- Universität zu Köln

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Quantenphysik
Universität zu Köln
A. Rosch und A. Weinkauf
1
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Hohlraumstrahlung . . . . . .
1.2 Photoeffekt und Doppelspalt
1.3 Wahrscheinlichkeitsamplitude
1.4 Ausblick . . . . . . . . . . . .
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2 Schrödingergleichung
2.1 Korrespondenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Freie Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Mathematische Struktur und Postulate der Quantenmechanik
3.1 Hilberträume und Diracnotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Basis und Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Hermitesche Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Postulate der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Kopenhagener Interpretation und Messprozesse . . . . . . . . . . .
3.6 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7 Unendlichdimensionale Hilberträume . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Quantenmechanik in einer Dimension
4.1 Teilchen im Kasten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Kommutierende Operatoren und Paritätsoperator .
4.3 Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Streuzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 WKB–Näherung (Wentzel, Kramers, Brillouin) . .
4.6 Übersicht: Quantenmechanische Effekte in d=1 . .
4.7 Harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . . . . . .
4.8 Algebraische Lösung des harmonischen Oszillators
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5 Symmetrien in der QM
5.1 Generatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Transformation von Operatoren, Heisenbergbild, Erhaltungssätze
5.3 Drehgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Kugelflächenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6 Atomphysik
6.1 Zentralkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 H–Atom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Eichinvarianz und elektromagnetisches Feld
6.4 Aharonov–Bohm–Effekt . . . . . . . . . . .
6.5 Magnetischer Monopol . . . . . . . . . . . .
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7 Spin
7.1 Algebra der Drehimpulse .
7.2 Spin 1/2 . . . . . . . . . .
7.3 Pauli–Gleichung . . . . .
7.4 Addition zweier Spin 1/2
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8 Näherungsmethoden
8.1 Stationäre Störungstheorie - ohne Entartung . . . . . . . .
8.2 Stationäre Störungstheorie - mit Entartung . . . . . . . . .
8.3 Stark–Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3.1 Quadratischer Stark–Effekt . . . . . . . . . . . . . .
8.3.2 Polarisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3.3 Linearer Stark–Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.4 Exakte Diagonalisierung im Unterraum – Niveauabstoßung
8.5 Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.6 Zeitabhängige Störungstheorie – Fermi’s goldene Regel . . .
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9 Fermionen und Bosonen
9.1 Ununterscheidbare Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 Atome und Pauli–Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.3 Fallstudie H2 –Molekül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10 Verschränkung, Dekohärenz und Messprozeß
10.1 Dichteoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2 Offene Quantensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.3 Messprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.4 Interpretation der Quantenmechanik . . . . . . . . . . .
10.5 EPR, Quantenkryptographie und No–Cloning–Theorem
10.6 Bellsche Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.7 Pfadintegralformulierung der QM . . . . . . . . . . . . .
A Anhang: Rechnen mit Operatoren
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. 92
. 94
. 96
. 98
. 100
102
3
Dieses Skript enstand parallel zur Quantenphysikvorlesung in Köln im Sommersemester 2008.
Bitte schicken Sie Kommentare und Hinweise auf Fehler an [email protected].
Dieses Skript will und kann weder den Besuch der Vorlesung, noch die Lektüre mindestens eines der vielen exzellenten Bücher zur Quantenmechanik ersetzen. Empfehlenswert sind z.B. die
Bücher von Fliessbach, Schwabl oder Messiah. Besonders ausführlich sind die beiden Bände von
Cohen und Tanoucchi, die viele Beispiele diskutieren. In Band 3 der Feynman lectures stellt
Feynman einen erfrischend anderen (und immer noch modernen) Zugang zur Quantenmechanik
vor. Feynmans Buch ist besonders als Zweitlektüre zu empfehlen. Die Rolle von Symmetrien
wird besonders in Sakurais Buch ‘Modern Quantum Mechanics’ diskutiert. Gerade für diese
Vorlesung ist auch besonders das Buch ‘Quantum Physics’ von Le Bellac zu empfehlen. Es ist
das modernste der hier aufgeführten Bücher. Es folgt teilweise dem Feynmanschen Zugang zur
Quantenmechanik und behandelt zudem auch moderne Aspekte der Quanteninformationstheorie. Allerdings werden einige Themen etwas knapp dargestellt.
Michel Le Bellac, Quantum physics, Cambridge Univ.Press, Cambridge 2007
Claude Cohen-Tannoudji, Bernard Diu, Franck Laloë, Quantenmechanik Teil 1 & 2, 2.Auflage,
Walter de Gruyter, Berlin 1999
Richard P. Feynman, Robert B. Leighton, Matthew Sands, The Feynman Lectures on Physics:
Quantum Mechanics, Addison-Wesley Publishing Company, Reading (Massachusetts) 1989
Torsten Fließbach, Quantenmechanik: Lehrbuch zur Theoretischen Physik 3,
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1995
Eugen Merzbacher, Quantum Mechanics, 3. Auflage, Wiley, New York 1998
Albert Messiah, Quantenmechanik Band 1 & 2, Walter de Gruyter, Berlin 1991
Wolfgang Nolting, Grundkurs Theoretische Physik 5/1,2: Quantenmechanik, 5. Auflage,
Springer-Lehrbuch, Berlin 2002
J.J. Sakurai, Modern Quantum Mechanics, Addison Wesley, New York 1994
Franz Schwabl, Quantenmechanik, 7.Auflage, Springer–Lehrbuch, Berlin 2007
4
1
Einleitung
Zum Ende des 19. Jahrhunderts bestand die Physik aus 3 imposanten, scheinbar abgeschlossenen
Theoriengebäuden:
Mechanik
Hydrodynamik, Akustik
Elektrodynamik
Optik, Magnetismus
Wärmelehre - Statistische Mechanik
Thermodynamik
Aber es gab neue Phänomene in Atomphysik, Kernphysik, Chemie, Festkörperphysik, die sich
nicht im Rahmen dieser etablierten Theorien erklären ließen.
Daneben zeigten auch theoretische Überlegungen, dass z.B. die Gesetze der Elektrodynamik
nicht mit denen der Wärmelehre verträglich sind. Das soll im folgenden Kapitel gezeigt werden.
1.1
Hohlraumstrahlung
Das elektrische Feld im Innern eines würfelförmigen Kastens (Kantenlänge L) mit absorbierenden
Wänden ist eine Überlagerung von stehenden Wellen mit Wellenvektoren
ki =
π
ni
L
oder
ni
λi
= L,
2
ni ∈ N,
i = x, y, z.
Jeder ~k–Vektor definiert eine harmonische Schwingungsmode, welche nach dem Gleichverteilungssatz der klassischen Thermodynamik einen Beitrag kB T zur inneren Energie des Hohlraums liefert. Dies entspricht einem Beitrag kB zur Wärmekapazität pro Mode. Da es abzählbar
unendlich viele Moden (Zahlentupel (nx , ny , nz )) gibt, sollte die Wärmekapazität divergieren.
Zur expliziten Berechnung der Energiedichte zählt man die Moden mit Frequenz ω
X
δ(ω − c|~k(nx , ny , nz )|)
N (ω) =
nx ,ny ,nz
3 Z ∞
Z ∞
Z ∞
L
dkz δ(ω − c|~k|)
dky
dkx
≈
π
0
0
0
3
Z
L
4π ∞ 2
=
k dkδ(ω − ck)
π
8 0
L3 1 ω 2
= 2
.
2π c c
R
Der Faktor Lπ sorgt für die korrekte Abzählung, ∆ni = 1 = Lπ ∆ki ≈ Lπ dki .
Als klassische Energiedichte (pro Frequenzintervall und Volumen) folgt
2N (ω)
ω2
k
T
=
kB T
B
L3
π 2 c3
R∞
und damit eine divergierende Gesamtenergie pro Volumen E = 0 dωǫc (ω, T ) = ∞. Die Gesetze
der klassischen Elektrodynamik in Kombination mit den Gesetzen der statistischen Physik sagen
also voraus, dass man einen Hohlraum mit endlicher Energie nicht aufheizen kann! Damit ist
klar, dass die klassischen Physik nicht haltbar ist, sondern wenigstens für große Frequenzen
modifiziert werden muss.
Zur Behebung dieses Problems postulierte Planck ‘in einem Akt der Verzweiflung’ diskrete Enerǫc (ω, T ) =
giequanten
∆E = ν~ω, ν ∈ Z
(Planck–Relation). Die Plancksche Konstante hat den Wert
~ ≈ 1.054 · 10−34 Js, h = 2π~ ≈ 6.63 · 10−34 Js.
5
(1)
Abbildung 1: 3 ◦ K Strahlung (Hintergrundsstrahlung im Weltraum). In der Vertikalen ist die
Strahlungsleistung pro Fläche , Raumwinkelelement und Frequenzintervall aufgetragen (Einheit
W/(m2 sr Hz)). Aus Michel Le Bellac, Quantum Physics, Cambridge University Press, 2006.
Indem er diese diskreten Energien in die Gesetze der statistischen Physik (d.h. die Boltzmannverteilung) einsetzte, 1 erhielt Planck eine modifizierte Energiedichte
ǫ(ω, T ) =
~ω
ω2
.
2
3
π c e~ω/kB T − 1
(2)
Im Grenzfall hoher Temperaturen/kleiner Frequenzen, ~ω ≪ kB T , d.h. im Grenzfall ~ → 0,
2
folgt das klassische Ergebnis ǫc (ω, T ) = πω2 c3 kB T . Durch Übergang zur dimensionslosen Inteliest man an der exakten Formel (2) eine endliche Energiedichte E =
grationsvariablen k~ω
BT
R∞
4
0 dωǫ(ω, T ) ∝ T ab.
Das Plancksche Strahlungsgesetz (2) ist auch im Rahmen der Quantenelektrodynamik das exakte
Ergebnis, das in vielen Experimenten bestätigt wurde. So folgt z.B. die Energieverteilung der
Hintergrundstrahlung im Weltall fast exakt der Planckschen Verteilung mit einer Temperatur
von 2.73◦ K (s. Abbildung 1).
1
Laut Boltzmann wird bei der Temperatur T ein Zustand der Energie E mit einer Wahrscheinlichkeit ∝ e−βE ,
β = kB1T angenommen. Bei einer kontinuierlichen Energieverteilung führt dies zu der mittleren Energie (für jede
Schwingungsmode!)
R
Z ∞
dE e−βE E
1
1
hEi = R
=
−∂
ln
dE e−βE = −∂β ln = = kB T.
β
β
β
dE e−βE
0
Ganz anders die quantenmechanische Rechnung. Zur Frequenz ω können ν = 0, 1, 2, . . . Photonen vorliegen,
Eν = ν~ω. Die mittlere Energie der Photonen mit Frequenz ω ist (mit q ≡ e−β~ω , −∂β q = ~ωq)
!
P∞ −βEν
∞
X
Eν
−βEν
ν=0 e
P
= −∂β ln
e
hE(ω)i =
∞
−βEν
ν=0 e
ν=0
!
∞
X
q
~ω
ν
= −~ωq∂q ln(1 − q) = ~ω
q
= β~ω
.
= −∂β ln
1
−
q
e
−1
ν=0
6
Abbildung 2: Addition von Wahrscheinlichkeitsamplituden vs. Intensitäten beim Doppelspaltexperiment
1.2
Photoeffekt und Doppelspalt
Exemplarisch sollen noch kurz zwei grundlegende Experimente der Quantenmechanik diskutiert
werden.
Photoeffekt
Licht der Frequenz ω wird auf einen Festkörper gestrahlt. Beobachtet wird
ω < ω0
kein Effekt
ω > ω0
Elektronen werden herausgeschlagen.
Um ein Elektron aus dem Festkörper zu entfernen, ist eine gewisse ‘Austrittsarbeit’ EA zu leisten.
1
Klassisch würde man erwarten, dass diese bei hinreichend großer Energiedichte 8π
(E 2 + B 2 )
c ~
~ zur Verfügung stehen wird. Beobachtet wird der Photoeffekt
bzw. Energiestromdichte 4π E × B
aber auch für beliebig kleine Feldstärken E, B, jedoch nur wenn die Frequenz einen bestimmten
(vom Material abhängigen) Schwellwert ω0 überschreitet.
Einstein (1905) erkannte darin den Teilchencharakter der Lichtstrahlung: Licht besteht aus Energiequanten = Photonen der Energie ~ω. Ein Elektron wird genau dann aus dem Festkörper herausgeschlagen, wenn die Energie eines einzelnen Photons die Austrittsarbeit EA überschreitet,
die restliche Energie steht dem Photoelektron als kinetische Energie zur Verfügung,
Ekin =
me 2
2 v
= ~ω − EA .
(3)
Doppelspalt
Ausgehend von einer Quelle durchlaufen Teilchen (Photonen, Elektronen, Atome, Moleküle bis
hin zu Fullerenen, Viren?) einen Doppelspalt und werden auf einem dahinter befindlichen Beobachtungsschirm detektiert. Wahlweise können beide oder auch nur einer der beiden Spalte
geöffnet werden. Wechselwirkungseffekte der Teilchen können ausgeschlossen werden, indem die
7
Intensität des Teilchenstroms so weit reduziert wird, dass jedes Teilchen einzeln unterwegs ist –
dies verlängert nur die Beobachtungsdauer.
Steht nur ein Spalt offen, so beobachtet man eine Verteilung, die von dem Auftreffort, der sich
aus der geraden Verbindungslinie zwischen Quelle und Spalt ergibt, nach beiden Seiten hin monoton abfällt. Die gleiche, etwas verschobene Verteilung, wird beobachtet, wenn nur der andere
Spalt geöffnet ist.
Das Unerwartete tritt ein, wenn beide Spalte gleichzeitig offen stehen. Man beobachtet nicht
einfach die Summe der einzelnen Wahrscheinlichkeitsverteilungen, sondern es treten Interferenzen auf, genau so, als habe man es mit Wellen zu tun, deren Wellenlänge λ mit dem Impuls p
durch
p = ~k = h/λ
(de Broglie Relation) verknüpft ist. Dies folgt aus p = E/c, E = ~ω
und ω = ck. Insbesondere gibt es Stellen, die mit der Wahrscheinlichkeit Null, also keinesfalls
erreicht werden können – obwohl die Teilchen problemlos dorthin gelangen können, wenn nur
einer der beiden Spalte offen steht! Stellen wir uns beispielsweise vor, dass ein einzelnes Teilchen
(zufällig) durch Spalt 1 fliegt. Damit es auf dem Schirm nicht etwa an einem verbotenen Ort
landet, muss es ‘wissen’, ob Spalt 2 offen ist oder nicht. Wie kann das sein, wenn es dort gar nicht
vorbeikommt? Die Quantenmechanik sagt: es ist sinnlos, eine Bahn durch Spalt 1 anzunehmen,
wenn man dies nicht durch Messung verifizieren kann. Und wenn man dies kann (oder auch nur
könnte), gibt es keine Interferenzen!
Für das Auftreten der Interferenzen müssen beide Spalte offen stehen, aber das allein reicht
nicht. Das Experiment muss so durchgeführt werden, dass keine Information darüber gewonnen
werden kann, durch welchen der beiden Spalte das Teilchen läuft. Es sind viele Gedanken– und
reale Experimente vorgeschlagen und durchgeführt worden, die klar beweisen: wenn aufgrund
des experimentellen Aufbaus die Weginformation gewonnen werden könnte, 2 kommen keine
Interferenzen zustande.
1.3
Wahrscheinlichkeitsamplitude
Das Doppeltspaltexperiment ergibt ein überraschendes Bild: einerseits läßt sich die Intensitätsverteilung der Teilchen am Beobachtungsschirm in einem Wellenbild erklären, andererseits werden immer nur einzelne Teilchen gemessen (Welle-Teilchen Dualismus).
Ausserdem ist ein einzelnes Experiment (ein Elektron fliegt durch den Doppelspalt) nicht reproduzierbar. Wiederholt man das Experiment, erreicht das Teilchen den Schirm an einer völlig
anderen Stelle. Experimentell sind nur die Wahrscheinlichkeitsverteilungen reproduzierbar. Das
liegt nicht an der Ungeschicklichkeit der Experimentatoren, sondern ist grundsätzlich nicht
möglich 3 – jeder Versuch das Experiment so zu manipulieren, dass der Weg des Teilchens
vorhersagbar ist, führt unweigerlich zu einer Zerstörung des Interferenzmusters.
Diesen grundlegenden Tatsachen, die allen Prinzipien der klassischen Physik widersprechen, muss
die theoretische Beschreibung der Quantenmechanik Rechnung tragen. Wie ist das Phänomen
der Interferenz und das Konzept einer Theorie, die nur Wahrscheinlichkeiten vorhersagt, unter
einen Hut zu bekommen?
Die zentrale revolutionäre Idee der Quantenmechanik ist jedem Ereignis eine komplexe “Wahrscheinlichkeitsamplitude” zuzuordnen4 , C = |C|eiϕ ∈ C und das Betragsquadrat |C|2 als Wahr2
Es kommt also nicht darauf an, ob ein Diplom–Physiker sie zur Kenntnis nimmt oder nicht.
Die besondere Rolle des Zufalls in der QM wird z.B. beim radioaktiven Zerfall augenfällig. Jeder einzelne
Kern zerfällt rein zufällig zu irgendeinem Zeitpunkt, ohne einen besonderen physikalischen Grund. Es gibt keinen
verborgenen Mechanismus wie z.B. eine innere Uhr. Der Kern ‘altert’ nicht, unabhängig von der bisherigen Lebensdauer gilt für jedes weitere Zeitintervall die durch die Halbwertszeit vorgegebene Wahrscheinlichkeit für einen
Zerfall. Trotzdem steht bei einer sehr großen Anzahl von Kernen der Prozentsatz der im nächsten Zeitintervall
zerfallenden Kerne sehr präzis fest.
4
Anders als in der klassischen Elektrodynamik oder Optik bezeichnet das Wort ‘Amplitude’ hier nicht ein
3
8
scheinlichkeit zu interpretieren. Dies ist ein radikal neues Konzept, ein ‘Paradigmenwechsel’.
Damit läßt sich z.B. die Interferenz am Doppelspalt qualitativ einfach erklären. Seien z.B. C1
und C2 die Amplituden durch Spalt 1 und Spalt 2 zu fliegen und am selben Punkt auf dem
Schirm aufzutreffen, so ist
|C1 + C2 |2 = |C1 |2 + |C2 |2 + 2|C1 ||C2 | cos(ϕ1 − ϕ2 )
(4)
die Wahrscheinlichkeit ein Teilchen dort zu messen. Hier haben wir ein weiteres grundsätzliches
Prinzip der Quantenmechanik verwendet: das Superpositionsprinzip: Wahrscheinlichkeitsamplituden werden addiert. Die beiden ersten Terme auf der rechten Seite beschreiben das klassisch
zu erwartende Verhalten: Auftreffwahrscheinlichkeiten addieren sich. Der zusätzliche Interferenzterm bewirkt z.B. vollständig destruktive Interferenz an Stellen, wo die Phasenverschiebung
ϕ1 − ϕ2 ein ungeradzahliges Vielfaches von ±π ist.
Mit den komplexen Linearkombinationen von Amplituden, allgemeiner von quantenmechanischen Zuständen, eröffnen sich vielfältige neue Möglichkeiten. Das einfachste Beispiel ist das
‘Qbit’ (Quantenbit), der Grundbaustein des Quantencomputers, welches zunächst in zwei Zuständen
‘0’ und ‘1’ vorliegen kann. Experimentell kann dies z.B. durch den Grundzustand und den ersten
angeregten Zustand eines Atoms, durch den Spin eines Elektrons (↑ oder ↓ bezüglich einer bestimmten Messrichtung), oder durch den Polarisationszustand eines Photons (rechts oder links
polarisiert) realisiert werden. Der allgemeinste (Quanten–) Zustand dieses Systems ist
1
0
α1
Ψ ≡ α1
+ α2
,
α1,2 ∈ C.
=
0
1
α2
Für die Betragsquadrate der komplexen Koeffizienten |α1 |2 und |α2 |2 gilt
|α1 |2
2
|α2 |
ist die Wahrscheinlichkeit ‘0’ zu messen
ist die Wahrscheinlichkeit ‘1’ zu messen,
was |α1 |2 + |α2 |2 ≡ |Ψ|2 = 1 als Normierungsbedingung erfordert. Zur Beschreibung des Zustandes Ψ reicht also nicht nur ein Bit Information aus, sondern man benötigt drei reelle Zahlen5
Allgemein wird ein n–Zustandssystem durch einen normierten n–dimensionalen komplexen Vektor, also durch 2n − 1 reelle Parameter beschrieben. Der Bewegungszustand eines Teilchens
wird durch kontinuierliche Variablen für Ort und Impuls,
R und damit durch eine komplexwertige
Funktion Ψ : Rd → C mit der Normierungsbedingung dd x|Ψ(x)|2 = 1 beschrieben,
1.4
Ausblick
Die Quantenmechanik entstand in den Jahren 1900 bis etwa 1927 als Gemeinschaftsleistung
der damaligen Elite der physikalischen Forschung. 6 In den folgenden Jahrzehnten erfolgte der
Ausbau zur relativistischen Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie, die die Grundlage der
modernen Teilchenphysik und Festkörperphysik ist.
Noch völlig offen ist, wie die Konzepte der Quantentheorie und der allgemeinen Relativitätstheorie
konsistent verknüpft werden können. Wie formuliert man die ‘richtige’ Theorie für Quantengravitation?
Betragsquadrat.
5
Das heißt aber nicht, dass ein einzelner Spin unendlich viel Information trägt, denn für einen einzelnen Spin
sind diese drei reellen Zahlen nicht messbar. Dafür sind viele identisch präparierte Spins nötig.
6
Victor F. Weisskopf, hat in Übertragung einer Äußerung Churchills über die Rolle der britischen Jagdflieger in der Luftschlacht um England 1940 auf die Quantenmechanik gesagt: ‘Selten, vielleicht noch nie in der
Geistesgeschichte, haben so wenig Leute so viel in so kurzer Zeit erreicht.’
9
Schon seit vielen Jahren ist die Quantenmechanik und das darauf basierende Verständnis der Eigenschaften der Materie die Grundlage der modernen Technologie vom Laser bis zum Computer.
Aber gerade in letzter Zeit gab es eine Renaissance der Quantenmechanik. In der Nanophysik
spielen quantenmechanische Prozesse und Effekte eine immer wichtigere Rolle. Einzelne Atome
und Moleküle können viel besser manipuliert und beobachtet werden. So konnten auch viele Gedankenexperimente der Quantenmechanik zum ersten Mal realisiert werden. Diese zeigen
eindeutig, dass es keine Alternative zur quantenmechanischen Beschreibung der Natur geben
kann. Ein spannendes Gebiet der Quantenmechanik ist auch die Quanteninformationstheorie.
Die Quantenkryptographie erlaubt z.B. Informationen so zu übertragen, dass sie prinizipiell
nicht unbemerkt abgehört werden können. In der Zukunft werden uns vielleicht Quantencomputer völlig neue Möglichkeiten eröffnen.
10
2
2.1
Schrödingergleichung
Korrespondenzprinzip
Wir suchen ein Gleichung für die Wahrscheinlichkeitsamplitude Ψ(x, t), etwa eine partielle DGL,
analog zu den Maxwellgleichungen. Eine ‘Herleitung’ ist nicht möglich, da es sich um ein neues
Konzept handelt. Statt dessen lassen wir uns davon leiten, dass ein freies Teilchen einerseits eine
2 k2
p2
Energie E = ~ω = 2m
= ~2m
und einen Impuls p = ~~k hat (de Broglie), andererseits durch
~
eine ebene Welle Ψ ∝ ei(k·~r−ωt) beschrieben wird. Die Frequenz ω erhält man dann z.B. durch
~
~
Ableiten, i∂t ei(k·~r−ωt) = ωei(k·~r−ωt) . Assoziieren wir daher gemäß dem
E → i~∂t
Korrespondenzprinzip:
(5)
~p → −i~∇
~r → ~r
so erhalten wir aus der (nichtrelativistischen) Verknüpfung von Energie und Impuls E = H(~r, p~)) =
p
~2
r , t), indem wir E und p~ durch die Differentialoperatoren i~∂t und −i~∇, sowie ~r in
2m + V (~
V (~r, t) durch den ‘Multiplikationsoperator’ ~r ersetzen, die ‘Schrödingergleichung’
~2 2
∇ Ψ(~r, t) + V (~r, t)Ψ(~r, t)
2m
= HΨ(~r, t)
i~∂t Ψ(~r, t) = −
(6)
2
~
∇2 + V (~r, t) als ‘Hamiltonoperator’, ~p = −i~∇ als ‘Impulsoperator’,
Wir bezeichnen H = − 2m
~r = ~r· als ‘Ortsoperator’. Diese Operatoren definieren lineare Abbildungen im Raum komplex~
p
H
~r
wertiger Funktionen, Ψ(~r, t) −→ HΨ(~r, t), Ψ(~r, t) −→ −i~∇Ψ(~r, t), Ψ(~r, t) −→ ~r · Ψ(~r, t). Bei
Anwendung der Operatoren ~
p und ~r auf Wellenfunktionen Ψ(~r, t) kommt es auf die Reihenfolge an. Beschränken wir uns zunächst auf die x–Komponenten von ~r und p~, so ist offenbar
xpx Ψ(~r, t) = −i~x∂x Ψ(~r, t), aber px x Ψ(~r, t) = −i~∂x (xΨ(~r, t)) = −i~x∂x Ψ(~r, t) − i~Ψ(~r, t),
also (px x − xpx ) Ψ(~r, t) = −i~Ψ(~r, t), analog mit py , y und pz , z. Für eine Kurzschreibweise
definieren wir für je 2 Operatoren A, B den ‘Kommutator’ als [A, B] := AB − BA = −[B, A].
Für pi = px , py , pz und rj = x, y, z gelten damit die Kommutatorregeln
[pi , rj ] =
~
δij 1
i
(7)
Diese Relationen weisen eine wichtige Analogie zu den Poissonklammern der Hamiltonschen
Mechanik auf, die wir später behandeln werden.
Das Korrespondenzprinzip liefert im Allgemeinen keine eindeutige Vorschrift, wie klassiche
Größen in Operatoren umgesetzt werden können, da z.B. klassisch rp und pr nicht unterschieden
werden können.
11
2.2
Kontinuitätsgleichung
Damit das Betragsquadrat der Wellenfunktion, |Ψ(~r, t)|2 als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert werden kann, muß die Erhaltung der Gesamtwahrscheinlichkeit
1 gewährleistet sein. Ist
R
also Ψ zu einem Anfangszeitpunkt t = 0 entsprechend normiert, d~r|Ψ(~r, 0)|2 = 1, so muß die
Zeitentwicklung von Ψ durch die
R Schrödingergleichung so erfolgen, dass auch für jeden späteren
Zeitpunkt t > 0 die Gleichung d~r|Ψ(~r, t)|2 = 1 gilt. Wir rechnen
∂t |Ψ(~r, t)|2 = (∂t Ψ∗ )Ψ + Ψ∗ ∂t Ψ
1
(−ΨHΨ∗ + Ψ∗ HΨ)
=
i~
~
=
Ψ∇2 Ψ∗ − Ψ∗ ∇2 Ψ
2im
~
(Ψ∗ ∇Ψ − Ψ∇Ψ∗ ) ,
= −∇ ·
2im
wobei als Voraussetzung eingeht, dass das Potential V(~r, t) in H nur reelle Werte annimmt.
~
Mit ̺(~r, t) = |Ψ(~r, t)|2 als Wahrscheinlichkeitsdichte und ~j(~r, t) = 2im
(Ψ∗ ∇Ψ − Ψ∇Ψ∗ ) als
Wahrscheinlichkeitsstromdichte gilt also die
̺˙ + ∇ · ~j = 0.
Kontinuitätsgleichung
(8)
In der Elektrodynamik ist dies die
R Kontinuitätsgleichung
R
Hfür die elektrische Ladung, und wie
~
dort folgt ein Erhaltungssatz: ∂t d~r̺ = − d~r ∇ · j = − df~ · ~j = 0. Integriert wird hier über
ein
großes Volumen bzw. über dessen Randfläche, auf welcher ~j verschwindet. Da
R hinreichend
2
d~r|Ψ(~r, t)| erhalten ist, ist also eine Wahrscheinlichkeitsinterpretation möglich!
2.3
Freie Schrödingergleichung
2
~
∇2 Ψ.
Bei Abwesenheit eines Potentials (V = 0) lautet die Schrödingergleichung (SG) i~∂t Ψ = − 2m
~
Der Ansatz Ψ ∝ ei(k·~r−ωt) erfüllt die SG, sofern zwischen dem Wellenvektor ~k und der Frequenz
2 2
k
≡ E~k besteht. Die Gesamtheit dieser ebenen Wellen (mit
ω der Zusammenhang ~ω = ~2m
~
allen möglichen k–Vektoren) bildet ein Fundamentalsystem von Lösungen der SG, so dass die
allgemeine Lösung die Form
Z
d~k
~2 k2
i(~k·~
r−E~k t/~)
Ψ(~r, t) =
e
=
Ψ
mit
E
(9)
~
~
k
(2π)3 k
2m
annimmt.
Als Beispiel betrachten wir das Gaußsche Wellenpaket in einer Dimension (d = 1) und ungefährem Impuls ~k0 . Für die Wellenfunktion zum Anfangszeitpunkt t = 0 setzen wir an
1
x
2
Ψ(x, t = 0) = eik0 x e− 4 ( ∆x ) √
1
∆x(2π)1/4
(10)
R
R
R
mit |Ψ|2 dx = 1, hxi = x|Ψ|2 dx = 0, hx2i = x2 |Ψ|2 dx = (∆x)2 . Das Betragsquadrat der
Wellenfunktion, also die Wahrscheinlichkeitsverteilung für das Teilchen längs der x–Achse, ist
also eine normierte Gaußfunktion um x = 0 mit der Breite ∆x. Die komplexwertige Wellenfunktion trägt zudem den Phasenfaktor eik0 x vom Betrag 1, welcher – wie wir sehen werden – eine
Bewegung des Pakets längs der x–Achse mit der mittleren Geschwindigkeit ~k0 /m bewirkt.
Dazu berechnen wir zunächst Ψk als Fouriertransformierte von Ψ(x, t = 0),
Z
Z
⇐⇒
dk ikx
e Ψk
Ψk = dx e−ikx Ψ(x).
(11)
Ψ(x) =
2π
Fourier
12
Zur Berechnung des x–Integrals verwenden wir
r
Z ∞
Z ∞
b2
2π b2
− a2 (x− ab )2 + 2a
− a2 x2 +bx
dx e
=
=
dx e
e 2a
a
−∞
−∞
(12)
und erhalten
2
1
2
3
Ψk = e−(k−k0 ) ∆x π 4 2 4
Z ∞
dkΨk ei(kx−Ek t/~)
Ψ(x, t) =
−∞

