SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE Alexander Glasunow "Ich bin von der Musik besessen" Zum 150. Geburtstag des Komponisten (4) Von Ulla Zierau Sendung: Donnerstag, 13. August 2015 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Ulla Zierau Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de 1 SWR2 Musikstunde mit Ulla Zierau 13. August 2015 Alexander Glasunow "Ich bin von der Musik besessen" Zum 150. Geburtstag des Komponisten (4) Signet Mit Ulla Zierau und Alexander Glasunow, dessen 150. Geburtstag wir diese Woche feiern und der von sich behauptete: "Ich bin von der Musik besessen" – Heute begegnen wir dem Lehrer und Konservatoriumsdirektor Glasunow. Titelmusik „Jedes neue Werk von ihm wurde als großes musikalisches Ereignis aufgenommen – so hoch bewertet man die Vollendung seiner Form, die Makellosigkeit seiner Polyphonie, die Ungezwungenheit und Stringenz seiner Satzweise. Ich teilte diese allgemeine Begeisterung damals vollständig und war ein verzauberter Bewunderer der Meisterschaft dieser Weisen.“ Das bekennt Igor Strawinsky, einer der Schüler Glasunows und in jungen Jahren einer seiner großen Verehrer. Viele Jahre stellt Glasunow seine Kraft und seinen Kampfgeist als Lehrer und später auch als Direktor in den Dienst des Petersburger Konservatoriums. Fürs Komponieren bleibt in diesen Jahren nicht mehr allzu viel Zeit. Mit 40 vollendet er seine letzte Sinfonie, die Achte. 2 Musik 1 Alexander Glasunow: Sinfonie Nr.8, 1. Satz, Finale Tschaikowsky Sinfonierochester von Radio Moskau / Vladimir Fedoseyev CD Brilliant Classics, LC 09421, 94719/4, 3‘50 Finale aus dem ersten Satz der achten Sinfonie von Alexander Glasunow. Vladimir Fedoseyev leitete das Tschaikowsky Sinfonierochester von Radio Moskau. Mit der achten Sinfonie beendet Glasunow seine rein sinfonische Arbeit und hinterlässt uns ein komplexes, dichtes Oeuvre. Für viele Musikhistoriker steht er damit in der direkten Nachfolge Beethovens, viel mehr als es Tschaikowsky je gewesen ist. Glasunow sei der einzige reinblütige Sinfoniker unter den Petersburger Komponisten und mit seiner achten Sinfonie werde das letzte Wort über Chromatik gesagt, sagen die einen, andere werfen ihm vor, dass er allzu sehr in der Tradition verhaftet geblieben und nicht weit genug gegangen sei, im Gegensatz zu den Komponisten der Russischen Moderne. Mit Anfang vierzig ist Glasunow nicht nur ein vollendeter Sinfoniker und Dirigent, sondern auch eine anerkannte Persönlichkeit im russischen Musikleben. Er ist Ehrengast der Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft, bei Konzerten hat er stets einen Platz neben Rimskij-Korsakow, er ist Gutachter in der Repertoirekommision und wird schließlich in die Direktion der Petersburger Musikgesellschaft berufen. Sicher auch mit ein wenig Stolz lobt Rimskij seinen jüngeren Kollegen: „Glasunow erlebt jetzt die volle Entfaltung seines überragenden Talents. Die überreiche Palette seiner Fantasie und 3 die erstaunliche Beherrschung alles Technischen zeigten ihn auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung“ und Rimskij-Korsakow gratuliert ihm zu seiner 2. Klaviersonate: „Sie glauben nicht, welcher Neid und welche Traurigkeit mich packt, dass ich niemals fähig zu Ähnlichem bin, aber wenn ich irgendwann fähig gewesen wäre, dann ist dieses in mir übertönt worden, aber jetzt ist es schon zu spät. Selbst wenn ich mich auf das Gebiet der reinen Musik bewegen wollte, würde alles bei mir unvollkommen und unzeitgemäß herauskommen, was mich bedrückte.