Der Mönch Bede Griffiths – Aus der Spiritualität Indiens - RPI

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Der Mönch Bede Griffiths – Aus der Spiritualität Indiens christlich leben
Bede Griffiths: Leben im christlichen Ashram. München: Kösel 1990, 69 Fotos
"Morgens lesen wir aus den Weden, mittags aus dem
Koran und dem Granth Sahib der Sikhs und am Abend
aus Andachtspoeten, speziell solchen aus Tamil Nadu,
wie dem großen tamilischen Mystiker Manikka
Vasagar". Strenggläubigen Christen, Muslimen und
Vertretern anderer Religionen mögen solche Sätze die
Zornesröte ins Gesicht treiben. Wird hier nicht einer
gefährlichen Religionsmischerei, dem Synkretismus, Tür
und Tor geöffnet?
Der 1906 geborene Bede Griffiths dürfte milde über
solche Unterstellungen lächeln. Über 35 Jahre lebt der
englische Benediktinermönch nun schon in Indien. Und
dies hat ihn religiös und theologisch entkrampft,
gelassener, weniger hitzig in der Diskussion um die
absolute Wahrheit gemacht. Indien verhalf dem Pater
dazu, seine eigene christliche Spiritualität zu vertiefen,
stärker als bisher aus den mystischen Traditionen des
Abendlandes und Indiens zu schöpfen.
"Die ganze christliche Religion baut auf der Erfahrung von Jesus auf, auf seiner Erfahrung von Gott als Vater. Er
vermittelte diese Erfahrung seinen Schülern durch das Geschenk des heiligen Geistes, und die ganze christliche
Religion mit ihrer Lehre, den Ritualen, dem kanonischen Gesetz und was sonst nicht allem, kommt aus dieser
Erfahrung heraus. Und ich denke, die Buddha- und sagen wir die Krishna-Erfahrungen sind alles Erfahrungen der
absoluten Wahrheit. Jedoch jede Erfahrung ist einzig auf ihre Art. Sie alle kommen aus verschiedenen Kulturen
und Traditionen. (...) Ich glaube, jeder begegnet der absoluten Wahrheit und erfährt und drückt sie in seiner
eigenen kulturellen Tradition aus".
Oberflächlichkeit: Religiös mal hier, mal dort nippen und beseligt davonfliegen? Ganz so leicht dürfen es sich jene
Zeitgenossen, die auf die ausschließliche Wahrheit ihrer eigenen Religion eingeschworen sind, bei der
Beurteilung von Griffiths Aussagen nicht machen. Hier spricht keiner, der eine schnell lösliche Instant-UniversalReligion anpreisen will. Hier spricht kein Laissez-faire-Philosoph, für den die verschiedenen Religionen alle
gleich, demnach gleich-gültig sind.
Bede Griffiths steht fest in der katholischen Frömmigkeitstradition. Oder sagen wir besser: Verankert ist dort sein
Standbein. Mit seinem Spielbein jedoch bewegt sich diese "interreligiöse Persönlichkeit" frei im indischen
Glaubensgelände. Der aus den Erfahrungen zweier bedeutender Menschheitsreligionen lebende
Benediktinerpater brach einst von den britischen Inseln ins ferne Indien auf, "um die andere Hälfte meiner Seele
zu entdecken (...). Ich wollte in meinem Leben die Hochzeit dieser beiden Dimensionen der menschlichen
Existenz erfahren, die rationale und die intuitive, die bewusste und die unbewusste, die männliche und die
weibliche. Ich wollte den Weg zur Hochzeit von Ost und West finden."
Klischeevorstellungen? Ja und nein. Das fast schon unwirklich-nebelhafte Indien weiblicher Intuition und
Phantasie, wie es bei Griffiths anklingt, stellten schon Vertreter des Neuhinduismus – so Sarvepalli
Radhakrishnan - der Klarheit des männlich-rationalen Westens gegenüber. Sie plädierten für die große Synthese.
Auf seine Weise durchzieht dieser Gedanke auch Bede Griffiths' Buch. Eines seiner Schwerpunkte ist die
"heilsame Entdeckung des Weiblichen": als Ausweg aus der technokratischen Krise, als paradiesische
Vermählung von Mensch und Natur, als vollkommene sexuelle Erfahrung. "Der Mann muss in der Frau seine
weibliche Entsprechung finden und die Frau ihre männliche im Mann. Nur dann kommt die menschliche Natur zu
ihrer Vollendung, wenn die Hochzeit zwischen dem männlichen und dem weiblichen Prinzip in jedem Menschen
stattgefunden hat. Die äußere Hochzeit dient der inneren Hochzeit".
