Kant. Laboratorium BS Seite 1 von 4 Getreide und Müllereiprodukte / Begasungsmittelrückstände, Fluorid, Deoxynivalenol, Schwermetalle, Radionuklide Gemeinsame Kampagne Basel-Stadt (Schwerpunktslabor) und Basel-Landschaft Anzahl untersuchte Proben: 36 Beanstandungsgründe: beanstandet: 1 Grenzwertüberschreitung bzgl. Blei Ausgangslage Getreide, insbesondere Weizen, Reis und Mais, gehört weltweit zu den Grundnahrungsmitteln und dient in der menschlichen Ernährung als Hauptquelle an Kohlenhydraten sowie als wichtige Proteinquelle. Um eine lückenlose Versorgung zu gewährleisten wird Getreide in riesigen Lagerzellen eingelagert. Bei der Getreidelagerung sowie beim Transport über grössere Distanzen werden Begasungsmittel eingesetzt, um einen Befall mit Vorratsschädlingen wie Käfern oder Motten zu verhindern oder einzudämmen. In der Schweiz wird zur Begasung von konventionellem Getreide Phosphorwasserstoff (Phosphin) eingesetzt. Je nach Herkunftsland ist der Einsatz weiterer Begasungsmittel wie zum Beispiel Sulfurylfluorid oder Methylbromid möglich. Für biologische Erzeugisse dagegen, wo die Anwendung der genannten Stoffe unzulässig ist, ist zur Schädlingsbekämpfung eine zeitaufwändige Begasung mit Kohlendioxid erforderlich. Das Getreide kann auf dem Feld oder im Lagerhaus, insbesondere bei nasswarmer Witterung bzw. Schädigung des Korns (z.B. durch Insekten, Vögel oder Sturm) von Schimmelpilzen wie zum Beispiel den Fusarien-Pilzen befallen werden. Als giftige Stoffwechselprodukte treten u.a. die zu den Mykotoxinen zählenden Trichothecene auf. Unter diesen ist Deoxynivalenol (DON, Vomitoxin) das am häufigsten, in hohen Gehalten nachgewiesene Toxin. Es kann zu Erbrechen und chronischer Schwächung des Immunsystems führen. Schwermetalle sowie Radionuklide aus den natürlichen Uran- und Thoriumzerfallsreihen können sich bei entsprechender Belastung bzw. Beschaffenheit des Ackerbodens in den Pflanzen anreichern. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes wurden deshalb für die Schwermetalle Blei und Cadmium in Getreide und für eine Reihe von natürlichen Nukliden sowie für Cäsiumisotope in Lebensmitteln allgemein Höchstkonzentrationen festgelegt. Untersuchungsziele Ziel der Kampagne war die Überprüfung der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Höchstkonzentrationen für folgende Parameter: • • • • Begasungsmittel (Phosphorwasserstoff, Sulfurylfluorid, Methylbromid) Deoxynivalenol Schwermetalle (Blei, Cadmium) Radionuklide Daneben sollte überprüft werden, ob biologische Erzeugnisse frei von Begasungsmittelrückständen sind. Schliesslich stellte sich auch die Frage, ob sich Getreide mit erhöhtem Fluorid-Gehalt auf dem Markt befindet, was auf eine mögliche Begasung mit Sulfurylfluorid zurückzuführen wäre. Getreide_Müllereiprodukte_2008.doc erstellt: 08.01.2009 15:44:00 Kant. Laboratorium BS Seite 2 von 4 Gesetzliche Grundlagen Die gesetzlichen Höchstkonzentrationen für Begasungsmittelrückstände, Schwermetalle, Mykotoxine und Radionuklide sind in der Fremd- und Inhaltsstoffverordnung (FIV) geregelt. Diese Regelung bezieht sich auf die maximalen Konzentrationen, welche