“ Musik 2 Alexander Glasunow: Klaviersonate Nr.2, 2. Satz Stephen Coombs M0034357 013, Hyperion, CDA 66866, 6‘09 Stephen Coombs mit dem zweiten Satz aus der 2. Klaviersonate von Alexander Glasunow. 1898 wird Glasunow ans Petersburger Konservatorium berufen als Professor für Partitur lesen, spezielle Instrumentation, Harmonielehre, Kontrapunkt, Kammermusik, Musikliteratur und Dirigieren. Ein umfangreiches Pensum, während Rimskij-Korsakow dieselben Studenten in Komposition unterrichtet. Die beiden Professoren arbeiten in enger Absprache, gehen Hand in Hand, was äußerst ungewöhnlich ist. Zu Glasunows Schülern zählen Strawinsky, Prokofjew und Schostakowitsch, also die spätere erste Liga. 4 Die ersten Jahre am Petersburger Konservatorium konzentriert sich Glasunow voll auf seine Lehrtätigkeit. Doch dann greifen die Unruhen der russischen Revolution um sich, Auflehnung gegen den Zaren, Aufstände der Bauern und Arbeiter. Auslöser ist der sogenannte Petersburger Blutsonntag. In friedlicher Absicht wollen unbewaffnete Demonstranten dem Zaren einen Bittbrief überbringen und werden brutal niedergeschlagen, es gibt tausend Tote. Das bringt die Studenten in Aufruhr. Sie fordern die Schließung des Konservatoriums als Protest gegen die Regierung. Ihr Vorgehen ist jedoch nicht politisch motiviert, sie pochen auf Reformen und fordern mehr Freiheiten, Abschaffung der Wächter, bessere Bildungsmöglichkeiten, eine Bibliothek und einen respektvollen Umgangston zwischen Professoren und Studenten. Für die Durchsetzung ihrer Ziele rufen sie zum Streik auf. Rimskij-Korsakow und Glasunow geraten zwischen die Fronten. Einerseits unterstützen sie den Freiheitskampf der Studenten, andererseits fühlen sie sich dem Konservatorium verpflichtet. Sie suchen da Gespräch mit den Studenten und wollen vermitteln. In den Augen der Direktoren und Funktionäre werden sie zu Anstiftern. Kurzerhand wird Rimskij-Korsakow entlassen, woraufhin Glasunow und Ljadow ihre Kündigung einreichen, weitere Professoren folgen. Land unter am Petersburger Konservatorium, eine brisante Situation – Rimskij und Glasunow, die einst hoch geschätzten Herren werden zu politisch gefährlichen Personen. In diesen turbulenten Tagen kommt es mit Studenten des Konservatoriums zu einer Aufführung von Rimskijs Oper „Der unsterbliche Kaschtschej“. Glasunow dirigiert, der Erlös soll den 5 Hinterbliebenen der Opfer des Blutsonntags gespendet werden. Die Premiere wird zu einem Politikum. Rimskij-Korsakow und sein Werk werden gefeiert, man deutet die Märchenoper um den greisen, bösen Zauberer Kaschtschej als Prophezeiung eines baldigen Untergangs des Zarenreichs. Die Stimmung kocht hoch, die Polizei greift ein und beendet die Veranstaltung. In diesem Handgemenge und dem abrupten Ende der Vorstellung wird Rimskij beinahe vom eisernen Vorhang erschlagen, er kann sich gerade noch durch einen Sprung in den Orchestergaben retten. Musik 3 Nikolaj Rimskij Korsakow: „Der unsterbliche Kaschtschej“, Arie des Zarewitsch Iwan Dmitri Hvorostovsky, Orchester des Marinskij-Theaters, Leitung: Valery Gergiev 1976091002, Philips, 438872-2, 3‘40 Arie des Zarewitschs Iwan, der die Prinzessin aus den Händen des unsterblichen Kaschtschej reißen möchte. Dmitri Hvorostovsky und das Orchester des Marinskij-Theaters unter der Leitung von Valery Gergiev. Nach der fristlosen Entlassung Rimskij-Korsakows hat Glasunow seinen Lehrstuhl am Petersburger Konservatorium aus