bichat-leitlinien* für die klinische behandlung von malleus und

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BICHAT-LEITLINIEN* FÜR DIE KLINISCHE BEHANDLUNG VON MALLEUS UND MELIOIDOSE
EINSCHLIESSLICH DER MIT BIOTERRORISMUS ZUSAMMENHÄNGENDEN KRANKHEITSFORMEN
P. Bossi, A. Tegnell, A. Baka, F. Van Loock, J. Hendriks, A. Werner, H. Maidhof, G. Gouvras
„Task Force on Biological and Chemical Agent Threats“, Direktion Öffentliche Gesundheit, Europäische Kommission,
Luxemburg
Korrespondenzautor: P. Bossi, Hôpital de la Pitié-Salpêtrière, Paris, Frankreich, E-Mail: [email protected]
Malleus und Melioidose sind zwei Infektionskrankheiten,
die durch Burkholderia mallei bzw. Burkholderia
pseudomallei hervorgerufen werden. Eine Infektion ist
möglich durch direkten Hautkontakt mit kontaminiertem
Boden oder Wasser. Ein anderer Übertragungsweg ist die
orale Aufnahme von kontaminiertem Wasser oder Staub.
Malleus und Melioidose wurden in mehreren Ländern auf
Waffentauglichkeit untersucht. Sie erzeugen ähnliche
klinische Syndrome. Die Symptome sind je nach
Infektionsweg unterschiedlich, allerdings kann eine
Krankheitsform in eine andere übergehen, oder die
Krankheit kann einen chronisch rezidivierenden Verlauf
nehmen. Im Allgemeinen werden vier klinische Formen
beschrieben: lokalisierte Infektion, Lungeninfektion,
Septikämie. chronische eitrige Infektionen der Haut.
Alle therapeutischen Empfehlungen sollten entsprechend
den Resistenzberichten von Isolaten angepasst werden. Im
Falle eines bioterroristischen Angriffs wird eine
postexpositionelle
Prophylaxe
mit
TrimethoprimSulfamethoxazol empfohlen. Ein Impfstoff für den
Menschen ist nicht verfügbar.
Euro Surveill 2004; 9 (12)
http://www.eurosurveillance.org/em/v09n12/0912-238.asp
Einleitung
Malleus und Melioidose sind zwei Infektionskrankheiten, die
durch Burkholderia mallei bzw. Burkholderia pseudomallei
hervorgerufen werden und ähnliche Symptome verursachen
[1-7].
Malleus ist primär eine Krankheit des Pferdes, betrifft aber
auch Esel und Maultiere und kann außerdem auf Ziegen,
Hunde und Katzen übergehen. Die Krankheit tritt im
Allgemeinen selten auf, gilt aber in Afrika, Asien, im Nahen
Osten, in Mittel- und Südamerika als endemisch. Der Grund
für die niedrige Übertragungsrate vom Tier zum Menschen ist
nicht bekannt. Beim Menschen tritt die Krankheit selten auf;
berichtet wurde über infizierte Labormitarbeiter und über
Patienten, die unmittelbaren, länger andauernden Kontakt mit
infizierten Tieren hatten (Tierärzte, Pferdepfleger,
Beschäftigte in Schlachthäusern). Über Epidemien beim
Menschen ist bisher nichts bekannt.
Melioidose ist in Südostasien und Nordostaustralien
endemisch; berichtet wurde über Fälle in Afrika, im
südpazifischen Raum, in Indien, im Nahen Osten sowie in
Mittel- und Südamerika, wo der Erreger in Boden und Wasser
sehr verbreitet ist [3]. Eine Infektion ist möglich durch
direkten Hautkontakt mit kontaminiertem Boden oder Wasser
(bei oberflächlichen Verletzungen der Haut). Ein anderer
Übertragungsweg ist die orale Aufnahme von kontaminiertem
Wasser oder Staub. Die Bakterien dringen in den Körper durch
die Haut und durch die Schleimhäute von Augen und Nase ein.
Malleus, Melioidose und Bioterrorismus
Malleus und Melioidose wurden in mehreren Ländern auf
Waffentauglichkeit untersucht. Malleus soll sowohl im Ersten
als auch im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden sein [1-5].
Während des Ersten Weltkriegs wurden an der Ostfront
russische Pferde und Maultiere in großer Zahl infiziert und so
Truppenbewegungen behindert. Während des Zweiten
Weltkriegs infizierten die Japaner gezielt Tiere und Menschen
im Pinfang-Institut in China. B. pseudomallei wurde zwar
untersucht, aber nie als biologische Waffe eingesetzt.