im Lebensmittel zum Zeitpunkt der Abgabe an die Konsumentinnen oder Konsumenten vorhanden sein dürfen. Parameter Lebensmittel Phosphorwasserstoff Getreide Getreideprodukte Getreide Getreideprodukte Getreide Sulfurylfluorid Methylbromid Blei Cadmium Getreide (Körner) Weizenkleie Weizen, Reis (Körner) übriges Getreide (Körner) Deoxynivalenol Hafer, Hartweizen, Mais (unverarbeitet) übriges Getreide (unverarbeitet) übriges Getreide, Kleie Cäsiumnuklide 224 228 234 235 238 Ra, Th, U, U, U 210 210 226 228 230 232 Pb, Po, Ra, Ra, Th, Th, 231 Pa Lebensmittel allgemein Lebensmittel allgemein Lebensmittel allgemein Höchstkonzentration Toleranzwert Grenzwert 0.1 mg/kg 0.01 mg/kg 0.01 mg/kg 0.01 mg/kg 0.01 mg/kg 0.2 mg/kg 0.4 mg/kg 0.2 mg/kg 0.1 mg/kg 1.75 mg/kg 1.25 mg/kg 0.75 mg/kg 10 Bq/kg 1250 Bq/kg 50 Bq/kg 5 Bq/kg Für Fluorid (als Abbauprodukt von Sulfurylfluorid) besteht in der Schweiz noch keine Höchstkonzentration. In der EU wurde die Höchstkonzentration für Fluorid in Getreide auf die analytische Bestimmungsgrenze von 2 mg/kg festgelegt. Probenbeschreibung Gesamthaft wurden 36 Proben Getreide und Müllereiprodukte erhoben. Davon wurden 14 Proben als unverarbeitetes Getreide direkt in Getreidelagern erhoben. Weitere 22 Proben, sowohl unverarbeitetes als auch verarbeitetes Getreide, stammten aus dem Detailhandel (17) sowie aus einem Müllereibetrieb (Fünf). Die Erhebungsorte verteilten sich je hälftig auf die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Bei acht Proben (Kleie drei, Mais zwei, Reis zwei, Weizen eine) handelte es sich um Bio-Produkte. Probenart Anzahl Proben Mehl (Normalmehl und diverse Spezialmehle) Weizen (diverse Sorten) Reis (diverse Sorten) Mais u. Maisgriess Kleie (Weizen u. Hafer) Hafer Hirse Gerste Roggen Sojaschrot Sorghum 8 8 6 4 3 2 1 1 1 1 1 Total 36 Getreide_Müllereiprodukte_2008.doc erstellt: 08.01.2009 15:44:00 Kant. Laboratorium BS Seite 3 von 4 Prüfverfahren Begasungsmittelrückstände: Rückstände von Phosphorwasserstoff, Sulfurylfluorid und Methylbromid wurden durch Zugabe von Schwefelsäure sowie Erwärmen freigesetzt und mittels Headspace-GC/MS bestimmt. Fluorid: Die Bestimmung von Fluorid erfolgte nach Extraktion mit Wasser/TISAB (Total Ionic Strength Adjustment Buffer) mittels Fluorid-selektiver Elektrode nach dem Standardadditionsverfahren. Deoxynivalenol (DON): Die gemahlenen Proben wurden mit wässrigem Acetonitril extrahiert und der Extrakt über Kohle-Celite-Alox gereinigt sowie aufkonzentriert. Die Bestimmung von DON erfolgte mittels HPLC mit RP-18 Säule und UV-Detektion. Schwermetalle: Die Bestimmung von Blei und Cadmium erfolgte nach Salpetersäure-Aufschluss mittels ICPMS. Radionuklide: Die Bestimmung der Radionuklide erfolgte mittels Gammaspektrometrie. Die Cäsiumnuklide 134 Cs und 137Cs wurden in der Probe direkt ausgezählt. Die natürlichen Nuklide 224Ra, 228Th bzw. 226 Ra konnten nach erfolgter Gleichgewichtseinstellung über die entsprechenden Folgenuklide 212 Pb/212Bi bzw. 214Pb/214Bi indirekt bestimmt werden. 