Protest freiwillig aufgegeben, nun sitzt er zu Hause und ihm fehlen seine Studenten. Da planen die Kollegen die Neugründung einer Nationalen Musikakademie. Rimskij, Glasunow, Ljadow sollen dort unterrichten, das sorgt für Aufregung. Die Leitung des Konservatoriums, die Russische Musikgesellschaft erkennt, was auf dem Spiel steht und lenkt ein. Sie gewährt dem Konservatorium weitgehende Autonomie, die Wächter werden abgeschafft, eine 6 Mensa eröffnet und die Geschlechtertrennung in männliche und weibliche Etagen aufgehoben. Der Rat der Professoren ernennt Glasunow zum Konservatoriums-Direktor, Rimskij und Ljadow kehren in ihre Ämter zurück. Auch als Direktor kämpft Glasunow für weitere Reformen. Er führt eine Altersversorgung für Angestellte ein, macht sich für minderbemittelte Studenten stark, was dem Konservatorium finanzielle Defizite einbringt, dafür verzichtet er aber auf sein Gehalt und spendet es einem studentischen Hilfsfond und er unterstützt die Gründung einer Musikergewerkschaft. Auch für die Gleichberechtigung jüdischer Studenten setzt sich Glasunow vehement ein. Darüber berichtete er: „Es kam zu heftigen Zusammenstößen, besonders wegen der Judenfrage, in der ich meinen Standpunkt erfolgreich verfocht, die bisherige Quote für die Zulassung jüdischer Schüler aufzugeben und unbegrenzt das Talent entscheiden zu lassen.“ Sonst wäre vielleicht auch Jascha Heifetz durchs Raster gefallen. Als Sohn einer jüdischen Familie kam er mit neun Jahren ans Petersburger Konservatorium, als Schüler der Meisterklasse des Geigers Leopold Auer. Für Leopold Auer schreibt Glasunow sein einziges Violinkonzert. Es ist bis heute sein bekanntestes und meist gespieltes Werk und neben dem Sibelius Konzert das wichtigste Violinkonzert aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts. Das Spannende an dem durchkomponierten Werk ist die Platzierung des Andante sostenuto, das ist kein freistehender Mittelteil, quasi ein zweiter Satz vor dem Schlussrondo, sondern ist zwischen Exposition und Durchführung des ersten Teils platziert, äußerst ungewöhnlich. 7 Leopold Auer spielt die Uraufführung des Konzerts mit dem Petersburger Orchester unter der Leitung des Dirigenten und schon bald gibt er seine Erfahrungen mit dem Werk an seine Schüler weiter, Mischa Elman, Nathan Milstein und Jascha Heifetz. Musik 4 Alexander Glasunow: Violinkonzert, Andante sostenuto Jascha Heifetz, RCA Symphony Orchestra, Walter Hendl 1909949, RCA 87019, 3‘24 Jascha Heifetz, einer der Schüler von Leopold Auer, dem Solisten der Uraufführung, mit dem Andante sostenuto aus dem Violinkonzert von Alexander Glasunow. Walter Hendl leitet das RCA Symphony Orchestra. Die politischen Querelen, die harten Kämpfe und Auseinandersetzungen am Konservatorium zehren an Glasunows Kräften, hier und da trinkt er ein Glas zu viel, Weißwein soll es gewesen sein, nicht Wodka, später wird aber der Vater von Schostakowitsch angeblich Wodkaflaschen besorgen. Immer öfter kommt es zu unkontrollierten Zerwürfnissen und Streitereien. RimskijKorsakow erklärt in seiner Chronik: „Hinzu kam, dass sich Glasunow seinem Laster, der Trinksucht, hingab und dadurch oft seine Pflichten vernachlässigte, Sitzungen des pädagogischen Rates absagte, den Besprechungen der Direktoren fern blieb und Briefe unbeantwortet ließ. Seine Trunksucht hatte in letzter Zeit ernste, krankhafte Züge angenommen. Er komponierte nichts, seine herrliche achte 8 Sinfonie ließ er liegen…“ so berichtet Rimskij und