Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 61 Sozialpsychologie 2 Die Änderung von Einstellungen durch Kommunikation: Einstellungen und Meinungen Teil 3 Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 62 Einstellungen & Meinungen 63 Die Bewertung des Senders: Langzeitwirkungen Einstellungsänderung hängt von der Glaubwürdigkeit, der Macht (über Verstärker und Strafreize) und der Ähnlichkeit des Senders ab. Das Ausmaß der Einstellungsänderung, die durch einen positiv bewerteten Sender hervorgerufen wurde, nimmt mit der Zeit ab. Hovland & Weiss (1951): Vpn lasen kurzen Artikel über 4 Einstellungsobjekte . VG1: glaubte, dass diese Meinung von einem Wissenschaftler stammte. VG2: glaubte, dass diese Mitteilung aus einer weniger glaubwürdigen Quelle 40 stammte. 35 VG1: 23% der Vpn änderte ihre Meinung 30 25 VG2: weniger als 6.6% änderte die Meinung 20 15 10 5 0 Sehr glaubwürdiger Sender mäßig glaubwürdiger Sender Das Ausmaß der Einstellungsänderung bei einem eher neutralen oder negativ bewerteten Sender nimmt mit der Zeit zu. Nach einigen Wochen ist bei allen Sendern ein ähnliches Ausmaß an Einstellungsänderungen zu verzeichnen. ! Sleeper-effect. Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 64 Einstellungen & Meinungen 65 Mögliche Erklärung des Sleeper-effects: Der Sleeper-effect Einstellung 2 1,5 positiv bewerteter Sender 1 0,5 0 0 1 2 3 4 5 neutraler oder schwach positiver Sender Zeitpunkte Einige Zeit nach der Kommunikation sind die kognitiven Relationen zwischen vorgetragenen Argumenten und dem Sender nicht mehr vorhanden. Dadurch sind die Argumente nur mehr aufgrund ihres Inhalts wirksam. Die Bewertung des Senders dient als Hinweisreiz, ob die Argumente akzeptiert werden oder nicht. Absoluter Sleeper-Effekt: Zunahme der Einstellungsänderung über die Zeit. Relativer Sleeper-Effekt: Teilweise oder völlige Konvergenz zweier Änderungen. Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 66 Einstellungen & Meinungen 67 Sleeper-effect tritt nicht auf, wenn man vor der zweiten Einstellungsmessung auf die Quelle der Mitteilung hinweist (Kelman & Hovland, 1953). Die Wirksamkeit einer einstellungsändernden Mitteilung wird durch Vorwarnung herabgesetzt: Empfänger, denen die beabsichtigte Einstellungsänderung angekündigt worden war, änderten ihre Einstellung nach einer Mitteilung weniger (Watts & Holt, 1977). Vorwarnung dient als Hinweisreiz. Nach einer Woche: Sleeper-Effekt nachweisbar. Wird man während der Mitteilung abgelenkt, kommt es zuerst zu einer größeren Einstellungsänderung, die mit der Zeit wieder abnimmt. ! Umgekehrter Sleeper-effect Man wird daran gehindert Gegenargumente zu entwickeln -> Inhalt wird zunächst akzeptiert. Erst später setzt man sich mit den Argumenten auseinander. Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 68 Einstellungen & Meinungen 69 Einseitige Mitteilung enthält nur Argumente für einen bestimmten Standpunkt. Zweiseitige Mitteilung enthält auch Argumente für andere Standpunkte. Zweiseitige Mitteilungen sind bei gebildeten Personen wirksamer. Einseitige Mitteilungen sind wirksamer, wenn der Empfänger von vornherein eher den Standpunkt der Mitteilung akzeptiert. Hovland, Lumsdaine & Sheffield (1949) Einstellungsänderungen durch zweiseitige Mitteilungen sind widerstandfähiger gegenüber späterer Gegenpropaganda. (Lumsdaine & Janis, 1953). Prozentsatz der beibehaltenen Meinung Prozent Mitteilung: 80 60 40 20 0 einseitige Mitteilung zweiseitige Mitteilung ohne nachfolgende Gegenpropaganda nach Gegenpropaganda Versuchsbedingung Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 70 Einstellungen & Meinungen 71 Wann ist es günstiger den eigenen Standpunkt mitzuteilen? 