Es wurde über mehrere durch Aerosolisierung in Labors
verursachte Infektionsfälle beim Menschen berichtet. Die
Anfallsraten betrugen bei Laboraerosolen nicht weniger als
46 %, mit beim Menschen oft schwerem Verlauf. Es genügen
sehr wenige Organismen, um die Krankheit durch
Aerosolisierung zu verursachen, den möglicherweise
wichtigsten Infektionsweg für Menschen nach einer
absichtlichen Freisetzung von Burkholderia-Arten. Es sind
sehr wenige Fälle von Mensch-zu-Mensch-Übertragung von
Malleus
dokumentiert
(2
Verdachtsfälle
sexueller
Übertragungen und mehrere Fälle bei Familienmitgliedern, die
Malleus-Patienten pflegten), weshalb es unwahrscheinlich ist,
dass eine einmalige absichtliche Freisetzung eine länger
andauernde Epidemie verursachen würde [6,7].
Auch wenn es sich um in der westlichen Welt extrem seltene
Krankheiten handelt, sollten beide Erreger doch beschrieben
werden, da sie wegen der möglichen wirksamen Verbreitung
durch Aerosolisierung ein Potenzial und auch eine
Vorgeschichte als biologische Waffen haben.
Mikrobiologische Eigenschaften
B. mallei und B. pseudomallei (auch Whitmore-Bazillus
genannt) sind kleine, gramnegative, strikt aerobe
Stäbchenbakterien, die sich durch Methylenblau oder WrightFärbung bipolar anfärben lassen (Sicherheitsnadelform).
B. pseudomallei ist beweglich, weil polar begeißelt, B. mallei
unbeweglich.
Diese Bakterien sind gerade oder leicht gebogen, katalase- und
normalerweise oxydasepositiv. Sie wachsen bei Temperaturen
zwischen 4 und 43 °C. Kulturen haben einen durchdringenden
verräterischen Erd- bzw. Traubengeruch, der wahrzunehmen
ist, wenn der Brutschrank geöffnet wird. Kolonien zeigen ein
Nebeneinander runzliger und glatter Formen. Burkholderia ist
oxidierend, nicht fermentierend, wie die rosa Kolonien auf
MacConkey-Platten zeigen.
Eurosurveillance – 2004 Vol 9 issue 12 – http://www.eurosurveillance.org
1
Klinische Symptome
Malleus und Melioidose erzeugen ähnliche klinische
Syndrome (TABELLE I). Die Symptome sind je nach
Infektionsweg unterschiedlich, allerdings kann eine
Krankheitsform in eine andere übergehen, oder die Krankheit
kann einen chronisch rezidivierenden Verlauf nehmen. Im
Allgemeinen werden vier klinische Formen beschrieben:
lokalisierte
Infektion,
Lungeninfektion,
Septikämie.
chronische eitrige Infektionen der Haut [1-7].
Die Inkubationszeit schwankt je nach klinischer Form der
Krankheit zwischen einem und 14 Tagen.
Pulmonale Form
Diese Form entwickelt sich normalerweise nach Einatmen des
Erregers oder durch dessen hämatogene Ausbreitung. Die
Inkubationszeit beträgt 10-14 Tage. Dies könnte die
wichtigste Krankheitsform im Falle eines bioterroristischen
Angriffs sein. Aerosolisierte Bakterien dringen in den
Atemtrakt ein, wodurch sich eine Lungeninfektion entwickeln
kann, die sich durch Lungenentzündung, Lungenabszesse und
Pleuraergüsse äußert. Normalerweise setzen die Symptome
abrupt ein. Die Patienten haben unspezifische Symptome wie
Husten
und
Pleuritisschmerz,
Fieber,
Rigor,
Schweißausbrüche. Möglich sind ulzerierende Läsionen und
Knötchen in der Nasenhöhle, in einigen Fällen mit Perforation
des Septums. Thoraxröntgenbilder können eine zweiseitige
Bronchopneumonie zeigen, miliare Knötchen (0,5-1 cm),
kleine multiple Lungenabszesse im oberen Lungenbereich,
segmentale oder lobäre Infiltrate und Kavernen, die oft als
Tuberkulose missdeutet werden. In Fällen inhalatorischer
Melioidose können auch Hautabszesse entstehen, die erst
nach Monaten sichtbar werden. Ohne spezifische Behandlung
schreitet die Krankheit fort zu Bakteriämie and Septikämie.
