Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Ziele der Stadt Wien 2 3 Wärmerückgewinnung - das höchste Potential zur Effizienzsteigerung 3 4 Begriffsbestimmungen 4 5 Energieverbrauchsstruktur Wien 5 6 Technologien zur Abwärmenutzung 6 6.1 Wärmenutzung aus Abwärme 8 6.1.1 Wärmetauscher 8 6.1.2 Wärmespeichersysteme 6.2 6.3 10 Kälteanlagen / Wärmepumpen 12 6.2.1 Einsatz von abwärmebetriebenen Kälteanlagen 12 6.2.2 Einsatz von Wärmepumpen zur Abwärmenutzung 14 Stromerzeugung aus Abwärme 15 6.3.1 ORC (Organic Rankine Cycle) 15 6.3.2 Stirlingmotor 17 7 Checkliste zur Abwärmenutzung 18 8 Best Practice Beispiele 21 9 Schlussfolgerungen 41 Abkürzungsverzeichnis /a GWh H kW kWth kWh l/s MA MWh ÖNACE SEP TNV pro Jahr Gigawattstunde(n) (10 9 Wattstunden) Enthalpie (engl. heat content) Kilowatt Kilowatt thermisch Kilowattstunde(n) (103 Wattstunden) Liter pro Sekunde Mitarbeiter Megawattstunde(n) (106 Wattstunden) Österreichische Implementierung Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne Städtisches Energieeffizienz Programm Thermische Nachverbrennung IMPRESSUM Erstellt durch Allplan GmbH im Auftrag der MA27 Dezember 2008 Eigentümer, Herausgeber MA27, EU-Strategie- und Wirtschaftsentwicklung Energie- und SEP Koordination Schlesingerplatz 2 1082 Wien E-mail: [email protected] www.sep.wien.at Layout, Design: Sabine Berger www.bumaku.at Druckerei: AV Astoria Druckzentrum Faradaygasse 6 1030 Wien Verlags- und Herstellungsort: Wien 1 Einleitung Die rationelle Nutzung von Energie ist ein Gebot der Stunde. Die Nutzung von Abwärme steigert die Effizienz von Industriebetrieben, reduziert den Einsatz von Energieträgern sowie die damit verbundenen Kosten und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Im Allgemeinen sind Abwärmenutzungen maßgeschneiderte Projekte, die in jedem einzelnen Fall genauer untersucht werden müssen. Jedoch existieren für bestimmte Bereiche der Abwärmenutzung Standardlösungen. Diese Broschüre soll Möglichkeiten und Potentiale der Abwärmenutzung aufzeigen. Dazu werden im Vorfeld Begriffsdefinitionen und Voraussetzungen angeführt. Im folgenden Teil werden die verfügbaren Technologien mit deren Einsatzbereichen und finanziellen Aspekten dargestellt. Für die Erhebung des Abwärmepotentials in Wien wurden zwei Ansätze verwendet: Mittels Top Down Ansatz wurde anhand statistischer Daten und bereits durchgeführter, realisierbarer Abwärmenutzungsmöglichkeiten das nutzbare Abwärmepotential in Wien errechnet. Andererseits wurde mittels Bottom Up Ansatz, basierend auf Firmenbesuchen und Firmeninterviews, ein Abwärmepotential erhoben. Um das tatsächlich vorhandene Abwärmepotential in verschiedenen Branchen zu ermitteln, wurden diese beiden Ansätze miteinander verglichen. Im abschließenden Kapitel werden Musterbeispiele für Abwärmenutzungen angeführt. Anhand dieser bereits realisierten oder vorgeschlagenen Maßnahmen sollen Personen motiviert werden, ähnliche Projekte in deren Zuständigkeitsbereich durchzuführen. 1 2 Ziele der Stadt Wien SEP SEP Mit 1. Juli 2004 wurde die Magistratsabteilung 27 mit der Erstellung eines Energiesparkonzepts für die Stadt Wien beauftragt. Dieses Energiesparkonzept mit dem Titel "Städtisches Energieeffizienz Programm" (SEP) gibt Leitlinien für die verbraucherseitige Energiepolitik bis zum Jahr 2015 vor. Das SEP besteht aus zwei Teilen. Der Konzeptteil enthält einleitend eine Darstellung der Schwerpunkte der Wiener Energiepolitik, widmet sich im Detail dem derzeitigen Diskussionstand, der geplanten EU-Richtlinie zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen und beschreibt die Vorgangsweise bei der Erstellung. Für die Erreichung der Effizienzszenarien wurde ein umfangreiches Maßnahmenbündel erarbeitet. Der zweite Teil, der Datenteil des SEP, umfasst die Analyse der aktuellen Energiesituation in Wien. Anhand des Datenbandes wurden die Möglichkeiten und Potentiale für Abwärmenutzung im industriellen und gewerblichen Sektor der Stadt Wien erhoben. Der von der Stadt Wien ins Leben gerufene "ÖkoBusinessPlan" weist bereits zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Abwärmenutzung auf. In vielen industriellen und gewerblichen Betrieben sind hohe, nicht genutzte Abwärmepotentiale vorhanden. Eine Nutzung dieser würde erhebliche finanzielle und ökologische Auswirkungen auf die jeweiligen Betriebe mit sich ziehen. Diese Broschüre soll als Leitfaden dienen, Abwärmepotentiale zu erkennen, zu erheben, die richtige Technologie auszuwählen, Abwärme zu nutzen und abschließend die sich daraus ergebenden Vorteile zu ziehen. SEP SEP 2 3 Wärmerückgewinnung - das höchste Potential zur Effizienzsteigerung Bei vielen Prozessen wird Wärme ungenutzt an die Umgebung abgegeben. So gelangen bei Industriebetrieben und Haushalten warme Abgase von zum Beispiel Kesselanlagen in die Umgebungsluft und warme Abwässer werden in das Kanalsystem eingeleitet. Je höher die Temperatur, je größer der Volumen- bzw. Massenstrom und je mehr Betriebsstunden die anfallende Abwärme aufweist, desto eher ist eine wirtschaftliche Nutzung der Abwärme möglich. 3 4 Begriffsbestimmungen Energie Aus physikalischer Sicht ist Energie die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Energie kann von einer Energieform in eine andere Form umgewandelt werden, sie kann transportiert und gespeichert werden. Die Energie kann in Form von mechanischer, thermischer, elektrischer, chemischer Energie, Strahlungs- oder Kernenergie auftreten. Laut dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann Energie weder erzeugt noch vernichtet werden. Primärenergie Als Primärenergie wird Energie von Energieträgern, die noch keiner Umwandlung unterworfen wurden, bezeichnet. Beispiele für Primärenergieträger sind Kohle, Erdgas, Erdöl oder Biomasse. Endenergie Endenergie ist jene Energie, welche nach der Gewinnung, Aufbereitung, Umwandlung und Verteilung von Primärenergieträgern vorliegt. Beispiele für Endenergieträger sind Kraftstoffe, elektrische Energie und Fernwärme. Der Verbrauch von Endenergie wird in der vorliegenden Broschüre auch mit dem Begriff "energetischer Endverbrauch" bezeichnet. Nutzenergie Als Nutzenergie wird jene Energie bezeichnet, welche dem Verbraucher nach der Umwandlung von Endenergie für unterschiedliche Anwendungen zur Verfügung steht. Beispiele für Nutzenergie sind Licht, Wärme oder mechanische Energie. Wärme Als Wärme wird jene Möglichkeit definiert, Energie, welche nicht Arbeit oder ein Materialstrom ist, über Systemgrenzen zu transportieren. Abwärme Als Abwärme wird jener Teil einer Wärmemenge bezeichnet, der in einer Wärmebilanz auf der Output-Seite neben der Nutzwärme als Rest an die Umgebung abgegeben wird. Spezifische Wärmekapazität Die spezifische Wärmekapazität kennzeichnet die unterschiedliche Erwärmbarkeit von Stoffen. Sie gibt die Energiemenge in Form von Wärme an, die notwendig ist, um eine Stoffmenge mit der Masse von 1 kg, unter Beibehaltung des jeweiligen Aggregatzustandes um 1 °C zu erwärmen. 