Ethische Aspekte der Nanotechnologie

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DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanotechnologie
Bearbeitung: Stefan Gammel
März 2007
Interfakultäres
Zentrum für Ethik in den Wissenschaften
Impressum:
Dossier
Ethische Aspekte der Nanotechnologie
Bearbeitung: Stefan Gammel
März 2007
Interfakultäres Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)
Eberhard Karls Universität Tübingen
Wilhelmstr. 19
72074 Tübingen
Tel: 07071 / 29 77981
Fax: 07071 / 29 5255
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.izew.uni-tuebingen.de
Inhalt
1
Einführung ................................................................................................................ 5
1.1
Definitionsansätze ............................................................................................ 6
1.2
(Sehr) kleine Geschichte der Nanotechnologie ................................................ 9
1.3
Vision und Realität ......................................................................................... 11
2
Konkretere Anwendungsbereiche........................................................................... 16
2.1
Allgemeines .................................................................................................... 16
2.2
Nanobiotechnologie........................................................................................ 18
2.3
Mensch und Umwelt....................................................................................... 19
2.4
Nanotechnologie in der Medizin .................................................................... 25
2.5
Militärische Forschung ................................................................................... 31
3
Schluss .................................................................................................................... 32
4
Literatur .................................................................................................................. 33
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Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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Ethische Aspekte der Nanotechnologie
Dieses Dossier soll für ein breites Spektrum am Thema interessierter Mitbürgerinnen
und Mitbürger eine Einführung in und einen Überblick über das neue und unübersichtliche Feld der Nanotechnologien bieten. Dabei kann es in einer Schrift dieses Umfangs
nicht um eine erschöpfende Darstellung aller Aspekte gehen – Ziel ist es vielmehr, die
wichtigsten Entwicklungslinien und Problemfelder aufzuzeigen mit einem Schwerpunkt
auf den ethischen und gesellschaftlichen Implikationen, die im Hinblick auf nanotechnologische Entwicklungen relevant sind. Sowohl innerhalb des Dossiers als auch in der
Linkliste auf den Seiten der IZEW-Dokumentation 1 ist auf weiterführende Literatur hingewiesen, um einzelne Themengebiete vertiefen zu können.
1
Einführung
Wissenschaftliche und techn(olog)ische Entwicklungen rund um das Thema Nanotechnologie sind ein relativ neues Forschungsfeld, dem schon in einem sehr frühen Stadium
immense Bedeutung für die gesamte Wissenschaft, die Wirtschaft, Medizin und sogar
das künftige Leben und Selbstverständnis des Menschen zugesprochen werden. Nanotechnologie befindet sich in einer rasanten Entwicklung und gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, die schon bestehende Technologiefelder radikal verändern
soll. Der Chemie-Nobelpreisträger Richard Smalley verglich die Bedeutung der Nanotechnologie für das 21. Jahrhundert mit den Auswirkungen, die zum Beispiel die Mikroelektronik, bildgebende Verfahren in der Medizin und künstliche Polymere im 20.
Jahrhundert hatten (Smalley 1999). Andere wähnen die Menschheit sogar auf der
Schwelle einer neuen Renaissance, einer Zeitenwende der Wissenschaft und der Technologie (Roco & Bainbridge 2002).
Euphorischen Stimmen zum (zukünftigen) Nutzen der Nanotechnologie stehen aber
auch kritische Einschätzungen gegenüber, die gerade aufgrund der umfassenden Veränderungen und Neuerungen, die die Nanotechnologie zu bewirken im Stande ist, zu großer Vorsicht und Umsicht bei ihrer Entwicklung mahnen. Zum Beispiel müssen ethische Aspekte des Einsatzes der Nanotechnologie in der Medizin oder im militärischen
Bereich sowie noch nicht ausreichend geklärte Fragen der Toxizität von Nanopartikeln,
denen Mensch und Umwelt ausgesetzt sind, reflektiert werden und die wissenschaftliche bzw. technologische Entwicklung begleiten.
In diesem Zusammenhang besteht auch die Auffassung, die Öffentlichkeit früh und umfassend einzubeziehen. Dafür müssen die geeigneten Kommunikationswege gefunden
und institutionelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen angemessenen
Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Wissenschaft und Politik ermöglichen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Informationsstand der Gesellschaft im Vergleich
1
siehe http://www.izew.uni-tuebingen.de/bib/thema-nanotech-link.html
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zur rasanten Entwicklung der Nanotechnologie noch sehr gering (ungleich z.B. dem
Diskurs zur Gentechnik) und eher von sporadischen und plakativen Nano-Etiketten auf
diversen Produkten geprägt. Dies liegt aber nicht alleine an einer bis dato nicht greifenden Einbeziehung der Gesellschaft von Seiten der Wissenschaft und der Politik, sondern
auch an der Schwierigkeit, die Frage zu beantworten: Was ist denn eigentlich Nanotechnologie?
1.1
Definitionsansätze
Eine allgemein anerkannte und gültige Definition von Nanotechnologie gibt es bis heute
nicht. Dies hat seine Gründe unter anderem darin, dass Nanotechnologie im Gegensatz
zu sogenannten Basistechnologien im klassischen Sinne z.B. von Mikroelektronik und
Biotechnologie nicht eindeutig abgrenzbar ist, sie ist ein vielgestaltiges Technologiefeld. Normalerweise getrennte Disziplinen wie Physik, Chemie und Biologie beginnen
sich im Nanokosmos zu überlappen und zu verschmelzen. Einen kleinsten gemeinsamen
Nenner könnte man wie folgt formulieren (vgl. Paschen 2003, A. Bachmann 2006,
Schmid 2003):
Erstens der Größenbereich: Nanotechnologie erforscht und entwickelt Strukturen,
Systeme und funktionale Elemente, die kleiner als 100 nm (Nanometer) sind. Ein Nanometer ist ein milliardstel Meter, d.h. ein millionstel Millimeter. Als Größenvergleich
möge ein menschliches Haar dienen, das einen Durchmesser von 80.000 nm hat, oder
ein rotes Blutkörperchen mit einem Durchmesser von ca. 5.000 nm. Objekte im Nanobereich sind z.B. ultradünne Oberflächen und Filme, sogenannte Nanoröhren und Nanopartikel, wie z.B. die Metalloxide Siliziumdioxid, Titandioxid und Zinkoxid. Nanopartikel befinden sich z.B. in Sonnencremes und Lippenstiften, um Produkteigenschaften zu verbessern.
Zweitens größenspezifische Effekte: Die Nanotechnologie nutzt charakteristische, bislang unzugängliche chemische, magnetische, optische, mechanische und elektronische
Phänomene, die nur in diesem Größenbereich auftreten (Stabilität, Härte, Farbe). Dies
hängt unter anderem damit zusammen, dass sich bei zunehmender Verkleinerung hin
zum Nanopartikel das Verhältnis von Oberfläche und Volumen drastisch verändert. Je
kleiner die Partikel, desto größer wird die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen, wodurch die Reaktivität der jeweiligen Substanz beträchtlich ansteigt. Außerdem zeigen
Nanopartikel, die kleiner als 50 nm sind, spezielle Quanteneffekte, die in Forschung und
Technologie genutzt werden sollen. Ein Beispiel ist Titandioxid, das im nanoskaligen
Bereich transparent ist und als UV-Blocker eingesetzt werden kann, und deshalb in
Sonnencremes verwendet wird. Festzuhalten bleibt aber, dass es neben synthetischen
Nanopartikeln auch viele ‚natürliche’ gibt, wie z.B. „als natürliche Kolloide (kleine Molekülhaufen) (…) in zahllosen Lebensmitteln, etwa Kasein (100 nm) und Molkenprotein
(3 nm) in der Milch“ (TA Swiss 2006:2).
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Drittens Manipulations-/Konstruktionsansätze: Nanotechnologie bezeichnet die Manipulation von Materie auf atomarer beziehungsweise molekularer Ebene und die gezielte Herstellung von Nanostrukturen in diesem Größenbereich. Dabei unterscheidet
man zwischen den so genannten top down und bottom up Ansätzen.
Ersterer bedeutet eine weiter vorangetriebene Miniaturisierung schon vorhandener größerer Strukturen hinab in kleinere Dimensionen. Dies wird insbesondere im Bereich der
Mikroelektronik (Computerchips) angestrebt, um Halbleiterstrukturen weiter zu miniaturisieren. Bei diesem Ansatz tritt jedoch das Präzisionsproblem auf: je kleiner die
Strukturen werden, desto schwieriger wird es, mit der erforderlichen Genauigkeit zu
arbeiten bzw. Methoden und Werkzeuge zu finden, die nicht in ihrer Anwendung selbst
gerade die angestrebten Strukturen wieder zerstören.
Der bottom up Ansatz geht die umgekehrte Richtung: Hier werden Atome und Moleküle kontrolliert zusammengefügt, um von unten herauf gezielt Strukturen zu ‚bauen’.
Zum einen wird hierbei auf das sogenannte Selbstorganisationsprinzip gesetzt:
Beispielsweise ordnen sich Kohlenstoffatome je nach äußeren Bedingungen zu unterschiedlichen Strukturen an wie Graphit, Diamant oder zu Nanoröhren. Quantenpunkte sind kleine, pyramidenförmige Gebilde, die in ihrem 100 Quadratnanometer
großen und fünf Nanometer hohen Volumen nur einige tausend Atome beherbergen.
Etwa 100 Milliarden solcher Pyramiden lassen sich auf einer Fläche von einem
Quadratzentimeter unterbringen. Ihre Herstellung und regelmäßige Anordnung übernimmt – unter geeigneten Randbedingungen – in Sekundenschnelle die Natur
(BMBF 2002:7).
Dies bedeutet, dass – je nach Material und Rahmenbedingungen unterschiedlich – Atome oder Moleküle nur zusammengebracht werden müssen, und sich dann den in diesem
Größenbereich herrschenden Naturgesetzen entsprechend ‚selbst’ in eine bestimmte und
(im Prinzip) reproduzierbare Ordnung bringen. Verallgemeinernd gesprochen sind natürliche Wachstumsprozesse Prozesse der Selbstorganisation. In der Natur laufen die
meisten Vorgänge in Zellen (z.B. Transportvorgänge) im Nanobereich ab, weshalb auch
oft personifizierend von „der Natur“ als Lehrmeisterin der Nanotechnologie gesprochen
wird und ein Verständnis biologischer Prinzipien zur Fortentwicklung der Nanotechnologie als essentiell erachtet wird. Bottom up bedeutet zum anderen aber auch die Idee,
einzelne Atome und Moleküle nach dem Lego-Prinzip nach und nach zu größeren
Strukturen zusammenzusetzen, z.B. mit Hilfe der Rastersonden-Techniken, was zu einer
Art molekularer Manufaktur führen soll, in der jeder beliebige materielle Gegenstand
‚zusammengebaut’ werden kann. Dies ist bislang aber nur auf sehr kleinem Raum mit
sehr hohem Zeitaufwand und unter sehr speziellen Rahmenbedingungen möglich, weshalb im Allgemeinen verstärkt versucht wird, das Selbstorganisationsprinzip zu nutzen.
