Technische Universität München Mit Biotechnologie zur besseren Pflanze für die Rohstoffnutzung Eva Bauer und Gerd Wenzel Wissenschaftszentrum Weihenstephan Technische Universität München [email protected] Pflanzenzüchtung Jede genetisch bedingte Veränderung, die auf bewusster Selektion durch den Menschen beruht. • Ziel: Anpassung der Pflanzen an die Wünsche des Menschen (siehe Zuchtziele) • Methoden: Ausnutzung - bereits vorhandener Variation - durch die Züchtung geschaffener Variation - neu erzeugter Variation (Mutanten) durch gezielte Selektion und Rekombination Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 2 Die wichtigsten Zuchtziele Ertrag - Kornertrag / Biomasse - Ertragskomponenten - Agronomische Eigenschaften (Standfestigkeit, Reifezeitpunkt, Maschinenernte) - Nährstoffeffizienz Qualität - Menschliche Ernährung (Inhaltsstoffe) - Technische Prozesse (Backen, Brauen) - Tierernährung (Inhaltsstoffe, antinutritive Subst.) - Spezielle Inhaltsstoffe (Zucker, Speiseöl) - Industrielle Verwertung (Öl, Stärke, Alkohol) - Umweltstress (Kälte, Trockenheit, Hitze) - Schädlinge (Insekten, Milben, Nematoden) - Krankheitserreger (Viren, Bakterien, Pilze) - Konkurrenten (Unkräuter) Resistenz 3 Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung Pflanzenzüchtung und Biotechnologie Züchtung Klassische Züchtung Genetische Variation, Neukombination, Selektion, Sortenentwicklung Biotechnologie Zellkultur Schnelle Vermehrung, Haploide, Protoplastenfusion Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung Gentransfer Genomics Gendiagnose, Funktionsaufklärung 4 Biotechnologische Werkzeuge Zell- und Gewebekulturtechniken: • Schnelle Vermehrung • Erzeugung von doppelhaploiden Linien • Regeneration von Transformanten • Protoplastenfusion (Überwindung von Kreuzungsbarrieren) Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 5 Biotechnologische Werkzeuge Transformation: Einbringen arteigener oder artfremder Gene • • Neue Eigenschaften Modifikation vorhandener Eigenschaften Æ Metabolic Engineering Meist nur ein oder wenige Gene übertragbar Mirkov 2003, http://www.msu.edu Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 6 Biotechnologische Werkzeuge Molekulare Marker: Selektion von Zielmerkmalen (Resistenz, Qualität) Mehr Effizienz bei der Selektion Æ vor allem für mono-/oligogene Merkmale geeignet 5 SSR2 R-Gen SSR3 30 Pr Ps r r r s r s r r r s r r r s r r SSR1 cM Marker Marker-gestützte Rückkreuzung Æ z.B. Einlagerung von Transgenen in Hochleistungssorten 7 Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung Genomics …ACGCTTAGCACGTA… …ACGATTAGCACGTT… …ACGCTTAGCACGTA… …ACGATTGGCTCGTA… …ACGATTGGCTCGTA… Sequenzierung: - ESTs - Genome Kartierung: - SNPs - DNA-Chips - Radiation hybrids Funktionelle Analyse: - Mutanten -„gene machine“ - TILLING Genomics Genomevolution: - Syntänie - Vergleichende Kartierung Expressionsanalyse: - ESTs - DNA-Chips - Microarrays Datenbanken: - Algorithmen - Annotation - Funktionsvorhersage - Metabolische Netzwerke Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 8 Genomics …ACGCTTAGCACGTA… …ACGATTAGCACGTT… …ACGCTTAGCACGTA… …ACGATTGGCTCGTA… …ACGATTGGCTCGTA… Sequenzierung: - ESTs - Genome Vom Modell zu den Kulturpflanzen Kartierung: - SNPs - DNA-Chips - Radiation hybrids Funktionelle Analyse: - Mutanten -„gene machine“ - TILLING Genomics Genomevolution: - Syntänie - Vergleichende Kartierung Expressionsanalyse: - ESTs - DNA-Chips - Microarrays Datenbanken: - Algorithmen - Annotation - Funktionsvorhersage - Metabolische Netzwerke Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 9 Anbauflächen NaWaRo Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 10 Anbauflächen NaWaRo Raps Mais Getreide Kartoffel Zuckerrübe Sonnenblume Faserpflanzen (Hanf, Lein) ▼ Viele verschiedene Arten, verschiedene Zuchtziele / Zuchtmethoden Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 11 Variation zwischen Arten und innerhalb von Arten Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 12 Fettsäuremuster von Speiseölen Rapsöl 6% 20% Sonnenblumenöl 11% Maiskeimöl 13% Olivenöl 14% Sojaöl 15% 10% 64% 65% 24% 56% 8% 1% Gesättigte Fette 1% 30% 77% 54% Linolsäure 7% Alpha-Linolensäure 24% Ölsäure Nach Fussenegger & Widhalm (2003) 13 Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung Genetische Diversität auf Sequenzebene ~ 0,1% Sequenzunterschiede zwischen Menschen ~ 1% Sequenzunterschiede zwischen Mensch und Schimpanse > 1% Sequenzunterschiede zwischen Populus trichocarpa Individuen Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 14 Genetische Diversität auf Sequenzebene ~ 0,1% Sequenzunterschiede zwischen Menschen Sequenzunterschiede verstehen lernen Funktionale Auswirkungen vorhersagen ~ 1% Sequenzunterschiede zwischen Mensch und Schimpanse Korrelation Genotyp – Phänotyp überprüfen ▼ Gezielter Einsatz für unterschiedliche Nutzungsrichtungen > 1% Sequenzunterschiede zwischen Populus trichocarpa Individuen 15 Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung Raps im Wandel der Zeit Anbaufläche (ha) http://www.biosicherheit.de Zunehmende Nutzung - als technischer Rohstoff - für Energiegewinnung Bis in die 70er Jahre: technische Nutzung (Öllampen etc. Ausnahme: Krisenzeiten) 1974: Einführung 0-Sorten 1986: Einführung 00-Sorten Lebensmittelnutzung; Futtermittel Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 1996: Einführung Hybridsorten Ertragssteigerung 16 Modifikationen im Raps über transgene Ansätze Lebensmittel Technische Nutzung Fettsäuren: Produktion von LCPUFAs Fettsäuren: Veränderung FS-Muster Protein für Humanernährung: Reduktion von Sinapin Steigerung FS-Gehalt (v.a. Ölsäure) Vitamine: Steigerung Tocopherolgehalt Neue Fettsäuren (Laurinsäure) Antioxidantien: Steigerung Resveratrolgehalt Biopolymere: PHA, PHB Energetische Nutzung Steigerung der Flächenerträge (Biomasse, Öl) Weitere Zuchtziele definieren! Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 17 Optimierung der Biomasseerträge je Fläche Chang (2007) Steigerung der Biomasse (klassisch und/oder gentechnisch): • Pflanzenarchitektur, Blühzeitpunktverschiebung • Stresstoleranz (biotisch, abiotisch) • Photosyntheseeffizienz, Nährstoffeffizienz, Unkrautunterdrückung • Modifikation von Lignin, Polysacchariden (induzierbare Cellulasen?) Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 18 Weltweite Anbauflächen gentechnisch veränderter Pflanzen Mio. ha 70 2007: Σ ~114 Mio. ha Soybean 60 Maize 50 Cotton Canola 40 30 20 10 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Quelle: Clive James, 2006 http://www.isaaa.org Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 19 Gentechnische Ansätze • Transgene Ansätze meist auf ein oder wenige Gene beschränkt • Systeme für viele Kulturarten etabliert • Zunehmend machbar: Induzierbare Promotoren Gewebespezifische Expression • Nutzung der Potentiale der Grünen Biotechnologie in der EU: - Rechtliche Rahmenbedingungen erschweren den großflächigen Einsatz - Aufwendige Zulassungsverfahren, Anbau erschwert, Vermarktung? In jedem Einzelfall zu klären: Frage nach der Rentabilität (F+E-Aufwand) Angebot ↔ Nachfrage Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 20 Neue Variation - Mutationszüchtung Targeting induced local lesions in genomes (TILLING) seed bank Quelle: Slade & Knauf 2005, Colbert et al. 2001 Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 21 Neue Variation - Mutationszüchtung TILLING: • Suche nach neuen allelischen Varianten für Kandidatengene (z.B. Schlüsselgene in Stoffwechselwegen) • Vorteile: - Nicht-transgener Ansatz - Generiert neue allelische Variabilität - High throughput - Auch geeignet um artspezifische, natürliche Varianten zu identifizieren (EcoTILLING) Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 22 Interdisziplinäre Forschungsansätze Molekulare und Phänotypische Diversität Genomik, Transkriptomik, Proteomik, Metabolomik Phänomik Angewandte Genomik Gentechnik Gentechnik Quantitative Genetik Selektionstheorie Populationsgenetik Züchtungsinformatik Bioinformatik Sorte der Zukunft 23 Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung Interdisziplinäre Forschungsansätze Molekulare und Phänotypische Diversität Zuchtziele definieren ! Genomik, Transkriptomik, Proteomik, Metabolomik Gentechnik Quantitative Genetik ▼ ▼ ▼ ▼ Phänomik Angewandte Genomik Gentechnik Selektionstheorie Populationsgenetik Züchtungsinformatik Bioinformatik Sorte der Zukunft Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 24 Danke für Ihre Aufmerksamkeit Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung 25