4 5 Energieverbrauchsstruktur Wien Im Jahr 2006 betrug der energetische Endverbrauch der Stadt Wien 37.928 GWh. In Österreich wurden im selben Jahr 303.546 GWh verbraucht. Der energetische Endverbrauch von Wien entspricht einem prozentuellen Anteil von 12% Österreichs. Die größten Endverbraucher Wiens sind die Sektoren Private Haushalte und Verkehr. Hohe Abwärmepotentiale sind im Produzierenden Bereich und im Sektor Öffentliche und Private Dienstleistungen vorhanden. Abbildung 1: Endenergieverbrauch Wien nach Sektoren 1988-2006 Mineralöl ist der wichtigste Energieträger am energetischen Endverbrauch. Davon entfallen 80% auf den Sektor Verkehr. Die Verteilung der einzelnen Energieträger am energetischen Endverbrauch ist in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 2: Anteile Energieträger am energetischen Endverbrauch 5 6 Technologien zur Abwärmenutzung Abwärmenutzungstechnologien haben das Ziel, bisher ungenutzte Energie von Abwärmeströmen zu nutzen und somit den Energieeinsatz technischer Anlagen zu verringern bzw. den Wirkungsgrad zu erhöhen. Dabei stehen neben energiewirtschaftlichen Bedürfnissen auch ökologische Aspekte im Vordergrund. Bei der Abwärmenutzung ist hauptsächlich auf drei Parameter zu achten, damit die effizienteste Variante der Abwärmenutzung ausgeführt werden kann. Folgende Parameter sind von Bedeutung: · · · ! Abwärme - Medium z.B. Wasser, Abluft, etc. Massenstrom des Abwärme - Mediums z.B. in kg/h, m3/h Temperatur des Abwärme - Mediums z.B. in °C Anhand dieser Parameter lässt sich die Abwärmeleistung mit folgender Formel bestimmen: . . Q = m . c . rT . Q . m c rT ! … … … … Wärmeleistung [kW] Massenstrom [kg/s] Spezifische Wärmekapazität [kJ/kgK] Temperaturdifferenz [°C, K] Mit der berechneten Wärmeleistung kann anhand folgender Formel die jährliche Wärmemenge ermittelt werden: . Q=Q.t Q. … Wärmemenge [kWh/a] Q … Wärmeleistung [kW] t … Betriebsstunden [h/a] 6 Durch diese Informationen kann die Wärmeabgabe der Abwärmequelle ermittelt werden. In einem weiteren Schritt ist die Nutzbarkeit der Abwärmequelle zu klären. Dazu muss ermittelt werden, für welche Bereiche die Abwärme verwendet werden kann. Typische Einsatzmöglichkeiten für Abwärme sind · Heizung / Heizungsunterstützung · Brauchwassererwärmung · Prozesse Bei Prozesseinbindungen ist zu klären, ob es durch eine Abwärmenutzung zu Auswirkungen auf den Produktionsablauf kommen kann. Sind diese Punkte berücksichtigt, kann die entsprechende Abwärmenutzungstechnologie ausgewählt werden. Nach Auswahl der Technologie und Ermittlung der erwarteten Einsparungen von elektrischer Energie oder Brennstoffen kann die Wirtschaftlichkeit der Abwärmenutzung berechnet werden. Großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Abwärmenutzungen haben Parameter wie Betriebszeiten pro Jahr, Kontinuität der Abwärmeleistung, aktuelle Energiepreise, Energieabnehmer, Marktreife der Technologie usw. 7 6.1 Wärmenutzung aus Abwärme Für die Nutzung von Abwärme zur Wärmerückgewinnung sind Wärmetauscher unumgänglich. Diese werden zur Erwärmung eintretender Massenströme verwendet, wobei dem austretenden Massenstrom (z.B. Abwärme) Wärmeenergie entzogen wird. In Wärmespeichern kommen Wärmetauscher zum Einsatz, um Abwärme auf ein Speichermedium zu übertragen. Wird die gespeicherte Wärmeenergie wieder genutzt, gibt das Speichermedium diese über Wärmetauscher ab. Wärmepumpen sind in der Lage, die Temperatur eines Eingangswärmestromes (z.B. Abwärme) unter Einsatz höherwertiger Energie (Elektrizität oder Wärme mit hoher Temperatur) auf ein höheres Temperaturniveau zu transformieren. Der Ausgangswärmestrom kann anschließend zur Wärmebereitstellung in anderen Bereichen herangezogen werden. Kältemaschinen arbeiten mit einem ähnlichen Verfahren, jedoch in entgegengesetzter Richtung. 6.1.1 Wärmetauscher Rekuperative Wärmetauscher Rekuperative Wärmetauscher besitzen meist starre Wärmeübertragungsflächen, wobei meist nur sensible Wärme übertragen wird. Sie gehören zu den Standardanwendungen. Es gibt zahlreiche Bauformen, angepasst an die jeweiligen Anforderungen und optimiert für den Einsatzzweck. Grundsätzlich lassen sich drei Wärmetauscherkonzepte unterscheiden: · · · Gegenstromwärmetauscher Gleichstromwärmetauscher Kreuzstromwärmetauscher Bei Gegenstromwärmetauschern werden die beiden Stoffströme in entgegengesetzter Fließrichtung geführt, was hohe Wirkungsgrade dieser Systeme ermöglicht. Bei Gleichstromwärmetauschern haben die beiden Stoffströme die gleiche Fließrichtung, wobei sich die Temperaturen immer weiter annähern. Kreuzstromwärmetauscher stellen eine Mischvariante dar, wobei die Ströme im rechten Winkel zueinander fließen. 8 Abbildung 3: Gegenstrom- und Gleichstromwärmetauscher Bei Wärmetauschern sind viele Formen von Medienkombinationen realisierbar. Dazu zählen Luft/Luft (Abgas/Luft) Wärmetauscher, wie auch Luft/Wasser (Abgas/Wasser) und Wasser/Wasser (Wasser/Sonstige Flüssigkeit) Wärmeübertrager. Regenerative Wärmetauscher Regenerative Wärmetauscher erlauben neben dem Austausch von Wärme auch geringfügige Vermischungen der Ströme, sowie Feuchtigkeitsaustausch. Die am häufigsten verwendete Technologie sind Rotationswärmetauscher. Dabei rotiert ein Wärmetauscherrad mit langsamer Drehzahl, während es von zwei Medien durchströmt wird. Die Wärme eines Stoffstroms wird auf das Rad übertragen und gelangt durch die Drehung in den anderen Stoffstrom, wo Sie wieder abgegeben wird. Oft wird die Oberfläche des Rades zusätzlich absorbtiv beschichtet, um einen Feuchtigkeitstransport ermöglichen zu können. Dieses System findet vor allem bei Luft/Luft Wärmetauschern Anwendung. Abbildung 4: Luftführung durch einen Rotationswärmetauscher (Quelle: Hoval) 9 Einsatzbereiche Temperaturbereich Leistungsbereich Rekuperativ Bis zu 800°C Bis ca. 20 MW Regenerativ Bis zu 650°C Bis ca. 20 MW Investititonskosten Wärmetauscherausführung Luft / Wasser - Rippenrohr Wasser / Wasser - Rohrbündel Abgas / Wasser Leistungsbereich 30 - 200 kWth > 500 kWth > 500 kWth 500 - 600 kWth Spez. Investitionskosten 100 - 200 €/kWth 30 €/kWth 10 €/kWth 30 - 50 €/kWth Luft/Luft - Wärmetauscherkosten bezogen auf den Volumenstrom [m³/h] : Plattenwärmetauscher Gesamtkosten 0,35 -0,65 € pro m³/h inkl. Installation Rotationswärmetauscher Rotationswärmetauscher ohne Beschichtung mit Sorptionsbeschichtung 0,5 -0,8 € pro m³/h 0,6 -0,9 € pro m³/h 6.1.2 Wärmespeichersysteme Eine zeitliche Verschiebung von Wärmeangebot und Wärmebedarf macht es notwendig, Wärmespeichersysteme einzusetzen. Grundsätzlich unterscheidet man drei Systeme zur Wärmespeicherung: Speicherung als fühlbare bzw. sensible Wärme: Wärme wird einem Speichermedium zugeführt, das in der Folge seine Temperatur verändert. Dies ist das am häufigsten verwendete Prinzip für die Wärmeversorgung von Gebäuden. Speicherung als latente Wärme: Die Wärmezufuhr zum Speichermedium führt zu einer Änderung des Aggregatzustandes, meist "fest zu flüssig", ohne Temperaturänderung des Speichermediums. Speicherung als chemische Energie: Die fossilen Energieträger (Kohle, Erdgas und Erdöl) sind die bedeutendsten chemischen Energiespeicher. Chemische Energiespeicherung mit geschlossenen Kreisläufen gibt es jedoch auch in technischen Anwendungen. Beispielsweise wird einem Sorptionsmedium abwechselnd Wasser entzogen bzw. zugeführt, wobei die dabei ablaufende chemische Reaktion nutzbare Wärme bzw. Kälte frei setzt. 