Je nachdem, welche Elemente in einer Definition von Autoren betont oder ausgelassen
werden, werden verschiedene Gebiete in den Bereich der Nanotechnologie eingeschlossen oder ausgegrenzt. Die Definition: „Nanotechnologie beschäftigt sich mit Systemen,
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deren neue Funktionen und Eigenschaften nur allein von den nanoskaligen Effekten ihrer Komponenten abhängig sind“ (G. Bachmann 1989) setzt den Schwerpunkt auf die
Quanteneffekte, die im Nanobereich auftreten, wodurch reine Miniaturisierung von
Strukturen in den Hintergrund tritt. Definitionen, die Nanotechnologie nur als gezielte
Manipulation von Materie in einer bestimmten Größenordnung fassen, schließen hingegen Versuche, die natürliche Vorgänge im Nanomaßstab nutzen wollen, aus, wozu „beispielsweise die biotechnische Produktion von Enzymen mit Hilfe von Mikroorganismen» (Paschen 2004:29) zählt.
Insgesamt wird aus dieser kurzen Übersicht deutlich, dass sich die Nanotechnologie
(zumindest) bislang nur schwer in eine einheitliche und leicht fassbare Definition bringen lässt. Dies liegt zum einen an ihrem frühen Entwicklungsstadium. Zum anderen ist
das zentrale Definitionselement die reine Bestimmung der Größenordnung, in der sich
Nanotechnologie abspielt. Dabei treffen sich Chemie, Biologie und Physik im Nanokosmos, wodurch traditionelle Grenzen von Disziplinen sich auflösen.
Deshalb werden der Nanotechnologie noch weitere wichtige Charakteristika beigelegt,
die im Folgenden kurz zusammengefasst werden sollen:
•
Interdisziplinarität. Auf dem Gebiet der Nanotechnologie ist ein hohes Maß an
interdisziplinärer Zusammenarbeit notwendig. Die Ursache hierfür liegt einerseits darin, dass auf der Nanoskala die Begrifflichkeiten der naturwissenschaftlichen Disziplinen Biologie, Chemie und Physik ineinander fließen. Zum Anderen
werden Methoden der einzelnen Fachdisziplinen durch Methoden anderer Bereiche ergänzt und unterstützt (vgl. Paschen et al. 2004: 2f). „Um nanoskalige Objekte zu untersuchen, werden beispielsweise hauptsächlich physikalische Verfahren verwendet. Auch die Miniaturisierung und Strukturierung nutzt Techniken,
die auf physikalischen Prinzipien basieren. Die Herstellung nanoskaliger Partikel
hingegen ist in erster Linie eine Domäne der Chemie. Biologische Nano-Objekte
wie Proteine, Enzyme oder Viren entstehen durch Selbstorganisation nach Bauplänen der Natur, in der ein Großteil der grundlegenden Prozesse wie z.B. die
Photosynthese auf der Nanoskala bzw. auf molekularer Ebene abläuft. (…) In
der Nanotechnologie werden (…) die klassischen Disziplinen Chemie, Physik
und Biologie nicht mehr getrennt zu wissenschaftlichen Erkenntnissen gelangen,
sondern durch transdisziplinäre Forschungsarbeit gemeinsam die Potenziale physikalischer Gesetzmäßigkeiten, chemischer Stoffeigenschaften und biologischer
Prinzipien erschließen.“ (ibid.: 34). Nanotechnologie wird deshalb auch eine
Querschnittstechnologie genannt. Außerdem wird oft der Plural „Nanotechnologien“ verwendet, um deutlich zu machen, dass man es hier nicht mit einem einheitlichen Technologiebereich zu tun hat.
•
Ermöglichende Technologie (enabling technology). Eine solche ist die Nanotechnologie, weil sie es anderen Technologien (wie z.B. der Biotechnologie) ermöglicht, Anwendungen zu realisieren, die bislang nicht möglich waren, und
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dies hauptsächlich durch den ermöglichten Vorstoß in kleinere Dimensionen und
neue Materialeigenschaften. So kommt es, dass altbekannte Produkte bisweilen
„Nano“ sind, ohne dass sie für den Nicht-Fachmann als solche erkennbar wären.
•
Als disruptiv (siehe ausführlich hierzu Ach & Siep 2006, A. Bachmann 2006,
Arnall 2003) wird die Nanotechnologie bezeichnet, weil ihr das Potential zugesprochen wird, etablierte Technologien und Verfahren durch ihre neuen Erkenntnisse großteils zu ersetzen. Dies verspricht revolutionäre Veränderungen
für die Zukunft. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beschränkt sich der disruptive
Charakter jedoch auf theoretisch Mögliches und in der Zukunft potentiell Machbares. Im gegenwärtigen Stand der Entwicklung schreitet die Nanotechnologie
eher langsam (quasi evolutionär) voran und erzielt Verbesserungen zum Beispiel
auf dem Gebiet der Verbesserung von Werkstoffen und Oberflächen (Härte,
Wasserabweisung etc.).
•
Schließlich ist die Nanotechnologie Teil der sogenannten konvergierenden Technologien, kurz NBIC Technologien (Nano, Bio, Info, Cogno). Dies betont die
Erwartung, dass die genannten Technologien im Nanobereich verschmelzen und
eine weitgehend einheitliche Vorgehensweise entwickeln. Dabei ist die Nanotechnologie das die Konvergenz ermöglichende Element.
1.2
(Sehr) kleine Geschichte der Nanotechnologie
In den vielen wissenschaftlichen und den meisten populärwissenschaftlichen Artikeln,
die sich mit der Geschichte der Nanotechnologie beschäftigen, wird die Geburtsstunde
der Nanotechnologie quasi-mythologisch auf den 29. Dezember 1959 datiert. Damals
hielt der US-amerikanische Physiker und spätere Nobelpreisträger Richard Feynman im
Rahmen des Jahrestreffens der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft am California Institute of Technology die Rede „There is Plenty of Room at the Bottom“, in der
er seine Vision der Manipulierbarkeit von Materie auf atomarer Ebene darlegt. Diese
Rede blieb lange Zeit wenig beachtet und wurde erst später wiederentdeckt, um einer
neuen Disziplin eine eigene Geschichte geben zu können.
What I want to talk about is the problem of manipulating and controlling things on a
small scale … The principles of physics, as far as I can see, do not speak against the
possibility of maneuvering things atom by atom. It is not an attempt to violate any
laws; it is something, in principle, that can be done; but in practice, it has not been
done because we are too big … a development which I think cannot be avoided
(Feynman 1959).
Damals existierten keinerlei technische Voraussetzungen für diese Manipulation, weshalb Feynmans Rede in der Tat als visionär bezeichnet werden kann.
Norio Taniguchi von der Universität Tokio hat später 1974 als erster den Terminus
Nano-Technologie gebraucht (altgriechisch νανος, Zwerg) und definiert. Seine
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Definition ist heutzutage immer noch die Grunddefinition (bezüglich top-down):
„’Nano-technology' mainly consists of the processing of separation, consolidation, and
deformation of materials by one atom or one molecule … [Nanotechnology is a]
production technology to get the extra high accuracy and ultra fine dimensions, i.e. the
preciseness and fineness on the order of 1 nm (nanometer) ...” (Taniguchi 1974, vgl.
Fleischer 2002).
In der Folge wurden weitere naturwissenschaftliche Entdeckungen gemacht, die die
Voraussetzungen für eine weitere Entwicklung auf dem Gebiet der Nanotechnologie
geschaffen haben. Im Jahre 1982 entwickelten Forscher des Schweizer IBM Labors in
Rüschlikon das Rastertunnelmikroskop – Gerd Binning und Heinrich Roher erhielten
später dafür den Nobelpreis – und im Jahre 1986 das Rasterkraftmikroskop. Mit diesen
„Werkzeugen“ war es erst möglich, in den Nanokosmos vorzustoßen, indem man Atome ‚sehen’ (Rastertunnel) und später auch in begrenztem Umfang bewegen und positionieren konnte (Rasterkraft). Hierbei muss darauf hingewiesen werden, dass bei diesen
Mikroskopen nicht von ‚sehen’ im herkömmlichen Sinne gesprochen werden kann, sie
gleichen
vielmehr dem Taststock eines Blinden, denn bezüglich der Strukturen im Nanokosmos sind wir Blinde. Es gibt keine Möglichkeit, diese mit Licht zu bescheinen und die
Reflexionen zu sehen. Das, was wir hier als „sehen“ bezeichnen, sind die Bilder, die
ein Oszillograph oder ein Computer für uns aus den elektronischen Informationen
übersetzt hat (Boeing 2004: 48). 2
Weitere entscheidende Entdeckungen sind regelmäßige Kohlenstoffstrukturen wie die
Buckminster-Fullerene (von Kroto, Smalley und Curl 1985 entdeckt), die in DrugDelivery-Systemen oder in elektronischen Schaltkreisen eingesetzt werden können, oder
die von Iijama 1991 entdeckten Nanotubes . 3
Generell muss man bei einer historischen Betrachtung der Entwicklung der Nanotechnologie Folgendes beachten: Wie bereits deutlich wurde, sind die Definitionen der Nanotechnologie so unscharf, dass sie – je nachdem – sehr viel oder wenig umfassen können. Liegt der Fokus auf der Größendimension kleiner als 100 nm, so sind Nanopartikel
überhaupt nichts Neues, denn in der Milch (s.o.) oder im ganz normalen Ruß finden sich
„natürliche Nanopartikel“, intrazelluläre Vorgänge kommen ohne die Nanodimension
gar nicht aus. Auch wenn ‚menschliches Eingreifen’ als Kriterium hinzutritt, so findet
man, dass in der schon Anfang des 20. Jahrhunderts von W. Ostwald begründeten Kolloidchemie eben ‚Nanopartikel’ (wenn auch noch nicht so genannt) im Mittelpunkt stehen. Ja, letztlich kann man schon im 4. Jahrhundert v. Chr. (!) auf ‚Nano’ stoßen: Der
Eine sehr gut geschriebene und auch für Nicht-Fachleute nachvollziehbare Erklärung der
Funktionsweise eines Rastertunnel- und Rasterkraftmikroskops findet man bei Boeing (2004) ab Seite 46.
3
Das erste Kapitel in A. Bachmann (2007) gibt einen Überblick über die Geschichte der
Nanotechnologie:
http://www2.bafu.admin.ch/imperia/md/content/ekah/publikationen/beitraege/d-nanobiotechnologie.pdf .
2
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berühmte Lykurg-Kelch (British Museum, London) ändert seine Farbe von Grün (wenn
er von außen beleuchtet wird) in Rot (wenn von innen beleuchtet) – ein Effekt, der darauf beruht, dass im Glas des Kelches nanogroße Gold- und Silberpartikel eingeschlossen sind, die im Gegensatz zu ihrer makroskopischen Variante besondere Farbeigenschaften aufweisen. 4 Waren die alten Römer also Nanospezialisten?
Zusammenfassend bedeutet dies, dass man in eine Definition der Nanotechnologien, die
auf dem historischen Ausgang von Feynman basiert, auch die Intention, das passende
Werkzeug und ein hohes Maß an Kontrolle mit einbeziehen sollte, wenn zum diffusen
Stand der Nanotechnologie zwischen den Disziplinen nicht auch die Historie begrifflich
entgleiten soll.
Prinzipiell stehen derartige definitorische Schwierigkeiten einer Weiterentwicklung der
Technologien nicht im Wege, zum Streitpunkt und zur hohlen Phrase werden sie vor
allem aber dann, wenn das Etikett „Nanotechnologie“ zum Spielball der Forschungsförderung und der Politik wird (vgl. z.B. Brown 2003).