betont, dass nur ein paar Freunde von Glasunows Sucht wussten. Der Schüler Prokofjew erzählt aber, dass man ins Geheim schon wusste, warum sich Glasunow verspätete, warum er nicht zu seinen Terminen kam, aber man ging respektvoll damit um. Es hieß dann immer, Glasunow sei nach Riga gefahren. Das sind dunkle Zeiten in Glasunows Leben, Krankheiten kommen hinzu, er magert ab, vereinsamt und findet keine Zeit mehr für seine Musik. Musik 5 Alexander Galsunow: Elegie für Viola und Klavier op.44 Tabea Zimmermann, Thomas Hoppe M0401297 007, myrios classics MYR 014, 5‘26 Tabea Zimmermann und Thomas Hoppe mit der Elegie für Viola und Klavier op.44 von Alexander Glasunow Während seiner rund 30 Jahre am Petersburger Konservatorium investiert Glasunow fast all seine Kraft in die Lehre und die Reformen des Bildungssystems. Sein Kollege vom Moskauer Konservatorium Michail Ippolitow Iwanow erinnert sich: „Seine charakterliche Größe als Künstler ist mir besonders bewusst geworden, als er als Direktor des Petersburger Konservatoriums zusammen mit uns Moskauern die Autonomie unserer Konservatorien erkämpfte“. Kompositorisch sind die Jahre nicht ergiebig, keine Zeit, keine Muße oder stimmen die Vermutungen, Glasunow habe sich auskomponiert, seine Zeit sei vorbei, die Musik spräche mittlerweile 9 eine modernere Sprache. Das mag auch ein Grund für seine Zermürbtheit sein. Nichts desto trotz seine Schüler lieben und verehren ihn. Dmitrij Schostakowitsch schreibt: „Er war ein Grandseigneur und ein Mensch, den die gesamte Musikwelt des Landes wegen seiner Güte segnete.“ Als Lehrer hinterlässt Glasunow großen Eindruck:. Noch einmal Schostakowitsch: „Er beurteilte Musik mit der vollen Verantwortlichkeit für seine Worte. Und mit großem Ernst. Diesen Ernst vermittelt er seinen Zuhörern. Auf diese Weise lernten wir, scheinbar einfachen Begriffen einen genauen Sinn beizulegen. Das ist eine große Sache. (…) Wenn Glasunow nach dem Anhören einer SchumannSinfonie sagte: „technisch unerreicht“, verstanden wir genau, was er meinte. Es bedurfte keiner langen Erklärung“, das erzählt Schostakowitsch über seinen verehrten Lehrer. 1907 feiert Glasunow sein 25-jähriges Komponistenjubiläum. Mit der Uraufführung der ersten Sinfonie hatte es begonnen, jetzt wird aus diesem Anlass seine Achte aufgeführt. Musik 6 Alexander Glasunow: Sinfonie Nr.8, 3. Satz Tschaikowsky Sinfonierochester von Radio Moskau / Vladimir Fedoseyev CD Brilliant Classics, LC 09421, 94719/4, 7‘25 10 Das Tschaikowsky Sinfonierochester von Radio Moskau unter der Leitung von Vladimir Fedoseyev mit dem 3. Satz aus der 8. Sinfonie von Alexander Glasunow. Zu seinem 25-jährigen Komponistenjubiläum wird sie in Petersburg aufgeführt. An Wertschätzung mangelt es Glasunow nicht. Auch im Ausland werden seine Verdienste gewürdigt. Die Universitäten Cambridge und Oxford ernennen ihn zum Ehrendoktor. Sergej Diaghilew feiert seinen Landsmann in Paris mit fünf Sonderkonzerten, er wird Ehrenmitglied der Pariser Akademie des Beaux Arts. Glasunow selbst reist nach England, über Frankreich, Deutschland mit einem Abstecher im Schwarzwald und in Baden-Baden, dann über Leipzig und Berlin zurück nach Petersburg. In England kommt es zu einer signifikanten Situation. Die Musiker des Orchesters halten Glasunow zunächst abschätzig für einen Ignoranten. Sie missachten seine Anweisungen, der Hornist weigert sich sogar, eine Stelle vorzutragen, sie sei unspielbar. Seine Kollegen bestärken ihn. Was Schlimmeres kann es