1.! Ein umso stärkerer Endeffekt tritt auf, je größer der zeitliche Abstand zwischen den beiden gegensätzlichen Mitteilungen ist. 2.! Der Endeffekt nimmt mit der Zeit wieder ab. 3.! Ein Anfangseffekt tritt auf, je kleiner die zeitliche Distanz zwischen den Mitteilungen ist. Ausmaß der beabsichtigten Einstellungsänderung (Bergin, 1962): Ausmaß der Einstellungsänderung 2,5 Einstellungsänderung Anfangs- versus Endeffekte: 2 glaubwürdiger Sender 1,5 nicht glaubwürdiger Sender 1 0,5 0 0 1 2 3 Ausmaß der Diskrepanz Je größer die anfängliche Diskrepanz zu einem positiv bewerteten Sender, desto größer die Einstellungsänderung. Je größer die Diskrepanz bei einem negativ bewerteten Sender, desto geringer die Änderung (Bumerangeffekt). Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 72 Einstellungen & Meinungen 73 Bumerangeffekt: Je mehr ein nicht vertrauenswürdiger Sender verlangt, desto weniger erreicht er. Bumerangeffekte traten fast ausschließlich bei jenen Vpn auf, die ursprünglich eine ganz ähnliche Einstellung wie der Sender hatten Worchel & Brehm (1970). Reaktanz tritt auf, wenn eine starke Freiheitsbedrohung durch die Mitteilung erzeugt wird: z.B.: „Sie haben keine Wahl, Sie müssen diesen Standpunkt akzeptieren; man kann keine andere Meinung haben.“ ! Man ändert seine Einstellung, wenn jemand versucht, einem die ohnehin bevorzugte Position aufzuzwingen und damit gleichzeitig versucht, andere mögliche Positionen zu verhindern. Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 74 Einstellungen & Meinungen 75 Reaktanz ist ein kurzfristiger Erregungszustand. !!Nach einigen Wochen tritt ein sleeper-effect ein (Gruder et al., 1978). (Die Einstellungsänderung erfolgt danach in die Richtung der Mitteilung). Pallak & Heller (1971): Bumerangeffekte treten verstärkt dann auf, wenn keine weiteren Interaktionen mehr erwartet werden. Der Empfänger: Wichtige Variablen für die Einstellungsänderung: •! Aufmerksamkeit •! Verstehen (Interpretation) •! Akzeptanz •! Intelligenz •! Gedächtnis •! Wahrnehmung (rasches Lesen, flüchtiges Hören) •! Einstellungen zum Sender und zur Mitteilung Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 76 Einstellungen & Meinungen 77 Assimilationseffekt: Argumente oder Meinungen, die dem eigenen Standpunkt ähnlich sind, werden häufig so verstanden, als wären sie mit dem eigenen Standpunkt identisch. Kontrasteffekt: Einigermaßen verschiedene Argumente werden oft als entfernter vom eigenen Standpunkt aufgefasst, als sie es tatsächlich sind. Sherif & Hovland (1961) Das Elaboration-likelihood model (ELM) Petty und Cacioppo (1986, 1999) 2 Arten der Einstellungsänderung: (a)! Zentraler Weg: Einstellungsänderung aufgrund sorgfältiger Verarbeitung der dargebotenen Information (b) Peripherer Weg: eher gedankenlose Verarbeitung (z.B. durch klassisches und operantes Konditionieren, einfache Urteilsheuristiken aufgrund oberflächlicher Hinweisreize: z.B. „Sympathische Menschen haben meistens recht“). Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 78 Einstellungen & Meinungen 79 Zentraler Weg ist mit Anstrengung verbunden !!Wird nur dann benutzt, wenn die Motivation und die Fähigkeit zur genauen Informationsverarbeitung groß ist. Verzerrte Informationsverarbeitung auf beiden Wegen möglich: Bei extrem großer persönlicher Wichtigkeit wird die Mitteilung zwar auf dem zentralen Weg gründlich, aber eventuell in einseitiger Weise verarbeitet (Argumente werden im Sinn der eigenen Einstellung interpretiert). •! Einstellungen, die auf dem zentralen Weg gewonnen wurden, sind dauerhaft und änderungsresistent und haben eine enge Beziehung zum Verhalten. •! Einstellungen, die peripher gewonnen wurden, sind kurzlebig, leicht zu ändern und erlauben keine Verhaltensvorhersagen. Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 80 Einstellungen & Meinungen 81 Einfluss der Ablenkung auf die Einstellungsänderung (Petty, Wells & Brock, 1976): Vpn mussten am Bildschirm nach einem X suchen, währenddessen hörten sie eine (entweder eine starke oder schwache) Mitteilung über die Erweiterung des Unterrichts um 20% . 1.! VG: Alle 3 Sekunden blitzte X auf (starke Ablenkung) 2.! VG: Alle 5 Sekunden (mittlere Ablenkung) 3.! VG: Alle 15 Sekunden (schwache Ablenkung) Einfluss der Ablenkung auf die 4.! VG: keine X Zustimmung Danach: Einstellungsänderung wurde gemessen. Zustimmung 1 0,5 starke Mitteilung 0 -0,5 1 2 3 4 schwache Mitteilung -1 Grad der Ablenkung Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 82 Einstellungen & Meinungen 83 Zusammenhang von Mitteilungsqualität, Wichtigkeit des Einstellungsobjekts und Senderbewertung (Petty, Cacioppo & Schumann, 1983): Werbeprospekt bezügl. Rasierapparat: (a)! Überzeugende oder schwache Argumente (Mitteilungsqualität) (b)! Beliebte Sportler oder unbekannte Bürger (Senderbewertung) (c)! Im nächstgelegenen Supermarkt oder in entfernteren Städten (Wichtigkeit) Danach: Einstellungsmessung, Verhaltensabsichten Ergebnisse: Bei persönlicher Wichtigkeit wird zentraler Weg gewählt. !!Einstellung hängt nur von der Mitteilungsqualität ab. !!Korrelation zwischen Einstellung und Intention r=.59 Wenn persönlich unwichtig wird peripherer Weg gewählt !!Positive Befürworter (Sportler) bewirken positivere Einstellungen, Argumentqualität spielt keine Rolle !!Korrelation zwischen Einstellung und Intention r=.36 Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 84 Einstellungen & Meinungen 85 Das Heuristisch-Systematische Modell (Chaiken, 1987; Chen & Chaiken, 1999): •! Entweder genaue Informationsverarbeitung (bei hoher Motivation und Fähigkeit) •! Oder ein heuristisches Schnellverfahren („Experten kann man Vertrauen“, „Sympathische Menschen haben recht“, „mehr Argumente sind bessere Argumente“, etc.) 3 Arten von Einstellungen (Wilson et al., 1989): (1)! Kognitiv fundierte Einstellungen: beruhen auf gut durchdachten Meinungen (2)! Affektiv fundierte Einstellungen: beruhen auf Gefühlen, haben kaum kognitive Grundlagen (entstehen z.B. durch klassisches Konditionieren und Dissonanzreduktion) (3)! Nichteinstellungen (nonattitudes, Pseudoeinstellungen): Schwache Einstellungen Bei Auffälligkeit (salience) und Lebendigkeit (vividness) der Hinweisreize -> Heuristische Verarbeitung Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 86 Einstellungen & Meinungen 87 Schwache Einstellungen und affektiv fundierte Einstellungen lassen sich durch Nachdenken beeinflussen. Seligman, Fazio & Zanna (1980): Vpn wurden gefragt, warum sie ihren Partner mögen. 