1.3
Vision und Realität
Einige Bedeutung für den Aufstieg der Nanotechnologie zur ‚Schlüssel-Technologie’
des 21. Jahrhunderts kommt den Publikationen des visionären Ingenieurs K. Eric Drexler zu. In „Engines of Creation“ (1986) und „Unbounding the Future” (1991) beschreibt
Drexler die Idee der „molekularen Nanotechnologie“.
Dieser Ansatz soll – vereinfacht gesprochen – die Konstruktion großer, auf das
Atom genauer Objekte mittels einer Sequenz präzise gesteuerter chemischer Reaktionen erlauben, bei der Objekte Molekül für Molekül aufgebaut werden. Hierzu solle
man sich sogenannter „Assembler“ bedienen, die eine beliebige molekulare Struktur
anhand einer Befehlssequenz aufbauen und die Kontrolle über die dreidimensionale
Positionierung und genaue Orientierung der molekularen Komponente ermöglichen
(Fleischer 2002).
Um zu gewährleisten, dass dieses Verfahren nicht endlose Zeiträume in Anspruch
nimmt, sollen laut Drexler diese Assembler sich selbst replizieren können. Dieses Konzept gilt in der Fachwelt bestenfalls als visionär, wird aber heftig diskutiert. In einer
Auseinandersetzung mit Drexler bezüglich der Realisierbarkeit dieser Visionen formulierte Richard Smalley zwei berühmt gewordene Einwände gegen die selbstreplizierenden Assembler:
Erstens werde es keine ausreichend feinen Instrumente geben, mit denen es möglich wäre, wirklich Moleküle in dieser Menge und schnell präzise zu bewegen (thick fingers
Argument), zweitens würden zu bewegende Atome und Moleküle häufig an den jeweiligen Instrumenten kleben bleiben (sticky fingers argument).
4
Siehe http://www.discovernano.northwestern.edu/whatis/History/# als Timeline der Nanotechnologie,
die beim Lykurgischen Kelch anfängt und bei „The Future“ aufhört.
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Drexler entwirft in seinen Büchern weitreichende Spekulationen über positive Auswirkungen der Nanotechnologie wie Lebensverlängerung, saubere Produktionstechniken,
Ressourcenschonung, u.v.m., aber auch über Amok laufende Nanoroboter, die sich unkontrolliert replizieren und die Oberfläche der Welt in grauen Schleim verwandeln
(grey goo Szenario). Bill Joy (2000) entwirft ein ähnlich apokalyptisches Szenario, in
dem er befürchtet, dass die weitere Perfektionierung künstlicher Intelligenz den Menschen irgendwann überflüssig machen wird. Inzwischen gibt es zahlreiche utopische
wie dystopische Epigonen Drexlers in der Schlacht um den Vorrang in der medialen
Vermittlung und im Kampf um Fördermittel.
Diese positiven wie negativen Visionen haben ein reges Echo in populärwissenschaftlichen Darstellungen und in der Belletristik gefunden und prägen das Bild der Nanotechnologie in der Öffentlichkeit und in der Politik mit (ein Beispiel ist Michael Crichtons
Roman „Prey“). Einerseits helfen diese Visionen, die Sensibilität der Öffentlichkeit für
dieses Thema zu schärfen, andererseits besteht die Gefahr von Verzerrung und manipulativem Gebrauch. Letztlich sollte man nicht die inspirative Wirkung von Visionen auf
individuelle Forscher unterschätzen.
1.4
Herausforderungen für die Ethik
Das bisher zum Thema Definition und Geschichte der Nanotechnologie Gesagte soll
erste Einblicke geben. Die definitorische Unklarheit führt in ihren Konsequenzen zur
besonderen Herausforderung und Chance ethischer Reflexion auf dem weiten Gebiet
der Nanotechnologie (vgl. A. Bachmann 2006, Ach & Siep 2006, Baumgartner 2006).
Herausforderungen:
•
So wie die verschiedenen Definitionen von Nanotechnologie unscharf sind, so
wird es für die Ethik schwierig, ein derart heterogenes Technikfeld angemessen
zu erfassen. Fragen zum Beispiel nach der Toxizität von Nanopartikeln und nach
den Auswirkungen von ‚nanobasierter’ Überwachungstechnologie in der Terrorismusbekämpfung auf den Schutz der Privatsphäre sind sehr unterschiedliche
Gebiete.
•
Zudem ist es zum gegenwärtigen Stand der Entwicklung noch sehr schwierig,
tatsächliche und aktuell drängende Probleme zu unterscheiden von a) für die nahe Zukunft prognostizierbaren und von b) weit ausgreifenden Visionen. Dieses
Problem spricht der UNESCO Bericht von 2006 an: „The Politics and Ethics of
Nanotechnology“.
•
Weiter ergibt sich die Frage, welchen Stellenwert in der Diskussion mehr oder
weniger gut identifizierte Visionen haben sollten. Der erwähnte
UNESCOBericht bezeichnet sie als „distractions – ethical issues that aren’t“. Dagegen
spricht aber, dass Visionen durchaus einen Wert für die ethische Diskussion haben; zwar nicht als unmittelbare Probleme, wohl aber als Diskursraum für die
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Frage, in welche Richtung gesellschaftliche Entwicklungen unter dem Einfluss
einer Technologie gehen sollen (vgl. Baumgartner 2006). Denn gerade imaginierte, ‚zu Ende gedachte’ gesellschaftliche Implikationen sind es, die in den Visionen zum Vorschein kommen und so (im Vorgriff) bewertbar machen.
Chancen:
•
Dadurch, dass sich die Nanotechnologie noch in einem so frühen Stadium befindet, bietet sich für die Ethik die Chance, Entwicklungen zu antizipieren, zu begleiten und – wo möglich – zu versuchen, Einfluss auf weitere Entwicklungen
und Anwendungen zu nehmen. Das würde den alt bekannten Vorwurf umgehen,
dass die Ethik technischen Neuerungen immer hinterhereilt und erst reflektiert,
wenn sie vor vollendete Tatsachen gestellt ist.
•
Darüber hinaus besteht Gelegenheit, aus der Mitverfolgung der Entwicklung allgemeine Erkenntnisse über den Prozess der Konstituierung eines neuen Technikfeldes zu gewinnen, um neue Methoden ethischer Reflexion zu entwickeln und
bestehende anzupassen.
•
Ein weiterer Punkt ist die Möglichkeit, dass Ethikerinnen und Ethiker aktiv den
Meinungsbildungsprozess zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft mitgestalten können, indem zum Beispiel ein Mitwirken in öffentlichen Foren angestrebt wird, bzw. solche durchgesetzt werden. In Sachen Meinungsbildung in der
Gesellschaft wird es mehr denn je notwendig, dass sich die Ethik in ein konstruktives Verhältnis zu den empirischen Sozialwissenschaften setzt. Einerseits
muss sie sich in ihrer Beschäftigung mit Normen von der reinen Erfassung von
Ist-Zuständen vorfindlicher Moralen abgrenzen. Andererseits ist es unabdingbar,
dass empirisch gewonnene Erkenntnisse sinnvoll in ethische Überlegungen integriert werden (vgl. zu diesem Thema Düwell 2005).
Weiter ausgreifend gelten die skizzierten Punkte in ähnlicher Weise für die Fragen der
Regulierung, der Rechtsprechung und der Technikfolgenabschätzung. Regulierungen
bezüglich der Toxizität von Stoffen, deren Ausbringung in die Umwelt und ihren Handelsmodalitäten, Regulierungen, was die Arbeitssicherheit mit solchen Stoffen betrifft,
sind bislang stark auf die Spezifika der einzelnen naturwissenschaftlichen Disziplinen
zugeschnitten. Zum Beispiel gibt es (auf europäischer Ebene „REACh“
http://www.reach-info.de/) eine Richtlinie, die den Umgang mit Chemikalien reguliert,
es gibt Regelungen für Feinstaub, für den Umgang mit gefährlichen traditionellen Materialien am Arbeitsplatz und so weiter – für Nanomaterialien und Nanopartikel, deren
‚Konstitutionsspezifka’ jedoch quer durch Chemie, Physik und Biologie verlaufen, fehlen bislang sowohl die geeigneten Regularien als auch die entsprechenden Institutionen.
Im Gespräch sind deshalb 'Leitfäden zur guten fachlichen Praxis', die staatliche Regulierungen ersetzen sollen (vgl. hierzu Lahl 2006).
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Ebenso ist die Technikfolgenabschätzung, die sich mit gegebenen und (seriös) prognostizierbaren technischen Entwicklungen beschäftigt, mit dem Problem konfrontiert, dass
z.B. die Trennung zwischen ‚realen’ Entwicklungen und Science-Fiction Visionen nur
sehr undeutlich ist. In diesem Zusammenhang hat sich der Ansatz des „Vision Assessment“ herausgebildet (siehe Grunwald 2000), der sich explizit mit visionären Vorstellungen von zukünftigen Technologien befasst, um ihre Wirkung auf die Gesellschaft,
die Wissenschaft und die Politik zu beurteilen im Hinblick auf Fragen der Akzeptanz
neuer Technologien und dem Einfluss auf die weitere Entwicklung.
Schließlich ist es für die Rechtsprechung eine wichtige Frage, schnell und umfassend zu
(auch international) einheitlichen Definitionen und Regularien zu kommen, damit sich
auf dem Gebiet der Nanotechnologie kein Raum mit unklarer Rechtslage entwickelt.
Hierzu ist es auch unabdingbar, dass allererst Industriestandards bezüglich der Produktion von Nanoelementen geschaffen werden sowie eine einheitliche Nomenklatur. Weitergehende Probleme stellen sich, wenn z.B. mit Hilfe von Nanotechnologie entwickelte
Neuroimplantate Hirnfunktionen erweitern oder ersetzen können – die Verantwortlichkeit und Haftbarkeit des Individuums muss in solchen Fällen unter Umständen neu geklärt werden (vgl. Baumgartner 2006).
Bezüglich des Umgangs der Ethik als Disziplin mit Fragen, die die Nanotechnologie
aufwirft, gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt verschiedene allgemeine Positionen:
•
So wie die Nanotechnologie als enabling technology für andere Technologien
neue Möglichkeiten erschließt, erschließen sich entsprechend neue ethische Dimensionen in jeweils schon existierenden Problemfeldern. Nanotechnologie ermöglicht z.B. eine tiefgreifendere und einfachere Manipulation des menschlichen Genoms und verschärft somit die damit schon im Zusammenhang stehenden Fragen. Eine neue „Bindestrich-Ethik“, d.h. eine „Nano-Ethik“ analog zu
Bioethik erscheint nicht notwendig (für eine Diskussion siehe Grunwald 2004).
•
Nanobereiche wie Oberflächenveredlung, die Schaffung neuer Materialien mit
veränderten Eigenschaften etc. und medizinische Fragen sind zu disparat, um zusammen behandelt zu werden. Trotzdem sollte man eingeschränkt von einer
„Nano-Bio-Ethik“ (oder Nanobioethik oder Nano(bio)ethik, je nach Akzent und
Geschmack) reden. Zwar gibt es auch hier keine wirkliche neuen ethischen Fragestellungen, doch die Konvergenz zwischen Bio- und Nanotechnologie hat für
die Gesellschaft die gravierendsten Folgen und sollte unter dem Dach einer Bereichsethik kritisch reflektiert und begleitet werden (vgl. Ach & Siep 2006, A.