Patienten mit zystischer Fibrose neigen dazu, die pulmonale
Form der Krankheit zu entwickeln.
Septikämie
Zu einer generellen Infektion kann es nach Exposition
gegenüber dem Bakterium über jeglichen Infektionsweg
kommen (Einatmen, Haut, orale Aufnahme usw.). Nach einer
Inkubationszeit von 1 bis 5 Tagen treten generalisierte
Symptome einschließlich Fieber, Myalgie, Kopfschmerzen
und Durchfall auf. Zu beobachten sind auch Flushing,
Cyanose und verbreitete Lymphangitis zusammen mit
Photophobie, Lakrimation, zervikaler Adenopathie, leichter
Lebervergrößerung und/oder Milzschwellung, Tachykardie,
generalisierter Erythrodermie, Gelbsucht und generalisierten
papel- oder pusteförmigen Läsionen. Im weiteren Verlauf
kann es zu einem Multiorganversagen kommen. Septikämie
führt binnen 7 bis 10 Tagen zum Tode (24-48 Stunden nach
dem Ausbruch der generalisierten Symptome). Trotz
Antibiotikabehandlung ist die Letalität immer noch nahe 50 %
(>90 % ohne Antibiotika, 24-48 Stunden nach Ausbruch).
Immungeschwächte
Patienten
(Diabetiker,
chronisch
Nierenkranke und Steroidpatienten) sind besonders anfällig
für Melioidose.
Lokalisierte Infektionen
Die Bakterien dringen normalerweise durch einen Schnitt
oder eine Abschürfung in die Haut ein. Dann entwickelt sich
an der Stelle, an der die Bakterien in den Körper
eingedrungen sind, binnen 1 bis 5 Tagen eine lokalisierte
Infektion mit ulzerierenden Knötchen. Die Knötchen sind
grau oder weiß und fest, von einem hämorrhagischen Bereich
umgeben und können verkäsen oder verkalken. Infektionen,
die auch die Schleimhäute von Augen, Nase und Atemtrakt
betreffen, verursachen eine erhöhte Schleimbildung an den
2
betroffenen Stellen. Bei Kindern mit Melioidose kommt es
häufig zu Parotisabszessen. Neben Hautabszessen gehören zu
den anderen guten dokumentierten Formen Osteomyelitis,
septische Arthritis, Hirn- oder Viszeralabszesse.
Es wurde auch über Fälle schwerer Urtikaria bei primärer
Melioidose berichtet.
Chronische Infektionen
Die chronische Form der Krankheit ist gekennzeichnet durch
multiple Abszesse in Haut, Arm- und Beinmuskulatur oder
Milz und Leber. Neben dieser chronischen Form kann die
Melioidose viele Jahre nach einer Primärinfektion reaktiv
werden.
Diagnose
Falldefinitionen für Malleus und Melioidose finden sich in den
Tabellen 2 und 3.
Zur Diagnose wird im Labor B. mallei aus Sputum, Blut, Urin,
Eiter oder Abstrichen von Hautverletzungen isoliert
(gramnegative Stäbchen, bipolar anfärbbar mit Methylenblau
oder Wright-Färbung, sowie Kultur). Blutkulturen bleiben
normalerweise negativ. Ferner gibt es Agglutinationstests und
ergänzende Fixierungstests.
Therapie
Alle therapeutischen Empfehlungen sollten entsprechend den
Resistenzberichten von Isolaten angepasst werden.
Da die Malleus-Fälle beim Menschen selten sind, gibt es nur
begrenzte Informationen über die Antibiotikabehandlung des
Erregers beim Menschen [8-11]. Sulfadiazin hat sich im
Tierversuch und beim Menschen als wirksam erwiesen.
B. mallei ist normalerweise empfindlich gegenüber
Tetracyclin, Ciprofloxacin, Streptomycin, Gentamicin,
Imipenem, Ceftazidim und Sulfonamiden [2]. Angeblich ist es
gegen Chloramphenicol resistent. Bei den lokalisierten Formen
ist die orale Verabreichung von Amoxicillin + Clavulanat,
Tetracyclin oder Trimethoprim-Sulfamethoxazol über 60 bis
150 Tage möglich.
Schwere Fälle von Melioidose sollten zunächst mit ivAntibiotika (Ceftazidim, Imipenem oder Meropenem)
behandelt werden, ergänzt durch orale Verabreichung von
Antibiotika wie Doxycylin + Cotrimoxazol oder Amoxicillin +
Clavulanat oder Ciprofloxacin während 20 Wochen.