228Ra wurde über das Tochternuklid 228Ac bestimmt. Ergebnisse und Schlussfolgerungen Von den Begasungsmitteln wurden einzig Rückstände von Phosphorwasserstoff in neun Proben nachgewiesen, welche allesamt nicht als biologische Erzeugnisse gekennzeichnet waren. Nur bei drei Proben (Halbweissmehl, Hartweizengriess, Maisgriess) mit Rückständen von 0.0026 mg/kg, 0.0016 mg/kg und 0.0005 mg/kg handelte es sich um vorverpackte Ware im Verkauf. Der diesbezüglich geltende Toleranzwert von 0.01 mg/kg wurde somit von keiner Probe überschritten. Die übrigen sechs Proben (vier Weizen, zwei Reis) mit Rückständen im Bereich von 0.0013 bis 0.30 mg/kg stammten aus der Probenahme in Getreidelagern. Die Überschreitung des für Getreide geltenden Toleranzwerts von 0.1 mg/kg bei einer Probe Weizenkörner ist nicht zu beanstanden, da eine drastische Reduktion der Rückstandskonzentration im Produkt durch Belüften, Umlagern, Aspiration und allfälliges Mahlen bis zum Zeitpunkt der Abgabe an den Konsumenten durchaus zu erwarten ist. In drei Proben (zwei Bio-Weizenkleie, 5-Korn-Mehl) wurden mit 3.0 mg/kg, 2.9 mg/kg und 2.1 mg/kg Fluorid-Konzentrationen knapp oberhalb des in der EU geltenden Höchstwerts von 2 mg/kg nachgewiesen. Vor allem im Falle der beiden Weizenkleie-Proben scheint der erhöhte Fluoridgehalt aufgrund des bekannterweise in Kleie erhöhten Mineralstoffgehalts eher natürlichen Ursprungs als eine Folge einer Begasung mit Sulfurylfluorid. In zwölf Proben wurde Deoxynivalenol im Bereich zwischen 0.1 und 0.9 mg/kg nachgewiesen, zwei Proben Weizenkörner enthielten je 0.9 mg/kg Deoxynivalenol. Alle Gehalte lagen allerdings unterhalb des jeweiligen Grenzwertes und gaben somit zu keiner Beanstandung Anlass. Abgesehen von einer Probe Hafer wurden keine erhöhten Schwermetallgehalte festgestellt. Beim erwähnten Hafer handelt es sich um Ware, welche sich in unentspelztem Zustand an Lager befindet und in welcher ein Bleigehalt von 0.28 mg/kg und damit über dem Grenzwert von 0.2 mg/kg nachgewiesen wurde. Die Probe wurde vorsorglich beschlagnahmt. Die Radioaktivitätsmessungen ergaben keine erhöhten Werte für Cäsiumistope. Bezüglich natürlicher Radionuklide überschritt eine Probe Sojaschrot den Grenzwert von 5 Bq/kg für Getreide_Müllereiprodukte_2008.doc erstellt: 08.01.2009 15:44:00 Kant. Laboratorium BS Seite 4 von 4 Nuklide der Gruppe 2 nur knapp. Unter Berücksichtigung der Messunsicherheit wurde die Probe nicht beanstandet. Massnahmen Der Besitzer des Weizens, in welchem Rückstände von Phosphorwasserstoff über dem Toleranzwert festgestellt wurden, wurde angehalten, im Rahmen seiner Selbstkontrolle sicher zu stellen, dass das Getreide bei Abgabe an den Konsumenten den gesetzlichen Toleranzwert nicht überschreitet. Dazu soll er entsprechende Untersuchungen vornehmen. Die gelagerte Menge unentspelzten Hafers mit einem Bleigehalt über dem Grenzwert von 0.2 mg/kg wurde vorsorglich mit Beschlag belegt. Für eine allfällige Freigabe der vorsorglich beschlagnahmten Ware wurde dem Warenbesitzer verfügt, anhand von Analysen an entspelzter Ware den Nachweis zu erbringen, dass bezüglich Getreidekorn keine Grenzwertüberschreitung vorliegt. Getreide_Müllereiprodukte_2008.doc erstellt: 08.01.2009 15:44:00