Bachmann 2006).
•
Eine Nanoethik als Bereichsethik ist notwendig, um der Gesamtherausforderung
der Nanotechnologien gerecht zu werden und die Spezifika, die die Nanotechnologie in die einzelnen technologischen Bereiche hineinbringt, nicht in ihrem Zusammenhang aus den Augen zu verlieren. Ein Versuch hierzu ist die für 2007 bei
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Springer angekündigte Zeitschrift „NanoEthics, Ethics for Technologies that
converge at the nanoscale“. 5
Es wird deutlich, dass die Ethik in diesem Bereich vor zahlreichen Herausforderungen
steht, die die Konvergenz verschiedener Technologien im Nanobereich mit sich bringt.
Der starke Visionsgehalt der Vorstellungen darüber, was die Nanotechnologie in der
Zukunft bringen könnte, verschärft aber auch andere grundsätzliche Fragen. Als Beispiel sei hier das Vorsorgeprinzip (precautionary principle) genannt. Dieses liegt in keiner allgemein gültigen Fassung vor, genannt sei hier die Definition aus der RioDeklaration (1992):
Where there are threats of serious or irreversible environmental damage, lack of full
scientific certainty shall not be used as a reason for postponing cost effective
measures to prevent environmental degradation.
Allgemeiner gefasst besagt das Vorsorgeprinzip, dass auch bei bestehenden Indizien
Maßnahmen gegen mögliche Gefahren ergriffen werden müssen, bevor eindeutiger wissenschaftlicher Beweis für diese Gefahren vorliegt. Zu diesen Maßnahmen gehört unter
Umständen auch, im Gange befindliche Entwicklungen bis zur Klärung der Sachlage
einzufrieren (vgl. EEA 2001).
Im Falle der Nanotechnologie polarisieren paradiesische und apokalyptische Visionen
von den Auswirkungen der Nanotechnologie auf Gesellschaft und Umwelt auch die Debatte um das Vorsorgeprinzip. Während z.B. die kanadische ETC Group 6 im Hinblick
auf die vielen ungeklärten Fragen zur Toxizität von Nanopartikeln ein Moratorium fordert, wird von anderer Seite versucht, mit Blick auf die zahlreichen (visionären) Segnungen, die die Nanotechnologie bringen muss, das Vorsorgeprinzip auszuhebeln oder
generell so abzuschwächen. So laufen die vorgestellten Szenarien bisweilen auf ein gesellschaftliches Versuchslabor hinaus, in dem nach dem Versuch-und-Irrtum Prinzip
vorgegangen wird, im Vertrauen darauf, dass etwaige Katastrophen im Nachhinein noch
kompensiert werden können, wie dies auch in früheren Fällen gelungen sei. In einigen
Fällen wird das Vorsorgeprinzip als Ausdruck der Feigheit und mangelnder Risikobereitschaft bezeichnet, die dem Fortschritt der Menschheit im Wege steht (als eindrückliches Beispiel siehe Wirthlin Worldwide 2002).
Hier gilt es für die Ethik einerseits in Abgrenzung zu visionären Polarisierungen den
Blick für das Wesentliche zu behalten und bewährte Prinzipien nicht preiszugeben, andererseits die zu Tage tretende visionäre Dynamik im Diskurs zu versachlichen und diese selbst zum Gegenstand ethischer Analyse zu machen.
Eigene Angaben der Zeitschriftenankündigung: „Concentrates on the ethical, social and legal issues in
the field of nanotechnology and related convergent technologies. Philosophically, religious and
scientifically informed analysis.” http://www.springer.com/west/home/philosophy? SGWID=4-40385-70131768896-0
5
6
Siehe auch http://www.etcgroup.org/en/materials/publications.html?id=165
15
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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Zentrale Problemfelder im Bereich der Nanotechnologie lassen sich unter den folgenden
ethischen Aspekten betrachten:
•
Probleme der Risikoethik
•
Verteilungsgerechtigkeit (bekannt als „Nano-Divide“)
•
Privacy (Fragen des Datenschutzes und der Privatsphäre)
•
Medizinethische Probleme
•
Militärische Nutzung der Nanotechnologie
•
Anthropologische Aspekte, d.h. Mensch-Maschine-Verhältnis, Status des „Citizen Cyborg“
2
Konkretere Anwendungsbereiche
Wo liegen die Potentiale der Nanotechnologie, wo wird sie bereits eingesetzt, wo ist
dies in der nahen Zukunft zu erwarten? Im Folgenden wird eine Auswahl der wichtigsten Gebiete kurz vorgestellt. Hierbei liegt der Fokus auf den ethischen Aspekten, die der
(mögliche) Einsatz der Nanotechnologie mit sich bringt, wobei auch hier eine Auswahl
getroffen werden muss. Ganz im Sinne der konvergierenden Technologien treten auch
bestimmte ethische Probleme in mehr als einem Anwendungsbereich der Nanotechnologie auf und werden hier nicht mehrfach ausgeführt. In diesem Fall wird im Text auf
die entsprechenden Parallelen hingewiesen.
2.1
Allgemeines
Es ist allgemeiner Konsens, dass die Nanotechnologie noch am Anfang ihrer Entwicklung steht. Der allgemeine 'Hype', der um dieses Thema entstanden ist, spiegelt bis jetzt
nicht die Realität wider, sondern soll bestenfalls die Entwicklung stimulieren. Die Gefahr besteht allerdings, dass bei nicht ausreichend schnell eintretenden Erfolgsmeldungen der 'Hype' in eine generelle Enttäuschung umschlägt. Dazu schreibt der Wissenschaftsjournalist Boeing (2004: 180):
Zwar gibt es weltweit schon mehr als 700 Unternehmen, die an nanotechnischen
Verfahren und Produkten arbeiten. Einige davon sind große Konzerne aus der Computer- und aus der chemischen Industrie, viele sind junge Ausgründungen aus Universitäten und Forschungsinstituten. Aber wir können noch keine Produkte kaufen,
die es ohne Nanotechnik nicht gäbe. Die Situation ähnelt vielleicht der der Informationstechnik Ende der sechziger Jahre. Den Computer als Alltagsgerät gab es noch
nicht, und das Internet verband nur ein paar Universitäten. Um von solch einem frühen Stadium weiterzukommen, genügen Visionen nicht. Die Entwicklung hängt von
einigen wichtigen Faktoren ab: Kapital, technischen Durchbrüchen, der Verbreitung
nanotechnischen Know-hows und der Zustimmung der Öffentlichkeit zu der neuen
Technik.
16
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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Insgesamt werden zur Zeit circa 5 Milliarden Euro in die Nanotechnologie investiert,
davon eine Milliarde in Europa und Japan, drei in den USA; davon 3 Mrd. Euro aus der
öffentlichen Hand, der Rest privat (für genauere Zahlen siehe Swiss Re 2004, Meili
2006, TA Swiss 2006, Barker et al. 2005, Luxresearch 2004). Der gegenwärtige Nanomarkt beschränkt sich hauptsächlich auf die Bereiche Oberflächen, Beschichtungen und
Sonnencremes, wobei Nanopartikel „klassischen“ Materialien beigemischt werden, um
Optimierungen in verschiedenen Eigenschaften zu erreichen. Nanomedizin und Nano in
Nahrungsmitteln befinden sich noch weitgehend im Stadium der Grundlagenforschung.
Generell besteht das Problem, dass es von Erkenntnissen der Grundlagenforschung bis
hin zu marktreifen Produkten ein langer, schwer abschätzbarer Weg ist.
Der gegenwärtige Umsatz, der mit Nano erzielt wird, wird von einem unbestimmten
zweistelligen Milliardenbetrag (Swiss Re 2004) bis hin zu 100 Milliarden Euro (2004)
geschätzt, wobei in diesen Zahlen meist alles enthalten ist, was in irgend einer Form
Nanokomponenten enthält.
Was die Prognosen für die Zukunft angeht, gehen die Meinungen noch weiter auseinander. Für das Jahr 2014/15 werden Prognosen von 1000 Milliarden Dollar bis 2,6 Billiarden Dollar verhandelt. Auch hier tritt die Schwierigkeit der Definition auf, weil Nanotechnologie kein abgrenzbarer Industriesektor ist, sondern überall ‚irgendwie dabei’
ist, was Schätzungen erschwert.
Im Folgenden sei eine unvollständige Übersicht gegeben, in welchen Bereichen Nanotechnologie tatsächlich schon eingesetzt wird oder ‚bald’ eingesetzt werden könnte (vgl.
A. Bachmann 2006, TA Swiss 2006):
•
In der Computertechnologie konzentriert sich die Forschung auf drei Gebiete:
Erstens wird angestrebt, zur Leistungssteigerung immer mehr Transistoren auf
immer weniger Raum unterzubringen. Schon heute befindet sich die Massenfertigung von Strukturen im 65nm Bereich in Vorbereitung. Zweitens werden neue
Möglichkeiten der Speichertechnik entwickelt, die auf Nanotechnologie basieren. Lange Lebensdauer, Datensicherheit und Miniaturisierung sind das Ziel
(Swiss Re 2004). Drittens wird (in Zukunft) angestrebt, Datenverarbeitung auf
molekularer Ebene zu realisieren (Quantencomputing).
•
Kosmetik: a) Nanopartikel in Sonnenschutzcreme sollen für optimalen UV
Schutz sorgen und durch ihre geringe Größe auf der Haut unsichtbar sein. Solche
Cremes sind schon auf dem Markt. b) Maßgeschneiderte Liposomen in Wasser
sollen als nano-Container dienen, in denen Wirkstoffe (z.B. Vitamine) leichter
die Haut passieren können.
•
Materialien: Schon erhältlich sind Oberflächen mit dem so genannten LotusEffekt, wobei durch Erhebungen im Nanobereich auf dem Material die Kontaktfläche minimiert wird, wodurch Schmutz und Wasser abperlen. Des weiteren
erweist sich nanoporiger Schaum als hervorragendes Dämmmittel und ist in
17
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
_____________________________________________________________________________________________________________________
Fensterscheiben bereits erhältlich. Auch wird daran gearbeitet, Lebensmittelverpackungen so zu modifizieren, dass nanobeschichtete Folien die Haltbarkeit verlängern und den Einsatz von Konservierungsstoffen reduzieren.
Zur Zeit ist die Situation für die Verbraucher sehr unübersichtlich, was das Vorkommen
von Nanostrukturen in bereits erhältlichen Waren betrifft. Bekanntheit hat vor kurzem
der Fall des Reinigungsmittels „Magic Nano“ erlangt, das bei einigen Verbrauchern zu
schwerwiegenden Lungenproblemen geführt hat. Eine Untersuchung hat ergeben, dass
die Beschwerden auf verwendete Lösungsmittel zurückzuführen waren und dass das
Produkt keinerlei Nanostrukturen enthielt. Trotzdem war das Etikett „Nano“ nicht völlig
falsch, denn in der Tat hinterließ Magic Nano auf den zu versiegelnden Glasflächen einen Film, dessen „Dicke“ im Nanobereich war (Ta Swiss 2006: 1).
