber unter einer
antibiotischen Therapie nicht zu einem Wechsel des Antibiotikaregimes
verleiten sollte. Unter der Initialtherapie kann es sogar zu einer Zunahme
von vorher bestehenden Abszessen
oder zur Neubildung von Abszedierungen durch septische Aussaat kommen, ohne dass dies als ein Zeichen
des Therapieversagens zu werten ist.
Blutkulturen sollten nach Umstellung auf die orale Erhaltungstherapie
stets steril sein, wobei der Keim häufig
weiterhin im Sputum oder in drainierten
Abszessen nachweisbar ist. Als orale
Erhaltungstherapie werden Chloramphenicol, Doxycyclin, Co-trimoxazol
in Kombination eingesetzt. Chloramphenicol wird gewöhnlich für acht Wochen, die Therapie mit Doxycyclin und
Kasten
Therapie der Melioidose
Parenterale Initialtherapie bei normaler Nierenfunktion mindestens
14 Tage
Meropenem 15–25 mg/kg KG 3 × täglich
z. B. Meronem 3 × 1g
oder
Ceftazidim 40 mg/kg KG 3 × täglich z. B.
Fortum 3 × 3g [max. 9 g/24 h]
Orale Erhaltungstherapie
Doxycyclin 2 mg/kg KG 2 × täglich
z. B. Doxycyclin-ratiopharm 2 × 150 mg
(20 Wochen*1)
Co-trimoxazol 25 mg/5 mg/kg KG 2 × täglich
z. B. Cotrim forte 2 × 2 à 960 mg (20 Wochen1)
Chloramphenicol*2 10 mg/kg KG 4 × täglich
z. B. Chloramsaar N 4 × 750 mg
(maximal 8 Wochen)
*1 nicht mehr in der Roten Liste 2005 aufgeführt, über internationale Apotheke zu bestellen.
*2 Erhaltungstherapie mindestens 20 Wochen
Co-trimoxazol wird für weitere zwölf
Wochen fortgeführt, sodass die orale Erhaltungstherapie mindestens 20
Wochen umfasst.
Trotz der 20-wöchigen oralen Erhaltungstherapie kommt es bei etwa
zehn Prozent der behandelten Patienten zu Rückfällen. Wird die Therapie
nur acht Wochen durchgeführt, ist bei
etwa einem Drittel der Patienten mit
einem Rezidiv zu rechnen (1). Die
Häufigkeit der Rückfälle hängt im
Wesentlichen sowohl von der Adhärenz der Erhaltungstherapie als auch
der Schwere der initialen Erkrankung
ab, nicht aber von der prädisponierenden Grunderkrankung. Klinisch
kommt es bei systemischen Burkholderia-pseudomallei-Infektionen zu einer ausgeprägten Kachexie, die eine
supportive parenterale beziehungsweise enterale Ernährung erfordert.
Trotz adäquater Therapie beträgt
die Letalität bei Erwachsenen in Thailand etwa 50 Prozent, in Australien
sank die Letalität in den letzten Jahren
dank der höheren Aufmerksamkeit
der Kliniker und der damit verbundenen schnelleren Diagnose sowie den
verbesserten Möglichkeiten der intensivmedizinischen Sepsistherapie. Die
Prognose der Melioidose ist bei Kindern generell besser als bei Erwachsenen, auch kommt es seltener zu Rückfällen. Nach einer durchgemachten
Melioidose müssen Patienten lebenslang medizinisch beobachtet werden,
um mögliche Rezidive früh zu entdecken und entsprechend zu therapieren (1).
Melioidose, Rotz und
Bioterrorismus
Burkholderia mallei wurde während
des Ersten Weltkriegs von den Deutschen an der Ostfront eingesetzt und
hat durch Rotzfälle bei Pferden und
Maultieren dazu beigetragen, russische Truppenbewegungen zu erschweren (26). Im Zweiten Weltkrieg wurde
der gleiche Erreger von den Japanern
in China verwendet, wobei Menschen
und Nutztiere absichtlich infiziert
wurden (27). Burkholderia pseudomallei wurde als mögliche Biowaffe
untersucht, aber bisher nie eingesetzt.
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Da eine Übertragung durch Aerosole
hervorgerufen werden kann, und zudem nur eine geringe Zahl an Organismen nötig sind, um eine Infektion
hervorzurufen, werden beide Erreger
als potenzielle terroristische Biowaffe
angesehen. Allerdings sind Übertragungen von Mensch zu Mensch selten,
sodass von einem terroristischen Anschlag keine große Epidemie zu erwarten wäre, und sich die Fälle auf
die direkt mit den Erregern in Kontakt
gekommenen Personen beschränken
würden. Zudem gibt es experimentelle
Daten zur Wirksamkeit einer Postexpositionsprophylaxe mit Co-Trimoxazol (7).
Weitere Informationen sind bei
der Europäischen Task Force on Biological and Chemical Agents Threats
unter http://www.eurosurveillance.org
abzurufen.
Ausblick
Die Prävalenz der Melioidose in
Nicht-Endemiegebieten wird wahrscheinlich unterschätzt. Die Tatsache,
dass bis zu 30 Jahre nach Exposition
Erkrankungen mit Burkholderia pseu-
domallei beschrieben wurden, legt den
Schluss nahe, dass die Dunkelziffer
weit höher liegt, als es die Zahl der in
den infektiologischen Fachjournalen
vereinzelt publizierten Fallberichte
vermuten lässt.