Ein mild-verklärtes, ein religionsphilosophisches Indienbild, ein Bild, das sich am spirituellen Reichtum der HinduTraditionen, an klassischen Texten und Gedanken orientiert. Nur durch Kontemplation, so die durchgängige
These des Autors, gelange man zum Herzen Indiens. Bede Griffiths' Indienbild ist ein Bild der Harmonie, des
Ausgleichs, des Friedens unter den Menschen und mit der Natur, der großen Vision einer Glaubenstoleranz.
Doch zur ganzen Wirklichkeit Hindu-Indiens gehört auch die Tatsache, dass auf dem Subkontinent häufig Blut
fließt. In den letzten Jahren haben die Auseinandersetzungen zwischen fundamentalistisch-militanten HinduOrganisationen und den nicht-hinduistischen Religionen an Schärfe zugenommen. Das Ziel des "politischen
Hinduismus" ist die "reine" Hindu-Nation, gereinigt von allem Fremden.
Auch das ist Hinduismus - und das hat wenig mit mystischer Innerlichkeit und Toleranz zu tun. Darum habe ich
meine Zweifel daran, wenn ganze Religionstraditionen auf Gegensatzpaare reduziert werden, heißen sie
weiblich/männlich, intuitiv/ -rational oder wie auch immer.
"Leben im Ashram" ist kein neues Buch, sondern eine Zusammenstellung längst an verschiedenen Stellen
publizierter Texte von Bede Griffiths. Neu ist dagegen die Komposition, das Arrangement aus Fotos und Texten,
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das "Leben im Ashram" zu einem opulenten Lesebuch und -genuss macht. Bilder und Texte ergänzen hier nicht
nur einander. Die schwarz-weißen Fotos sind teilweise so schön, dass sie ihr Eigenleben entfalten und zur
meditativen Betrachtung einladen, die gelegentlich den Text überflüssig macht.
Bede Griffiths schildert die Gründung seines christlichen Ashrams, der zu den bekanntesten der mittlerweile um
die 100 christlicher Ashrams in Indien gehört und dessen erster 1921 gegründet wurde. 1968 übernahm der
Benediktinerpater die Leitung des Ashrams mit dem schönen Namen Shantivanam, "Wald des Friedens". Der
Ashram basiert auf den Ordensregeln des hl. Benedikt und folgt zugleich den Traditionen und Gebräuchen von
Hindu-Gemeinschaften: Neben Psalmengebet und Schriftlesung werden Gesänge auf Sanskrit - so heißt die
Sprache des Altindischen, in der viele klassische Hindu-Texte verfasst wurden - gepflegt und nach YogaMethoden meditiert. Jesus gilt als "der große Sannyasin". Sannyasins sind nach Hindu-Tradition Menschen, die
auf der letzten ihrer insgesamt vier Lebensstufen sich ganz der Erlösung, der Befreiung vom Kreislauf der
Seelenwanderung widmen und als heimatlose Einsiedler durch die Lande ziehen. War der historische Jesus
wirklich ein solcher Sannyasin? Bede Griffiths' Texte handeln von der Selbsterkenntnis durch Intuition, Meditation
und Handeln. Von christlichem Yoga ist ebenso die Rede wie von der tieferen Einsichtsfähigkeit der Künstler und
Mystiker. Ein Hauptthema ist die "kosmische Inkarnation in der Begegnung der Religionen". Jedes materielle Ding
- ob Erde, Wasser, Pflanze, Tier - ist für Griffiths "eine Art Inkarnation", wird also zum Symbol der Begegnung mit
dem Heiligen. Krishna, Buddha und Jesus werden als Offenbarungen Gottes verstanden, wobei für Griffiths die
"historische Offenbarung" in Jesus Christus höher eingestuft wird als die "kosmische Offenbarung" Krishnas.
Udo Tworuschka
Zuerst erschienen in: Reinhard Kirste / Paul Schwarzenau / Udo Tworuschka (Hg.): Engel – Elemente – Energien. Religionen
im Gespräch Bd. 2 (RIG 2): Balve: Zimmermann 1992, S. 602-604
RIG/RIG2-Rz-Griffiths-Ashram, bearbeitet 03.09.2010
Bede Griffiths / Roland R. Ropers: Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion. Mit einem Vorwort des
Gandhi-Freundes Jesuitenpater Michael A. Windey SJ. Wasserburg/Inn: Sheema Medien 2007, 253 S.
Nach einem Vorwort des in Indien arbeitenden Jesuiten Michael Anthony Windey, der Bede Griffiths als
Brückenbauer für Wahrheit, Einheit und Freiheit vorstellt, beleuchtet Roland Ropers, Vorsitzender der
Internationalen Gandhi & Griffiths-Gesellschaft, die spirituelle Persönlichkeit des ursprünglich englischen
Benediktiners. Er verbindet dies mit einer persönlich gehaltenen Einführung zum besseren Verständnis der
Spiritualität dieses prophetischen Menschen, Mönchs und Mystikers im 20. Jahrhundert. Die Lebensgeschichte
von Griffiths hat Ropers neben seinem Werdegang von Europa bis zum Ashram in Indien unter die Stichworte
gestellt: Der Mensch, der Mönch, der Mystiker, der heilige Augenblick, das ursprüngliche Gesicht. Dorthinein sind
persönliche Erinnerungen verwoben.