10 Abbildung 5: Vergleich sensibler und latenter Wärmespeicherung Die oben beschriebenen Speichersysteme weisen folgende Einsatzeigenschaften auf: Speicherart Energiedichte [kWh/m³] Speichermedien Sensibel ca. 60 bis zu 30 Wasser Beton Latent bis zu 120 Salzhydrate Paraffine ca. 30 - 80°C ca. 10 - 60°C Metallhydride Silicagel Zeolithe ca. 280 - 500°C ca. 40 - 100°C ca. 100 - 300°C Thermochemisch ca. 200 - 500 Arbeitstemperatur < 100°C 0 - 500°C Großwärmespeicher Zur Speicherung von großen Wärmemengen werden folgende Speicherarten eingesetzt: Heißwasser- Wärmesp. Kies- Wasser- Wärmesp. Erdsonden- Wärmesp. Aquifer-Wärmesp. Speichermedium Wasser Speicherkapazität [kWh/m³] 60 - 80 30 - 50 15 - 30 30 - 40 Speichervolumen [m³ WÄ] 1,0 1,3 - 2,0 3,0 - 5,0 2,0 - 6,0 Kies- Wasser -Gemisch Formation im Untergrund Wassergesättigte Formation im Untergrund WÄ = Wasseräquivalent Diese Speicherarten können auch zur saisonalen Speicherung (Langzeitspeicherung) verwendet werden. 11 Mobile Abwärmenutzung Überschusswärme von Kraftwerken oder Produktionsanlagen kann, für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung, in mobilen Latentwärmespeichern gespeichert und an unterschiedliche Orte transportiert werden. Dieses System kann als nicht leitungsgebundene Fernwärmeversorgung betrachtet werden. Wichtige Voraussetzungen für den Einsatz des Systems sind ein ausreichender Wärmebedarf des Wärmebeziehers und eine maximale Entfernung von 20 - 30 km. Abbildung 6: Mobiler Latentwärmespeicher mit Natriumacetat als Speichermedium (Quelle: BINE Informationsdienst) Technische Daten: . . . . . 23 Tonnen Natriumacetat (Schmelztemperatur: 58°C) Laden/Entladen über einen Ölkreislauf Speicherkapazität: 3,5MWh Nutzbare Temperatur: ca. 56°C-180°C Ladeleistung ca. 1 MW Entladeleistung ca. 0,5 MW 6.2 Kälteanlagen / Wärmepumpen Je nach Nutzung wird höherwertige Energie verwendet, um einem Medium Wärme zu entziehen oder um Niedertemperaturwärme auf höheres Temperaturniveau zu heben. Dazu wird ein thermodynamischer Kreisprozess eingesetzt, wobei die Materialeigenschaften eines Kältemittels bei unterschiedlichen Drücken und Temperaturen genutzt werden. Es lassen sich im Wesentlichen drei Prinzipien von Kälteanlagen unterscheiden. Das sind Kompressions-, Absorptions- und Adsorptionskältemaschinen. 6.2.1 Einsatz abwärmebetriebener Kälteanlagen Absorptionsmaschinen Absorptionskältemaschinen verwenden zwei Stoffpaare, wobei eine Flüssigkeit eine andere Flüssigkeit absorbiert und danach die Flüssigkeiten wieder voneinander getrennt werden. Für diesen Trennprozess wird Wärme benötigt. 12 Derzeit werden diese Anlagen meist in Kombination mit Fernwärme oder Kraft-Wärme-KälteKopplungen eingesetzt. Es sind Produkte im Bereich von 200 - 5.000 kW Kälteleistung verfügbar, jedoch nur sehr wenige in kleinen Leistungsbereichen (<100 kW). Die spezifischen Kosten dieser Anlagen belaufen sich auf rund 250 €/kW (ohne Rückkühlsytem). Es werden vorwiegend 2 Stoffpaare in Absorptionskältemaschinen eingesetzt: · · Wasser / Lithiumbromid: Temperaturbereiche über 5°C Ammoniak / Wasser: Temperaturbereiche bis -60°C Für die Anwendung von Absorptionsmaschinen sind Antriebstemperaturen von mindestens 70°C gefordert. Adsorptionsmaschinen Adsorptionskälteanlagen arbeiten mit festen Sorptionsmedien. Meist wird Silikagel als Adsorptionsmittel und Wasser als Arbeitsstoff eingesetzt. Am Markt sind derzeit Kälteleistungen von 50 - 400 kW verfügbar, die spezifische Investitionskosten von 500 700 €/kW (ohne Rückkühlung) aufweisen. Für einen sinnvollen Betrieb ist eine Antriebstemperatur von mindestens 55°C erforderlich. Es sind Kaltwassertemperaturen von 3°C erreichbar. 13 6.2.2 Einsatz von Wärmepumpen zur Abwärmenutzung Eine Wärmepumpe kann Wärmeenergie niedrigen Temperaturniveaus (z.B. Abwärme) durch Zufuhr höherwertiger Energie auf ein nutzbares Temperaturniveau bringen. In Industrie und Gewerbe fallen oft große Mengen an Abwärme an, die als Wärmequelle, sowohl betriebsintern, als auch extern (z.B. in Fernwärmenetzen) genutzt werden können. Für unterschiedliche Temperaturen bzw. für geforderte Temperaturdifferenzen müssen Wärmepumpen individuell für die jeweiligen Einsatzgebiete ausgelegt werden. Für einen wirtschaftlichen Betrieb bei vertretbaren Leistungszahlen wird eine maximale Temperaturdifferenz von 55 °C als Obergrenze festgelegt. Eine Absenkung der Abwassertemperaturen zur Nutzung in einer Wärmepumpe stellt keine sinnvolle Lösung dar. Vorteilhafter ist eine stufenweise, den jeweiligen Abwassertemperaturen angepasste Wärmenutzung für unterschiedliche Prozesse. Weiters ist zu beachten, dass eine direkte Kombination von Wärmequelle und Wärmesenke eine sehr effiziente Lösung darstellen kann. Beispiele dafür sind z.B. gleichzeitige Kühl- und Heizprozesse oder Kühl- und Trockenprozesse. Am Markt werden derzeit Anlagen mit thermischen Leistungen im Bereich von 100 kWth bis ca. 1.500 kWth (ein Hersteller bis ca. 34 MWth) angeboten. Das erreichbare Temperaturniveau, derzeit verfügbarer industrieller Wärmepumpen, liegt im einstufigen Betrieb bei ca. 65°C bis 75°C und bei ca. 80 °C im zweistufigen Betrieb (Reihenschaltung von 2 Wärmepumpenanlagen). Es sind Beispielanlagen verfügbar, die in der Lage sind, bis ca. 90 °C bei thermischen Leistungen von bis zu 300 kWth zu produzieren. Diese Anlagen sind jedoch Sonderanfertigungen mit sehr hohen Investitionskosten. 14 Abbildung 7: Investitionskosten von Großwärmepumpen (Quelle: Lambauer, Universität Stuttgart) 6.3 Stromerzeugung aus Abwärme Bei Vorliegen von Abwärme mit großen Massenströmen und hohen Temperaturen kann eine Stromerzeugung eine ökologisch und wirtschaftlich attraktive Lösung darstellen. Zur Generierung von Elektrizität aus Abwärme wird meist der Rankine - Kreisprozess, Grundlage für Dampfturbinenprozesse, herangezogen. Da der Dampfturbinenprozess (Arbeitsmittel Wasser) nur unter bestimmten Bedingungen einsetzbar ist, wurde ein ähnlicher Prozess mit organischen Arbeitsmitteln entwickelt. Dieser sogenannte Organic Rankine Cycle (ORC - Prozess) lässt sich, bei Vorliegen von Abwärme als Wärmequelle, in der Regel besser anwenden. Eine weitere Technologie zur Stromerzeugung aus Abwärme ist der Stirlingmotor, der in bestimmten Anwendungsbereichen Vorteile aufweist. 