Im Falle der pulmonalen Form der Krankheit sollte die
Behandlung (Imipenem oder Meropenem oder Ceftazidim +
Doxycyclin)
über
6-12 Monate
fortgesetzt
werden
(TABELLE 4). Für die septikämische Form dauert die
Behandlung 2 Wochen i.v. mit anschließender oraler
Erhaltungstherapie über 6 Monate [2,12].
Im Falle eines bioterroristischen Angriffs wird eine
postexpositionelle
Prophylaxe
mit
TrimethoprimSulfamethoxazol (Cotrimoxazol) empfohlen, allerdings nur
aufgrund von Versuchsdaten: über den Nutzen der
postexpositionellen Prophylaxe beim Menschen wird noch
diskutiert.
Ein Impfstoff für den Menschen ist nicht verfügbar (weder für
Malleus noch für Melioidose).
In Ländern, in denen Malleus bei Tieren endemisch ist,
umfasst die Prävention der Infektion von Menschen die
Ermittlung und Ausmerzung der Infektion in der
Tierpopulation. Im Rahmen der Gesundheitsdienste kann die
Übertragung durch die üblichen Vorsorgemaßnahmen beim
Umgang mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten verhindert
werden; bekanntermaßen immungeschwächte Angehörige der
Gesundheitsberufe sollten keinen direkten Kontakt mit
Malleus- oder Melioidosefällen haben.
Eurosurveillance – 2004 Vol 9 Issue 12 – http://www.eurosurveillance.org
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Malleus während des
Ersten und Zweiten Weltkriegs, offenbar erfolgreich, gegen
Tiere eingesetzt wurde. Aus diesem Grund und wegen der
Eigenschaften des Erregers sollten B. mallei und
B. pseudomallei als mögliche biologische Waffen angesehen
werden, auch wenn eventuelle Infektionen von Menschen auf
die primär infizierten Personen beschränkt bleiben dürften.
Literatur
1.
Franz D, Jahrling P, Friedlander A et al. Clinical recognition
and management of patients exposed to biological warfare
agents. JAMA 1997; 278: 399-411
2. Glanders and Melioidosis. Interim guidelines for action in
the event of a deliberate release. HPA-Collindale, Ver2.2,
issue date: 14 August 2003.
http://www.hpa.org.uk/infections/topics_az/deliberate_relea
se/menu.htm
3. Kasten FH. Biological weapons, war crimes, and WWI.
Science 2002;296: 1235-7.
4. Anuntagool N, Sirisinha S. Antigenic relatedness between
Burkholderia pseudomallei and Burkholderia mallei.
Microbiol Immunol 2002; 46: 143-50
5. Rosenbloom M, Leikin JB, Vogel SN, Chaudry ZA.
Biological and chemical agents: a brief synopsis. Am J Ther
2002; 9: 5-14
6. Srinivasan A, Kraus CN, DeShazer D, Becker PM, Dick JD,
Spacek L, Bartlett JG, Byrne WR, Thomas DL. Glanders in
a military research microbiologist. N Engl J Med 2001; 345:
256-8
7. Yang S. Melioidosis research in China. Acta Trop 2000; 77:
157-65
8. Laboratory-acquired human glanders--Maryland, May 2000,
MMWR 2000; 49: 532-5
9. Heine HS, England MJ, Waag DM, Byrne WR. In vitro
antibiotic susceptibilities of Burkholderia mallei (causative
agent of glanders) determined by broth microdilution and Etest. Antimicrob Agents Chemother 2001; 45: 2119-21
10. Russell P, Eley SM, Ellis J et al. Comparison of efficacy of
ciprofloxacin and doxycycline against experimental
melioidosis and glanders. J Antimicrob Chemother 2000; 45:
813-8
11. Kenny D, Russell P, Rogers D, Eley S, Titball R. In vitro
susceptibilities of Burkholderia mallei in comparison to
those of other pathogenic Burkholderia spp. Antimicrob