Hier wird deutlich: Die vielfältigen Definitionen dessen, was nano „ist“, die Frage, welche Eigenschaften ein Produkt aufweisen muss, um als Nanoprodukt gekennzeichnet zu
werden und zu dürfen, erschweren eine Übersicht über schon erhältliche Nanoprodukte.
Unter www.nanotechproject.org/consumerproducts ist eine Liste aller Waren abrufbar,
von denen behauptet wird, dass zumindest Komponenten unter Einsatz nanotechnologischer Verfahren hergestellt wurden.
2.2
Nanobiotechnologie
„Die Nanobiotechnologie verbindet die Forschung an biologischen und nichtbiologischen Systemen auf der Nanoskala und hat deren Nutzung in verschiedenen Bereichen zum Ziel“ (A. Bachmann 2006: 36, siehe auch RSRAE 2004). Auch sie steht in
ihrer Entwicklung noch ganz am Anfang. Sie wird in der Fachliteratur in zwei verschiedene Herangehensweisen unterteilt (mit A. Bachmann 2006, Ach & Siep 2006):
•
Nano2Bio. Nanotechnologische Verfahren und Entwicklungen sollen dafür nutzbar gemacht werden, biologische Systeme zu modifizieren und zu steuern. Dies
ist in den so genannten Life Sciences der Fall, zu denen Biologie, Biotechnologie, Medizin, Medizintechnik, Pharmazie, Ernährungswissenschaften, Agrar-,
Forst-, und Umweltwissenschaften gehören. „Anwendungen der Nanotechnologie in der Medizin und Pharmazie sind dem Nano2Bio-Bereich zuzuordnen, da
hier Nanotechnologie genutzt wird, um biologische Systeme zu analysieren, zu
manipulieren oder die Biokompatibilität von Materialien zu erhöhen.“ (Wagner
& Wechsler 2004:13)
•
Bio2Nano. Hier wird auf die Idee der Natur als Lehrmeisterin rekurriert. „Die
Wirkungsprinzipien der Biologie sollen auf nanotechnologische Verfahren übertragen und nanobiologische Objekte wie etwa molekulare Motoren für die Technik nutzbar gemacht werden“ (A. Bachmann 2006: 37). Dazu gehören Nanotechnologieanwendungen, die auf biologischen Paradigmen beruhen (Biomimetik), und die Verwendung von nanoskaligen biologischen Komponenten in technischen Systemen.
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DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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Aus der Verschmelzung von Biologie und Nanotechnologie erhofft man sich auch, die
Vision der so genannten Nanoroboter realisieren zu können, indem man z.B. diese Roboter mit künstlichem Muskelgewebe und Herzzellen von Ratten auf Silikonchips ausstattet (für weitere Ausführungen und Beispiele siehe A. Bachmann 2006: 39 ff).
Nanobiotechnologie ist also die ‚Grunddisziplin’ für alle Fragen, die die Auswirkungen
von Nanotechnologie für Mensch und Umwelt betreffen. Deshalb sollen diese Bereiche
im Folgenden näher ins Auge gefasst werden.
2.3
Mensch und Umwelt
Anwendungen der Nanotechnologie in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion wurden erstmals im Bericht der ETC Group “Down on the Farm. The Impact of
Nano-ScaleTechnologies on Food and Agriculture” (2004) ausführlicher thematisiert
(vgl. auch A. Bachmann 2006). Obwohl nanotechnologische Anwendungen auch hier
noch in den Kinderschuhen stecken, scheinen schon ebenso positive wie negative Möglichkeiten auf. Die möglichen Anwendungen ähneln denen in der Medizin sehr stark,
sind aber auf ein anderes „Objekt“ bezogen. Hier sei eine kleine Auswahl gegeben:
•
Nanopartikel werden eingesetzt, um fremde DNA in möglichst viele Zellen einzuschleusen. Sehr viele Kohlenanofasern mit einem Durchmesser von 50 Nanometern werden wie Stecknadeln auf einen Silikonchip appliziert. „An deren Spitzen befinden sich die einzuschleusenden synthetischen Gensequenzen. Eine
Zentrifuge schleudert sodann Zellen auf diese Fasern. Jede Faser spießt genau
eine Zelle auf. Auf diese Weise gelangt das Fremdgen in den Zellkern. Im Test
wurde so ein grün fluoreszierendes Gen in Hamsterzellen eingeschleust.“ (A.
Bachmann 2006: 54). Laut ETC Group wäre dieses Verfahren auch geeignet,
z.B. die Fruchtbarkeit von Saat zu beeinflussen, so dass Bauern geerntete Samen
nicht erneut verwenden könnten.
•
Firmen wie Bayer und Syngenta arbeiten an so genannten Nanoziden, die teilweise schon auf dem Markt erhältlich sind. Dabei geht es darum, Pestizide in
Form von Nanopartikeln und Emulsionen zu verabreichen, um so ihre Effektivität zu erhöhen (A. Bachmann 2006).
•
Zudem gibt es Visionen von „precision farming“, denen zufolge großflächige
Anbaugebiete durch ausgeklügelte Nanosensorik überwacht werden sollen, wobei automatisch auf Schädlingsbefall, Bodenbeschaffenheit etc. reagiert werden
soll (vgl. hier und im Folgenden ETC Group 2004).
•
Schließlich wird daran gearbeitet, verschiedene Reissorten unter Umgehung gentechnologischer Methoden in Farbe und Geschmack zu modifizieren. Damit sollen auch die kontroversen Diskussionen rund um die Gentechnik umgangen werden.
19
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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•
Analog zu diesen Anwendungen zielen Bemühungen im Bereich der Tiermedizin
auf größere Krankheitsresistenz der Tiere, automatisierte Überwachung von
Tierherden und DNA nano-Impfstoffe für Fische.
Was die Nanoforschung im Lebensmittelsektor anbelangt, sind sowohl große Lebensmittelkonzerne als auch kleinere Firmen intensiv an der Entwicklung beteiligt, da diesem Markt ein großes Umsatzvolumen vorausgesagt wird. Die Forschung kann in zwei
Hauptgebiete unterteilt werden:
•
Verpackungen und Verpackungsmaterialien sollen „intelligent“ werden. Dies
bedeutet zum Einen, dass in Verpackungen Nanomaterialien und Nanosensoren
enthalten sind, die 'erkennen', wenn ein Lebenmittel verdorben ist, und den Konsumenten z.B. durch Verfärbung der Packfolie warnen. Oder ein bio-switch in
der Verpackung erkennt, wenn ein Produkt zu verderben droht, und entlässt daraufhin die richtige Dosis Konservierungsmittel (ETC Group 2004: 42). Zum Anderen arbeiten verschiedene Firmen daran, mit Hilfe nanotechnologischer Verfahren antimikrobielle und Sauerstoff absorbierende Folien zu entwickeln.
•
Nanofood: Nanocontainer, die Geschmacksstoffe enthalten, sollen z.B. so konfiguriert werden, dass verschiedene Container bei verschiedenen Mikrowellenfrequenzen ihren Inhalt freigeben, wodurch der Konsument sich beim Aufwärmen
spontan für eine bestimmte Geschmacksrichtung entscheiden könnte (vgl.
Fossgreen 2006). Beim so genannten „functional food“ wird angestrebt, Zusatzstoffe wie Vitamine etc. in Nanocontainer zu verpacken, wodurch sie durch die
Kleinheit der Container besser und gezielter aufgenommen werden sollen (vgl.
Vogel 2006).
Diese kleine Übersicht ist nicht vollständig, soll aber eine Übersicht an Anwendungsgebieten verdeutlichen, die aufgrund ihres Marktpotentials in der Forschung verstärkt vorangetrieben werden.
Risiken
All den bisher genannten Anwendungen der Nanotechnologie (von Oberflächen- bzw.
Materialverbesserung über Kosmetik, Computertechnologie und Anwendungen in der
Bionanotechnologie) ist es gemeinsam, dass dem Nutzen, der aus den spezifischen Eigenschaften der Nanodimension gezogen wird, ein ernstzunehmendes, bislang nicht
ausreichend erforschtes Risiko eben dieser Eigenschaften entgegen steht.
Denn die höhere chemische Reaktivität von nanoskaligen Stoffen sowie ihre hohe
Mobilität z. B. in Zellen des menschlichen Körpers und beim Überwinden der BlutHirn-Schranke könnte eine Gefahr für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt
darstellen. Wohl hat es Nanopartikel in der Natur schon immer gegeben, und in den
Abgasen von Verbrennungsmotoren und Kraftwerken waren sie auch seit deren Einführung enthalten, doch kommt mit der künstlichen Herstellung von Nanopartikeln eine
20
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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neue Quelle hinzu, die die Menge an Partikeln, denen der Mensch ausgesetzt ist, drastisch erhöhen dürfte.
Eine Frage der Ethik ist es daher, welchen Risiken die Gesellschaft und einzelne Menschen sowie die Umwelt durch nanobiotechnologische Anwendungen ausgesetzt werden darf, und was getan werden kann und muss, um Risiken auszuschalten oder zu minimieren. Dabei sind zwei Aspekte zu unterscheiden:
•
Die empirische Seite. Inwiefern sind Nanopartikel und Nanoröhren toxisch für
den Menschen und die Umwelt? Welche Anstrengungen werden unternommen,
um die Toxizität zu erforschen, und wie aussagekräftig sind die Ergebnisse?
•
Die normativen Grundlagen des Risikobegriffs, die, wie A. Bachmann (2006: 68)
zu recht bemerkt, in der aktuellen Diskussion allzu häufig nicht reflektiert werden. Dabei sind gerade sie es, die dem empirisch gewonnenen Datenmaterial sein
handlungsweisendes Potential zuweisen.
Was die empirische Feststellung der Toxizität von Nanomaterialien anbelangt, so kann
man von drei Klassen sprechen (vgl. ausführlicher Boeing 2005: 35 ff, A. Bachmann
2006: 69 ff). Bei Materialien mit selbstreinigender Beschichtung (Lotuseffekt) z.B. sind
die nanoskaligen Partikel in eine Trägersubstanz eingebunden und können deshalb nicht
frei in die Umwelt gelangen. Was aber passiert mit diesen Partikeln, wenn die tragenden
Materialien „entsorgt“ werden? Zersetzen sich diese, würden die Nanopartikel in die
Umwelt gelangen – Recyclingkonzepte gibt es jedenfalls noch keine. Frei in der Umwelt befindliche Nanopartikel, insbesondere künstlich hergestellte wie zum Beispiel
Nanoröhren, können mit Zellen in Wechselwirkung treten und werden deshalb bioaktiv
genannt. Direkt auf der Zellmembran oder in der Zelle verursachen sie „oxidativen
Stress“ und können „eine unerwünschte Transkription von Genen in Proteine“ (Boeing
2005: 37) auslösen, wobei diese Proteine Entzündungen im Gewebe verursachen können. Dasselbe kann eintreten, wenn aus Nanopartikeln lösende Metallatome Rezeptoren
auf der Zellhülle aktivieren.
Schließlich bestünde noch eine Gefahr, die von (bislang rein visionären) künstlichen,
sich selbst replizierenden Mikroorganismen ausgehen könnte (z.B. Drexlers Nanoroboter, in der Belletristik bekannt durch Michael Crichton's Roman „Prey“). Diese könnten
außer Kontrolle geraten und Lebewesen schädigen. Solche Visionen spielen bislang eine untergeordnete Rolle im ethischen Diskurs, wobei die ETC Group (2004: 38) für solche Schöpfungen der synthetischen Biologie den Terminus „Green Goo“ (in Anlehnung
an Drexler's „Grey Goo“) geprägt hat.