6.3.1 ORC (Organic Rankine Cycle) Diese Technologie basiert auf dem Dampfturbinenprozess. An Stelle von Wasser wird beim ORCProzess eine organische Flüssigkeit (Kohlenwasserstoffe wie Iso-Pentan, Iso-Oktan, Toluol, oder Silikonöl) eingesetzt. Aufgrund der Stoffeigenschaften der verwendeten Medien ist es möglich, diesen Prozess niedrigeren Temperaturen anzupassen. Funktionsprinzip Die in einem industriellen Prozess anfallende Abwärme wird an den ORC - Prozess übertragen. Dies erfolgt mittels Wärmeüberträger (Verdampfer), in dem das eingesetzte organische Arbeitsmedium verdampft. Der Dampf gelangt in eine langsam rotierende Axialturbine, in der er unter Entspannung mechanische Arbeit leistet. 15 Durch eine direkte Kopplung der Turbine an den Generator (kein Zwischengetriebe erforderlich) wird elektrische Energie erzeugt. Die bei der anschließenden Kondensation entstehende Wärme kann (bei Vorhandensein des notwendigen Temperaturniveaus) als Prozess- bzw. Fernwärme genutzt werden. Über eine Speisepumpe wird das Kondensat schließlich wieder auf Betriebsdruck gebracht und dem Verdampfer zugeführt. Abbildung 8: Schema eines ORC-Prozesses (Quelle: GMK GmbH) 1 Motor-BHKW 2 Kraftstofftanks 3 Abgaswärmetauscher 4 Thermalölkreislauf/Primärkreislauf 5 Thermalölpumpe 6 Vorwärmer-Verdampfer-Einheit 7 Frischdampfleitung/Sekundärkreislauf 8 ORC-Turbine 9 Generator 10 Kondensator 11 Kondensat-Speisepumpe 12 Kühlkreislauf Einsatzgebiete und Einsatzgrenzen Der ORC - Prozess wird derzeit überwiegend für die Stromerzeugung aus Festbrennstoffen und Geothermie genutzt. Zur Nutzung von Abwärme in einem ORC - Prozess sind folgende Temperatur - Untergrenzen zu beachten: · · · Kondensierende Medien: 120°C Flüssige Medien: 100°C Gasförmige Medien: 300°C Für die Abwärmenutzung sind Anlagen zwischen ca. 50 kW und 2 - 3 MW elektrischer Leistung als Obergrenze verfügbar. Die elektrischen Wirkungsgrade dieser Anlagen befinden sich im Bereich von 10 - 20 % (abhängig von den Temperaturdifferenzen). 16 Kosten Investitionskosten: Die spezifischen Investitionskosten von ORC - Anlagen steigen mit sinkender Anlagengröße deutlich. Die Wärmetauscherflächen von Verdampfer und Kondensator sind bei gegebener elektrischer Leistung stark von der Abwärmetemperatur abhängig. Die vorliegende Temperaturdifferenz steht somit im Verhältnis zu den Wärmetauscherkosten und zum Wirkungsgrad der Anlage. Betriebskosten: Aufgrund eines geschlossenen Kreislaufs mit geringen Verlusten des Arbeitsmediums treten geringe Betriebskosten auf. Weiters fallen nur moderate Kosten für Verbrauchsmittel (Schmiermittel, etc.) und Instandhaltung an. 6.3.2 Stirlingmotor Der Stirlingmotor ist eine Wärmekraftmaschine, welche mechanische Arbeit verrichtet, indem Wärme mit höherer Temperatur zugeführt wird und an einer anderen Stelle Wärme mit tieferer Temperatur abgeführt wird. Die abgegebene mechanische Arbeit kann entweder direkt verwendet (Pumpen oder andere mechanische Antriebe) oder mittels Generator in elektrische Energie umgewandelt werden. Funktionsprinzip Das Arbeitsgas wird in einem abgeschlossenen Bereich durch äußere Wärmezufuhr erwärmt, wodurch eine Ausdehnung auftritt. In einem anderen Bereich wird das Arbeitsgas durch äußere Wärmeabfuhr gekühlt, was zu einer Verringerung des Volumens führt. Der in einem Stirlingmotor verwendete Verdrängerkolben (Regenerator) hat die Aufgabe, je nach Arbeitstakt in den unterschiedlichen Bereichen dem Arbeitsgas Wärme zu entziehen bzw. abzugeben, was eine Volumenänderung des Arbeitsgases bewirkt. Diese Abfolge von Kühlung und Erhitzung des Arbeitsgases führt zur Bewegung des Kolbens, der somit mechanische Arbeit leistet. Einsatz des Stirlingmotors Die Schwerpunkte der Entwicklungsarbeiten liegen derzeit in den USA, Japan und Deutschland. Anwendungsbereiche mit bereits vorhandenen Serienmodellen, sind Schiffsantriebe mit Leistungen bis 250 kW und Raumfahrt mit Leistungen bis 5 kW. Für den Generatorbetrieb liegen bereits Vorserienmodelle vor, welche vor allem im militärischen Bereich Einsatz finden. Diese Anwendungen arbeiten in Temperaturbereichen von 650 - 1.000°C bei Wärmezufuhr und 35 - 50°C bei Wärmeabfuhr. Hier ist zu erwähnen, dass die Wärmezufuhrtemperatur bei der Abwärmenutzung weit unter den oben angegebenen Temperaturen liegt und somit der thermische Wirkungsgrad erheblich sinkt. Dies ist der Grund, dass die Abwärmenutzung mittels Stirlingmotor aus technischer Sicht sinnvoll wäre, jedoch aus ökonomischer Sicht meist nicht durchgeführt werden kann. 17 7 Checkliste zur Abwärmenutzung Die Entwicklung von Abwärmenutzungsprojekten bedarf einer klaren Struktur, um Abwärmequellen und Verbraucher möglichst effizient miteinander kombinieren zu können. Folgende Punkte sollen einen Überblick über die Vorgangsweise geben. Die Verwendung eines Lageplanes über den betrachteten Standort ermöglicht es, die identifizierten Abwärmequellen/Senken örtlich zu erfassen und die Entfernungen ermitteln zu können. 1. Identifizierung von Abwärmequellen Um alle relevanten Abwärmequellen eines Unternehmens zu erfassen, ist es notwendig, die einzelnen Produktionsverfahren genauer zu betrachten. Nutzbare Abwärmequellen sind u.a.: Abluft aus Prozessen oder Fertigungsbereichen; Abwasser aus Prozessen; Abgase aus Kesselanlagen und anderen Verbrennungsvorgängen; Kühlwasser aus Produktionsverfahren, Kälteanlagen oder Druckluftkompressoren Folgende Kenngrößen sind für jede identifizierte Abwärmequelle zu erheben: · · · · · · · 18 Abwärmemedium (gasförmiges, flüssiges oder festes Medium) Temperaturen [°C] Massenstrom bzw. Volumenstrom [kg/h] bzw. [Nm³/h] Mechanische und chemische Verunreinigungen Spezifische Wärmekapazität [kJ/(kgK)] Betriebszeiten [h/a] Leistungen laut Typenschild [kW] 2. Identifizierung von geeigneten Verbrauchern Typische firmeninterne Wärmesenken sind: Raumheizung, Warmwasserbereitung, Prozesswärmebereitung, Trocknungsprozesse. Zu Wärmesenken können im weiteren Sinne auch Kälteversorgungen oder eine Stromerzeugung gezählt werden. Technologien wie die Adsorptions- bzw. Absorptionskältemaschine ermöglichen es, aus Abwärme Kälte bereit zu stellen. Es ist daher auch wichtig, Kennzahlen über die bereits vorliegende Kältebereitstellung zu erheben. Eine Stromerzeugung aus Abwärme kann z.B. mit der ORC-Technologie erfolgen. Wärmepumpen können