Agents Chemother 1999; 43: 2773-5
12. The European Agency for the Evaluation of Medicinal
Products/CPMP guidance document on use of medicinal
products for treatment and prophylaxis of biological agents
that might be used as weapons of bioterrorism. July 2002;
www.emea.eu.int
13. Entscheidung der Kommission vom 19. März 2002 zur
Festlegung von Falldefinitionen für die Meldung
übertragbarer Krankheiten an das Gemeinschaftsnetz gemäß
der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates. Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften L 86, 3.4.2002; 44
14. Änderung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates und der
Entscheidung 2000/96/EG hinsichtlich der in diesen
Entscheidungen aufgeführten übertragbaren Krankheiten und
zur Änderung der Entscheidung 2002/253/EG hinsichtlich
der Festlegung von Falldefinitionen für übertragbare
Krankheiten. Amtsblatt der Europäischen Union. L 184,
23.7.2003;35-9
* BICHAT, die Taskforce der Europäischen Kommission zur
Bedrohung durch biologische und chemische Stoffe, hat diese
Leitlinien erstellt, die den nationalen Behörden als Grundlage
für die Ausarbeitung eigener Anleitungen dienen, aber auch von
Klinikern, Allgemeinmedizinern und Fachärzten direkt genutzt
werden können, wenn sie mit Infektionen durch Erreger
konfrontiert sind, die aus der absichtlichen Freisetzung
biologischer Stoffe stammen könnten. Siehe hierzu Bossi P.,
Van Loock F., Tegnell A., Gouvras G. Bichat clinical
guidelines for bioterrorist agents. Euro Surveill. 2004; 9(12)
http://www.eurosurveillance.org/em/v09n12/0912-230.asp
Anmerkung der Redaktion: Diese klinischen Leitlinien
wurden von der Taskforce und je zwei von den
Mitgliedstaaten der Europäischen Union ernannten Experten
überprüft. Diese Überprüfung wurde Ende Februar 2003
abgeschlossen. Die überprüften Leitlinien wurden dem
Ausschuss für Gesundheitssicherheit vorgelegt, der sie im
April 2003 annahm und ihrer Veröffentlichung in einer
Zeitschrift mit hoher Auflage zustimmte, um ein möglichst
breites Publikum zu erreichen. Bei der redaktionellen
Bearbeitung durch Eurosurveillance wurde der Inhalt dieser
Leitlinien weiter verbessert.
Eurosurveillance – 2004 Vol 9 issue 12 – http://www.eurosurveillance.org
3
TABELLE 1
Malleus und Melioidose: Zusammenfassung
Klinische Symptome
Malleus und Melioidose erzeugen ähnliche klinische Syndrome.
Pulmonale Form: Lungenentzündung, Lungenabszessesse, Pleuraergüsse
Thoraxröntgenbild: Bronchopneumonie, miliare Knötchen, Infiltrate, Kavernen
Septikämie: Kopfschmerzen, Photophobie, Myalgien, Flushing, Cyanose, Gelbsucht,
(Erythrodermie, Pusteln, Exanthem), Lymphadenopathie, Milzschwellung, Lebervergrößerung
Hautläsionen
Lokalisierte Infektion: Haut-, Hirn- oder Viszeralabszesse, Lymphadenitis, Osteomyelitis, septische Arthritis,
bei Kindern Parotisabszesse
Chronische Infektion: multiple Abszesse (Haut, Weichteile, Viscera)
Diagnose
Isolierung des Bakteriums (B. mallei, B. pseudomallei) aus:
o Sputum, Urin, Blut, Eiter, Wundkulturen
o serologische Tests
Therapie
o
Imipenem oder Meropenem oder Ceftazidim, anfangs i.v., bis Besserung eintritt
o
Doxycyclin + Cotrimoxazol, per os, über insgesamt 20 Wochen oder
o
Amoxicillin + Clavulanat, per os, über insgesamt 20 Wochen
Prophylaxe
Kein Impfstoff für Menschen verfügbar.