Was den Wissensstand über die Auswirkungen von Nanopartikeln, ‚Buckyballs’ 7 und
Nanoröhren anlangt, kann man zusammenfassen, dass in ersten Tierversuchen eine gewisse Toxizität nachgewiesen werden konnte, wobei Rückschlüsse daraus auf den Men7
‚Buckyballs’, auch Buckminster-Fullerene genannt, sind Kohlenstoffmoleküle, deren symmetrischer
Aufbau an die Polyederstruktur der Konstruktionen des Architekten Richard Buckminster Fuller erinnert.
21
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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schen schwierig sind. Man kann aber schließen, dass Nanoelemente für den Menschen
nicht ungefährlich sind, wenn sie in größeren Mengen in den Körper gelangen, wobei
von Material zu Material Unterschiede gemacht werden müssen, je nach Größe (->
Mobilität im Organismus), chemischer Reaktivität und Löslichkeit (für einen aktuellen
Überblick siehe A. Bachmann 2006: 72-78; TA Swiss 2006: 8 f).
Entsprechend ist über das Verhalten von Nanopartikeln in der Umwelt noch wenig bekannt. Laut Royal Society (RSRAE 2004:45) müssen hier folgende Kriterien angelegt
werden:
•
Wie lange dauert es, bis eine Substanz in Wasser und Erde abgebaut wird?
•
Wie bioakkumulativ ist die Substanz, d.h. wie stark sammelt sie sich in Lebewesen an und kommt somit in die Nahrungskette, wie stark bewegt sie sich dort
nach „oben“ bis zum Menschen hin?
•
Wie wahrscheinlich sind direkte Schäden an Organismen beim Kontakt?
Auch hierzu liegen nur wenige Erkenntnisse durch Tests vor. Es scheint nur soviel sicher, dass z.B. eisenhaltige Nanopartikel über mehrere Wochen im Erdreich reaktiv sind
und dass Titanoxid im Nanomaßstab freie Radikale erzeugen kann, die Bakterien abtöten können (vgl. Nanoforum Report 2005). So sind Überlegungen, Wasser- und Erdreichreinigungen nach Umweltverschmutzungen durch geeignete Nanopartikel durchzuführen, skeptisch zu beurteilen, bevor überhaupt geklärt ist, wie sich diese Partikel in
großer Menge über einen längeren Zeitraum in der Natur verhalten.
Zusammenfassend ist zu bemerken, dass bisher gewonnenen Erkenntnissen ein vielfach
größeres Nichtwissen gegenübersteht und bezüglich der Auswirkung von Nanopartikeln
eine große Ungewissheit herrscht – sowohl eine Ungewissheit bezüglich der Höhe und
der Eintrittswahrscheinlichkeit schon absehbarer Schadensmöglichkeiten als auch eine
Ungewissheit bezüglich der Frage, welche Schadensarten noch auftreten können, die
bisher nicht bekannt sind. Die Bandbreite der Risiken reicht von realen Risiken (wie
z.B. dass Buckyballs bei Forellenbarschen Hirnschäden verursachen) über hypothetische Risiken (z.B. Spekulationen über die Toxizität von Nanopartikeln beim Menschen)
bis zu Metarisiken (z.B. Erschaffung künstlicher Organismen). Dass die Anwendung
von Nanotechnologie mit Risiken verbunden ist, bestreitet kaum jemand. Wie und mit
welcher Wahrscheinlichkeit die jeweiligen Risiken zutreffen, wie sie im Vergleich zu
den Chancen, die die Nanotechnologie verspricht, zu gewichten sind, und was schließlich praktisch daraus folgen soll – darüber herrscht Uneinigkeit.
Diese Uneinigkeit bezieht sich also großteils auf die oben erwähnten normativen Grundlagen – wie soll man mit Risiken umgehen? Welches Risikokonzept vertreten die unterschiedlichen Parteien? Prinzipiell sind hier zwei verschiedene Herangehensweisen von
Bedeutung (es gibt natürlich noch mehr):
•
Orientiert man sich am utilitaristischen Bayes-Kriterium, dann ist der maximale
(subjektive) Erwartungswert ausschlaggebend, wobei die Eintrittswahrschein22
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
_____________________________________________________________________________________________________________________
lichkeiten sowohl des besten als auch des schlechtesten möglichen Ergebnisses
bekannt sein sollten (und die möglichen Ergebnisse natürlich auch). Es soll die
Handlungsoption gewählt werden, die den größten Nutzen verspricht bei einem
kalkulierbaren geringeren Wahrscheinlichkeitswert für den Eintritt negativer
Folgen.
•
Orientiert man sich eher am so genannten Maximin-Prinzip, dann sollte man die
Handlungsalternative wählen „deren schlechtestmögliches Ergebnis besser ist,
als das jeder anderen“ (Rawls 2001: 178). Hierbei genügt es, die (hypothetischen) Schäden zu kennen, wobei deren Eintrittswahrscheinlichkeit sekundär ist.
Eins wird aus beiden grob skizzierten handlungsleitenden Prinzipien sofort ersichtlich:
keines taugt für jede Risikosituation, und es gibt graduelle Unterschiede. Überlege ich,
ob ich meinen Freund X jetzt anrufen soll, müsste ich einkalkulieren, dass er bei meinem Anruf möglicherweise gerade auf der Leiter steht, durch das Klingeln erschrickt
und zu Tode stürzt. Aus dem Grund, so könnte man pointiert argumentieren, dürfte ich
ihn nach der Maximinregel nie anrufen. Wo die Maximinregel jedoch Anwendung finden sollte (z.B. nach Shrader-Frechette 1991), sind neue Technologien, bei denen mögliche gravierende Schadensarten bekannt sind, die Eintrittswahrscheinlichkeit jedoch
nicht.
Im Falle der Nanotechnologie würde dies bedeuten, dass der bisher durch Tierversuche
andeutungsweise bekannte Grad an Toxizität von Nanopartikeln, sonstige beschriebene
Eigenschaften von Nanopartikeln, Gefahren des Missbrauchs von Nanotechnologie, etc.
auf eine (unbestimmte) Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Schäden für Mensch und
Umwelt schließen lassen, die durchaus das Ausmaß von Katastrophen haben könnten.
Besteht jedoch auch nur die geringste Möglichkeit einer umfassenden Katastrophe, so
ist es weniger angeraten, diese durch das Gegenüberstellen höherer Wahrscheinlichkeiten als in Kauf zu nehmend darzustellen, sondern bestehende Entwicklungen anzuhalten.
In jedem Fall spricht im Bereich der Nanotechnologie alles für eine Anwendung des
Vorsorgeprinzips, wie es in 1.4 schon skizziert wurde. Nun gilt es, weitere Differenzierungen einzuführen, denn das Vorsorgeprinzip selbst erlaubt Varianten und Abstufungen – hier die zwei wichtigsten (nach A. Bachmann 2006):
23
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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Tab. 1: Vorsorgeprinzipien
Starkes
Vorsorgeprinzip
Schwaches
Vorsorgeprinzip
Beweislast
Befürworter oder Hersteller eines Produkts/Technik muss nachweisen, dass
selbiges ungefährlich ist, bevor weitere
Entwicklungen stattfinden dürfen.
Bevor z.B. der Staat regulierend eingreifen darf, muss wissenschaftlich bewiesen werden, dass ein Produkt/ eine
Technik schädlich ist.
Nicht-Wissen
und Risiko
Komplexität biologischer bzw. ökologischer Zusammenhänge setzt (prinzipiell)
Grenzen des Wissens. Deshalb gilt der
Vorrang der schlechten Prognose (Jonas
1984).
Unter Berüchsichtigung des Standes der
Forschung und der Technik muss eine
Nutzen-Risiko-Analyse
durchgeführt
werden, ohne dass schlechte Prognosen
prinzipiell größeres Gewicht hätten.
Handeln
Alles, von dem nicht ausgeschlossen
werden kann, dass für Mensch oder
Umwelt schädliche Folgen entstehen, ist
zu unterlassen.
Handlungen, von denen nicht bewiesen
ist, dass sie ungefährlich sind, dürfen
unter Umständen unter Einhaltung 'angemessener Maßnahmen' wie technischen Modifikationen oder lückenloser
Überwachung, vorgenommen werden.
In der aktuellen Diskussion um die Weiterentwicklung der Nanotechnologie finden sich
nur selten Positionen, die das Vorsorgeprinzip offen ablehnen. Vielmehr besteht weitgehend Einigkeit, dass es in der Natur neu entstehender Technologien liegt, dass ungeachtet aller möglichen Vorteile Vorsorge bezüglich potentiell schädlicher Folgen getroffen werden muss (vgl. Rippe 2002).
Allerdings mögen zwischen dem schwachen und dem starken Vorsorgeprinzip bisweilen Welten liegen – je nachdem, wie weit das Vorsorgeprinzip gedehnt wird. Bezüglich
synthetischer Nanopartikel in Labor und Umwelt vertritt z.B. die ETC Group das starke
Vorsorgeprinzip. Sie fordert ein Moratorium (d.h. ein Aussetzen weiterer Forschung
und eine Rücknahme schon im Handel befindlicher Nanoprodukte), bis geeignete Maßnahmen zum Schutz am Arbeitsplatz und zum Schutz der Konsumenten eingerichtet
sind sowie die Ungefährlichkeit solcher Partikel bewiesen ist (2005: 16). Demgegenüber sprechen sich die Royal Society (RSRAE 2004) und die Swiss Re (2004) (überwiegend) für eine Anwendung des schwachen Vorsorgeprinzips aus, d.h. eine Weiterentwicklung der Nano(bio)technologie bei gleichzeitiger Intensivierung der Risikoforschung und Intensivierung der Maßnahmen zur Risikominimierung.
All diese Positionen beruhen auf dem noch mehr als unvollkommenen Kenntnisstand
bezüglich der Toxizität von Nanopartikeln und können sich durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch verschieben. Außerdem befinden sie sich im Spannungsfeld zwischen gebotener Vorsicht und so genannten ökonomischen Zwängen in der globalisierten Wirtschaft.
Schließlich ist unter risikoethischer Perspektive zu beachten, dass im Zusammenhang
mit der Einführung neuer Technologien nicht jedes Individuum ein Risiko eingehen und
24
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
_____________________________________________________________________________________________________________________
abwägen kann, sondern dass Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik Risiken eingehen, über die andere keine Verfügung haben und die für andere zur Gefahr werden
können.
In diesem Zusammenhang sind die drei folgenden Kriterien von Bedeutung (vgl. A.
Bachmann o.J.):
•
Zustimmung: Es darf nur Personen, die zugestimmt haben, ein bestimmtes Risiko auferlegt werden. In letzter Konsequenz könnte dies aber bedeuten, dass eine Lähmung des Alltags einträte.
•
Schwellenwert: Es wird unterschieden zwischen so genannten trivialen Risiken,
die bedenkenlos auferlegt werden können und gravierenden Risiken, die Zustimmung erfordern. Dies soll eine Lähmung des Alltags verhindern, schwierig
ist aber eine begründete Grenzziehung zwischen trivial und gravierend.