zur Erreichung des von einer Wärmesenke geforderten Temperaturniveaus herangezogen werden. Ist eine firmeninterne Nutzung von Abwärme nicht möglich, kann eine Ausspeisung der Wärmeenergie in ein Nahbzw. Fernwärmenetz angedacht werden. Für ein solches Projekt müssen jedoch eine Reihe von Voraussetzungen (z.B. entsprechende Abnehmerstruktur, Finanzierung, usw.) erfüllt werden. Folgende Kenngrößen sind für jede identifizierte Wärmesenke zu erheben: · · · · · · · · Wärmesenkenmedium (gasförmiges, flüssiges oder festes Medium) Temperaturen [°C] Massenstrom bzw. Volumenstrom [kg/h][Nm³/h] Verunreinigungen beachten Spezifische Wärmekapazität des Mediums [kJ/(kgK)] Betriebszeiten [h/a] Bedarfsprofil Leistungen laut Typenschild [kW] 19 3. Ermittlung der Wärmeleistungen bzw. jährlichen Wärmemengen Anhand der erhobenen Kenngrößen lassen sich Wärmeleistungen [z.B. kW] für die relevanten Abwärmequellen und Wärmesenken ermitteln. Mit den Betriebszeiten pro Jahr [h/a] und den Kontinuitätseigenschaften einer Abwärmequelle können Abwärmemengen [z.B. kWh/a] ermittelt werden. Für die Erfassung der benötigten Wärmemengen von Wärmesenken können entweder Brennstoff- bzw. Stromabrechnungen der letzten Perioden herangezogen werden oder über jährliche Betriebsstunden [h/a] und den jeweiligen Bedarfsprofilen bestimmt werden. 4. Kombination von Abwärmequellen mit Wärmesenken Die Auswahl einer optimalen Abwärmenutzungstechnologie ist Voraussetzung für eine zweckmäßige Wärmerückgewinnung. Entsprechend der erhobenen Energiekenngrößen der Abwärmequellen und der Wärmesenken lässt sich eine mögliche Kombination feststellen. Weiters müssen die örtlichen Entfernungen bzw. Gegebenheiten eines sogenannten Wärmerückgewinnungssystems beurteilt werden. Um eine Aussage über die Gleichzeitigkeit einer Wärmerückgewinnungskombination zu erhalten, sind die Betriebsstunden, die Kontinuität der Abwärmequelle und das Bedarfsprofil der Wärmesenke zu betrachten. Wurde eine mögliche Kombination identifiziert, müssen folgende Punkte überprüft werden: · Temperaturniveau · Wärmeleistung · Energiemenge · Gleichzeitigkeit · Entfernung [m] 20 Abwärmequelle Wärmesenke Ergebnis … [°C] … [kW] … [kWh/a] … [°C] … [kW] … [kWh/a] OK OK OK OK OK 8 Best Practice Beispiele Die hier angeführten Beispiele sollen zeigen, wie Abwärme in konkreten Projekten bereits genutzt wird bzw. genutzt werden kann. Nahrungsmittel- und Genussmittelproduktion Der Betrieb: Ein Unternehmen aus der Branche Nahrungs- und Genussmittelproduktion gibt derzeit am Standort Wien ungenutzte Wärme in Form von Abgasen an die Umgebung ab. Der Betrieb läuft im Durchschnitt 5 Tage pro Woche im 2- bzw. teilweise im 3Schichtbetrieb. Ausgangsituation: Die Abgase eines Produktionsprozesses gelangen in eine thermische Nachverbrennung, in der unverbrannter Kohlenstoff und Luftschadstoffe verbrannt werden. Die Abgase dieser Nachverbrennung gelangen in einen Kamin und werden in die Umgebung nahezu ungenutzt abgegeben. Ein geringer Teil des Abgases wird zur Vorwärmung des Rohproduktes verwendet. Maßnahme(n): Die Abwärme des Unternehmens könnte per Nahwärmenetz zu umliegenden Verbrauchern transportiert und dort zur Deckung des Heizwärmebedarfs bzw. zur Bereitstellung von Warmwasser genutzt werden. Dieses Nahwärmenetz müsste jedoch erst verwirklicht werden. Das Unternehmen kann für das Nahwärmenetz als Hauptwärmequelle dienen, indem die Abwärmenutzung während den Betriebszeiten für Wärmebereitstellung sorgt. Einbau von Abgas/Wasser - Wärmetauschern in die Abgasstränge der einzelnen Prozesse. Das Abgas der einzelnen Prozesse wird dadurch auf 120°C abgekühlt. Anschließend erfolgt eine Zusammenführung der Wasserströme, um die Wärme an einem zentralen Wärmetauscher in das Nahwärmenetz auszukoppeln. 21 A b g as 320 °C 6 .000 N m ³/h A b g as A b g as A blu ft Abbildung 9: Schema Abwärmenutzung Nahrungsmittel- und Genussmittelproduktion 300 °C 4 .0 0 0 N m ³/h 300 °C 4 .000 N m ³/h ca . 900 kW E rd g a s + L uf t R o h p ro d u kt Prozess 3 vorgewärmte Luft R o h pro d u kt Vorwärmung Fe rtig p r o du k t 100 k W Prozess 2 E rd g a s + L uf t R o h p ro d u kt E rd g a s + L uf t Prozess 1 Luft R o h p ro d u kt Fe rtig p r o du k t Fe rtig p r o du k t Nahwärmenetz Potential / Ergebnis: Prozess 1 Prozess 2 Prozess 3 Volumenstrom Abgastemperatur Wärmeleistung Wärmemenge 6.000 Nm³/h 4.000 Nm³/h 4.000 Nm³/h 320 °C 300 °C 300 °C 460 kW 276 kW 276 kW 478.400 kWh/a 287.040 kWh/a 287.040 kWh/a 1.012 kW 1.052.480 kWh/a Summe: Abzüglich des bereits installierten Wärmetauschers zur Vorwärmung des Rohproduktes mit einer Leistung von 100 kW ergibt sich ein verfügbares Abwärmepotential von rund 900 kW bzw. 936.000 kWh/a. Für die Auskopplung dieser Wärmeenergie in ein Nahwärmenetz können folgende wirtschaftliche Aspekte angeführt werden: ! 22 Bei einem üblichen Einspeisetarif von 18 €/MWh ergibt sich eine Einsparung von rund 16.800 €/a. Somit würde sich die Investition in der Höhe von ca. 135.000 €, welche das firmeninterne Wärmetauschersystem bis zur Übergabe an das Nahwärmenetz beinhaltet, in <8 Jahren amortisieren. Henkel Austria Der Betrieb: Die Henkel Central Eastern Europe (CEE) mit Sitz in Wien ist in Österreich Marktführer bei Wasch-/Reinigungsmitteln, den Produkten für Haarkosmetik und im Bereich Adhesive Technologies. Die Produktion läuft an 5 Tagen pro Woche im 3 Schichtbetrieb. Dieses Unternehmen beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter in Österreich. Ausgangsituation: Bei der Herstellung von pulverförmigen Waschmitteln fällt Abwärme an. Dabei wird eine flüssige Lösung in den Dampftrocknungsturm eingebracht. Als Produkt dieses Trocknungsprozesses ergibt sich Waschmittel-Grundpulver. Ein Teilstrom des gesättigten Dampfes wird nach Verlassen des Turmes über eine Kondensationskolonne geführt und abkondensiert. Die Kondensationswärme wird über Wärmetauscher internen Verbrauchern (Gebäudeheizung, Rohstoffheizung) zugeführt. Weiters befinden sich am Standort 3 Druckluftnetze, deren Kompressorabwärme der Warmwasserbereitung dient. Dieses Warmwasser wird firmenintern verwendet. Maßnahme(n): Der Großteil der Kondensationswärme des Trocknungsprozesses (entspricht jener Energiemenge, die nicht für interne Vorwärmungen und Warmwasser benötigt wird) wird über einen Wärmetauscher an die Fernwärme Wien abgegeben. Abbildung 10: Wärmeauskopplung, Fa. Henkel Austria 23 Abbildung 11: Wärmetauscher Fernwärme Wien, Fa. Henkel Austria Potential / Ergebnis: Die Firma Henkel speist somit etwa 19.400 MWh pro Jahr in das Rücklaufsystem des vorliegenden Fernwärmenetzes ein. Der Wärmetauscher hat eine maximale Leistung von 4.000 kW bei einer Temperaturspreizung von 94°C im Vorlauf und 75°C im Rücklauf. Die mit diesem Projekt erzielten CO2 -Emissionseinsparungen belaufen sich auf ca. 2.600 t pro Jahr. Dies gilt für die Annahme, dass die ausgekoppelte Wärmeenergie nicht durch den Wiener Fernwärmepark bereitgestellt werden muss. 24 Vereinigte Eisfabriken Der Betrieb: Die Fa. Vereinigte Eisfabriken in 1220 Wien bietet 2 Kühldienstleistungen an: 1. Der Betrieb bietet Leistungen als Kühl- und Tiefkühllagerhalter dem einschlägigen Gewerbe und der Industrie an, wobei insgesamt ca. 15.000 Palettenplätze zur Verfügung stehen. Die Lagerung wird im Bereich von - 30°C bis + 8°C angeboten. 