2 
√
~k0
x
−
t
m
∆x


i(k0 x−Ek0 t/~)

q
=e
exp −
~
1
2
4 (∆x) + i 2m t
(2π) 4 (∆x)2 + i
∗
∗
Mit ez ez = ez+z und
1
a+ib
−
1
a−ib
=
~
2m t
.
(13)
2
a+b2 /a
erhalten wir für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
"
#
(x − v0 t)2
1
2
exp −
(14)
|Ψ(x, t)| = √
2(∆x)2t
2π(∆x)t
mit
~k0
v0 =
m
und
(∆x)2t
t 2 ~2 t2
2
,
= (∆x) +
= (∆x) 1 +
4m2 (∆x)2
τ
2
τ=
2m
(∆x)2 .
~
(15)
Der Mittelpunkt des Gaußpakets bewegt sich demnach mit der Geschwindigkeit v0 in x–Richtung,
gleichzeitig verbreitert sich das Paket auf einer Zeitskala τ , also umso schneller, je kleiner die
anfängliche Breite ∆x des Pakets war.
R
d ν
Ψ(x) lassen sich auch der Erwartungswert und das SchwanMittels hpν i = dxΨ∗ (x) ~i dx
kungsquadrat des Impulses berechnen; wegen der Kräftefreiheit sind beide zeitlich konstant.
~
Das Ergebnis ist hpi = ~k0 = mv0 und ∆p = 2∆x
. Hier sehen wir ein erstes Beispiel für die
Unschärferelation: das Produkt aus Orts– und Impulsschwankung hat
p zum Anfangszeitpunkt
~
t = 0 den quantenmechnischen Minimalwert 2 und wächst danach ∝ 1 + (t/τ )2 an.
Die Verbreiterung des Pakets folgt direkt aus der Geschwindigkeitsverteilung. Betrachten wir
ein Ensemble von Teilchen, die sich gemäß x = vt + x0 bewegen und nehmen wir eine unkorrelierte Verteilung von Geschwindigkeiten v und Anfangsorten x0 mit Mittelwert hx0i = 0 an.
Dann ist hvx0i = hvihx0i = 0 und
hxi = hv · t + x0i = hvi · t
hx2i = hv 2 t2 + 2vtx0 + x20i = hv 2it2 + hx20i
(∆v)2 2
2
2
2
2
2 2
2
2
֒→ (∆x) ≡ hx i − hxi = (hv i − hvi )t + hx0i = (∆x0 ) 1 +
t .
(∆x0 )2
Das Neue an der quantenmechanischen Betrachtung ist, dass die endliche Ortsunschärfe ∆x0
~ 1
0
zwangsläufig mit einer Impulsunschärfe m∆v = m ∆x
τ = 2 ∆x0 verbunden ist.
Für ein allgemeines Wellenpaket nehmen wir nur an, dass Φk ein einziges, stark ausgeprägtes
Maximum bei k0 annimmt, ohne eine Gaussfunktion vorauszusetzen. Die Wellenfunktion zum
Zeitpunkt t ist
Z
Z
d~k
d~k
~
i(~k·~
r−tE~k /~)
Ψ(~r, t) =
Ψ
e
|Ψ~ |eiΘ(k) mit Θ(~k) = arg Ψ~k + ~k · ~r − tE~k /~.
=
~
(2π)3 k
(2π)3 k
13
Die wesentlichen Beiträge des ~k–Integrals können nur aus einem Bereich um ~k ≈ ~k0 kommen.
Damit diese Beiträge sich nicht wegoszillieren, muss die Phase sich bei ~k0 stationär verhalten:
∇~k Θ|~k0 = 0. Dies führt auf die Bedingung ~r − ~vg t = konstanter Vektor mit ~~vg = ∇~k E~k |~k0 .
Das Maximum des Wellenpakts verschiebt sich demnach mit der ‘Gruppengeschwindigkeit’ ~vg .
Für E~k =
~2 k 2
2m
ist ~vg =
~~k0
m ,
wie vom Gausspaket bekannt.
14
3
Mathematische Struktur und Postulate der Quantenmechanik
3.1
Hilberträume und Diracnotation
In Kapitel 1.3 wurde argumentiert, dass der Welle-Teilchen Dualismus, Interferenzeffekte und die
Zufälligkeit der Quantenphysik sich durch die Einführung von Wahrscheinlichkeitsamplituden αi ∈ C beschreiben lassen. Die Betragsquadrate |αi |2 können dabei als Wahrscheinlichkeiten
interpretiert werden. Außerdem führten wir das Superpositionsprinzip ein, d.h. Wahrscheinlichkeitsamplituden sind additiv.
Welche mathematische Struktur bildet diese Konzepte ab? Benötigt wird ein komplexer Vektorraum mit einem Skalarprodukt und damit einer Norm. Genauer gesagt, brauchen wir einen
Hilbertraum.
Ein Hilbertraum ist definiert als
1. Komplexer Vektorraum H mit Vektoren |ϕi ∈ H
2. Es existiert ein Skalarprodukt hχ| ϕi ∈ C für je 2 Vektoren |χi, |ϕi ∈ H mit
hχ| ϕi = hϕ| χi∗
hχ| λ1 ϕ + λ2 ψi = λ1 hχ| ϕi + λ2 hχ| ψi ∀ λ1,2 ∈ C, |χi, |ϕi, |ψi ∈ H
hϕ| ϕi ≡ kϕk ≥ 0,
hϕ| ϕi = 0 ֒→ |ϕi = 0
3. H ist vollständig, d.h. jede Cauchy–Folge konvergiert gegen ein Element ∈ H.
Sei also {|ϕi i} eine Folge von Vektoren ∈ H mit k|ϕi i−|ϕj ik → 0 für i, j → ∞
֒→ ∃|ϕi ∈ H mit k|ϕi i − |ϕik → 0 für i → ∞.
Beispiele:
- 1 Qbit: H =
C2 ,
- n Qbits: H = C2n
|ϕi =
α1
,
α2
֒→ hψ| ϕi =
|ψi =
β1
β2
֒→ hψ| ϕi = β1∗ α1 + β2∗ α2
P2n
∗
i=1 βi αi
- Teilchen im Intervall [a, b]: H = L2 [a, b]
L2 [a, b] ist der Raum der quadratintegrablen komplexwertigen Funktionen auf [a, b], d.h. ∀f ∈
Rb
Rb
L2 [a, b] ⇒ a |f (x)|2 dx < ∞. Das Skalarprodukt ist definiert als hψ1 | ψ2 i = a ψ1∗ (x)ψ2 (x)dx.
R∞
- Teilchen bewegt sich längs der ganzen x–Achse: H = L2 [R], ∀f ∈ L2 [R] ⇒ −∞ |f (x)|2 dx < ∞
Beachte:
- alle Hilberträume derselben Dimension (endlich, abzählbar unendlich, überabzählbar unendlich) sind isomorph
- Cn ist vollständig (Hilberträume mit dichter Basis sind vervollständigbar)
- hϕ| heißt ‘bra’, |ϕi heißt ‘ket’ (-Vektor)
- |λϕi = λ|ϕi ⇒ hλϕ| = λ∗ hϕ|, λ ∈ C. Ein Zahlenfaktor im bra–Vektor wird als konjugiert–
komplexes herausgezogen!
Formal ist hϕ| definiert als lineare Abbildung H −→ C, |ψi −→ hϕ| ψi ∈ C; somit ist hϕ| Element
des zu H ‘dualen’ Hilbertraums.
15
Für endlich–dimensionale Hilberträume gilt
 