Postexpositionelle Prophylaxe: Trimethoprim-Sulfamethoxazol (Empfehlung beruht nur auf Tierversuchen)
TABELLE 2
Falldefinitionen für Malleus und Melioidose
Möglicher Fall
o
Entfällt
o
o
o
o
o
Schwere ungeklärte fiebrige Erkrankung oder Tod einer zuvor gesunden Person durch fiebrige Erkrankung
Schwere ungeklärte Erkrankung der Atemwege bei einer ansonsten gesunden Person
Schwere ungeklärte Sepsis oder Atemversagen ohne vorherige prädisponierende Krankheit
Schwere Sepsis mit unbekannten gramnegativen Bakterien
Klinisch kompatibler Fall mit epidemiologischer Verbindung zu einem bestätigten Fall oder mit mindestens
einem positiven bestätigenden Testergebnis für Laboridentifizierung
o
Fall, der den Kriterien für Verdacht auf Malleus oder Melioidose klinisch entspricht, und zusätzlich definitive
positive Testergebnisse aus einer oder mehreren pathologischen Proben
Vermuteter Fall
Bestätigter Fall
Quelle: [13,14]
4
Eurosurveillance – 2004 Vol 9 Issue 12 – http://www.eurosurveillance.org
TABELLE 3
Falldefinitionen von Malleus oder Melioidose durch absichtliche Freisetzung
Verdacht auf absichtliche Freisetzung
o
Zwei oder mehr Malleus/Melioidose-Verdachtsfälle, die zeitlich und räumlich zusammenhängen,
insbesondere geografisch zusammenhängende Krankheitsgruppen unter Berücksichtigung der
Windrichtung
Absichtliche Freisetzung
- Bestätigter Einzelfall von Malleus/Melioidose indigenen Ursprungs
o ohne Reiseanamnese für endemisches Gebiet
o ohne berufliche Exposition
- Zwei oder mehr bestätigte Malleus/Melioidose-Fälle, die zeitlich und räumlich zusammenhängen, insbesondere
geografisch zusammenhängende Krankheitsgruppen unter Berücksichtigung der Windrichtung
Eurosurveillance – 2004 Vol 9 issue 12 – http://www.eurosurveillance.org
5
TABELLE 4
Empfehlungen für die Behandlung und postexpositionelle Prophylaxevon Malleus und Melioidose
Behandlung klinischer
Verdachtsfälle oder bestätigter
Fälle
(2-3 Wochen)
Erwachsene
Schwangere
Behandlung,
Linie
erste
Es wird empfohlen,
das
Stillen
möglichst
einzustellen
Behandlung,
Linie
zweite
Kombinationsbehandlung
mit
Imipenem
oder
Meropenem
oder
Ceftazidim
in
schweren Fällen
Kinder
Behandlung,
Linie
erste
Behandlung,
Linie
zweite
Kombinationsbehandlung
mit
Imipenem
oder
Meropenem
oder
Ceftazidim
in
schweren Fällen
- Imipenem: 50 mg/kg/Tag, bis
zu 1 g i.v. 4x tägl.
oder
- Meropenem: 500 mg bis 1 g i.v.
3x tägl.
- Ceftazidim: 2 g i.v., 3x tägl.
- Doxycyclin: 100 mg i.v. 2x tägl.
oder
- Trimethoprim-Sulfamethoxazol:
TMP (6-8 mg/kg/Tag) + SMX
(40 mg/kg/Tag) i.v. in einer oder
zwei aufgeteilten Dosen, gefolgt
von TMP (6-8 mg/kg/Tag) +
SMX (40 mg/kg/Tag) per os in
einer oder zwei aufgeteilten
Dosen.
- Imipenem:
> 40 kg (idem Erwachsene)
50 mg/kg/Tag, bis zu 1 g i.v. 4x
tägl.
> 3 Jahre: 15 mg/kg 4x tägl.
i.v.
3 Monate-3 Jahre:
15-25 mg/kg 4x tägl. i.v..
oder
- Meropenem:
> 3 Monate: 10-20 mg/kg i.v.
3x tägl.
> 40 kg: idem Erwachsene.
- Ceftazidim:
.> 2 Monate: 100mg/kg/Tag
i.v. in 3 aufgeteilten Dosen.
.< 2 Monate: 60 mg/kg/Tag
i.v. in 2 aufgeteilten Dosen.
- Doxycyclin:
. > 8 Jahre und > 45 kg:
Erwachsenendosis
. > 8 Jahre und < 45 kg oder <
8 Jahre: 2,2 mg/kg i.v. 2x tägl.
. < 8 Jahre: 2.2 mg/kg i.v. 2x
tägl. (max. 200 mg/d)
oder, für Kinder < 8 Jahre
-Trimethoprim-Sulfamethoxazol:
TMP (6-8 mg/kg/Tag) + SMX
(30-40 mg/kg/Tag)
i.v.
in
aufgeteilten Dosen, gefolgt von
TMP (6-8 mg/kg/Tag) + SMX
(30-40 mg/kg/Tag) per os in einer
oder zwei aufgeteilten Dosen.
Quelle: [12]
6
Eurosurveillance – 2004 Vol 9 Issue 12 – http://www.eurosurveillance.org
Postexpositionelle
Prophylaxe bei
Expositionsverdacht
oder nach bestätigter
Exposition
Empfehlung derzeit
nicht möglich
Empfehlung derzeit
nicht möglich
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