2. Eisproduktion: Der Betrieb produziert Wassereis unterschiedlicher Formen. Der Standort umfasst inkl. der Führungspersonen 20 Mitarbeiter. Ausgangssituation: Der Standort besteht aus 3 Kühlhallen mit zwei Temperaturniveaus (-21°C und -28°C). Die Kältebereitstellung erfolgt mittels einer Ammoniak - Kältemaschine (Kälteleistung: max 1.600 kW) und einer Freon - Kältemaschine (Kälteleistung: max 200 kW). Die Kälteversorgung erfolgt ganzjährig, wobei es nur einen sehr geringen Einfluss der Außentemperaturen auf die Leistung der Kältemaschinen gibt. Ein geringer Anteil der Abwärme der Freon Kältemaschine wird für eine Fußbodenheizung und die Warmwasserversorgung am Standort eingesetzt. Die restliche Abwärme (ca. 60°C) wird über Dach durch das Rückkühlsystem abgeführt. In der Zufahrtsstraße des Standortes befindet sich ein Sekundärnetz der Fernwärme Wien, wodurch eine Einspeisung ins Fernwärmenetz baulich möglich ist. Abbildung 12: Kühlturm - Verdunstungskühlung 25 Maßnahme(n): Eine Temperaturanhebung auf 90°C (Mindesttemperatur im Winter) kann mittels Wärmepumpe erfolgen, die zugleich die Übergabestation in das Fernwärmenetz darstellt. Abbildung 13: Schema Wärmepumpeneinbindung zur Fernwärmeauskopplung Fa. Vereinigte Eisfabriken Potential / Ergebnis: Abwärme der Kältemaschinen mittels Wärmepumpe auf höhere Temperatur transformiert. Abgegebene Wärmeleistung max 1.565 kW Abgegebene Wärmemenge ca. 13.412.000 kWh/a Eine Wärmepumpe mit einem COP von 3,56 würde eine Wärmeleistung von maximal 1.565 MWth abgeben und in das Fernwärmesystem einspeisen. Für die Berechnung der jährlichen Einsparungen muss die aufgewendete Elektrizitätsmenge berücksichtigt werden. Bei derzeitigen Energiepreisen ergeben sich folgende wirtschaftliche Ausblicke: Wärmeauskopplung Strombedarf Einsparung 26 + 241.400 €/a - 207.400 €/a + 34.000 €/a Die Amortisationszeit beträgt < 18 Jahre bei einer Nettoinvestition von ca. € 600.000,-. Es ist zu erwähnen, dass sich bei Änderung der Energiepreise die wirtschaftlichen Bedingungen sehr rasch ändern können. Weiters ist festzuhalten, dass diese Art der Wärmepumpe aufgrund der hohen Temperaturen von max. 90°C eine individuell geplante Anlage ist. Dies führt unweigerlich zu hohen Investitionskosten und somit zu relativ langen Amortisationszeiten. Aufgrund intensiver Forschungstätigkeiten in diesem Bereich dürften sich jedoch die Kosten in einigen Jahren verringern. Ein Vorteil dieses Projektes läge darin, dass das gesamte Jahr über eine sehr konstante Wärmeleistung an das Fernwärmenetz abgeben werden würde. Es würden sich bei einer Umsetzung dieses Projektes CO2 - Emissionseinsparungen von rund 1.150 Tonnen pro Jahr ergeben. Dies gilt für die Annahme, dass die eingespeiste Wärmemenge nicht durch den Wiener Fernwärmepark bereitgestellt werden muss und die von der Wärmepumpe aufgewendete Elektrizität berücksichtigt wird. 27 SWR Der Betrieb: Die Fa. Serviceeinheit Wäsche und Reinigung ist eine Wäscherei, die dem Wiener Krankenanstaltenverbund angehört. Es sind derzeit 200 Mitarbeiter angestellt. Die Betriebszeiten sind von 06:30 - 14:30 Uhr 5 Tage die Woche. Insgesamt fallen im Krankenanstaltenverbund rund 55 Tonnen Wäsche pro Tag an. An diesem Standort wird davon im Schnitt eine Wäschemenge von etwa 28 Tonnen pro Tag gereinigt. Abbildung 14: Trockner Fa. SWR Ausgangssituation: Es wird Dampf mit der Temperatur von 220°C vom Kraftwerk Flötzersteig bezogen. Dieser Dampf wird bis zur Kondensation genutzt. Das von der Serviceeinheit Wäsche und Reinigung ungenutzte Kondensat wird zum Kraftwerk rückgeführt und finanziell rückvergütet. Potential / Ergebnis: In einem Sammelbecken werden alle warmen Abwässer der Wäscherei (Ø 60°C) zusammengeführt, welche zur Erwärmung des enthärteten Frischwassers durch einen speziellen Abwasserwärmetauscher genutzt werden. Dieser Wärmetauscher wird wechselseitig betrieben, um einer Verstopfung durch Flusen entgegen zu wirken. Die Temperatur des Frischwassers für die Waschstrassen (rund 35m³/h) beträgt nach dem Wärmetauscher bis zu 40°C. Das als Wärmequelle dienende Abwasser weist nach dem Wärmetauscher ca. 33°C auf. Das Abwasser wird anschließend in das Kanalsystem abgegeben. Durch den Einbau des Wärmetauschers ergibt sich eine Einsparung von 1.700 MWh Dampf pro Jahr. Dies entspricht einer jährlichen Einsparung von 24.000 €. Die Investitionskosten dieser Anlage beliefen sich auf etwa 10.000 €. Somit können jährlich 226 t CO2 eingespart werden. 28 Abbildung 15: Abwasser - Wärmerückgewinnung Fa. SWR Der Abwasseranfall beträgt derzeit ca. 70.000 m³ pro Jahr. Durch interne Einsparmaßnahmen im Wassermanagement konnte dieser in den vergangenen Jahren erheblich reduziert werden (zum Vergleich: 104.000 m³ im Jahr 2002). Abwärme, welche durch Trockner-, Mangel- und Finisherabluft und Kompressoren entsteht, wird derzeit nicht genutzt. Eine zusätzliche firmeninterne Nutzung von Abwärme ist nicht möglich, da das nötige Temperaturniveau für die Reinigungsprozesse nur mit Dampf erreicht werden kann. 29 Trünkel Der Betrieb: Die Firma Trünkel ist Hersteller von verschiedensten Arten von Wurst. Am Standort 1030 Wien werden wöchentlich 50 t Fleisch verarbeitet. Dabei sind derzeit etwa 90 Personen beschäftigt. Der Betrieb läuft 5 Tage pro Woche im Schichtbetrieb. Ausgangssituation: Aufgrund der Fleischverarbeitung im Betrieb müssen alle Bereiche, in denen Fleisch verarbeitet wird, gekühlt werden. Die Temperatur in diesen Bereichen beträgt 12°C. Lagerbereiche für Fleisch und Wurst werden auf 0°C gekühlt. Für die längerfristige Lagerung von Fleisch und Wurst sind Kühlräume mit Temperaturen von -18°C vorhanden. Die dafür notwendige Kälte wird von einer Verbundkälteanlage bereit gestellt. Am Standort ist eine Kälteanlage mit 375 kW Kälteleistung installiert. Maßnahme(n): Nutzung der Abwärme der Verbundkälteanlage Abbildung 16: Abwärmenutzung der Verbundkälteanlage bei Trünkel Ges.m.b.H. 30 Abbildung 17: Wärmetauscher der Verbundkälteanlage bei Trünkel Ges.m.b.H. Potential / Ergebnis: Ein Teil der dabei anfallenden Abwärme wird über einen Wärmetauscher geführt. Dieser Wärmetauscher wärmt das benötigte Warmwasser auf 40°C auf. Der restliche Anteil der Abwärme der Kältemaschinen wird über Kondensationskühler abgegeben. Die Leistung des Wärmetauschers und die eingesparte Wärmemenge sind in folgender Tabelle angeführt: Wärmetauscher Leistung 40 kW Wärmemenge 217.700 kWh/a Durch dieses Projekt können rund 21.770 m3 Erdgas eingespart werden. Dies entspricht bei einem Erdgaspreis von 40 € / MWh einer jährlichen Einsparung von 8.500 €. Die dafür erforderlichen Investitionen beliefen sich auf 12.000 €. Damit amortisierte sich diese Investition innerhalb von 2 Jahren. Durch dieses Projekt können jährlich 44 t CO2 eingespart werden. 