1.! VG: Weil-Fragen („Ich gehe mit ihr/ihm aus, weil ich...“), interne Aspekte 2.! VG: Damit-Fragen („Ich gehe mit ihr/ihm aus, damit ich...“), externe Aspekte ! VG 1 zeigten stärkere Absichten ihre Partner zu heiraten und liebten sie mehr Einstellungen in Paarbeziehungen (Wilson et al., 1984): •! Am Anfang einer Beziehung beruht die Einstellung auf unartikulierten Gefühlen, dem Aussehen, nonverbalen Kommunikationsprozessen (affektiv fundierte Einstellung) •! Je länger eine Beziehung dauert, desto mehr Wissen über den Partner entsteht (kognitiv fundierte Einstellung) Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 88 Einstellungen & Meinungen 89 Korrelation zwischen Einstellung und Verhalten: Kürzere Beziehung Kontrollgruppe 0,57 Längere Beziehung Nachdenken -0,19 Kontrollgruppe 0,57 Nachdenken 0,56 Millar & Tesser (1989): Konsistente Einstellungen: affektive und kognitive Komponente weisen in dieselbe Richtung Inkonsistente Einstellungen: affektive und kognitive Komponente weisen in verschiedene Richtungen Instrumentelles Verhalten: Verhalten wird durchgeführt, um ein Ziel zu erreichen (kognitiv fundiert). Konsumatorisches Verhalten: Lustbefriedigung (affektiv fundiert). Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 90 Einstellungen & Meinungen 91 Versuch von Millar & Tesser (1989): •! Bei konsistenten Einstellungen hat Nachdenken keinen Einfluss auf die Korrelation zwischen Einstellung und Verhalten. •! Bei inkonsistenten Einstellungen führt Nachdenken zu einer Verminderung der Korrelation, wenn die aktivierte Einstellungskomponente nicht mit dem Verhaltenstyp zusammenpasst. Vpn mussten Denkprobleme (Buchstaben-, Zahlen, Bilderrätsel, Analogien, Satzergänzungen) bewerten: a. Kognitive Komponente durch Warum-Fragen b. Affektive Komponente durch Wie-Fragen bewertet (dadurch wurde Konsistenz gemessen) (1) Instrumentelles Verhalten: „Aufgaben schärfen die analytische Denkfähigkeit“ (2) Konsumatorisches Verhalten: „Es folgt nun ein Test zur sozialen Sensibilität“ Messung der Einstellung auf einer 7-stufigen Rating-Skala entweder auf (A) affektiver oder (B) kognitiver Komponente (dient zur Voraktivierung) Verhaltensmessung: Zeit mit der freiwillig an Aufgaben gearbeitet wurde (am Ende des Experiments) Sozialpsychologie Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 92 Einstellungen & Meinungen 93 Ergebnis: Verringerte Korrelation zwischen Einstellung und Verhalten wenn •! Vor instumentellem Verhalten die affektive Komponente •! Vor konsumatorischem Verhalten die kognitive Komponente bei inkonsistenten Einstellungen aktiviert wurde. Die Stabilisierung von Einstellungen Die Inokulationstheorie von McGuire (1964): Techniken zur Stabilisierung: 1.! Unterstützung der eigenen vorhandenen Einstellung 2.! Inokulation („Impfung“): Argumente gegen die eigenen Einstellung werden präsentiert, danach Widerlegung dieser Elemente. !! Welche Technik ist effektiver? Sozialpsychologie Einstellungen & Meinungen 94 Die Effektivität der Inokulation 14 Einstellung 12 10 8 6 4 2 0 Argumente gegen die Unterstützung der eigenen Einstellung eigenen Einstellung Inokulation Versuchsbedingungen kein Angriff auf die eigene Einstellung