•
Sorgfaltspflicht: Wer anderen Risiken auferlegt, muss dabei Sorgfalt walten lassen und kann auch von der Sorgfalt der betroffenen Personen ausgehen. Welche
Sorgfalt allerdings als angemessen bezeichnet werden kann, bleibt unbestimmt.
Insgesamt ist es sicherlich ein Desideratum, dass die Öffentlichkeit (also die von Risikoentscheidungen betroffenen Individuen) stärker in die Weiterentwicklung der Nanotechnologie mit eingebunden wird, sowohl was die Information über aktuelle Entwicklungen und Handlungsoptionen anbelangt, als auch, was konkrete Entscheidungsprozesse und Meinungsbildungsprozesse betrifft. Dies kann z.B. über Bürgerplattformen geschehen (siehe CTEKS 2004). An der Umsetzung dieser Einbindung der Gesellschaft
erweist sich, ob die Gesellschaft nur als ein zu steuerndes Element in einem quasievolutionären Prozess der technologischen Entwicklung betrachtet wird (wie dies im
NBIC (2002) Bericht an einigen Stellen angedeutet wird), oder ob eine Entwicklung für
die Gesellschaft im Vordergrund steht. Weltanschauliche und ideologische Grundpositionen von Akteuren spielen hier genauso eine Rolle wie das Verhältnis von Ökonomie
und Gesellschaft.
Diese kurz skizzierten risikoethischen Überlegungen sind charakteristisch nicht nur für
die Nanotechnologie, sondern treffen auf andere Entwicklungen ebenso zu. Im Falle der
Nanotechnologie treten sie aber deutlich zu Tage, nicht zuletzt, weil es eine junge und
im Wachsen begriffene Technologie ist.
Weitere ethische Fragestellungen werden im Folgenden anhand eines anderen Anwendungsgebietes der Nanotechnologie besprochen, der Medizin.
2.4
Nanotechnologie in der Medizin
Zelluläre Vorgänge lebender Organismen finden vorwiegend im Nanometerbereich
statt, und die Bestrebungen der Nanobiotechnologie richten sich auf ein Verständnis
dieser Prozesse, um sie beeinflussen zu können. Dabei wird es keine völlig neuen Anwendungen geben, sondern für bisherige Verfahren werden neue Möglichkeiten er25
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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schlossen (cf. im Folgenden: Baumgartner 2004, 2006; A. Bachmann 2006, Wagner &
Wechsler 2004, Ach & Siep 2006). Gerade im medizinischen Bereich kommt hierbei
die Konvergenz von Nano-, Bio-, Info- und Kognitionswissenschaften zum Tragen. Wie
bei den schon erwähnten möglichen Anwendungen befinden sich die hier in einem kleinen Überblick dargestellten Anwendungsmöglichkeiten bis auf wenige Ausnahmen
noch in einem Anfangsstadium und ermöglichen eine kritische Begleitung durch die
Ethik.
Die Hoffnungen, die die Anwendung der Nanotechnologie im Bereich der Medizin
weckt, sind vielversprechend und erstrecken sich von besseren Diagnosemöglichkeiten
über effektivere Therapieverfahren bis hin zu Verbesserungen der menschlichen Leistungsfähigkeit an sich. Im Folgenden sei eine Auswahl an wichtigen Forschungsfeldern
der 'Nanomedizin' vorgestellt, die sich alle den zentralen Eigenschaften des 'Nanokosmos' verdanken (kleine Abmessungen, veränderte Materialeigenschaften, Reaktivität,
Mobilität):
•
Durch Miniaturisierung verbesserte Diagnosetechniken: Mit ihrer Hilfe soll es
möglich werden, Krankheiten noch während ihrer Entstehung diagnostizieren zu
können, bevor erste Symptome auftreten. Für die kommenden fünfzehn Jahre
wird erwartet, dass sogar das Erstellen einer vollständigen genetischen Karte eines Individuums nicht aufwändiger sein wird als heute ein Bluttest. Erreicht
werden soll dies über miniaturisierte 'labs on a chip', die eine heutige Laboreinrichtung im Nanometerbereich auf einem Chip integrieren, der z.B. einem Menschen standardmäßig zur kontinuierlichen Überwachung implantiert werden
kann. Zudem soll es molekulare Marker (Kontrastmittel) geben, die in krankem
Gewebe angereichert durch molekulare Signaturen Krankheiten früh erkennen
lassen.
•
Nanopartikel sollen als so genannte Drug Delivery oder Drug Targeting Mittel
benutzt werden, analog zu der Art und Weise, wie sie im Functional Food besondere Nährstoffe transportieren sollen. Innerhalb einer Nanostruktur werden
sonst schwer lösliche pharmazeutische Wirkstoffe eingeschlossen, die aufgrund
ihrer geringen Größe nicht vom Immunsystem abgefangen werden, in Zellen
mühelos eindringen und sogar die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Ein
Umstand wiederum, der (s.o.) aber auch Anlass zur Sorge gibt. Durch spezielle
Modifizierung der Oberfläche dieser Nanostrukturen soll auch erreicht werden,
dass enthaltene Wirkstoffe nur an ihrem Bestimmungsort freigesetzt werden und
somit nicht den ganzen Organismus belasten.
•
Magnetflüssigkeitshyperthermie: Metallische, magnetische Nanopartikel werden
in einer Flüssigkeit in einen Tumor gespritzt, wo sie – einem magnetischen
Wechselfeld ausgesetzt – sich erhitzen und das Krebsgewebe verbrennen (klinische Testphase). Dies ist ein gutes Beispiel für die ermöglichende Funktion der
Nanotechnologie: Das Verfahren gab es auch schon früher, jedoch ist es erst
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DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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durch Einsatz der Nanotechnologie möglich, die Partikel so zu modifizieren,
dass sie nur im Tumorgewebe aufgenommen werden, so dass das umliegende
gesunde Gewebe geschont wird.
•
Biokompatible Implantate sollen entwickelt werden, wobei die Nanotechnologie
eingesetzte Materialien modifizieren soll, um schon bestehende Anwendungen
zu verbessern. Insbesondere könnte durch eine Bearbeitung der Implantatsoberfläche in der Nanosakala versucht werden, das Anwachsen von körpereigenem
Gewebe zu erleichtern und Immunabstoßungsreaktionen zu verhindern. Auch
Prothesen sollen verbessert werden bis hin zu einer Steuerbarkeit durch eigene
Nervenimpulse. Besonders im Hinblick auf (teilweise) Wiederherstellung des
Seh- und Hörvermögens macht man sich dabei große Hoffnungen. Forschungsziel ist es auch, Neuroprothesen zu entwickeln, die z.B. verloren gegangene
Hirnfunktionen ersetzen oder verbessern könnten.
Eine (nach gegenwärtigem Stand der Technik vermutlich mögliche) Realisierung dieser
Vorhaben ließe erwarten, dass die Lebensqualität und die Dauer der Lebensspanne deutlich ansteigen würden. Überlegungen, die ein Anhalten des Alterungsprozesses oder
sogar dessen Reversibilität in Aussicht stellen (Anti-Aging Medicine) sind jedoch rein
visionär, ebenso wie Drexlersche intelligente Nanoroboter, die im Blutkreislauf zirkulieren und Viren bekämpfen oder Arterienverkalkung beseitigen.
Ethische Aspekte
Auch in der Medizin sind die Fragen der Risikoethik (s.o.) zu stellen, schon allein in
Bezug auf die in Drug-Delivery-Systemen und verschiedenen Therapie- und Diagnoseformen eingesetzten Nanopartikel – wie verhalten sich diese, nachdem sie ihre 'Arbeit'
getan haben, wohin wandern sie im Körper, sammeln sie sich irgendwo – womöglich
über Jahre – und welche Auswirkungen haben sie dort? Auch hier gilt es, angesichts
einer sehr unsicheren empirischen Datenlage abzuwägen.
Des weiteren ergeben sich diverse Fragen, die dem Bereich der Bioethik und der Medizinethik entstammen.
Datenschutz
Ein kontroverser Punkt sind die Daten, die durch die neuartigen Diagnoseverfahren bezüglich des Gesundheitszustandes eines Patienten ermittelt werden können. Auch diese
Probleme sind nicht neu, erfahren aber eine Verschärfung dadurch, dass die Daten umfassender, schneller und langfristig auch billiger zu erheben sein werden (vgl. im Folgenden Baumgartner 2004, 2006; Ach & Siep 2006):
•
Die Gefahr des Missbrauchs von Daten über genetisch bedingte und andere
Krankheiten, über den Lebensstil, biologische Herkunft etc. Missbrauch könnte
schon auf privater Ebene stattfinden, wenn solche Diagnoseverfahren für den
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Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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'Hausgebrauch' angeboten werden, er könnte aber auch im Kontext von Versicherungen stattfinden, oder die Offenlegung der Gesundheitsdaten könnte zum
festen Bestandteil einer Bewerbungsmappe werden. Eine drastische Vereinfachung der Diagnoseverfahren würde es zudem ermöglichen, dass solche Tests
auch ohne Wissen des 'Opfers' leicht durchgeführt werden könnten.
•
Ein Problem stellt auch die Spam-Informationsflut dar, die entstehen könnte.
Sind die Diagnoseverfahren über Chips standardisiert, wird unter Umständen
nicht mehr nach einer bestimmten Krankheit gesucht, sondern es werden bei einer Untersuchung generell alle Daten abgefragt. Was geschieht mit den 'nicht
erwünschten' Nebeninformationen generell, und wie wird verfahren, wenn in
diesen z.B. eine Krankheitsveranlagung offenbar wird – hat die Patientin oder
der Patient dann ein Recht auf Nichtwissen?
•
Pläne, Diagnosechips zur dauerhaften Überwachung des Gesundheitszustandes
zu implantieren, die bei entsprechender Datenlage auch gleich eine gezielte Medikalisierung veranlassen, sind auch nicht unproblematisch. Werden solche
Chips nämlich untereinander und mit einer zentralen Überwachungseinheit vernetzt, so verschärft sich das Problem des Datenschutzes, und es eröffnen sich
zahlreiche Möglichkeiten der gezielten und unbemerkten Personenüberwachung
durch den Staat oder sogar durch Privatpersonen und andere Organisationen.
Wie verhält es sich hier mit dem Schutz der Privatheit im Umgang mit privaten
Informationen? Der Bereich der Privacy und Überwachung verbindet hier Medizin, Exekutive und Militär, was nicht zuletzt die Rechtsprechung vor neue Herausforderungen stellen würde.
•
Wenn angestrebt wird, mit Hilfe der Nanotechnologie die Entwicklung von Implantaten generell und Neuroimplantaten insbesondere voranzutreiben, so brächte
dies nicht nur Chancen, durch Unfall oder Krankheit verlorene Fähigkeiten annähernd wiederherzustellen, sondern in Konsequenz auch, die generellen Fähigkeiten des Menschen zu verbessern – physisch, mental und sensorisch. Dies hätte
zur Folge, dass gesellschaftliche und medizinische Vorstellungen dessen, was
„gesund“ oder „krank“, „normal“ oder „behindert“ ist, sich radikal ändern würden. Fraglich ist, ob es noch möglich wäre, sich unter diesen Bedingungen einem
gesellschaftlichen Zwang zur Normierung und zum „Enhancement“ zu entziehen.