31 General Motors Der Betrieb: General Motors produziert im Betrieb in Aspern Motoren und Getriebe. Im Betrieb werden pro Minute 4 Getriebe und 2 Motoren produziert. Der Betrieb läuft 5 Tage pro Woche im Dreischichtbetrieb. Am Standort Wien-Aspern sind derzeit 1.800 Mitarbeiter beschäftigt. Abbildung 18 General Motors Powertrain Austria GmbH Wien Aspern Ausgangssituation: Der Betrieb weist einen hohen Verbrauch an Druckluft auf. Im durchschnittlichen Betrieb werden etwa 19.000 Nm3/h Druckluft benötigt. Derzeit befinden sich am Standort 8 Kompressoren. Diese Kompressoren werden mittels Kühlkreislauf gekühlt. Für den Testbetrieb der Motoren werden jährlich durchschnittlich 6.250 MWh an Wärme benötigt. Derzeit ist keine Abwärmenutzung der Kompressoren vorgesehen. Aufgrund fortgeschrittenen Alters der derzeit verwendeten Kompressoren ist die Nachrüstung einer Wärmerückgewinnung nicht möglich. Maßnahme(n): Austausch von zwei bestehenden Kompressoren durch neue Kompressoren mit Wärmerückgewinnung 32 Abbildung 19: Schema der Abwärmenutzung von Kompressoren bei General Motors Wien Potential / Ergebnis: Die Abwärme der Kompressoren wird firmenintern für die Motorenvorwärmung genutzt. Die Kompressoren weisen Abwärmetemperaturen von 85°C auf. Zusätzlich zur Nutzung der Abwärme von den Kompressoren ergibt sich, durch eine Verbesserung des Wirkungsgrades, eine Einsparung an elektrischer Energie. Diese Einsparung beträgt jährlich etwa 42.000 €. Die Abwärmeleistung und die jährliche eingesparte Wärmemenge ist in folgender Tabelle dargestellt: Abwärme Kompressoren Leistung 812 kW Wärmemenge 4.457.880 kWh/a Es würden durch dieses Projekt rund 592 t CO2 pro Jahr für Wärmeenergie eingespart werden. Weiters ergeben sich Einsparungen von etwa 108 t CO2 für die Stromeinsparung. Diese Maßnahme würde bei Berücksichtigung der elektrischen und thermischen Energie Einsparungen von rund 200.000 € pro Jahr bewirken. Die Investitionskosten dieser Maßnahme belaufen sich auf etwa 800.000 €. Die statische Amortisationszeit dieser Maßnahme beträgt etwa 4 Jahre. 33 Kläranlage Blumental Ausgangssituation: Die anfallenden Abwassermengen des Liesingtal Sammelkanals werden seit 2006 in die Hauptkläranlage Wien in Simmering abgeleitet und dort gereinigt. Ein neues Gebäude wurde direkt über diesem Sammelkanal errichtet. Dies sind gute Voraussetzungen für die Nutzung der Wärmeenergie des Abwassers zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes. Maßnahme(n): Es wurde ein neuer Kanal gebaut, in dem ein Abwasserwärmetauscher integriert wurde. Dieser Wärmetauscher entzieht dem Abwasserstrom Wärme, die mittels Wärmepumpe zur Wärmeversorgung des Betriebsgebäudes verwendet wird. Damit können etwa 75-90% des jährlichen Wärmebedarfs dieses Gebäudes (Nettonutzfläche: 4.900 m²) gedeckt werden. Die Beheizung des Gebäudes erfolgt auf Basis eines Niedertemperatursystems (Decken- und Fußbodenheizungen). Aufgrund schwankender Abwassermengen und Temperaturen ist am Standort eine zusätzliche Wärmeversorgung mittels Fernwärme integriert. Abbildung 20: Wärmepumpe Potential / Ergebnis: Der verwendete Wärmetauscher garantiert eine Abwärmeleistung von 95 kW bei einer ausgeführten Länge von 30 Metern. Die durchschnittliche Abwassermenge des Kanals beträgt 600 l/s Die dafür verwendete Wärmepumpe liefert im Heizbetrieb eine Leistung von 150 kW und im Kühlbetrieb eine Leistung von 160 kW. Die Inbetriebnahme dieses Systems erfolgte im Jahr 2005. 34 Es ergibt sich eine jährliche Energieeinsparung von etwa 267.000 kWh/a. Anhand dieses Projektes können jährlich etwa 47.000 kg CO2 eingespart werden. Derzeit befindet sich diese Anlage noch im Versuchsstadium. Weitere Projekte für eine Nutzung des Abwassers aus Abwasserkanälen sind derzeit nicht geplant. Ein weiteres Objekt würde sich nach Angaben der MA30 für ein ähnliches System eignen, jedoch ist eine Umsetzung derzeit nicht angedacht. Es muss berücksichtigt werden, dass die Implementierung lediglich bei Umbaumaßnahmen erfolgen kann und ausschließlich bei abwasserreichen Sammelkanälen sinnvoll anwendbar ist. Weiters muss für die Realisierung eines solchen Systems ein Wärmeabnehmer am Standort verfügbar sein. 35 Herz-Armaturen GmbH Der Betrieb: Die HERZ Armaturen Ges.m.b.H. mit fast 1.500 Mitarbeitern im In- und Ausland ist der einzige österreichische und einer der bedeutendsten europäischen Hersteller von Heizungsund Rohrarmaturen. Jahrzehntelange Erfahrung sowie Spezialisierung auf dem Gebiet der Heiz- und Regeltechnik bieten die Basis für die Entwicklung innovativer Produkte mit gelungenen Lösungen in Form und Ästhetik. Durch ständige Expansion und Akquisitionen wurde HERZ Armaturen in den letzten Jahren zu einem Systemanbieter und entwickelt maßgeschneiderte Konzepte für den energie- und heizkostensparenden Einsatz von Regelarmaturen. Das Werk in 1230 Wien ist der kleinste Standort in Österreich mit etwa 50 Mitarbeitern und etwa 12 ha Betriebsgebiet. International existieren 7 Fertigungswerke, davon 4 in Österreich. Der Standort ist sehr flexibel gestaltet, wodurch sowohl eine Serienfertigung als auch eine Einzelfertigung von Teilen durchgeführt werden kann. Die Arbeitszeiten sind in einem 2Schichtsystem 5 Tage/Woche geregelt. Ausgangssituation: Die Gießerei besteht aus einem Hauptschmelzofen und drei Prozessöfen. Diese Öfen werden mit Schmelztemperaturen von 900 - 1.050°C betrieben. Die Abluft dieser Öfen wird über Essen in einen Hauptkanal abgesaugt, gefiltert und über Dach abgeblasen. Der Abluftvolumenstrom beträgt rund 30.000 Nm³/h bei etwa 60°C, welcher während der Produktionszeiten (4.160 h/a) anfällt. Der interne Wärmebedarf des Standortes wird durch 4 Gaskessel bzw. 2 Pelletskessel bereitgestellt. Diese können jedoch nicht durch Wärmerückgewinnung substituiert werden, da diese als Versuchsöfen betrieben werden. Für die Druckluftbereitstellung sorgen 2 Kompressoren mit der Leistung von jeweils 75 kW, die derzeit keiner Abwärmenutzung unterliegen. Maßnahme(n): Einbau eines Abgas/Wasser - Wärmetauschers in den Hauptkanal (nach dem Filter). Das Abgas wird dadurch auf ca. 50°C abgekühlt. Das Heizwasser kann durch einen Nahwärmekreislauf zu einem benachbarten Produktionsbetrieb transportiert und dort zur Warmwasser- und Raumwärmebereitstellung verwendet werden. Die Heizlast des Wärmeabnehmers beträgt 100kW. 36 Abbildung 21: Schema Abwärmenutzung Fa. Herz Armaturen Nahwärmekreislauf Firmeninternes Heizsystem Umgebung Abgaswärmetauscher Filter A bgas A bgas Prozessofen 2 Prozessofen 3 St rom Prozessofen 1 St rom Er dg a s + L u ft Hauptschmelzofen St rom A bgas A bg a s ca . 