Dann werden in einem 1. Teil unter dem Titel „Die
Weltreligionen“
mit
kurzen
kommentierenden
Zwischentexten Originalzitate gebracht, die zeigen,
wie sehr sich Bede Griffiths auf die indischen
Religionen in ihrer Vielfalt eingestellt hat, um hinter der
Vielfalt der religiösen Traditionen die eine Wirklichkeit
zu erspüren.
Sehr schön hat Ropers dazu folgende Schwerpunkte
aus den Texten Griffiths gewählt: Der Ursprung der
Religionen, vedische Mythologie, Weisheit der
Upanishaden, Offenbarung und Korrelation zu einem
persönlichen Gott, die Herausforderung des
Buddhismus als einer nicht-theistischen Religion, der
Einfluss der Religionen Chinas – besonders des
Taoismus – die nicht zu unterschätzende Bedeutung
des indischen Monotheismus in Gegenüber und in
Konvergenz zum „semitischen“ Monotheismus, d.h. zu
Judentum und Islam.
Natürlich findet der Islam in seiner sufischen Variante besondere Berücksichtigung, was ebenso für die Kabbala
auf jüdischer Seite gilt. Diesen mystischen Ansatz wählt Griffiths auch im Blick auf die Trinität und das Geheimnis
des Leibes Christi als kosmologische und mystische Größe. Schlussfolgernd klingt darum seine Formulierung:
„Schließlich kann auch gesagt werden, dass das Mysterium der Gottheit, der letzten Wahrheit und Realität, nicht
in einem persönlichen Gott oder in einem unpersönlichen Absolutum gefunden werden kann, sondern nur in einer
interpersönlichen Beziehung, einer Kommunion der Liebe“ (S. 147f).
In einem 2. Teil erwartet man zuerst eigene Texte von Roland Ropers. Es handelt sich jedoch um eine
kommentierte Zitatensammlung wichtiger Weisheitslehrer des Ostens und des Westens in Vergangenheit und
Gegenwart, die Ropers wiederum thematisch „sortiert“: Kontemplation als Erwachen zur Gegenwart Gottes,
Schauen auf den Urgrund, Atem als Inspiration Gottes, der Weg vom Werden zum Sein, der Weg zum Urgrund,
Zeit finden in Gottes Gegenwart, Identität im Kontext von Erleuchtung, Erfahrung, Erlösung, Erinnerung,
Erkenntnis, als Entdeckung der Essenz und der (wahren) Wirklichkeit im Geist des Universums der Liebe ist. In
diesem Sinne schaut Ropers auf Menschen des Orients, auf ihr inneres und äußeres Heilwerden, das zur
eigenen Veränderung und zum Neuverständnis von Kommunion (der Liebe) führen soll. So wird der gesamte
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2. Teil eine Wegorientierung zum Urgrund, um dabei Kräfte zu entdecken, um an den Urgrund als Ur-Quelle zu
gelangen
Von daher hat das Buch keine informierende Systematik, sondern zeigt sich eher als ein assoziativer Doppelweg,
zu dem Ropers als Wegbegleiter zuerst Bede Griffiths und dann gewissermaßen als Wegweiser die
verschiedensten von Erleuchtung berührten oder bewegten Geister von Goethe bis Capra, von Buddha bis
Augustin zu Worte kommen lässt, gleichzeitig aber auch die heiligen Texte der verschiedenen Religionen als
Markierungen ansieht, die von den Veden bis zum Johannesevangeliuum reichen, um nur zwei
Markierungspunkte zu nennen.
So ist ein ausgesprochen persönliches Buch entstanden, das manchmal zu sehr in biografische Details des
Autors abgleitet, dennoch aber deutlich macht, dass die wahre (eine) Religion jenseits der Konfessionen und
Religionen liegt und nicht erlesen, sondern erfahren werden will.
Allerdings ist es schade, dass weder die vielen Veröffentlichungen Bede Griffiths wenigstens in Auswahl benannt
worden sind – und was das Weiterdenken und die vertiefende Besinnung mit den Originaltexten noch schwieriger
macht: Es gibt keinerlei Quellenangaben und Belege für die Zitate. So bleibt als Fazit: Ein schön aufgemachtes
meditatives Buch, das für die Leser allerdings nur ein Anfang sein kann, um sich in die Weisheit eines Bede
Griffiths und überhaupt mystisch-geprägten Gedankenguts in Ost und West einzulassen.
Reinhard Kirste
RzGriffiths.doc, 05.06.08, bearbeitet, 04.09.10
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