ϕ1
∗
 .. 
|ϕi =  .  = ϕ
~ †.
~ ֒→ hϕ| = (ϕ∗1 , . . . , ϕ∗n ) = (~
ϕ ∗ )T = ϕ
~T ≡ϕ
ϕn

ψ1
. 
∗
∗
~ = (ϕ∗ , . . . , ϕ∗ ) 
Das Skalarprodukt ist hϕ| ψi = ϕ
~ †ψ
n  ..  = ϕ1 ψ1 + · · · + ϕn ψn .
1
ψn
∗
†
T
heißt auch ‘adjungierter Vektor’.
hϕ| = ϕ
~ = ϕ
~

3.2
Basis und Operatoren
Im Folgenden betrachten wir endlich–dimensionale Hilberträume.
Eine Orthonormalbasis (ONB) eines N –dimensionalen Hilbertraums besteht aus N Vektoren
{|1i, |2i, . . . , |N i} mit hn| mi = δnm (Kronecker–Delta). Die Vektoren sind also normiert und
zueinander orthogonal. Ein beliebiger
dieser BasisP Vektor |ϕi ∈ H kann als
PLinearkombination
N
vektoren dargestellt werden, |ϕi = N
c
|ni
mit
hm|
ϕi
=
c
hn|
mi
=
c
,
also
m
n=1 n
n=1 n
|ϕi =
N
X
n=1
|nihn| ϕi
(Entwicklung in ONB).
(16)
Beachte: der abstrakte Vektor |ϕi kann in
verschiedenen
Basen dargestellt werden

c1
 c2 
 
- bezüglich fester ONB identifiziere |ϕi =  .  mit Vektor aus CN
 .. 
cN

d1
 d2 
P
PN
 
- mit |ψi = N
d
|ii
=
 ..  und hψ| = j=1 d∗j hj| = (d∗1 , d∗2 , . . . , d∗N )
i=1 i
 . 

dN
P
P
P
P
N
N
∗ hj|
∗
ist hψ| ϕi =
d
c
|ii
= ij d∗j ci hj| ii = N
i
j=1 j
i=1
i=1 di ci ,


c1
 c2 
P
 
2
also hψ| ϕi = (d∗1 , d∗2 , . . . , d∗N )  .  und hϕ| ϕi = N
i=1 |ci | .
.
 . 
cN
Auf H sind lineare Operatoren A: H −→ H definiert. Durch ‘Anwendung’ des Operators A
auf einen Vektor |ϕi ∈ H wird ein neuer Vektor A|ϕi ∈ H erzeugt. Der Operator A ist linear,
wenn für alle λ1,2 ∈ C und alle |ϕ1,2 i ∈ H gilt: A(λ1 |ϕ1 i + λ2 |ϕ2 i) = λ1 A|ϕ1 i + λ2 A|ϕ2 i. Mit
Ausnahme des ‘antilinearen’ Zeitspiegelungsoperators werden sich alle in der Quantenmechanik
verwendeten Operatoren als linear erweisen.
16
P
Lineare P
Operatoren lassen sich durch Matrizen darstellen. Seien |ϕi = n cn |ni und |Aϕi =
A|ϕi
von |ϕi und A|ϕiP
bezüglich einer festen ONB, so ist A|ϕi =
P = m dm |mi die ZerlegungenP
c
hm|
A|
ni
=
c
A|ni
und
d
=
hm|
A|
ϕi
=
m
n Amn cn mit
n n
n n
Amn = hm| A| ni = hm| Ani.
(17)
In Matrixschreibweise lautet die Relation |ψi = A|ϕi also
 
  
A11 A12 . . . A1N
d1
c1
 
..
 d2  
c2 


.
   A21

.
 ..  =  .

  .. 
..
 .   ..
 . 
.
dN
cN
A
...
AN N
| {z } | N 1
{z
} | {z }
=|ψi
=|ϕi
=A
Besonders P
bequem ist die Dirac–Schreibweise für lineare Operatoren. Mit |ϕi =
und hχ| = m hχ| mihm| ist
!
X
X
|mihm|A|nihn| |ϕi.
hχ| A| ϕi =
hχ| mihm| A| nihn| ϕi = hχ|
P
n |nihn| ϕi
m,n
m,n
Der Operator A kann also dargestellt werden als
A=
Insbesondere drückt
1=
P
P
m,n |mihm|A|nihn|
n |nihn|
aus, denn es ist |ϕi = 1|ϕi =
P
m,n |miAmn hn|.
P
n
=
P
m,n |miAmn hn|.
(18)
die Vollständigkeit der ONB {|ni}
(19)
P
P
|nihn| ϕi und A = 1A1 = ( m |mihm|) A ( n |nihn|) =
In Matrixschreibweise:
 
0
0
 
 .. 
.

|mi = 
1 ← m.te Zeile
 
 .. 
.
0
hn| = (0, . . . , 0, 1, 0 . . . , 0)
↑ n.te Spalte

0 0 ...
0 0

 ..
..
.
.

=



0

..
.

|mihn| = . (. . . . . . ) = Pmn
..
=⇒
A=
X
mn
17

0
1
..
.
0





 ← m.te Zeile



↑ n.te Spalte
Amn Pmn
Der zum Operator A hermitesch adjungierte Operator A† ist definiert durch
hχ| A† | ϕi ≡ hAχ| ϕi = hϕ| Aχi∗
∀|ϕi, |χi ∈ H.
(20)
Damit
- A† ist linear
- mit |ϕi = |ni, |χi = |mi:
A†mn = hm| A† | ni = hn| A| mi∗ = A∗nm ֒→ A† = (AT )∗ = (A∗ )T
- hϕ| A| χi = hA† ϕ| χi
∗
denn hχ| (A† )† | ϕi = hA† χ| ϕi = hϕ| A† χi = hAϕ| χi∗ = hχ| Aϕi
- (A† )† = A
- (AB)† ) = B† A†
denn hχ| ABϕi = hA† χ| Bϕi = hB† A† χ| ϕi
Beispiele
- H=
C2
|0i −→ |1i
NOT-GATE:
=⇒
|1i −→ |0i
A=
0 1
1 0
= A†
∂
A = ∂x
, AΨ(x) = Ψ′ (x),
R
R
∗
∂
∂
∂
hϕ| A| ψi = dxϕ∗ (x) ∂x
ψ(x) = dx − ∂x
ϕ(x) ψ(x) =⇒ A† = − ∂x
- H = L2 [R]
3.3
Hermitesche Operatoren
Def. Ein linearer Operator A, der in einem Hilbertraum H wirkt, heißt hermitesch, wenn A =
A† gilt. A† ist der zu A adjungierte Operator. Ist H von endlicher Dimension N , so werden
A und A† durch N × N –Matrizen mit (A† )mn = (Anm )∗ , m, n = 1, 2, . . . , N , dargestellt.
Beispiele:
-
1 i
−i 1
und
∂
i ∂x
†
∂
= +i ∂x
sind hermitesch
- ein allgemeiner hermitescher Operator auf H = C2 ist darstellbar als Linearkombination aus der Einheitsmatrix und den 3 (hermiteschen) ‘Paulimatrizen’ σ x,y,z mit reellen
Koeffizienten a, b, c, d ∈ R:
a−b
a+b
a
c − id
1+
σ z + cσ x + dσ y
=
c + id
b
2
2
mit
1=
1 0
0 1
σx =
0 1
1 0
σy =
0 −i
i 0
σy =
1 0
.
0 −1
Def. Ein Vektor |ϕi ∈ H heißt Eigenvektor (EV) eines Operators A zum Eigenwert (EW) a ∈ C
wenn gilt: A|ϕi = a|ϕi. Die Eigenwerte λ eines Operators A ergeben sich als Lösung von
det(A − λ1) = 0.
Satz (1) Die Eigenwerte hermitescher Operatoren sind reell.
(2) Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal zueinander.
(3) Die Gesamtheit der Eigenvektoren bildet eine Basis des Hilbertraums.
18
Beweis (1) Sei A|ϕi = a|ϕi ֒→ hϕ| A| ϕi = ahϕ| ϕi = hAϕ| ϕi = haϕ| ϕi = a∗ hϕ| ϕi ֒→ a∗ = a
(2) Sei A|ϕi = a|ϕi und A|χi = b|χi mit b 6= a ֒→
hχ| A| ϕi = ahχ| ϕi = hAχ| ϕi = b∗ hχ| ϕi = bhχ| ϕi ֒→ hχ| ϕi = 0.
Def. Unitärer Operator: U† = U−1 bzw. UU† = U† U = 1.
Satz (ohne Beweis): Ein hermitescher Operator A kann durch eine unitäre Transformation U
diagonalisiert werden,


a1 0 . . . 0

.. 
 0 a2
.
−1
†

.
U AU = U AU =  .

.
.
.
.

.
0 ...
an
Satz Die Spaltenvektoren ~ui von U = (~u1 , ~u2 , . . . , ~uN ) sind Eigenvektoren von A zum Eigenwert
ai und bilden eine Orthonormalbasis, ~ui †~uj = δij .
Beweis Die Gleichung ~ui †~ui = 1 bedeutet gerade, dass die Spaltenvektoren orthonormal sind,


 †
1
~u1
 1

 ~u† 


 2


1
U† U = 1 ⇐⇒  .  (~u1 , ~u2 , . . . , ~uN ) = 
 ⇐⇒ ~ui †~uj = δij .

 .. 
.
.. 


†
~uN
1
Wendet man A = U(U† AU)U† auf u~i an, und nutzt die Orthonormalität der Spaltenvektoren aus, sieht man sofort, dass ~ui mit ai multipliziert wird,



A = UU† AUU† = (~u1 , ~u2 , . . . , ~uN ) 




=⇒ A~uj = (~u1 , ~u2 , . . . , ~uN ) 

a1
a2

a1
a2
..
.
aN

~u†1
  ~u† 
 2
 . 
  .. 
~u†N
 
0
 .. 
.



1
← j.te Zeile

..

 .
.