6 0 °C 3 0 .000 N m³ /h Potential / Ergebnis: Die rückgewinnbare Wärmemenge entspricht 10% des Gesamtenergieverbrauches dieses Standortes. Abluftstrom Wärmeleistung 88,1 kW Wärmemenge 366.700 kWh/a Während der Stillstandzeit der Produktion und für eventuelle Spitzenlastabdeckungen könnten die vorhandenen Heizkessel des firmeninternen Heizsystems der Fa. Herz die Versorgungssicherheit des Wärmeabnehmers gewährleisten. Unter Berücksichtigung des zusätzlich aufzuwendenden Brennstoffes ergibt sich eine Einsparung von rund 12.600 €/a. Diese Einsparung berechnet sich unter der Annahme, dass die abgegebene Wärmeenergie aus 88% Abwärme und 12% Erdgas bereitgestellt wird. Die Vergütung durch den Wärmeabnehmer wurde mit 35 €/MWh festgelegt. Die Investitionskosten belaufen sich auf ca. 136.000 €, wobei das firmeninterne Abwärmenutzungssystem und der Nahwärmekreislauf inkl. Wärmetauscher beim Abnehmer berücksichtigt ist. Dies ergibt eine Amortisationszeit von <11 Jahren. Diese Abwärmenutzung würde eine CO 2 - Einsparung von rund 74.000 t pro Jahr bewirken. 37 MAN Nutzfahrzeuge Österreich AG Der Betrieb: Die Fa. MAN Nutzfahrzeuge Österreich AG stellt am Standort Wien-Liesing Spezialfahrzeuge auf Basis von Großserien-Bauteilen, z.B. Schwerlastzugmaschinen mit bis zu 250 Tonnen Gesamtzuggewicht und Fahrgestelle für den Militäreinsatz mit bis zu 4 Achsen und 600 PS Leistung her. Die Betriebszeiten laufen üblicherweise 5 Tage die Woche im 2-Schichtsystem. Ausgangssituation: Es gibt 2 Lackieranlagen die hauptsächlich im Betrieb sind (2-Schicht-Betrieb), wobei in einer Spritzkabine mit und in einer ohne wasserlösliche Lacke gearbeitet wird. Die Abluft der beiden Spritzkabinen wird gleich behandelt. Die Trocknung in den Hauptlackieranlagen erfolgt in Trockenkabinen bei ca. 90°C, welche ausschließlich durch Fernwärme gewährleistet wird. Ein Abwärmepotential liegt bei der thermischen Nachverbrennung vor: Mit der thermischen Nachverbrennung werden Lösemitteldämpfe, welche aus den Lackieranlagen bzw. Trocknungsräumen abgesaugt werden, verbrannt. Das Abgas der Nachverbrennung wird anschließend durch einen Wärmetauscher, der auf der Sekundärseite die Zuluft zu den Adsorptionsrotoren (für die Austreibung der Lösemitteldämpfe) erwärmt, geringfügig abgekühlt. Nach diesem Wärmetauscher wird das Abgas über Dach an die Umgebung abgeblasen. Laut einer Prüfmessung wurden am Auslass ins Freie 336°C bei einem Volumenstrom von 7.100 Nm³/h gemessen. Die Abluft aus den Spritzkabinen und jene aus den Adsorptionsrotoren wird zur Vorwärmung der zugeführten Frischluft für die Lackierkabinen (22°C) durch ein Wärmerad genutzt. Abbildung 22: Thermische Nachverbrennung Fa. MAN Nutzfahrzeuge 38 Maßnahme(n): Das Abgas der thermischen Nachverbrennung kann per Abgas/Wasser - Wärmetauscher auf 120°C abgekühlt werden Die Abwärme kann direkt über die am Rande des Werkgeländes gelegene Fernwärmeheizzentrale in das Fernwärmenetz eingespeist werden Würde nur ein Teil des Abgasstromes zur Erwärmung der Adsorptionsrotoren - Zuluft verwendet werden, so wäre ein restlicher Teilstrom mit höherer Temperatur (rund 420°C) zur Verfügung, der für spezielle Anwendungen im Unternehmen herangezogen werden könnte Potential / Ergebnis: Es wird hier die Variante der Auskopplung von Wärme in das Fernwärmenetz betrachtet, bei der das Abgas eine Temperatur von 336°C aufweist und vor Abgabe in die Umgebung auf 120°C abgekühlt wird. Abwärme Thermische Nachverbrennung Wärmeleistung Wärmemenge 588 kW 2.353.872 kWh/a 39 Abbildung 23: Schema Abwärmenutzung thermische Nachverbrennung Fa. MAN Nutzfahrzeuge Bei einem aktuellen Einspeisetarif würde die eingespeiste Wärme mit einem Betrag von 42.300 € pro Jahr vergütet werden. Dies würde die Investitionskosten von rund 300.000 € in <7 Jahren amortisieren. Es würden sich bei einer Umsetzung dieses Projektes CO 2 - Emissionseinsparungen von rund 313.000 t pro Jahr ergeben. Die Wirtschaftlichkeit dieser Abwärmenutzung könnte mit einer firmeninternen Nutzung wesentlich gesteigert werden. Es wird jedoch aus strategischen Gründen des Unternehmens eine Auskopplung der Wärmeenergie in das Fernwärmenetz bevorzugt. 40 9 Schlussfolgerungen Abwärme ist ungenutzte Wärme, welche an die Umgebung abgegeben wird. Diese Wärme kann mittels geeigneter Technologien wieder rückgewonnen werden. Technische Lösungen für die Wärmerückgewinnung sind seit Jahrzehnten am Markt vorhanden und reichen von konventionellen Wärmerückgewinnungen mittels Wärmetauscher bis hin zu Wärmerückgewinnungen zur Kälte- und Stromproduktion. Abwärmepotentiale sind in allen Bereichen der Industrie und des Gewerbes vorhanden und werden nur teilweise genutzt. Eine Nutzung dieses Potentials ist in vielen Fällen wirtschaftlich möglich. Für diese Studie wurden zwei Ansätze zur Bestimmung des Abwärmepotentials in Wiener Betrieben verwendet. Einerseits wurde mittels Top Down Ansatz, anhand statistischer Daten und wirtschaftlicher Nutzungsmöglichkeiten das Abwärmepotential ermittelt. Im zweiten Schritt wurde eine Betriebserhebung durchgeführt. Es wurden 20 Betriebe, die 16% des Erdgasverbrauchs der Sachgütererzeugung aufweisen, analysiert und deren Abwärmepotentiale erhoben. Durch Anwendung dieser beiden Methoden wurde, in der Sachgütererzeugung ein nutzbares Abwärmepotential zwischen 2 und 5% erhoben. Dabei sind hohe Abwärmepotentiale in den Branchen Nahrungs- und Genussmittel, Fahrzeugbau, Chemie und Petrochemie sowie Papier und Druck vorhanden. 41 Abbildung 24: Abwärmepotential von Industriebetrieben der Stadt Wien 2-5% Energetischer Endverbrauch Abwärmepotential Zur Erreichung des ermittelten Potentials von 2 bis 5% (52-119 GWh) können die Betriebe anhand der Checkliste zur Abwärmenutzung vorgehen. Dabei sind folgende Schritte von Bedeutung: · Identifizierung von Abwärmequellen · · Identifizierung von Abwärmesenken Ermittlung von Wärmeleistungen bzw. jährlichen Wärmemengen · Kombination von Abwärmequellen mit Wärmesenken Weiters besteht die Möglichkeit der Überprüfung und Umsetzung von Abwärmenutzungsmöglichkeiten durch Experten. Dabei können wertvolle Erkenntnisse über die aktuelle Situation und Verbesserungsmöglichkeiten im Betrieb gewonnen werden. Für diese Überprüfungen bzw. Beratungen stehen finanzielle Förderungsmöglichkeiten für die Betriebe zur Verfügung. 42