Da auch rezidivierende Infektionen
keine protektive Immunität hervorrufen, sind die Aussichten für die Entwicklung eines Impfstoffes eher ungünstig (28).
Für Patienten mit Diabetes mellitus, chronischen Nierenerkrankungen
oder zystischer Fibrose besteht ein
erhöhtes Risiko bei einem Aufenthalt
in einem Endemiegebiet mit Burkholderia pseudomallei infiziert zu
werden. Vor einem Aufenthalt in
Hochendemiegebieten wie zum Beispiel Nordost-Thailand, sollten gefährdete Patientengruppen im Rahmen der reisemedizinischen Beratung
zumindest über das Risiko der Melioidose informiert werden. Eine genaue
Reiseanamnese sowie die Aufmerksamkeit der Kliniker im Bezug auf
die Melioidose kann dazu beitragen,
Patienten mit dieser zwar seltenen
aber schwerwiegenden Erkrankung
früh zu diagnostizieren und adäquat
zu therapieren.
Mikrobiologische Diagnostik
bei Melioidose
Prof. Dr. med. Ivo Steinmetz
Friedrich-Loeffler-Institut für
Medizinische Mikrobiologie der
Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald
E-Mail: [email protected]
Dr. med. Ernst-Jürgen Finke
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr
E-Mail: institutfuermikrobiologie@
bundeswehr.org
Manuskript eingereicht: 31. 3. 2004, revidierte Fassung
angenommen: 1. 6. 2005
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne
der Richtlinien des International Committee of Medical
Journal Editors besteht.
❚ Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2005; 102: A 2166–2169 [Heft 31–32]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet
unter www.aerzteblatt.de/lit3105 abrufbar ist.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Klaus Göbels, DTM&H
Tropenmedizinische Ambulanz
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und
Infektiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstrasse 5, 40225 Düsseldorf
E-Mail: [email protected]
MEDIZINGESCHICHTE(N))
AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT
Medizin und Literatur Cholera
Zitat: „Die Cholera ist in Berlin ausgebrochen; man erwartet sie auch hier jeden Tag, weil niemand glaubt, daß
der Elbkordon [1] sie abhalten werde. [. . .] Die Wohnungen sind erfüllt von den widerwärtigsten Apparaten [2] .
Die Stadt ist in sieben Gesundheitsbezirke abgeteilt, und
in jedem steht eine Bude auf der Straße, welche das Nötige für schleunige Fälle enthält. Man kommt zusammen,
will nicht von dem Unglück des Tages reden – das Gespräch spinnt sich in Hast und Pein eine Zeitlang fort,
stockt, man sieht einander stumm an – und unversehens
befindet sich die ganze Gesellschaft wieder in der Pestregion. Indessen drängt sich das Unangenehme nicht so, wie
die Zeilen eines Briefes es darstellen müssen. Es gibt noch
so manche heitere Stunde; denn schon hat sich auch das
Gegengift aller physischen und moralischen Influenzas
[3] gemeldet, das Komische. Es werden die ergetzlichsten
Geschichten von Übersorge und ausschweifender Furcht
erzählt. X. läßt bereits jeden, der ihn sprechen will, durch
ein Räucherkabinett [4] gehen, und Y. liegt mit Ausnahme
der Geschäftsstunden fortwährend im Bette, um nicht aus
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der Transpiration [5] zu kommen. Im ganzen sind Männer
ängstlicher als Frauen. Das gemeine Volk, welches denn
doch die Wahrheit am meisten zu fürchten hat, verhält
sich ganz gleichgültig, zecht, lärmt wie sonst und genießt
das wohlfeilste Obst im Übermaße. Sie hegen wie überall
nur Scheu vor den Heilanstalten, weil sich die abenteuerlichsten Vorstellungen über die Behandlung der Kranken
in denselben bei ihnen festgesetzt haben [6].“
Karl Immermann: Die Cholera droht (Reisebericht, Herbst 1831). In: Peter
Schwinning: Die erste Choleraepidemie in Deutschland 1831. Dr. Karl Heinrich
Ebermaier: Beobachtungen und Resultate [. . .] Düsseldorf 1997, Seite 117. –
Der Jurist und Schriftsteller Immermann (1796–1840), Verfasser des „Münchhausen“ (1839), berichtet hier auf seiner Reise im September und Oktober 1831 in
seine Heimatstadt Magdeburg vom Ausbruch der großen Choleraepidemie, die
auch als Pest des 19. Jahrhunderts bezeichnet wurde. [1] Kordon von französisch
„cordon sanitaire“ (Seuchensperrgürtel). [2] Alle möglichen Apparate, insbesondere zum Räuchern und Versprühen, wurden eingesetzt. [3] Psychische
Ansteckungen. [4] Räuchern war traditionelles Abwehrmittel gegen Seuchen,
insbesondere die Pest. [5] Offenbar eine Art Schwitzkur. [6] Seinerzeit war der
Verdacht im einfachen Volk weit verbreitet, Ärzte und Gesundheitsbehörden
wollten die Armen mithilfe der Cholera insgeheim dezimieren.
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Literaturverzeichnis zu: Heft 31–32/2005
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