28
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Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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Gerechtigkeit
Ein weiterer zentraler Punkt sind Fragen der Gerechtigkeit, die analog den risikoethischen Überlegungen Teil des Bereiches allgemeiner sozialethischer Aspekte sind. Eine
Frage der Teilhabegerechtigkeit ist es, wer zu welchem Preis Zugang zu nanotechnologischen Entwicklungen haben wird, und wer nicht. Diese Frage stellt sich für alle potentiellen Produkte und Anwendungen, ist im Falle der Medizin jedoch besonders stark akzentuiert. Wenn die Nanotechnologie entscheidende Fortschritte in den Bereichen Diagnose und Therapie bringt, ist davon auszugehen, dass diese lange Zeit sehr kostspielig
sein würden, was den Zugang stark beschränken würde. Zudem ist die Infrastruktur, die
Forschung in der Nanotechnologie voraussetzt, sehr aufwändig und wohl nur für Länder
der so genannten „ersten Welt“ realisierbar, unter bestimmten Bedingungen vielleicht
noch für Schwellenländer, nicht jedoch für die „dritte Welt“. Angesichts dieser Aussichten wird schon das Schlagwort vom „nano divide“ angewandt (vgl. im Folgenden Ach
& Siep 2006, Baumgartner 2004, Grunwald 2004, RSRAE 2004: 52 ff., UNESCO
2006):
•
Eine Kluft kann innerhalb einer Gesellschaft auftreten. Sollten die immensen
Versprechungen der Nanotechnologie wahr werden, so dürften die Lebenswelten
der Gesellschaftsschichten mit und ohne Zugang bis hin zur Unüberbrückbarkeit
auseinander driften.
•
Die sowieso schon bestehende Kluft zwischen Industrienationen und dritter Welt
wird sich vertiefen. Bisweilen wird gegen diese Befürchtung argumentiert, dass
die dritte Welt durch rechtzeitiges Aufspringen auf den 'Nanozug' sogar profitieren könne, jedoch sind derartige Versprechungen schon im Kontext von Biotech
unerfüllt geblieben.
•
Die Allokation von Förder- und Forschungsmitteln („Werbung“) ist im Falle der
Nanotechnologie ein Gebiet, das zu einem nicht geringen Teil zum „Hype“ um
zukünftige Entwicklungen beiträgt. Im Gesundheitswesen wird es ganz konkret
um Fragen gehen, ob oder in welchem Ausmaß z.B. Mittel in die Entwicklung
von neuartigen nanobasierten Techniken investiert werden, die möglicherweise
bei der elementaren Gesundheitshilfe für arme Länder fehlen. Die Antwort hängt
davon ab, ob nanotechnologische Entwicklungen in der Gesundheitsversorgung
letztlich finanziell eine Besserstellung ärmerer Bevölkerungsgruppen und Länder
ermöglichen, oder ob eine Luxusmedizin gefördert wird.
•
Schließlich kündigt sich auch im Bereich der Patentierungen im Falle der Nanotechnologie eine Debatte an, die bezüglich biotechnischer Erfindungen schon geführt wird. In welchem Verhältnis stehen Schutz geistigen Eigentums und Erfindungen im 'Nanokosmos'? Darf man zum Beispiel chemische Elemente, seien sie
auch durch nanotechnologische Verfahren modifiziert, patentieren, oder ist auf
dieser 'elementaren' Ebene nicht vielmehr von einer (nicht zu patentierenden)
Entdeckung anstatt einer Erfindung zu reden? Und gilt dies nicht um so mehr,
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Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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wenn im Falle der Nanobiotechnologie auf 'natürliche' Komponenten zurückgegriffen wird? Abgesehen davon droht ein frühes Ansteigen der Patentzahlen einerseits die weitere Entwicklung zu verhindern, andererseits werden sich die
wichtigsten Schlüsselpatente in den Händen westlicher Konzerne befinden, was
Drittweltländer einmal mehr zu einem großen Teil privatwirtschaftlichen Interessen unterwerfen würde.
Menschenbild
Schließlich sind noch weitreichende Konsequenzen anzusprechen, die Visionen von einer Transzendierung des Menschen hin zu einer 'posthumanen' Existenz betreffen – einer Existenz im Cyberspace. Die Anstrengungen, die im Zusammenhang mit Neuroimplantaten mit Blick auf eine Mensch-Maschine-Schnittstelle unternommen werden, haben
nicht primär moralische Implikationen, sondern werfen Fragen bezüglich des Menschenbildes auf. Anders als 'traditionelle Bestrebungen im Bereich der künstlichen Intelligenz, die eine 'Vermenschlichung' von Computern anstrebt, geht es hier um eine zunehmende Technisierung des Menschen (vgl. Baumgartner 2004).
Angestrebt werden nicht nur steuerbare Prothesen und künstliche Organe, sondern auch
Neuroimplantate, die das Erinnerungsvermögen, die Konzentrationsfähigkeit und die
Intelligenz des Menschen beträchtlich steigern sollen. Die kühnsten Visionen handeln
davon, dass eines Tages der 'Geist', der als im Gehirn gespeichertes Informationsmuster
konzipiert wird, auf einen Computer heruntergeladen werden kann, was Unsterblichkeit
und freie Bewegung in einem Galaxien umspannenden Cybernet ermögliche. Darin
wird in den weitreichendsten Visionen das wahre Ziel der konvergierenden Technologien gesehen.
Sieht man von den bisweilen quasi-religiösen Phantasien einer Unsterblichkeit im Cyberspace ab, ergeben sich dennoch zentrale Herausforderungen:
•
Wie lange bleibt der Mensch noch Mensch, d.h ab wie vielen Nanoprothesen überschreitet man die Grenze zu etwas 'posthumanem'?
•
Wenn von körperlichen bis zu geistigen Eigenschaften des Menschen alles austauschbar und verbesserbar ist, wird fraglich, worin noch die Identität des Menschen besteht.
•
Zentrales Verhältnis des Menschen würde nicht mehr in Abgrenzung zum Tierreich oder zu etwas Göttlichem bestehen, sondern in der Definition des Verhältnisses gegenüber der Technik (vgl. Baumgartner 2004, G. Böhme 2003, 233ff).
Die Frage, ob „eine eventuelle Verschmelzung von natürlich Gewordenem einerseits
und technisch Produziertem andererseits überhaupt normativ relevant“ (Baumgartner
2004: 43) ist, hat hohe ethische Relevanz.
Eine Vernetzung oder Verschmelzung von Mensch und Maschine hätte auch Folgen für
unser Verständnis von Autonomie, Humanität und Verantwortung. Wenn Neuroimplan30
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Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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tate tiefgreifend die Emotionalität des Menschen beeinflussen könnten oder in ihrer
Funktion Einfluss auf Handlungsentscheidungen haben, würde dies nicht nur Fragen der
Identität und der Autonomie aufwerfen, sondern hätte auch weitreichende juristische
Konsequenzen hinsichtlich der Schuldfähigkeit oder Verantwortlichkeit für eine Tat.
2.5
Militärische Forschung
Schließlich ist die Erforschung des militärischen Nutzens der Nanotechnologie ein
weltweiter Wachstumsmarkt (cf. Altmann 2006, Boeing 2006, Bachmann 2006). Wie in
allen anderen Anwendungsfeldern auch befindet sich die Entwicklung noch in den Anfängen, doch gerade deshalb könnte zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Kontrolle ausgeübt werden.
Der Abrüstungsexperte Jürgen Altmann zählt über 20 mögliche Anwendungen, an denen zur Zeit geforscht wird und die den oben dargestellten Forschungsbereichen der
Nanotechnologie zuzuordnen sind – die wichtigsten sind:
•
Neue Werkstoffe für verbesserte Geschosse, härtere Panzerungen oder leichtere
Materialien für Flugzeuge. Ebenso Bestrebungen, die Technik unbemannter
Dronen zu verbessern.
•
Nanobiotechnologische Entwicklung von 'maßgeschneiderten' Biowaffen, die
z.B. nur Personen mit einer ganz spezifischen genetischen Konfiguration 'ausschalten', oder Kampfstoffe mit Verfallsdatum, die gesteuert oder zumindest genau terminiert ihre Wirkung verlieren.
•
Manipulationen der Uniformen und der Körper von Soldaten z.B. mittels Neuroimplantaten. Von einer Reduktion oder Ausschaltung des Schlafbedürfnisses bis
hin zu Uniformen, die im Verletzungsfall Anästhetika und Wundheilungsmittel
absondern.
Die größte Gefahr einer nanotechnologischen Weiterentwicklung auf militärischem Gebiet droht jedoch durch die molekulare Manipulation intrazellulärer Mechanismen: „Bereits jetzt halten es Biologen für denkbar, dass künstliche Bakterien so programmiert
werden, dass sie im Körper eines Opfers Zellvorgänge wie die Proteinentfaltung verändern – mit tödlichen Folgen“ (Boeing 2006).
Die Nanotechnik wird so die Entwicklung neuer B-Waffen beschleunigen, wobei besonders große Gefahr von der Tatsache ausgeht, dass die notwendige technische Basisausrüstung immer leichter und günstiger beschaffbar wird, was einen Missbrauch durch
terroristische Kreise erleichtern dürfte. Besonders in den USA wird daran gearbeitet,
militärische Anwendungen der Nanotechnologie zu erforschen – rund zehn Prozent der
Ausgaben der Forschungsagentur des US-Verteidigungsministeriums sind laut Altmann
(2006) als geheim eingestuft.
Es ist also dringend notwendig, bestehende Konventionen über Bio- und Chemiewaffen
im Hinblick auf die neuen Dimensionen, die die ermöglichende Nanotechnologie den
31
DOSSIER
Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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zugehörigen Basiswissenschaften verleiht, zu erweitern und anzupassen. Ebenso ist es
notwendig, Kompetenzen und Befugnisse von UN-Inspektionen der neuen Entwicklung
anzupassen.
3
Schluss
Am Ende dieses Überblicks wird klar, dass die Nanotechnologie(n) ebenso wie die mit
ihr verbundenen gesellschaftlichen und ethischen Fragestellungen ein uneinheitliches
und komplexes Gebiet darstellen. Eine ethische Begleitung des Entwicklungsprozesses
und eine frühe Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen in die Diskussion um Nanotechnologie ist in diesem frühen Entwicklungsstadium der Technologie
notwendig und machbar.
Umfragen (z.B. kom-passion 2004) haben ergeben, dass die Hälfte aller Befragten (in
Deutschland) nichts oder nur sehr wenig mit dem Begriff der „Nanotechnologie“ anfangen kann; der Informationsstand ist noch sehr gering. Auch bezüglich der Einschätzung
der neuen Technologien als potentiell gefährlich oder nützlich sind die meisten der Befragten unschlüssig und fühlen sich nicht ausreichend informiert.
Veranstaltungen wie die „Verbraucherkonferenz Nanotechnologie“ des Bundesinstituts
für Risikobewertung (http://www.bfr.bund.de/cd/8551) müssen häufiger und gezielter
zur Risikokommunikation eingesetzt werden, um Bürger zu informieren und in
deliberative Prozesse einzubinden.
Die weitere Entwicklung der Nanotechnologie muss im Diskurs zwischen Gesellschaft,
Politik, Wirtschaft und Forschung in ihrer Einheit und ihrer Vielgestaltigkeit ethisch
begleitet werden.
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Ethische Aspekte der Nanontechnologie
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