für einen Dirigenten nicht geben. Nicht so für Glasunow, er geht zu dem Hornisten hin, nimmt ihm das Instrument aus der Hand, gibt ein paar Töne von sich und trägt dann die Passage akurat vor. Pech gehabt, die Noten sind doch spielbar. Das Orchester applaudiert, der Bann ist gebrochen. Die Probe geht weiter. Ich weiß nicht, welche Sinfonie gespielt wurden, aber die Bläser, auch die Hornisten haben bei Glasunow meist einiges zu tun. Musik 7 Alexander Glasunow: Sinfonie Nr.7, Scherzo Bamberger Sinfoniker, Neeme Järvi M0130475 006, Orfeo, C 148201 A, 2‘45 11 Die Bamberger Sinfoniker unter Neeme Järvi mit dem Finale des Scherzos aus der 7. Sinfonie von Alexander Glasunow. Die Feierlichkeiten reißen nicht ab, Belajeffs Verlag wird 25, zwei Jahre später steht das 50. Jubiläum des Konservatoriums an, Glasunow wird zum verdienten Professor ernannt. Seine Lehrtätigkeit nimmt er nach wie vor ernst. Schostakowitsch erinnert sich: „Er besuchte ausnahmslos alle Prüfungskonzerte, selbst die der Schlagzeuger, bei denen er manchmal der einzige Außenseiter war“. Dabei „kannte Glasunow jeden Schüler mit Namen“, so Schostakowitsch weiter, „Wichtiger fürs uns war, dass er jeden Schüler als Musiker kannte. Er erinnerte sich genau, wann und wie jeder gespielt hatte, kannte auch das Programm und wusste, wie viele Fehler der Betreffende gemacht hatte“. Einer seiner besten Schüler ist sicherlich Sergej Prokofjew, als 13Jähriger kommt er ans Konservatorium. Später werden sich die beiden musikalisch stark auseinanderdividieren, bei der Uraufführung von Prokofjews „Skythischer Suite“ verlässt Glasunow sogar den Saal, Prokofjew hat hingegen für den akademischen Stil Glasunows wenig übrig, doch ihr Verhältnis ist immer von Respekt und Hochachtung geprägt. In jungen Jahren ist Prokofjew von Glasunow sehr beeindruckt, auch von seiner äußeren Erscheinung. „Im Konservatorium trug Glasunow stets einen Frack. Er saß locker an seinem massigen Körper, und in seiner tiefen Tasche trug er stets ein großes Zigarrenetui mit zehn großen Zigarren darin“. Glasunow rauchte eine Zigarre nach der anderen“, erinnert sich Prokofjew, und wenn er durch die Gänge des Konservatoriums 12 streifte, hinterließ er gewöhnlich das feine Aroma seiner guten Zigarre.“ Als hervorragender Pianist spielt Prokofjew auch Werke von Glasunow. Musik 8 Alexander Glasunow: Gavotte op.49 Nr.3 Sergej Prokofjew, Welte Mignon, Lochstreifen-Aufnahme M0392084 009, Bellaphon, 690 07 010, 2‘26 Sergej Prokofjew mit einer Welte Mignon Aufnahme von Glasunows Gavotte op.49 Nr.3. Mit Spannung beobachtet Glasunow die Entwicklung des jungen Prokofjew und urteilt später, der Mensch hat Talent, aber geht nicht ernsthaft damit um. Mit der musikalischen Moderne tut sich Glasunow ohnehin schwer, darum wird es in der morgigen Musikstunde gehen, ebenso um seine letzten Jahre in Paris. Wenn Sie sich wundern sollten, dass wir bisher so wenig aus Glasunows Privatleben erfahren haben. Es gibt nicht viel zu berichten, zumindest ist nicht viel an die Öffentlichkeit gelangt. Eine Frau – außer der Mutter – suchen wir lange Zeit vergeblich und dann heiratet er doch noch, auch das wird morgen Thema sein, hier schon mal der Hochzeitsmarsch von Glasunow, den komponiert er mit 24, da ist die eigene Ehe noch in weiter Ferne – für heute verabschiedet sich Ulla Zierau . 13 Musik 9 Alexander Glasunow: Hochzeitsmarsch Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Neeme Järvi 1909546 006, Orfeo C093201 A, 7‘04 14