 .. 
aN
0

= aj ~uj .
In Dirac–Notation:
Seien |ui i die Eigenvektoren von A, also A|ui i = ai |ui i. Der damit gebildete Operator U =
P
†
i |ui ihi|, angewendet auf |ji, ergibt U|ji = |uj i, oder – adjungiert – hj|U = huj |. Es folgt
hj ′ | U† AU| ji = huj ′ | A| uj i = aj huj ′ | uj i = aj δjj ′ , d.h. U† AU ist in der {|ji}–Basis diagonal.
Wichtig:
P
Eigenbasis,
Als hermitescher Operator besitzt A eine vollständige
i |ui ihu
Pi| = 1. In dieser
P
Eigenbasis ist A natürlich diagonal, A = 1A1 = j ′ j |uj ′ ihuj ′ | A| uj ihuj | = j |uj iaj huj |.
19
3.4
Postulate der Quantenmechanik
I a) Der Zustand7 eines physikalischen Systems ist durch einen einen Vektor |ϕi in einem
(für das System geeigneten) Hilbertraum H gegeben8 .
b) Mit |ϕ1 i und |ϕ2 i ist auch λ1 |ϕ1 i+λ2 |ϕ2 i mit beliebigen λ1,2 ∈ C ein möglicher Zustand
des Systems (Superpositionsprinzip).
II a) Für jede messbare physikalische Größe wie Ort, Impuls, Spin, Drehimpuls etc. existiert
ein hermitescher Operator A (Observable)9 .
b) Das Ergebnis einer (idealen) Messung von A, also der Messwert, ist einer der Eigenwerte
αn von A.
c) Sei {|ϕn,i i} mit i = 1, .., m eine orthornormierte Basis des Eigenraumes von A zu einem
bestimmten Eigenwert αn , also A|ϕn,i i = αn |ϕn,i i für i = 1, .., m. 10 Eine Messung der
Observablen A am System im Zustand |ϕi liefert den Messwert αn mit der Wahrscheinlichkeit
m
X
|hϕn,i | ϕi|2 .
(21)
pn =
i=1
DabeiPist die Normierung hϕ| ϕi = 1 des Zustands vorausgesetzt; für hϕ| ϕi =
6 1 gilt
m
2
pn = i=1 |hϕn,i | ϕi| / hϕ| ϕi.
III Die Zeitentwicklung eines Zustands |ψi = |ψ(t)i wird durch die Schrödingergleichung
i~∂t |ψi = H|ψi bestimmt. Der Hamiltonoperator H ist hermitesch, H = H† .
Im Folgenden werden wir in der Regel nur normierte Zustände |ϕi verwenden, wir benutzen also
hϕ| ϕi = 1.
Erläuterungen, Folgerungen und Beispiele:
• Welcher Eigenwert αn von A als Ergebnis einer Einzelmessung resultiert, kann prinzipiell
nicht vorausgesagt werden. Eine Vielzahl von Messungen von A an gleich präparierten
Systemen (die sich im gleichen Zustand |ϕi befinden) ergibt den mittleren Messwert (den
Erwartungswert der Observablen A im Zustand |ϕi)
hAi =
X
n
pn αn = hϕ|
X
n
!
αn |ϕn ihϕn| | ϕi = hϕ| A| ϕi
mit hϕ| ϕi = hϕn | ϕn i = 1.
(22)
P
P
P
Hier wurde A = 1·A·1 = ( n |ϕn ihϕn |) A ( m |ϕm ihϕm |) = n αn |ϕn ihϕn | verwendet.
Ist |ϕi nicht normiert, gilt hAi = hϕ| A| ϕi/hϕ| ϕi.
7
|ϕi beinhaltet also die maximale Information, die man im Prinzip über das System haben kann.
Manchmal werden nur normierte Vektoren |ϕi ∈ H mit hϕ| ϕi = 1 als Zustand definiert, was manche Formeln
vereinfacht (siehe Postulat IIc).
9
Es wird sich zeigen, dass es auch Observable ohne klassisches Analogon gibt.
10
Oft gibt es nur einen Eigenvektor |ϕn i zum Eigenwert αn , d.h. das Spektrum ist ‘nicht entartet’ und m = 1.
8
20
• Wenn nicht gerade der Ausgangszustand |ϕi ein Eigenzustand der Messgröße A ist, wird
der Messwert erst durch den Akt der Messung erzeugt – und dies durch zufällige und in
keiner Weise vorhersagbare Auswahl eines der Eigenwerte von A. Vor der Messung ist die
Messgröße unbestimmt. Wir werden an Beispielen sehen, dass es sinnlos ist und zu Widersprüchen mit experimentellen Fakten führt, wenn man annimmt, dass alle Messgrößen
bestimmte Werte haben, auch wenn diese nicht tatsächlich gemessen werden können.
• Das Skalarprodukt hχ| ϕi ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude. Das Betragsquadrat |hχ| ϕi|2
gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ‘der Zustand |ϕi sich im Zustand |χi befindet’. Das
heißt folgendes: gelänge es, eine Messapparatur zu konstruieren, die durch einen hermiteschen Operator beschrieben wird, der |χi als Eigenvektor zu einem nicht entarteten
Eigenwert hat, so würde dieser Eigenwert mit der Wahrscheinlichkeit |hχ| ϕi|2 gemessen.
Z.B. kann man den Projektor Pχ := |χihχ| als mögliche Observable auffassen. Pχ ist hermitesch und hat wegen P2χ = |χihχ||χihχ| = |χihχ| = Pχ nur die Eigenwerte 0 und 1. Der
Zustand |χi ist der Eigenzustand zum Eigenwert 1, alle darauf orthogonalen Vektoren,
also der ganze restliche Hilbertraum, ist Eigenraum zum Eigenwert 0. Damit ist der Erwartungswert hϕ| Pχ | ϕi = |hχ| ϕi|2 die relative Häufigkeit für den Messwert ’1’ und damit
die Wahrscheinlichkeit, den Zustand |χi vorzufinden.
• Die Erwartungswerte und Wahrscheinlichkeiten sind Bilinearformen in |ϕi und hϕ|, und damit invariant bei Phasentransformation |ϕi −→ eiα |ϕi, hϕ| −→ e−iα hϕ|, α ∈ R. Zustände,
die sich nur um einen Phasenfaktor unterscheiden, sind also physikalisch äquivalent. Dagegen ist die relative Phase α2 − α1 bei Superposition zweier Zustände
eiα1 |ϕ1 i + eiα2 |ϕ2 i = eiα1 (|ϕ1 i + ei(α2 −α1 ) |ϕ2 i)
durchaus physikalisch relevant. Beispiel: sind |↑i und |↓i die Eigenzustände der z–Komponente
des Spins, so ist |↑i + |↓i Eigenzustand zur x–Komponente, |↑i + i|↓i Eigenzustand zur
y–Komponente des Spins.
Beispiel 1:
a1
mit |a1 |2 + |a2 |2 = 1. Wir mesEin Qbit befinde sich im Zustand |ϕi = a1 |0i + a2 |1i =
a2
0 1
1
1
. A hat die Eigenvektoren √12
sen A = |1ih0| + |0ih1| =
und √12
zu den
1 0
1
−1
Eigenwerten
α± = ±1. Die möglichen Messergebnisse ±1 werden mit den Wahrscheinlichkeiten
a1ña2 2
w± = 2 angenommen, der Erwartungswert ist hϕ| A| ϕi = w+ − w− = ℜ(a1 a∗2 ).
Beispiel 2:
R dk
Φk eikx . Was ist der Erwartungswert
Ein allgemeines Wellenpaket sei gegeben als ϕ(x) = 2π
des Impulses p? Wir rechnen
Z
~ ∂
∗
hϕ| p| ϕi = dxϕ (x)
ϕ(x)
i ∂x
Z
Z
Z
Z
~ ∂
dk dk′ ∗
dk
dk dk′
′
′
dxΦ∗k′ e−ik x
Φk′ Φk ~k dxei(k−k )x =
|Φk |2 ~k.
Φk eikx =
=
2π 2π
i ∂x
2π 2π
2π
|
{z
}
=2πδ(k−k ′ )
21
Zeitentwicklung
Wie schon im Kapitel 2.2 argumentiert, muss die Zeitentwicklung, also Postulat III, konsistent
dazu sein, dass Wahrscheinlichkeiten erhalten sind. Dazu berechnen wir
∂t hϕ(t)| ϕ(t)i = h
1
1
1
Hϕ| ϕi + hϕ| Hϕi =
−hϕ| H+ | ϕi + hϕ| H| ϕi = 0
i~
i~
i~
d.h. die Hermitezität H = H+ garantiert gerade die Wahrscheinlichkeitserhaltung.
Für einen zeitunabhänigen Hamiltonoperator H läßt sich die Zeitentwicklung aus einer Entwicklung nach Eigenfunktionen |ϕn i des Hamiltonoperators berechnen. Die |ϕn i spannen eine Orthonormalbasis auf mit H|ϕn i = En |ϕn i und hϕn | ϕm i = δnm . Mit i~∂t |ϕn (t)i = En |ϕn (t)i folgt für
En t
beliebiger Zustand |Ψ(t)i läßt
die Zeitabhängigkeit der Basiszustände |ϕn (t)i = e− ~ |ϕn i. EinP
sich z.B. für t = 0 nach der {|ϕn i}–Basis entwickeln, |Ψ(0)i =
cn |ϕn i mit cn = hϕn | Ψ(0)i.
Da die Schrödingergleichung linear ist, ist
|Ψ(t)i =
P
n
e−iEn t/~ cn |ϕn i =
P
−iEn t/~
ne
|ϕn i hϕn | Ψ(0)i
(23)
deren Lösung zur Anfangsbedingung |Ψi = |Ψ(0)i für t = 0.
Beispiel
0 −i
Spin 1/2 im Magnetfeld B in y–Richtung. Der Hamiltonoperator ist H = B
, die
i 0
1
Eigenvektoren zu den Eigenwerten E1,2 = ±B sind |α1,2 i = √12
. Mit dem Anfangszustand
±i
1
1
1
1
√
√
|Ψ(t = 0)i =
ist c1 = hα1 | Ψi = 2 und c2 = hα2 | Ψi = 2 , also |Ψ(t = 0)i =
=
0
0
1
1
√1 (|α1 i + |α2 i) = 1
. Für den Zustand zur Zeit t folgt damit
+
2
2
−i
i
1 −iBt/~ 1
1 iBt/~ 1
cos Bt
~
|Ψ(t)i = e
+ e
=
i
−i
sin Bt
2
2
~
Die Magnetisierung in z–Richtung ist mit Sz =
~
hSz i = hΨ| Sz | Ψi =
2
~
2
1 0
0 −1
Bt
Bt
− sin2
cos
~
~
2
22
=
2Bt
~
cos
.
2
~
3.5
Kopenhagener Interpretation und Messprozesse
Nach Postulat II ist das Ergebnis einer Messung im Allgemeinen zufällig. Misst man jedoch die
selbe Größe sofort nochmal, bekommt man immer das selbe Ergebnis wie bei der ersten Messung.
Die gängige Kopenhagener Interpretation11 der Quantenmechanik führt daher ein zusätzliches
Postulat zum Messprozess ein (‘Wellenfunktionskollaps’).
IV Bei einer (idealen) Messung von A mit dem Ergebnis α kollabiert die Wellenfunktion und
wird auf den Eigenraum zum Eigenwert α von A projeziert,
Messung
|ϕi −→ |ψi =
Pα |ϕi
;
kPα |ϕik
(24)
dabei ist Pα = P2α der Projektor auf den Eigenraum zum Eigenwert α.
Beachte
- eine sofortige weitere Messung von A liefert also mit 100% Wahrscheinlichkeit wieder das
gleiche Ergebnis α, da |ψi Eigenvektor zum Eigenwert α ist.
- P
sei {|ϕαi i} mit i = 1, 2, . . . m eine ONB des Eigenraums zum Eigenwert α, so ist Pα =
m
α
α
i=1 |ϕi ihϕi |
- gibt es nur einen Eigenvektor |ϕα i zum Eigenwert α, so ist der Zustand nach der Messung
eindeutig |ψi = |ϕα i
- der hier postulierte Messprozess ist nichtlinear, dagegen ist die Quantenmechanik linear!
Der Messprozess scheint also auf den ersten Blick nicht mit der linearen Theorie, wie sie in
den Postulaten I-III formuliert ist, beschreibbar zu sein. Dies ist aber nicht ganz richtig,
wie wir später diskutieren werden. Das Postulat IV wird sich z.B. als nicht nötig erweisen,
wenn die Messung und der Beobachter quantenmechanisch beschrieben werden.
Beispiel
1
0
H=
Qbit oder Spin 1/2. Basiszustände von H sind |↑i =
und |↓i =
;
0
1
1 0
mit Eigenwerten ± 21 .
dieses sind die Eigenzustände der Observablen Sz = 21
0 −1
|ϕi
1
1 0 1
1
hat die Eigenzustände ′ = √2
Die Observable Sx = 2
mit Eigenwerten ± 21 .
1 0
|ϕ i
±1
1
1
1
Der Zustand des Qbit sei der Eigenzustand |ϕi = √2 (|↑i + |↓i) = √2
von Sx .
1
Im Zustand |ϕi messen wir Sz und Sx , und zwar in beiden möglichen Reihenfolgen
C2 ,
Fall 1 erst messe Sz (am Zustand |ϕi):
es resultieren mit je 50% Wahrscheinlichkeit die Messwerte ± 12 , der Zustand |↑i oder |↓i
dann messe Sx (jetzt am Zustand |↑i oder |↓i):
|ϕi
es resultieren mit je 50% Wahrscheinlichkeit Messwerte ± 12 , Zustand ′
|ϕ i
Fall 2 erst messe Sx (am Zustand |ϕi):
mit Wahrscheinlichkeit 100% ist der Messwert + 21 , der Zustand unverändert = |ϕi
dann messe Sz (immer noch am Zustand |ϕi):
es resultieren mit je 50% Wahrscheinlichkeit die Messwerte ± 21 , der Zustand |↑i oder |↓i.
11
Die Bezeichnung würdigt die besondere Rolle von Niels Bohr.
23
3.6
Unschärferelation
• Klassische Welle, z.B. Schall:
Die Frequenz ω schätzen wir ab durch die Zahl N der
N
Maxima im Zeitintervall ∆t als ω ≈ 2π ∆t
. Wenn diese
Zahl nur auf ±1 genau gemessen werden kann, führt
dies zu einem Fehler ∆ω ≈ 2π ±1
∆t oder ∆ω · ∆t ≈ 1.
N Maxima
∆t
t
• Gaußsches Wellenpaket (Kap.2.3):
x 2
1
1
Ψ(x) = eik0 x e− 4 ( ∆x ) √
∆x(2π)1/4
Z
= Φk eikx dk mit
Ψ ( x)
Die Breite ∆k im k–Raum ist reziprok zu der Breite
∆x im Ortsraum, ∆x · ∆k ≈ 1, siehe nebenstehende
Skizze.
Ψ ( x)
Φ ( k)
2 ∆x2
Φk = e−(k−k0 )
k
x
Φ ( k)
x
k
• Allgemeine Verteilung einer Messgröße A:
Sei |αi (eindeutiger) Eigenvektor zum Eigenwert α mit hα| αi = 1, p(α) = |hα| ψi|2 , so ist
der Erwartungswert hAi = hψ| A| ψi
Breite=Schwankung oder ‘Unschärfe’
12
und die
1
∆A = h(A − hAi)2i 2 =
X
α
!1
2
p(α)(α − hAi)2
Die folgenden Skizzen zeigen eine allgemeine Verteilung (links), eine Verteilung mit geringer
Schwankung (mitte), und eine Verteilung mit größerer Schwankung (rechts).
p (α)
∆A
∆A
α
α
A
α
A
Beispiel
Ort
Z
Z
Ψ (x)xΨ(x)dx, hx i = Ψ∗ (x)x2 Ψ(x)dx
E
D
2
2
∆x = (x − hxi) = hx2i − 2hxihxi + hxi2 = hx2i − hxi2
hxi =
Impuls
hpi =
Z
∗
∂
Ψ (x) −i~
∂x
∗
∆p2 = · · · = hp2i − hpi2
2
Ψ(x)dx,
2
hp i =
Z
∂2
Ψ (x) −~
∂x2
∗
Wir suchen jetzt eine Beziehung zwischen ∆x und ∆p.
12
Mit der Schreibweise ∆A (nicht ∆A) folgen wir einer allgemeinen Konvention.
24
2
Ψ(x)dx
Heisenbergsche Unschärferelation
Für zwei hermitesche Operatoren A und B gilt
∆A∆B ≥
1
2
i[A, B] ,
speziell
∆x∆p ≥
~
2
(25)
Alle Erwartungswerte beziehen sich auf den gleichen Zustand |ψi.
Beweis
Sei A0 = A − hAi1, B0 = B − hBi1 und C = i[A, B] = i[A0 , B0 ]; die letzte Gleichheit gilt,
weil jeder Operator mit dem Einsoperator 1 vertauscht. Der hier definierte Operator C ist (mit
dem Faktor i) hermitesch, denn es ist C† = −i[A, B]† = −i[B† , A† ] = −i[B, A] = C. Nun sei
|ψiλ = (A0 + iλB0 )|ψi mit λ ∈ R. Für den Betrag dieses Vektors gilt
0 ≤ λhψ| ψiλ = hψ| (A0 − iλB0 )(A0 + iλB0 )| ψi
= hA20i + iλhψ| A0 B0 − B0 A0 | ψi +λ2 hB20i
|
{z
}
=λhCi
hCi
Als Funktion von λ ist dies eine Parabel mit Minimum bei λ = λm = − 2hB
2i . An dieser Stelle
0
wird die Abschätzung zu
0 ≤ hA20i −
hCi2
1 hCi2
+
2hB20i 4 hB20i
oder
1
hA20ihB20i ≥ hCi2 .
4
(26)
Da C hermitesch, ist die rechte Seite der letzten Gleichung ≥ 0. Ferner ist hA20i = (∆A)2 ,
hB20i = (∆B)2 , womit die Unschärferelation bewiesen ist.
Folgerungen
- Ort und Impuls eines Teilchens sind nicht beide wohldefiniert
- Messungen beeinflussen System notwendigerweise, z.B. führt Ortsmessung mit Auflösung
~
∆x zum Kollaps der Wellenfunktion, danach ist Impuls unbestimmt: ∆p ∼ ∆x
; folgt aus
Physik des Messprozesses
Beispiele
- Messe Position eines Teilchens durch Streuung mit Licht der Wellenlänge λ, die erreichbare Ortsauflösung ist ∆x ∼ λ, die Impulsänderung des Photons ist ∼ ~k = ~ 2π
λ =⇒
~
Impulsänderung des Teilchens ∼ ~k ∼ ∆x
- Spalt
Physik: Beugung mit Beugungswinkel α
⇒ typischer Impulsübertrag in y–Richtung
α
∆py ∼ p sin α ∼
d
λ 2π~
d λ
∼
2π~
d
⇒ Interpretation: Ortsmessung mit Auflösung ∆y ∼ d
und ∆y∆py ∼ 2π~
y
x
25
- H–Atom:
H=
p2
2m
−
Minimiere Energie Emin
∆x =
~2
me2
e2
r ,
~
1
Abschätzung hpi ∼ ∆x
, h 1r i ∼ ∆x
.
2
e2
~
1
~2 2
min
∼ min∆x 2m
֒→ 0 =
˙ ∂E
∂(∆x) = − 2m ∆x3 +
∆x2 − ∆x
= a0 = Bohrradius ֒→ Emin = − 12
me4
~2
e2
∆x2
֒→
= −13.6 eV (= 1 Rydberg).
Zufall: exaktes Ergebnis, kein Zufall: qualitativ korrekt.
Energieunschärfe und Ehrenfest–Relationen
Für die Zeit t existiert kein Operator, somit ist auch keine Schwankung ‘∆t’ definiert. Trotzdem
gilt qualitativ für die Energieunschärfe ∆t · ∆H ≥ ~, und zwar im folgenden Sinne. Sei A ein
beliebiger hermitescher Operator, so gilt
d
1
1
d
hAi = hψ(t)| A| ψ(t)i = hψ(t)| AH − HA| ψ(t)i = h [A, H]i.
dt
dt
i~
i~
2
p
Sei speziell H = 2m
+ V (x), so folgt für A = x und
1
i~ [p, H] = −∇V (x)
DpE
d
,
hxi =
dt
m
d
hpi = − h∇V (x)i
dt
1
i~ [x, H]
=
p
m
bzw. für A = p und
(Ehrenfest–Relationen),
(27)
was den Hamiltonschen Bewegungsgleichungen im klassischen Limes entspricht. Somit gilt für
eine beliebige Observable A die Unschärferelation
~ d
2
|dhAi|
1
≤ ∆H|dt|.
∆H∆A ≥ |hi[A, H]i| = hAi oder
2
2 dt
∆A
~
Eine relevante Änderung des Erwartungswertes einer beliebigen Observablen (von der Grössen~
ordnung der Schwankung) erfolgt demnach in einem Zeitintervall |dt| ≥ τ := 2∆H
; die Zeitskala τ
erweist sich als nicht von der Observablen A abhängig. In stationären Zuständen verschwindet
die Energieschwankung ∆H und die Observablen haben – soweit nicht exlizit zeitabhängig –
konstante Erwartungswerte.
Weiteres Beispiel:
Das Gausspaket in Kap.2.3 ist eine nichtstationäre Lösung der freien Schrödingergleichung mit
~
~2
4m
1
2
(∆p)2 = 8m(∆x)
∆H = 2m
2 . Das Paket verbreitert sich auf der Zeitskala τ = 2∆H = ~ (∆x) .
26
3.7
Unendlichdimensionale Hilberträume
Die wichtigsten Hilberträume der Quantenmechanik sind ∞–dimensional. Damit sind einige mathematische Besonderheiten verknüpft, die hier kurz diskutiert werden sollen. So sind einige der
in Abschnitt 3.2 und 3.3 hergeleiteten Sätze nur mit etwas Vorsicht auf physikalische Situationen
übertragbar.
Beispiele für physikalisch wichtige unendlich dimensionale Hilberträume sind
- H = L(2) [a, b] und H = L(2) [R], der Raum der quadratintegrablen Funktionen über einem
endlichen Intervall [a, b] oder über der ganzen reellen Achse R
P
n
o
P
∞
2 < ∞ , der Raum der
- H = ℓ(2) = |ϕi = {cn , n = 1, 2, . . . } ≡ ∞
c
|ni
|c
|
n
n
n=1
n=1
quadratsummierbaren unendlichen Folgen (die Basisvektoren |ni sind die Folgen, die an
n–ter
eine 1, ansonsten nur Nullen enthalten. Das Skalarprodukt ist hier hϕ′ | ϕi =
P∞ Stelle
13
′∗
n=1 cn cn .
Problem:
Physikalisch relevante Operatoren sind oft unbeschränkt (d.h. es ist sup|ϕi∈H kA|ϕik
k|ϕik = ∞) und
/ H da kA|ϕik divergiert!
sogar oft nicht auf ganz H definiert. Es gibt also |ϕi ∈ H mit A|ϕi ∈
Beispiele
- ϕ(x) =
q
1
1+x2
∈ H = L(2) [R], aber xϕ(x) ∈
/ H, da
1
- ϕ(x) = x− 3 ∈ H = L(2) [0, 1], aber
Folge
∂
∂x ϕ(x)
R∞
2
−∞ |xϕ(x)| dx
4
= − 13 x− 3 ∈
/ H da
R1
0
=∞
∂
ϕ(x)|2 = ∞.
| ∂x
- Sätze und Beweise für endlich–dimensionale Hilberträume sind nicht einfach übertragbar
- Gleichungen wie A = A† sind nur auf (dichtem) Unterraum von H gültig
- in der Praxis können diese Probleme meist ignoriert werden
- wichtig: Eigenvektoren sind oft nicht normierbar!
Wir verwenden daher Pseudo–Eigenvektoren.
Der Impuls ~p = −i~∇ hat als Eigenvektor |~ki die Funktion x 7→ eikx . Formal ist |~ki ∈
/ H =
(2)
d
~
~
~
~
L [R ], da hk| ki = ∞. Dennoch ist {| ki} eine nützliche Basis, denn es existiert hk| Ψi =
R
R
~
~′ ~
d~x e−ik·~x Ψ(~x) = Φ~k , und h~k| ~k ′ i = d~x e−i(k −k)·~x = (2π)d δd (~k − ~k ′ ) ist als δ–Funktion14 zu
R d~k i~k·~x
R d~k i~k·~x
verstehen. Wegen Ψ(~x) = (2π)d e Φ~k = (2π)d e h~k| Ψi gilt
1=
R
d~k ~ ~
|kihk|
(2π)d
=
R
d~
p
|~
pih~
p|
(2π~)d
mit |~
pi = x 7→ ei~p·~x/~ , ~p|~
pi = ~
p |~
pi (rechts steht der d–dimensionale Vektor p~ als Eigenwert).
Welches sind die Eigenfunktionen Ψ~r (~x) des Ortsoperators ~x zum Eigenwert ~r? ~x wirkt auf Ψ~r (~x)
multiplikativ ֒→ ~xΨ~r (~x) = ~xΨ~r (~x) = ~r Ψ~r (~x) ֒→ Ψ~r (~x) = δd (~x − ~r) ∈
/ L(2) [Rd ]. Insgesamt:
13
14
Warum ist das Skalarprodukt wohldefiniert? Antwort: Schwarzsche Ungleichung |hϕ′ | ϕi|2 ≤ hϕ| ϕihϕ′ | ϕ′ i
für einen d–dimensionalen Vektor ~
q = (q1 , . . . , qd ) ist δ d (~
q ) ≡ δ(q1 ) . . . δ(qd ).
27
~
|~
pi = {~x 7→ eik·~x }
Z
h~
p| Ψi = dd ~x e−i~p·~x/~ Ψ(~x) = Φp~
|~ri = {~x 7→ δd (~x − ~r)}
Z
h~r| Ψi = dd ~x δd (~x − ~r)Ψ(~x) = Ψ(~r)
h~
p ′ | p~i = (2π~)d δd (~
p ′ − p~)
Z
dd ~
p
1=
|~
pih~
p|
(2π~)d
h~r ′ | ~ri = δd (~r ′ − ~r)
Z
1 = dd~r |~rih~r|
Auch wenn die Eigenfunktionen des Orts- oder Impulsoperators nicht normierbar sind, sind sie
doch extrem nützlich. Wir haben sie z.B. bereits im Kapitel 2 verwendet. Insbesondere erlauben
sie uns den Zusammenhang zwischen den abstrakten Vektoren |Ψi und der Wellenfunktion
Ψ(r, t) herzustellen.
Sprachregelung:
- |Ψi ist Vektor im ‘abstrakten’ Hilbertraum H
- Ψ(~r) = h~r | Ψi ∈ L(2) [Rd ] ist (Komponente von) |Ψi in Ortsbasis
- Φp~ = h~
p | Ψi ∈ L(2) [Rd ] ist (Komponente von) |Ψi in Impulsbasis
Die Schrödingergleichung ist
i~∂t |Ψ(t)i = H|Ψ(t)i in koordinaten– bzw. basisinvarianter Form
h~r | i~∂t | Ψ(t)i = h~r | H| Ψ(t)i im Ortsraum
h~
p | i~∂t | Ψ(t)i = h~
p | H| Ψ(t)i im Impulsraum
hE| i~∂t | Ψ(t)i = hE| H| Ψ(t)i in Energiedarstellung mit H|Ei = E|Ei
Die Basisvektoren h~r |, h~
p | oder hE| sind zeitunabhängig, also ist h~r| i~∂t | Ψ(t)i = i~∂t h~r| Ψ(t)i =
p2
+ V (~x) ist
i~∂t Ψ(~r, t), analog mit h~
p | und hE|. Für einen Hamiltonoperator der Form H = 2m
h~r |V (~x) = h~r |V (~r) und h~
p |p2 = h~
p |p2 (links der Operator ~x bzw. p2 , rechts der Zahlenwert),
ferner
Z
Z
∗
h~r | ~p| Ψi = d~x (−i~∇~x δ(~x − ~r)) Ψ(~x) = −i~∇~r d~x δ(~x − ~r)Ψ(~x) = −i~∇~r Ψ(~r),
und analog gilt15
h~
p |~r| Ψi = i~∇p~ Ψ(~
p),
Es folgen die Schrödingergleichungen im
Ortsraum
i~∂t Ψ(~r, t) =
Impulsraum
−
~2
2m
2
∇ + V (~r) Ψ(~r, t)
i~∂t Φ(~
p, t) =
p2
+ V (i~∇p~ ) Φ(~
p, t).
2m
In der Energiebasis lautet mit hE| Ψ(t)i =: Ψ(E, t) die Schrödingergleichung i~∂t Ψ(E, t) =
EΨ(E, t) mit der Lösung Ψ(E, t) = e−iEt/~ Ψ(E, 0).
15
Der Kommutator von Ortsvariable und Impuls bleibt damit erhalten, [p, i~∂p ] = −i~.
28
4
Quantenmechanik in einer Dimension
Die Lösung der Schrödingergleichung i~∂t |Ψ(t)i = H|Ψ(t)i für einen zeitunabhängigen Hamiltonoperator H lässt sich allgemein ansetzen als |Ψ(t)i = e−iEt/~ |Ψi, E ∈ R, wobei |Ψi die
zeitunabhängige Schrödingergleichung
E|Ψi = H|Ψi
(28)
zu erfüllen hat. Gesucht sind also die Eigenwerte und Eigenvektoren des Hamiltonoperators H.
4.1
Teilchen im Kasten
Der (unendlich hohe) Potentialkasten ist definiert duch
V (x) =
V(x)
0 für 0 < x < L
V0 sonst, mit V0 → ∞, d.h. V0 ≫ E.
Zu lösen ist die Schrödingergleichung im Ortsraum
~2 ∂ 2
EΨ(x) = −
+ V (x) Ψ(x).
2m ∂x2
V0 → ∞
E
x
2
~
Im Aussenbereich x > L bzw. x < 0 ist also (E − V0 )Ψ = − 2m
Ψ′′ ֒→ Ψ = a1 e−κx + a2 eκx mit
R
~2 2
dx|Ψ|2 < ∞) führt auf
2m κ = V0 − E > 0. Die Forderung der Normierbarkeit von Ψ (d.h.
a1 e−κx für L < x
Ψ(x) =
und im Limes V0 → ∞ auf Ψ(x) = 0 für x ∈
/ [0, L].
a2 eκx
für x < 0
An den Enden des Topfes bei x = 0 und x = L muss die Wellenfunktion – auch im Limes
V0 → ∞ – stetig sein (Begründung folgt). Für das Topfinnere ist demnach die DGL
k2 Ψ(x) + Ψ′′ (x) = 0 mit E =
~2 k2
und den Randbedingungen Ψ(0) = Ψ(L) = 0
2m
zu lösen. Die allgemeine Lösung ist Ψ(x) = a1 eikx +a2 e−ikx = c1 cos kx+c2 sin kx mit a1,2 , c1,2 ∈ C.
Die Randbedingungen erfordern c1 = 0 und sin kL = 0, also
π
~2 2
n, En =
k , n ∈ N.
(29)
L
2m n
Die Forderung der Normierbarkeit führt also über die Randbedingungen auf diskrete, ‘quantisierte’ Energien En .
q
RL 2
2
L
Eine ONB von Eigenfunktionen lautet Ψn (x) =
L sin kn x, da 0 sin kn x = 2 ist, oder in
Dirac–Schreibweise |ni = {x 7→ Ψn (x)} mit hn| n′ i = δnn′ . Speziell besitzt der Grundzustand |1i
~2 π 2
mit E1 = 2m
eine nichtverschwindende ‘Nullpunktsenergie’, wie dies auch die UnschärfeL
2
~2
2
relation (∆p) ≥ 4 (∆x)2 ∼ L~ 2 verlangt.
√
L
~2 π 2
2mE.
NE2 ≈ E, also NE ≈ π~
Für die Zahl NE der Zustände mit Energien En < E gilt 2m
L
Wir vergleichen dies mit dem klassischen Phasenraumvolumen
Z L Z
√
dp = L · 2 · 2mE
dx
Φ(E) =
k = kn =
0
und stellen für NE ≫ 1 fest: NE ≈
p2 /2m+V (x)≤E
Φ(E)
2π~
oder NE ≈
Φ(E)
(2π~)d
in d Dimensionen (gilt auch für
beliebiges V (~r)) . Jeder Quantenzustand nimmt also ein Phasenraumvolumen (2π~)d ein (wichtig
für die statistische Physik).
29
4.2
Kommutierende Operatoren und Paritätsoperator
Satz
Seien A, B hermitesch, dann gilt [A, B] = 0 ⇐⇒ A und B sind simultan diagonalisierbar,
d.h. es existiert eine ONB {|ni} mit A|ni = αn |ni und B|ni = βn |ni.
Beweis
⇐:
⇒:

α1 0

 0 α2
A=
 ..
 .
0 ...
...
..
.

0
.. 
. 
,


αn

β1
0

0
B=
 ..
.
0
β2
...
..
...
.

0
.. 
.



βn
⇒ [A, B] = 0 .
Sei {|α, ii, i = 1, . . . , m} eine Basis des Eigenraums Hα der EVn von A zum EW α,
d.h. A|α, ii = α|α, ii (der EW α sei m–fach entartet). Dann gilt
BA|α, ii = αB|α, ii
= AB|α, ii
und
wegen AB = BA
P
α
d.h. B|α, ii ist EV von A zum EW α und deshalb darstellbar als B|α, ii = m
j=1 bij |α, ji.
α
α
b (mit Matrixelementen bij in der {|α, ii}–Basis) ist ein hermitescher Operator auf Hα
und lässt sich deshalb mit einer m × m–Matrix
α diagonalisieren,

U
bα1 . . . 0


U†α bα Uα =  ... . . .
.
α
0 . . . bm
Die neuen Basiszustände 16 |α, ii′ = Uα |α, ii sind
die Eigenzustände von bα ,
 .
 α
..
b1 . . . 0


 .. . .
α
′
α
α
α
α α
α
′

b |α, ii = b U |α, ii = U  .

.
1 ← i.te Zeile = bi U |α, ii = bi |α, ii ,
..
0 . . . bαm
.
und weiterhin EVn von A zum EW α. Fortsetzung des Verfahrens in den weiteren Ei′
genräumen Hα von A mit EWn α′ 6= α überführt die ursprünglich blockdiagonale Matrix
B in vollständige Diagonalform. Dabei ist der Fall eindimensionaler Eigenräume von A
trivial, der EV von A ist auch EV von B.
Der Paritätsoperator P ist durch seine Wirkung in der Ortsdarstellung definiert.
Def.
PΨ(x) = Ψ(−x)
R
R
P ist hermitesch, denn hΨ2 | PΨ1 i = dx Ψ∗2 (x)Ψ1 (−x) = dx Ψ∗2 (−x)Ψ1 (x) = hPΨ2 | Ψ1 i.
Ferner ist offensichtlich P2 = 1, es gibt also nur die Eigenwerte ±1. Die Eigenfunktionen zum
EW +1 sind die geraden Funktionen (Ψ(x) = Ψ(−x)), die zum EW −1 die ungeraden Funktio~2 ∂ 2
nen (Ψ(x) = −Ψ(−x)). Ein Hamiltonoperator der Form H = − 2m
+V (x) mit V (x) = V (−x)
∂x2
vertauscht mit dem Paritätsoperator. Die Eigenfunktionen von H können deshalb als gerade oder
ungerade Funktionen von x gewählt werden (bei Streuzuständen wäre dies nicht angebracht).
Als Spaltenvektor enthält |α, ii eine 1 in der i–ten Zeile, ansonsten nur Nullen; |α, ii′ ist in dieser Darstellung
die i–te Spalte der Matrix U.
16
30
4.3
Potentialtopf
Der Potentialtopf ist definiert durch
V (x) =
0 für |x| >
V0 für |x| <
L
2
L
2
(aussen)
(innen)
Zu lösen ist die Schrödingergleichung (SG)
~2 ∂ 2
EΨ(x)
aussen
Ψ(x) =
−
(E − V0 )Ψ(x) innen.
2m ∂x2
I
II
L
2
III
L
2
V0 < 0
Nebenstehend skizziert ist der Topf, sowie die Wellenfunktionen des Grundzustands (durchgezogen) und
des ersten angeregten Zustands (unterbrochene Linie,
beide nicht maßstäblich).
2
~
Lösungen der SG − 2m
Ψ′′ = EΨ im Aussenraum |x| >
L
2:
2 2
k
= E und a1,2 ∈ C.
für E > 0 :
Ψ(x) = a1 eikx + a2 e−ikx mit ~2m
Dies ergibt ungebundene Lösungen (Streuzustände), die wir später behandeln.
2 2
κ
für E < 0 :
Ψ(x) = a1 e−κx + a2 eκx mit − ~2m
= E < 0 und a1,2 ∈ C.
Wir suchen gebundene, normierbare Lösungen. Dies erfordert a2 = 0 für x >
für x < − L2 ֒→ ΨI (x) = Aeκx , ΨIII (x) = Be−κx
2
~
Lösungen der SG − 2m
Ψ′′ = (E − V0 )Ψ im Innenraum |x| <
für E > V0 :
L
2
ist Ψ(x) stetig differenzierbar
und a1 = 0
L
2:
ΨII (x) = b1 eik̃x + b2 e−ik̃x = C cos k̃x + D sin k̃x
Forderung: bei |x| =
L
2
mit
~2 k̃ 2
2m
= E − V0 > 0
so dass Ψ′′ (x) endlich.
Die daraus resultierenden Anschlussbedingungen
L
L
L
L
′
′
ΨI −
= ΨII −
,
ΨI −
= ΨII −
,
2
2
2
2
L
L
L
L
ΨII
= ΨIII
,
Ψ′II
= Ψ′III
2
2
2
2


A
 B 

liefern ein homogenes lineares Gleichungssystem für A, B, C, D der Form ME 
 C =0
D
mit einer 4 × 4–Matrix ME . Eine nichttriviale Lösung erfordert det ME = 0, aus dieser
Gleichung folgen diskrete Energien E.
Da der Potentialtopf spiegelsymmetrisch ist, V (x) = V (−x), vertauscht der Paritätsoperator mit dem Hamiltonoperator, [P, H] = 0, und die Eigenfunktionen sind gerade oder
ungerade wählbar.
31
Gerade Eigenfunktionen: A = B, D = 0.
Die Anschlussbedingungen 17 Ae−κL/2 = C cos(k̃L/2) und κAe−κL/2 = k̃C sin(k̃L/2) liefern
κ = k̃ tan(k̃L/2) als Bedingung für die Existenz einer gebundenen Lösung. Durch Einsetzen
2 κ2
von κ und k̃ wird daraus eine Gleichung für E = − ~2m
!
r
r
r
2m(E − V0 )
2m(E − V0 ) L
2mE
− 2 =
.
tan
·
~
~2
~2
2
Mit den dimensionslosen Größen
Potentialtiefe
2mV0 L 2
2
=
,
y = k̃L/2, α = − 2
~
2
typ.kin.Energie
ist die Gleichung
+
p
α2 − y 2 = y tan y
mL2
α −y =− 2 E =
2~
2
2
κL
2
2
mit y ≥ 0
p
zu lösen. Die Lösungsmenge läßt sich grafisch anschaulich machen. Die linke Seite, α2 − y 2 ,
ist ein Kreisbogen mit Radius α, die rechte Seite, y tan y, hat die gleichen Nullstellen und
Polstellen wie tan y, verläuft jedoch mit wachsendem y steiler und ∝ y 2 bei y = 0. Wegen
κ, k̃ ≥ 0 genügt der erste Quadrant (s.Skizze links). Als Anzahl der geraden Lösungen liest
man ab
√
hαi
−2mV0 L
=1+
,
n+ = 1 +
π
π~
dabei bezeichnet [x] die nächstkleinere ganze Zahl unterhalb von x.
Ungerade Eigenfunktionen: A = −B, C = 0.
Hier liefern die Anschlussbedingungen
p
2
2
+ α − y = −y cot y
mit y ≥ 0,
(siehe Skizze rechts). Es gibt keine ungerade Lösung für α < π2 . Es ist
α 1
2α
n− =
−
und
n+ + n− = 1 +
π 2
π
die Anzahl der ungeraden bzw. die Gesamtzahl der gebundenen Lösungen mit Energie
E < 0.
8
8
6
6
4
4
2
2
2
4
6
8
10
12
14
2
4
6
8
10
12
14
In einer Dimension hat der anziehende Potentialtopf also mindestens einen gebundenen (geraden)
Zustand. Mit zunehmender Topftiefe/breite treten abwechselnd weitere ungerade und gerade
Zustände hinzu. Im Grenzfall des endlich breiten und unendlich tiefen Topfes ist der Kreisradius
α = ∞ und die Nullstellen von tan y und cot y liefern die aus 4.1 bekannten Energien. Der
Limes L → 0, V0 → −∞ mit LV0 = W =const. liefert das ‘δ–Potential’ V (x) = W δ(x). Hier
2~2
2~2 4
m
mW 2
~2 κ 2
2
2
2
wird α2 − y 2 ≍ y 4 ≍ α4 ≪ 1 ֒→ −E = mL
2 (α − y ) ≍ mL2 α = 2~2 (LV0 ) = 2~2 ≡ 2m . Es
gibt nur einen gebundenen Zustand, die Wellenfunktion verläuft ∝ e−κ|x| .
17
sie gelten sowohl für den Anschluss von I nach II, als auch von II nach III
32
4.4
Streuzustände
Wir betrachten ein allgemeines 1–d Potential, das in einem
Bereich |x| < a beschränkt sei, d.h. V (x) ≡ 0 für |x| > a (siehe Skizze). Wir suchen stationäre Lösungen der Schrödingergleichung
~2 ′′
−
ψ (x) = (E − V (x)) ψ(x)
2m
und setzen an
für |x| > a
ψI/III (x) = aI/III eikx + bI/III e−ikx
für |x| < a
II
ψII (x) = c1 ϕII
1 (x) + c2 ϕ2 (x).
V(x)
I
II
III
x
a
−a
mit E =
~2 2
k
2m
(30)
ϕII
i (x), i = 1, 2 sind 2 linear unabhängige Lösungen im Bereich |x| < a, die z.B. durch numerische
Integration der SG gewonnen werden können. Die Anschlussbedingungen bei |x| = a,
ψI (−a) = ψII (−a)
ψII (a) = ψIII (a)
ψI′ (−a)
′
′
ψII
(a) = ψIII
(a)
=
′
ψII
(−a)
liefern 4 lineare Gleichungen für 6 Unbekannte. Nach Erfüllung der Anschlussbedingungen gibt
es für jede vorgegebene Energie E zwei linear unabhängige Lösungen und die allgemeine Lösung
ist eine Linearkombination daraus, ψ(x) = α1 ψ1 (x) + α2 ψ2 (x) für −∞ < x < ∞. Um diese
Lösungen interpretieren zu können, muss man das Verhalten im Grenzfall x = ±∞ festlegen.
Gebundene Lösungen erfordern hinreichend starkes Verschwinden von ψ(x) im Unendlichen, was
nur für bestimmte diskrete Energieeigenwerte E vorliegt, wie wir im letzten Abschnitt gesehen
haben. Jetzt suchen wir Lösungen eines anderen Typs, die ebenfalls physikalisch interpretierbar
und experimentell realisierbar sind.
Dieses sind die Streuzustände. Im Experiment lässt man Teilchen der Masse m z.B. von x = −∞
2 k2
auf den Bereich des Potentials zulaufen und
her kommend mit vorgebener Energie E = ~2m
beobachtet bei x = +∞ die durchgelassenen, und bei x = −∞ die zurück gestreuten Teilchen.
Diese Situation wird durch den Lösungsansatz
ψI (x) = eikx + re−ikx
ikx
ψIII (x) = te
(x < −a)
(x > a)
II
ψII (x) = c1 ϕII
1 (x) + c2 ϕ2 (x)
(−a < x < a)
mit r, t, c1,2 ∈ C beschrieben. Im Vergleich zur allgemeinen Lösung (30) wurde der Koeffizient
der von links einlaufenden Welle aI = 1 und der der von rechts einlaufenden Welle bIII = 0
gesetzt; die restlichen 4 Konstanten sind durch die Anschlussbedingungen bei |x| = a festgelegt.
Die Stromdichte ist (′ bezeichnet Ableitung nach x)
~
~
(ψ ∗ ψ ′ − ψψ ∗′ ) = ℑ(ψ ∗ ψ ′ )
2im
m
~k
~k −ikx
∗ ikx
=
ℜ (e
+ r e )(eikx − re−ikx ) =
(1 − |r|2 )
m
m
~k ∗ −ikx ikx ~k 2
=
=
ℜ t e
te
|t|
m
m
j=
33
(x < −a)
(x > a)
und die Kontinuitätsgleichung j ′ = −̺˙ = 0 (die Teilchendichte ̺ = |ψ|2 ist zeitlich konstant)
liefert die Stromerhaltung
|r|2 + |t|2 = 1.
(31)
~k
2
Der einlaufende Strom ~k
m teilt sich also auf in einen reflektierten Anteil m |r| und einen trans2
mittierten (=durchgelassenen) Anteil ~k
m |t| ; der Bruchteil der reflektierten bzw. transmittierten
2
Teilchen ist die Reflexionsrate |r| bzw. die Transmissionsrate |t|2 . Beide hängen über die Wellenzahl k von der Energie der Streuteilchen ab.
Man beachte: die Relation |r|2 + |t|2 = 1 gilt nicht, falls das Potential weit links und weit
rechts unterschiedliche konstante Werte V (−∞) 6= V (+∞) annimmt. Die Stromerhaltung liefert in diesem Fall |r|2 kI + |t|2 kIII = kI mit den Wellenzahlen kI bzw. kIII , welche den kinetischen
~2 2
~2 2
kI = E − V (−∞) bzw. 2m
kIII = E − V (+∞) der asymptotisch freien Teilchen
Energien 2m
entsprechen.
0 für |x| > a2
Für den Potentialtopf (V0 < 0) bzw. Potentialwall (V0 > 0) V (x) =
V0 für |x| < a2
iκx
−iκx
2
2
18
ist ψII (x) = c1 e + c2 e
mit ~ κ = 2m|E − V0 |. Die Anschlussbedingungen bei |x| = a/2
liefern ein lineares Gleichungssystem für r, t, c1,2 . Für die Transmissionsrate T = |t|2 folgt
1
T =
1+
V02
4E(E−V0 )
2
sin (κa)
(Topf/Wall,
E>V0 )
1
bzw. T =
1+
V02
4E(V0 −E)
2
sinh (κa)
(Wall,
E<V0 ) .
(32)
Die erste Formel gilt im Fall E > V0 für Topf und Wall gleichermassen. Bei 2κa = nπ, also
wenn n = 1, 2, . . . halbe Wellenlängen in den Topf/Wall passen, liegen Maximalstellen mit
Transmissionsrate T = 1, der Topf/Wall ist für diese Energien ‘durchsichtig’.
Die zweite Formel beschreibt die Durchtunnelung des Walls im Fall 0 < E < V0 .
~2 k 2
2m
→ 0 ֒→ |t|2 ∝ k2 ,
2
0m
Delta–Potential a → 0, V0 → ∞ mit aV0 =const.h ֒→ |t|−2 = 1 + aVi~k
p
0 −E)
2a
Tunnelrate für aκ ≫ 1 ֒→ |t|2 ≈ 16E(V
exp
−
2m(V0 − E)
2
~
V
Grenzfälle: Niederenergiestreuung am Topf (V0 < 0) mit E =
0
Durch numerische Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung für ein Wellenpaket, das
von links frei einlaufend auf ein Potentialsenke/schwelle bei x = 0 trifft, läßt sich der zeitliche Verlauf der Streuung verfolgen. Beim Auftreffen auf das Potential wird das Wellenpaket
aufgespalten in einen nach rechts weiterlaufenden Anteil und einen nach links zurück reflektierten Anteil. Die folgenden Bilder zeigen die Streuung eines Gausspaketes an einem anziehenden
Potential in 10 äquidistant aufeinanderfolgenden Zeitschritten.
-20
-20
0.6
0.6
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0.2
10
-10
20
-20
10
-10
20
-20
10
-10
20
-20
0.2
10
-10
20
-20
-10
-0.2
-0.2
-0.2
-0.2
-0.2
0.6
0.6
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0.2
10
-10
-0.2
20
-20
10
-10
-0.2
20
-20
10
-10
-0.2
18
20
-20
-0.2
20
10
20
0.2
10
-10
10
20
-20
-10
-0.2
Läuft das Teilchen mit Energie 0 < E < V0 gegen einen Potentialwall, so ist im Innern die lokale Wellenzahl
imaginär, ψII (x) = c1 eκx + c2 e−κx mit ~2 κ2 = 2m|E − V0 |.
34
4.5
WKB–Näherung (Wentzel, Kramers, Brillouin)
Gesucht ist eine näherungsweise Lösung der stationären Schrödingergleichung
−
~2 ′′
Ψ (x) = (E − V (x))Ψ(x)
2m
iS(x)/~
für ‘kleines’ ~ (‘semiklassische Näherung’).
′2 Für′′die
Wellenfunktion setzt man an Ψ(x) = e
mit S(x) ∈ C. Einsetzen von Ψ′′ = − S~2 + i S~ eiS/~ in die Schrödingergleichung liefert
S ′ (x)2 = 2m (E − V (x)) + i~S ′′ (x).
(33)
Zur systematischen Entwicklung nach Potenzen von ~ setzt man an
~2
~
S = S0 + S1 + 2 S2 + . . .
i
i
und erhält in führender Ordnung O(~0 )
S0′′ (x)2 = 2m (E − V (x)) =: p(x)2
mit p(x) = klassischer Impuls für E ≥ V (x).
DiepNäherung S ≈ S0 ist gut, falls |i~S0′′ (x)| ≪ |2m (E − V (x)) | = p(x)2 ist. Mit S0′′ =
d
2m (E − V (x)) = −mV ′ (x)/p(x) wird daraus
dx
|V ′ (x)|λ(x) ≪
4πp(x)2
2m
mit
λ(x) =
2π~
= lokale Wellenlänge,
|p(x)|
d.h. die Näherung ist gut, falls die Variation von V auf der Längenskala λ klein ist im Vergleich
zur kinetischen Energie.
Achtung! Diese Näherung bricht zusammen an den klassischen Umkehrpunkten x mit E = V (x),
an denen der lokale Impuls verschwindet, p(x) = 0.
Es sind 2 Fälle zu unterscheiden:
1. E > V (x), klassisch erlaubtes Gebiet
R
p
±i x p(x′ )dx′ /~
S0′ (x) = ±p(x) = ± 2m (E − V (x)) reell, Ψ(x) ∝ e x0
2. E < V (x), klassisch verbotenes Gebiet
R √
p
± x
2m(V (x′ )−E)dx′ /~
,
S0′ (x) = ±i 2m (V (x) − E) imaginär, Ψ(x) ∝ e x0
die Wellenfunktion zerfällt zwar exponentiell im klassisch verbotenem Bereich, aber ein
‘Tunneln’ bleibt möglich!
Für eine grobe Abschätzung der Transmissionsamplitude beim Durchgang durch einen Potentialwall zwischen xl und xr (s. Skizze) setzen wir als Streuzustand an

ikx
−ikx
(x < xl )

 = e R+x re
√
1
2m(V
(ξ)−E)dξ
−
ψ(x) =
(xl < x < xr )
= e ~ xl


= teikx
(x > xr ).
35
Stetigkeit bei xr erfordert
− ~1
teikxr = e
R xr
xl
√
2m(V (x)−E)dx
(34)
und führt auf die Tunnelrate
R xr
− ~2
|t|2 ≈ e
xl
√
2m(V (x)−E)dx
.
(35)
Hierbei wird über das klassische verbotene Gebiet integriert, in dem V (x) >q
E.
Für einen Wall konstanter Höhe V0 , Breite 2a folgt damit T = e−4κa mit κ =
2m
(V0
~2
− E), was
mit (32)(b) übereinstimmt, wenn dort sinh(2κa) ≈ 12 e2κa ≫ 1 approximiert und der Vorfaktor
16E(V0 −E)
weggelassen wird.
V02
Die Formel (34) enthält eine essentielle Singularität in ~ (was darauf hinweist, dass es kein klassisches Analogon zum Tunneln gibt). Der Exponent ist in Ordnung 1/~ exakt und erklärt die
äußerst empfindliche Abhängigkeit der Tunnelrate vom genauen Potentialverlauf. Der Fehler ist
aber insgesamt von der Ordnung O(~0 ) und damit nicht klein! Angesichts der Herleitung ist
dies wenig erstaunlich: es wurden keine Korrekturen zu ψ zur Ordnung O(~0 ) berücksichtigt,
ausserdem wurde der Anschluss bei xr mit der an dieser Stelle ungültigen WKB–Wellenfunktion
hergestellt.
Als Beispiel betrachten wir den α–Zerfall von Polonium zu Blei. Es gibt 2 Reaktionen
212 Po
=⇒ α + 208 Pb mit Halbwertszeit τ 212 ≈ 3 · 10−7 s, Energie des α : Eα212 ≈ 8.95MeV
210 Po
=⇒ α + 206 Pb mit Halbwertszeit τ 210 ≈ 1.2 · 10+7 s, Energie des α : Eα210 ≈ 5.41MeV
Der Faktor 1014 , um welchen sich die Halbwertszeiten unterscheiden, läßt sich durch das Tunneln
erklären. Das α–Teilchen unterliegt im Kern einem effektiven Potential
2Ze2
Coulomb-WW für r > R0
r
V (r) =
V0 < 0 starke WW für r < R0 .
Eine direkte Berechnung der Halbwertszeit würde eine genaue Kenntnis von V0 , also der starken
Kernkräfte erfordern. Einfacher ist es, die relative Größenordnung τ 212 /τ 210 ≈ 10−14 zu erklären.
Mit der WKB–Formel
19
−2
τ ∝ |t|
− ~2
∝e
und
V (Rα ) = Eα ֒→ Rα =
R Rα
R0
√
2mα (V (r)−E)dr
2Ze2
, Z = 82, mα ≈ 3700MeV/c2
Eα
folgt
τ
212
19
/τ
210
Z
R212
α
≈ exp
2√
2mα
~
Z
R212
α
≈ exp
2√
2mα
~
R0
0
p
2mα (V (r) − Eα212 )dr −
. . . dr −
Z
R210
α
. . . dr
0
!!
Z
R210
α
R0
p
2mα (V (r) − Eα210 )dr
Die WKB–Formel wurde nur für d = 1 hergeleitet, sie gilt jedoch auch für die Radialfunktion in d = 3.
36
!!
Im letzten Schritt wurde der sehr kleine effektive
Kernradius R0 auf√0 gesetzt, da der HauptbeiRR p
trag zum Integral von r ≫ R0 kommt. Mit 0 dr 1/r − 1/R = π2 R folgt
p
p
2√
2π
212
210
212
210
2mα 2Ze
1/ Eα − 1/ Eα
τ /τ
≈ exp
~
2
≈ 3.6 · 10−14 ,
im Vergleich zum Verhältnis 2.5 · 10−14 der gemessenen Halbwertszeiten eine erstaunlich präzise
Abschätzung!
Wie kann man Korrekturen zur WKB Formel (35) berechnen, so dass das Ergebnis auch zur Ordnung O(~) exakt wird? Die dafür notwendigen Schritte sollen hier nur kurz skizziert werden. Mit
S ≈ S0 − i~S1 erhält man durch Einsetzen in die Schrödingergleichung (33) zu linearer Ordnung
in ~ die Gleichung −i2~S0′ S1′ = i~S0′′ und durch Auflösen nach S1 : S1 (x) = − 21 ln[S0′ ]+const. Die
Wellenfunktion nimmt daher die Form
Z x
c
Ψ(x) ≈ p
exp ±i
p(x′ )dx′ + O(~)
(36)
p(x)
x0
p
an. Der Vorfaktor 1/ p(x) beschreibt, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in den Bereichen
großer ist, in denen das Teilchen langsam ist. Er zeigt aber auch an, dass die WKB Näherung an
den klassischen Wendepunkten xw mit p(xw ) = 0, zusammenbricht. Dieses Problem kann man
lößen, indem man die WKB Lösung nur für x < xw − ∆ und x > xw + ∆ berechnet. Im kleinen
Intervall < xw − ∆ < x < xw + ∆ kann man WKB nicht direkt verwenden. Aber man kann bei
hinreichend glatten Potential in diesem Regime das Potential in guter Näherung linearisieren
V (x) ≈ V (xw ) + V ′ (xw )(x − xw ) und die resultierende Schrödingergleichung exakt lösen. Im
letzten Schritt muss man dann nur noch die verschiedenen Lösungen bei x = xw ± ∆ stetig
differenzierbar zusammensetzen.
37
4.6
Übersicht: Quantenmechanische Effekte in d=1
Für Potentiale mit
lim V (x) = lim V (x) =: V∞
x→∞
x→−∞
existieren
gebundene Zustände:
Normierbarkeit ֒→ diskrete Energien En mit En < V∞
1
t
Kontinuum von Streuzuständen mit E > V∞
r
Tunneln in klassisch verbotenen Bereich
t
2
1
h/ τ
E
resonantes Tunneln
Passt ein ganzes Vielfaches einer halben Wellenlänge zwischen beide Potentialwände, so ergibt
dies im unendlich tiefen Topf einen gebundenen Zustand. Zwischen den endlich hohen Potentialzacken gibt es in der Nähe dieser Energien quasigebundene Zustände. Ein Streuteilchen mit
solcher Energie ‘tunnelt resonant’: die Transmissionsrate geht gegen 1.
38
4.7
Harmonischer Oszillator
Der lineare harmonische Oszillator, definiert durch den
Hamiltonoperator
H=
p2
~2
V(x)
∂2
1
1
+ mω 2 x2 = −
+ mω 2 x2
2
2m 2
2m ∂x
2
ist von universeller Bedeutung. Bewegungen in der
Nähe eines Potentialminimums bei x0 , d.h. in der Nähe
einer stabilen Gleichgewichtslage, gleichen denen des
harmonischen Oszillators mit Frequenz mω 2 = V ′′ (x0 ).
Bei Systemen mit mehreren oder mit vielen mechanischen Freiheitsgraden (Moleküle, Festkörper) lässt
sich im Rahmen der harmonischen Näherung die allgemeine Bewegung als Superposition von Eigenschwingungen zu verschiedenen Eigenfrequenzen beschreiben. E
Bei niedrigen Energien / tiefen Temperatur müssen
diese Schwingungen quantenmechanisch korrekt behandelt werden.
1
~ 2 m ω2x 2
x
In der Quantenmechanik
hat der harmonische Oszillator eine typische Energie ~ω und eine
q
~
typische Länge α = mω (‘Oszillatorlänge’), mit welcher mω 2 α2 = ~ω gilt. Mit den dimensi-
x
onslosen Variablen ǫ := 2E
~ω und der y := α ergeben sich die stationären Zustände als Lösung
der Schrödingergleichung
2
d
2
+ ǫ − y u(y) = 0.
(37)
dy 2
Es gibt verschiedene Lösungsverfahren.
Lösungsverfahren I
• direkte Lösung der DGL (37) (vgl. die spätere Behandlung des H–Atoms),
2
Asymptotik für y → ∞: u′′ (y) ≈ y 2 u(y) ֒→ u ≍ e±y /2 für y → ∞, deshalb
2
Ansatz: u(y) = v(y)e−y /2 ֒→ v ′′P
+ 2yv ′ + (ǫ − 1)v = 0,
dann Potenzreihenansatz v(y) = n an y n , aus der Forderung der Normierbarkeit folgt
ǫ = 2n + 1 mit n ∈ N0 , v(y) =Hermitepolynome
Lösungsverfahren II
• algebraische Lösung im folgenden Abschnitt
39
4.8
Algebraische Lösung des harmonischen Oszillators
Wir suchen stationäre Zustände zum Hamiltonoperator
1 2 mω 2 2
p +
x
(38)
2m
2
und verwenden dazu nur die Operatoren p† = p, x† = x, [x, p] = i~, aber nicht die Ortsdarstellung. Dazu definieren wir
α 1 x
α 1 x
+ i p , a† = √
−i p .
(39)
a= √
~
~
2 α
2 α
H=
Die Vorfaktoren wurden so gewählt, dass die Kommutatorrelation von a, a† möglichst einfach
sind, es gilt
i
i
1
†
(40)
− [x, p] + [p, x] = 1.
[a, a ] =
2
~
~
Mit
x2
α2
a† a + aa† = 2a† a + 1 = 2 + 2 p2
α
~
folgt weiter
1
1
= ~ω n +
,
(41)
H = ~ω a† a +
2
2
wenn man für α die Oszillatorlänge einsetzt,
r
~
α=
.
(42)
mω
Def. n := a† a heißt ‘Zähloperator’, ist hermitesch, n† = n, und erfüllt die Relationen
[n, a] = −a,
[n, a† ] = a† ,
[a, a† ] = 1.
Sei |ni Eigenzustand von n mit n|ni = n|ni und damit H|ni = En |ni mit En = ~ω n +
Dann gilt
na|ni = an|ni − a|ni = (n − 1)a|ni,
1
2
.
d.h. Anwendung von a auf den Eigenzustand |ni verringert dessen Eigenwert n um 1. a heißt
deshalb ‘Absteigeoperator’. Analog gilt
na† |ni = a† n|ni + a† |ni = (n + 1)a† |ni,
d.h. Anwendung von a† auf den Eigenzustand |ni erhöht dessen Eigenwert n um 1. a† heißt
deshalb ‘Aufsteigeoperator’.
Wegen hΨ| a† a| Ψi = ka|Ψik2 ≥ 0 ∀ |Ψi ∈ H können die Eigenwerte von n nicht negativ sein,
n ≥ 0. Aber: zu jedem Eigenvektor |ni von n zum Eigenwert n existiert mit a|ni auch ein
Eigenvektor mit Eigenwert n − 1. Ist dies ein Widerspruch? Nein, aber der einzige Ausweg ist,
dass es ein minimales n = nmin gibt, so dass die Anwendung von a auf |nmin i den Nullvektor
ergibt, a|nmin i = 0. Damit folgt sofort a† a|nmin i = 0 = nmin |nmin i, also nmin = 0.
Folgerungen:
• es existiert ein Eigenvektor |0i mit a|0i = 0 und n|0i = 0,
/ N0 , denn sonst wäre am |ni mit m > n Eigenvektor
• es existiert kein Eigenvektor |ni mit n ∈
von n mit Eigenwert < 0,
• |ni = cn (a† )n |0i mit n ∈ N0 ist Eigenvektor von n mit Eigenwert n (cn = Normierungskonstante).
40
Also
Die Eigenwerte von n = a† a mit [a, a† ] = 1 sind die nichtnegativen ganzen
Zahlen n ∈ N0 .
Die Energieeigenwerte des harmonischen Oszillators sind En = ~ω n + 12 mit n ∈ N0 .
Damit ist es uns gelungen, die Eigenwerte des harmonischen Oszillators allein mit algebraischen Methoden, also ohne eine Differentialgleichung zu lösen, zu bestimmen.
Zum Abschluss normieren wir noch die Eigenzustände |ni. Da sie alle zu verschiedenen Eigenwerten gehören, sind sie orthogonal zueinander. Es sei hn| ni = 1. Um auch |n+1i auf 1 zu normieren,
setzen wir an a† |ni = αn |n + 1i und erhalten |αn |2 = hn| aa† | ni = hn| a† a + 1| ni = n + 1, analog
hn| a† a| ni = n. Insgesamt folgt
√
(43)
a† |ni = n + 1|n + 1i
√
(44)
a|ni = n|n − 1i
1
|ni = √ (a† )n |0i.
(45)
n!
Die ONB {|ni} mit hm| ni = δmn liefert eine Matrixdarstellung aller Zustände und Operatoren,
 
 
0
1
1
0
 
 
|1i = 0 , . . .
|0i = 0 ,
 
 
..
..
.
.


 √

0
0 ...
√0
1
0
.
.
.
0
 1 0

√
0


0 0

√
2 √0
 0



†
†
2 √0
a = hm| a | ni = 
 , a = hm| a| ni = 0 0
3 0
0
 0



0
3 0

..
..
..
.
..
.
0
.
.
0
√


0
1
0
0
.
.
.
√
√
 1 0

2 √0


√


α  0
α
2
0
3
0
†

x = √ (a + a ) = √ 
√
.. 
2
2
.
3 0
 0

..
..
.
.
√


1
0
0
.
.
.
0
√
√
− 1

0
2 √0


√


~
~  0
−
2
0
3
0
†

p= √
(a − a ) = √
√
.. 
2iα
2iα 
 0
.
− 3 0


..
..
.
.


1 0 ...

0 3 0

~ω 


..
H=

0
2 . 0 5

..
.
0
41
Wie sehen die Wellenfunktionen im Ortsraum aus? Zunächst ist der Grundzustand |0i definiert
durch a|0i = 0. Mit (39) folgt daraus in der Ortsdarstellung für die Grundzustandswellenfunktionen hx| 0i =: ϕ0 (x) die DGL
x
α
d
x
+α
hx| + i p| 0i =
ϕ0 (x).
α
~
α
dx
Mit der dimensionslosen Variablen y :=
ϕ0 (y) = Ce−
y2
2
x
α
ist die Lösung
= Grundzustandswellenfunktion.
Die Wellenfunktionen der angeregten Zustände sind
n
y2
y2
1
C
d
1
† n
√
e− 2 = Cvn (y)e− 2
y−
ϕn (y) = √ hy| (a ) | 0i = √
dy
2
n!
n!
mit
v0 (y) = 1,
1
v1 (y) = √ 2y,
2
1
v2 (y) = √ (2y 2 − 1),
2
1
v3 (y) = √ (2y 3 − 3y) , . . .
6
Insgesamt ist eine ONB des harmonischen Oszillators gegeben durch
|ni : x 7→ ϕn (x), n ∈ N0
mit H|ni = En |ni, En = ~ω(n + 21 ) und
1
x
x2
1 π− 4
Hn
e− 2α2 , α =
ϕn (x) = √ √
α
α 2n n!
r
~
.
mω
(46)
Die Hermite–Polynome Hn sind definiert durch
Hn (y) = (−1)n ey
֒→ H0 = 1,
H1 = 2y,
H2 = 4y 2 − 2,
2
dn −y2
e , n ∈ N0
dy n
H3 = 8y 3 − 12y,
Nebenstehend sind die ersten 3 Wellenfunktionen (nur qualitativ richtig) skizziert.
Der n–te angeregte Zustand hat n Nullstellen.
Die Zeitentwicklung eines beliebigen Oszillatorzustands ist gegeben durch
|ψ(t)i =
∞
X
n=0
H4 = 16y 4 − 48y 2 + 12, . . . .
n=2
n=1
n=0
e−iEn t/~ |nihn| Ψ(0)i.
Der harmonische Oszillator ist die Grundlage der Quantenelektrodynamik. In einer elektromagnetischen Welle ist die Dynamik jeder einzelnen Schwingungsmode, definiert durch Impuls
und Polarisierung, die eines harmonischen Oszillators. Die Schwingungsgleichung des Feldes,
~ r , t) = 0, geht durch Fouriertransformation über in (∂t2 + c2 k2 )E
~ ~ (t) = 0 und
(∂t2 − c2 ∇2 )E(~
k
gleicht damit der Bewegungsgleichung des Oszillators der Frequenz ω = ck. Somit kann man
42
für jeden Impuls und jede Polarisationsrichtung einen Operator a~† definieren, der die Zahl der
k
Photonen in diesem Zustand um 1 erhöht. Mit diesen Photonerzeugungsoperatoren läßt sich die
Quantenelektrodynamik formulieren, wie in der Quantenmechanik II Vorlesung diskutiert wird.
Die durch a~† aus dem Grundzustand erzeugten Anregungen tragen Impuls und Energie und
k
lassen sich deshalb als (Licht–) Teilchen interpretieren.
43
Einschub: Kohärente Zustände
In den stationären Oszillatorzuständen |ni hat das schwingende Teilchen scharfe Energie, aber
der Erwartungswert von Ort und Impuls verschwindet. Die klassischen Lösungen der Newtonschen Bewegungsgleichungen beschreiben dagegen ein oszillierendes Teilchen mit vorgegebenem
Ort und Impuls. Wegen der Unschärferelation läßt sich keine Wellenfunktion realisieren, bei
der sowohl Ort- als auch Impuls scharf vorgegeben ist. Allerdings kann man sich fragen, welcher Quantenzustand ’am besten’, d.h. mit minimalem Unschärfeprodukt, die klassische Lösung
beschreibt. Solche Zustände sind nur als Linearkombinationen der stationären Zustände darstellbar, beschreiben also Schwingungszustände von unterschiedlicher Energie. Der harmonische
Oszillator hat die besondere Eigenschaft, dass die Schwingungsdauer unabhängig von der Energie
ist. Damit ergibt sich die Möglichkeit, hin– und herschwingende Wellenpakete zu konstruieren,
deren Form zeitlich konstant ist. Diese nennt man ’kohärente Zustände’. Kohährente Zustände
haben viele Anwendungen, z.B. kann man das Licht eines Lasers als kohärenten Zustand von
Photonen beschreiben.
Aus dem Beweis der Heisenbergschen Unschärferelation (25) folgt, dass (mit A = x, hAi = x0 ,
~
B = p, hBi = p0 , C = −i[B, A] = −~, λ = λm = 2(∆p)
2 ) man die minimale Unschärfe, also ein
Gleichheitszeichen in (25) gerade dann erhält, wenn
~
~
A0 + iλB0 |Ψi = 0 also
x+i
p
|ψi
=
x
+
i
p
(47)
0
0 |ψi,
2(∆p)2
2(∆p)2
Ein Vergleich mit dem Absteigeoperator a = √12α x + ~i α2 p zeigt: Die Eigenzustände von a
sind Zustände minimaler Unschärfe!
~
2 die Schwankungen von x und p. Setzt man für α die
Dabei bestimmt α2 = 2(∆p)
2 = 2(∆x)
q
~
Oszillatorlänge mω
ein, identifiziert man also a mit dem Absteigeoperator des harmonischen
Oszillators, nennt man die Eigenzustände ‘kohärente Zustände’. Sie zeichnen sich durch zeitlich
konstante Schwankungen aus, siehe unten. Für andere Werte für α erhält man sogenannte ‘gestauchte Zustände’, deren Schwankungsquadrate in Ort- oder Impuls zeitlich oszillieren, und je
nach Wahl von α beliebig klein werden können. Auch die gestauchten Zustände haben Anwendungen, z.B. bei Präzisionsmessungen in der Quantenoptik.
Als nicht–hermitescher Operator hat a komplexe Eigenwerte, deren Real– und Imaginärteil die
Erwartungswerte x0 und p0 von x und p liefern,
α
ℑz = √ p0 .
(48)
2~
P
Zur Konstruktion der Eigenzustände |zi setzen√wir an |zi = n cn |ni und erhalten mit
√ a|ni =
√
n|n − 1i die Rekursionsformel cn+1 /cn = z/ n + 1, die offenbar durch cn = z n / n! erfüllt
wird. Die kohärenten Zustände sind also, bis auf einen Normierungsfaktor,
a|zi = z|zi,
|zi ∝
1
ℜz = √ x0 ,
2α
z ∈ C,
∞
∞
X
X
zn † n
zn
†
√ |ni =
(a ) |0i = eza |0i.
n!
n!
n=0
n=0
1
(49)
2
Der fehlende Normierungsfaktor an |zi lautet e− 2 |z| , denn mit der Operatorregel (R12) folgt
†
′
†
′
′
ez a eza = eza ez a ez z und damit
1
′ 2 +|z|2 )
hz ′ | zi = e− 2 (|z |
′
†
1
′ 2 +|z|2 )
h0| ez a eza | 0i = e− 2 (|z |
ez
′z
′
2
֒→ |hz ′ | zi|2 = e−|z −z| , |hz| zi|2 = 1.
Die kohärenten Zustände |zi und |z ′ i sind nur im Limes |z ′ − z| → ∞ orthogonal.
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Energieeigenwerte erweist sich als Poissonverteilung
44
mit den Gewichten wn ,
− 12 |z|2
|zi = e
∞
X
zn
√ |ni ֒→
n!
n=0
wn := |hn| zi|2 = e−n
nn
n!
mit
n := |z|2 .
P
Zustand
|zi
ist
Die mittlere Zahl n der Anregungsquanten ~ω im
n nwn = n, der Erwartungs
1
wert der Energie ist E = hz| H| zi = ~ω n + 2 .
Die Zeitentwicklung des kohärenten Zustands besteht im wesentlichen darin, dass der komplexe
Parameter z Lösung der klassischen Bewegungsgleichungen mit p0 , x0 als Anfangswerten ist,
d.h. mit H = ~ω(n + 12 ) gilt 20
i
1
|zit := e− ~ Ht |zi = e− 2 iωt |z ′ i mit z ′ := e−iωt z,
p0
xt = ℜz ′ = xo cos ωt + mω
sin ωt
′
pt = ℑz = po cos ωt − mωx0 sin ωt.
Da die Schwankungsquadrate von Ort und Impuls unabhängig von z sind, bleiben diese zeitlich
konstant.
Kohärente Zustände sind also wirklich die beste Annäherung an einen klassichen Zustand: die
Schwankungen sind minimal und die Erwartungswerte lösen die Newtonschen Bewegungsgleichungen (was auch aus der Ehrenfest Relation (27) folgt).
20
†
Zum Beweis zeigt man mit R8 zunächst [n, a† ] = a† ֒→ e−iωtn eza eiωtn = ez
45
′ †
a
mit z ′ = e−iωt z.
5
Symmetrien in der QM
5.1
Generatoren
In der klassischen Mechanik liefert das Noether–Theorem zu jeder kontinuierlichen Symmetrie
einen Erhaltungssatz. Im Rahmen der Hamiltonschen Mechanik ist dieser Zusammenhang sehr
transparent: eine infinitesimale kanonische Transformation mit Erzeuger G(~
p, ~q) transformiert
Phasenraumfunktionen f (~
p, ~
q ) gemäß δf = {G, f } · ǫ. Das Verschwinden der Poissonklammer,
{G, H} = 0, drückt gleichermassen die zeitliche Konstanz von G, wie die Invarianz der Hamiltonfunktion H unter allen von G erzeugten Transformation aus. Durch die formale Ersetzung
{A, B} −→ i[A, B] ergibt sich ein analoger Zusammenhang in der Quantenmechanik.
Wir betrachten als erstes Beispiel die Translationen im
Ortsraum. Verschieben wir ein System, z.B. ein Teilchen, das durch eine Wellenfunktion ψ(~r) beschrieben
wird, um einen Vektor ~a, so wird das verschobene System durch die Wellenfunktion ψ̃(~r) = ψ(~r − ~a) beschrieben (s. Skizze). Vom Translationsoperator T~a in
der Ortsdarstellung ist also zu fordern
ψ̃(~r) = T~a ψ(~r) = ψ(~r − ~a).
∼
ψ
ψ
x
a
(50)
Die Taylorentwicklung ψ(~r − ~a) = ψ(~r) − ~a · ∇ ψ(~r) + O(a2 ) zeigt, dass
i
~
T~a = 1 − ~a · ∇ = 1 − ~a · ~p mit ~p = ∇
~
i
eine infinitesimale (|~a| → 0) Verschiebung um ~a bewirkt. Man sagt: der Impuls ~p ‘generiert die
Translation’ im Ortsraum. Durch Hintereinanderausführung vieler infinitesimaler Verschiebungen gelangt man zu einer endlichen Verschiebung
N
N
i
~a i
~p
(51)
T~a = lim T~a/N
= lim 1 −
= e− ~ ~a·~p .
N →∞
N →∞
N~
i
Als abstrakter Operator im Hilbertraum sollte T~a = e− ~ ~a·~p den Ortseigenzustand |~ri, der
die Anwesenheit eines Teilchens an der Stelle ~r beschreibt, überführen in |~r + ~ai, also in den
Ortseigenzustand zum Eigenwert ~r + ~a. Dies läßt sich mit (50) und T~†a = T−~a leicht bestätigen,
h~r| T~a | ψi = ψ(~r−~a) = h~r − ~a| ψi ∀|ψi ֒→ h~r |T~a = h~r−~a | ֒→ T~†a |~ri = |~r−~ai ֒→ T~a |~ri = |~r+~ai.
Allgemein gilt
• A = A† = hermitescher Operator ֒→ ∀α ∈ R
U†α = eiαA = U−α , U†α Uα = 1
Uα := e−iαA ist unitär
• für die Hintereinanderausführung solcher unitärer Transformationen gilt (wg. [A, A] = 0)
Uα2 Uα1 = Uα1 +α2
• unitäre Transformationen lassen das Skalarprodukt invariant, hψ1 | ψ2 i = hψ1 | U†α Uα | ψ2 i =
hUα ψ1 | Uα ψ2 i.
• die Umkehrung gilt auch: erfüllt ein Operator Q die Relation hQψ1 | Qψ2 i = hψ1 | Q† Q| ψ2 i =
hψ1 | ψ2 i ∀|ψ1 i, |ψ2 i ∈ H, dann ist Q unitär (Wigner–Theorem)
• sei Uα unitär und gelte Uα2 Uα1 = Uα1 +α2 , dann existiert ein hermitescher Operator A
mit Uα = e−iαA (Stones–Theorem), A ist ‘Generator’ der abelschen Gruppe {Uα , α ∈ R}
46
Physikalische Anwendungen
• Symmetrietransformationen wie Spiegelung, Verschiebung, Drehung lassen hψ1 | ψ2 i invariant und werden deshalb durch unitäre Operatoren bewirkt
• Symmetrietransformationen Uα , die von einem kontinuierlich variablen Parameter α abhängen,
werden durch einen hermiteschen Operator A ‘generiert’, Uα = e−iαA
i
• speziell wird die räumliche Translation durch den Impuls erzeugt, T~a = e− ~ ~a·~p
i
• die Zeitentwicklung aufgrund der Schrödingergleichung, also die Lösung |ψit = e− ~ Ht |ψit=0
von i~∂t |ψi = H|ψi kann als Verschiebung in der Zeit gesehen werden, |ψit+∆t = U∆t |ψit
i
mit U∆t = e− ~ H∆t
• Drehungen um eine feste Achse ~n um Winkel α werden durch die Drehimpulskomponente
~
~ in Richtung von ~n erzeugt, der unitäre Operator dafür ist Dα~ = e− ~i α~ ·L
mit α
~ = α~n
~n · L
• es ist sinnvoll, Impuls, Drehimpuls, Energie als Generatoren der Ortstranslation, der Drehungen, der Zeittranslation zu definieren, also z.B. ~p als Impulsoperator bezeichnen, weil
i
T~a = e− ~ ~a·~p der Ortstranslationsoperator ist. Diese Sichtweise eröffnet neue Möglichkeiten,
wie etwa die, den Impuls oder Drehimpuls des elektromagnetischen Feldes zu definieren.
47
5.2
Transformation von Operatoren, Heisenbergbild, Erhaltungssätze
Die unitären Transformationen lassen sich entweder auf Zustände anwenden, oder auf Operatoren,
˜ := U|ψi, hψ|
˜ = hψ|U†
|ψi −→ |ψi
oder
A −→ Ã := U† AU.
Alle Erwartungswerte und Wahrscheinlichkeitsamplituden sind bilinear in |i und h|, deshalb gilt
hϕ̃| ψ̃i = hϕ| U† U| ψi = hϕ| ψi,
hψ̃| A| ψ̃i = hψ| U† AU| ψi = hψ| Ã| ψi.
(52)
Es gibt demnach grundsätzlich zwei formal verschiedene, aber physikalisch äquivalente Möglichkeiten, unitäre Transformationen auszuführen:
(i) die Zustände werden transformiert, die Operatoren bleiben erhalten,
(ii) die Operatoren werden transformiert, die Zustände bleiben erhalten.
i
Beispiel: (Orts–)Translation in x–Richtung x −→ x̃ = x + a1 = T†a xTa mit Ta = e− ~ apx , denn
R4
i
i
[px , x] = −i~ ֒→ Ta x−xTa = [e− ~ apx , x] = − ~i a(−i~)e− ~ apx = −aTa ֒→ T†a xTa = x+a1.21
Wegen T†a x2 Ta = T†a xTa T†a x = (x + a1)2 usw. gilt auch T†a f (x)Ta = f (x + a1) für jede
Funktion f (x), die sich um x = 0 in eine Potenzreihe entwickeln lässt.
Im Spezialfall der Zeitentwicklung führen die 2 Möglichkeiten der unitären Transformation zum
1. Schrödingerbild:
Zustände sind zeitabhängig gemäß der Schrödingergleichung, i~∂t |ψit = H|ψit , die (formal) gelöst wird durch |ψit = Ut |ψi0 mit einem unitären Operator Ut , der wiederum die
DGL i~∂t Ut = HUt mit der Anfangsbedingung U0 = 1 löst.
Die Tatsache, dass alle physikalisch relevanten Größen sich mittels Ut auch durch |ψi0
ausdrücken lassen, z.B. t hψ1 | A| ψ2 it = 0 hψ1 | U†t AUt | ψ2 i0 , ermöglicht den Übergang zum
2. Heisenbergbild:
Zustände sind zeitunabhängig, dafür sind die Observablen zeitabhängig. Zu jeder Observablen AS = AS (t) (evtl. explizit zeitabhängig) im Schrödingerbild gibt es eine Observable
AH (t) = U†t AS (t)Ut
(53)
im Heisenbergbild. Ut muss i~∂t Ut |ψi = HUt |ψi für alle |ψi ∈ H erfüllen, deshalb ist zu
fordern i~∂t Ut = HUt , oder adjungiert, i~∂t U†t = −U†t H. Für die vollständige Zeitablei∂
d
AH = U†t AS (Ut U†t )HUt − U†t H(Ut U†t )AS Ut + i~U†t ∂t
AS Ut .
tung von AH (t) folgt i~ dt
Im Heisenbergbild genügt also jede Observable einer ‘Bewegungsgleichung’
d
∂
i~ AH = [AH (t), HH (t)] + i~
AS
,
(54)
dt
∂t
H
darin ist HH (t) = U†t HS (t)Ut und
∂
∂t AS H
∂
AS Ut . Für nicht explizit zeitabhängi= U†t ∂t
i
ges H ist einfach HH (t) = H und Ut = e− ~ Ht . Ist überdies auch A nicht explizit
zeitabhängig, so gilt
i~
21
i
i
d
AH = [AH , H] ֒→ AH (t) = e ~ Ht Ae− ~ Ht .
dt
Benutze Operatorregel R4 im Anhang.
48
(55)
Folgerung:
Für eine Observable A gilt ein Erhaltungssatz t hψ| A| ψit =const.
i
i
⇔ [A, H] = 0 ⇔ e ~ Aα He− ~ Aα = H, d.h. H ist invariant unter jeder durch A
generierten Transformation
Die Gleichung [A, H] = 0 sagt also einerseits, dass sich A unter der durch H generierten Transformation nicht ändert (d.h. A ist zeitlich konstant), andererseits, dass H unter der durch A
generierten kontinuierlichen Symmetrietransformation invariant bleibt!
Beispiele:
Impulserhaltung wegen Translationsinvarianz von H, Drehimpulserhaltung wegen Rotationsinvarianz von H, Energieerhaltung, wenn H nicht explizit zeitabhängig.
Wahrscheinlichkeitserhaltung hψ(t)| ψ(t)i = const. = hψ(t)| 1| ψ(t)i. Welche Symmetrie liegt
der Wahrscheinlichkeitserhaltung zugrunde? Antwort: |ψi −→ eiϕ1 |ψi, d.h. die Invarianz unter
globaler Änderung der Phase!
49
5.3
Drehgruppe
Im Ortsraum wird eine Drehung um die z–Achse mit Drehwinkel
beschrieben,
 ′
 

x
x
cos α − sin α
y ′  = Rα y  mit Rα =  sin α cos α
z′
z
0
0
α durch eine Matrix Rα

0
0
1
Für infinitesimalen Drehwinkel α ≪ 1 ist bis auf Terme O(α2 )




1 −α 0
0 −i 0
i
Rα = α 1 0 = 1 − αℓz mit ℓz = +i 0 0 ~,
~
0 0 1
0
0 0
also x′ = x − αy, y ′ = y + αx, z ′ =
y–Achse

0 0

ℓx = 0 0
0 +i
z. Analog erhält man für Drehungen um die x– oder die


0 0 +i
ℓy =  0 0 0  ~.
−i 0 0

0
−i ~,
0
Die allgemeine Drehung um die Achse
α
~
α
wird durch die Matrix
i
~ · ~ℓ
Rα~ = exp − α
~
bewirkt; sie ist Element der
†
Gruppe SO(3): orthogonale (Rα−1
~ = 1.
~ = Rα
~ ) 3×3 Matrizen mit det Rα
(56)
Analog zu (50) schreiben wir die Wellenfunktion eines Systems, das durch Drehung um die
z–Achse mit Drehwinkel α aus einem System mit der Wellenfunktion ψ(~r) hervorgeht,
−1
~r).
ψ̃(~r) = Dαℓz ψ(~r) = ψ(Rαℓ
z
(57)
Für infinitesimalen Drehwinkel α ≪ 1 ergibt sich bis auf Terme O(α2 )
ψ̃(~r) = Dαℓz ψ(~r)
∂
∂
= ψ(x + αy, y − αx, z) = ψ(~r) + αy ψ(~r) − αx ψ(~r)
∂x
∂y
i
~ ∂
~ ∂
= 1 − αLz ψ(~r) mit Lz = x
− y
= xpy − ypx
~
i ∂y
i ∂x
Drehungen um die x– oder um die y–Achse werden analog erzeugt durch Lx und Ly . Die allgemeine Drehung um die Achse αα~ wird demnach im Hilbertraum der Zustände bewirkt durch den
Operator
i
~
Dα~ = exp − α
~ ·L .
~
50
(58)
Die Drehungen im R3 bilden im mathematischen Sinne eine Gruppe. Durch die Zuordnung
eines linearen Operators zu jedem Gruppenelement und der Vorschrift, dass der Verknüpfung
zweier Gruppenelemente die Hintereinanderausführung der zugehörigen Operatoren entspricht,
gewinnt man eine Darstellung der Gruppe. Hier haben wir 2 Darstellungen der Drehgruppe vor
uns: zum einen durch Drehmatrizen, die im R3 wirken, zum anderen durch Operatoren in einem
Hilbertraum, z.B. Differentialoperatoren auf H = L(2) [R].
Die Drehimpulsalgebra der Kommutatoren
[Lx , Ly ] = [ypz − zpy , zpx − xpz ] = i~(−ypx + xpy ) = i~Lz und zyklisch,
(59)
oder zusammengefasst (mit dem total antisymmetrischen Einheitstensor ǫijk und automatischer
Summation über k)
[Li , Lj ] = i~ǫijk Lk ֒→ [L2 , Li ] = 0
(60)
ist unabhängig von der Darstellung (gilt z.B. auch für ℓx , ℓy , ℓz ) und folgt allein aus den Eigenschaften der Drehgruppe.
51
5.4
Kugelflächenfunktionen
Für viele Probleme sind Kugelkoordinaten r, ϑ, ϕ vorteilhaft. Eine Drehung um die z–Achse
transformiert die Wellenfunktion gemäß
i
Dα~zˆψ(r, ϑ, ϕ) = e− ~ αLz ψ(r, ϑ, ϕ) = ψ(r, ϑ, ϕ − α) ֒→ Lz = −i~
∂
;
∂ϕ
der ‘erzeugende’ Operator Lz folgt alternativ auch aus Lz = xpy − ypx = −i~(x∂y − y∂x ).
~ = ~r × ~p
Für L± = Lx ± iLy folgt aus L
∂
∂
∓i
(61)
L± = i~e±iϕ cot ϑ
∂ϕ
∂ϑ
1 ∂
∂2
∂
1
2
2
L = −~
.
(62)
sin ϑ
+
sin ϑ ∂ϑ
∂ϑ
sin2 ϑ ∂ϕ2
Eine wichtige Anwendung ist
~2 2
~2 1 ∂ 2
1
p2
=−
∇ =−
r+
L2 ,
2m
2m
2m r ∂r 2
2mr 2
(63)
2
L
mit Θ = mr 2 für Massenpunkte erinnert.
was an die klassische Rotationsenergie 2Θ
2
L und Lz vertauschen, es gibt also simultane Eigenfunktionen Ylm (ϑ, ϕ) zu beiden Operatoren.
Es wird sich zeigen, dass es zweckmäßig ist, die Eigenwerte von L2 mit ~2 l(l + 1) und die von
Lz mit ~m zu bezeichnen, so dass gilt
Lz Ylm (ϑ, ϕ) = ~mYlm (ϑ, ϕ)
(64)
L2 Ylm (ϑ, ϕ) = ~2 l(l + 1)Ylm (ϑ, ϕ) (65)
Die ϕ–Abhängigkeit von Ylm (ϑ, ϕ) ist leicht ersichtlich,
Lz Ylm = −i~
∂
Ylm = ~mYlm ֒→ Ylm (ϑ, ϕ) = eimϕ flm (ϑ) mit m ∈ N.
∂ϕ
m muss ganzzahlig sein, damit Ylm (ϑ, ϕ) bei einer Drehung um 2π um die z–Achse invariant
bleibt, Ylm (ϑ, ϕ + 2π) = Ylm (ϑ, ϕ), die Wellenfunktion also eine eindeutige Funktion des Ortes
ist. Die Funktionen flm (ϑ) ergeben sich als Lösungen der DGL L2 Ylm = ~2 l(l + 1)Ylm mit dem
Ergebnis
Ylm (ϑ, ϕ) =
r
2l + 1
4π
s
(l − m)! m
P (cos ϑ)eimϕ , m = 0, ±1, ±2, . . . , ±l, l ∈ N0 ,
(l + m)! l
was in Hinblick auf die spätere algebraische Herleitung hier nicht bewiesen werden soll.
52
(66)
Die Legendre–Polynome Plm (u) lauten für m = 0
1
1 dl 2
(u − 1)l , speziell P0 (u) = 1, P1 (u) = u, P2 (u) = (3u2 − 1), . . .
l
l
2 l! du
2
R1
und bilden eine vollständige ONB im Intervall [−1, 1] mit −1 duPl (u)Pl′ (u) = δll′ .
Für m 6= 0 sind die assoziierten Legendre–Polynome gegeben durch
Pl0 (u) ≡ Pl (u) =
Plm (u) =
l+m
m d
(−1)m
(1 − u2 ) 2 l+m (u2 − 1)l .
l
2 l!
du
Die einfachsten Kugelflächenfunktionen sind
für l = 0 :
Y00
1
=√ ,
4π
für l = 1 :
Y10 =
r
3
cos ϑ, Y1,±1 = ∓
4π
r
3 ±iϕ
e
sin ϑ.
8π
Die Kugelflächenfunktionen Ylm (ϑ, ϕ) bilden eine vollständige ONB der quadratintegrablen
Funktionen auf der Kugeloberfläche |~r| = 1, d.h. es gilt
Orthogonalität:
Z
|0
Vollständigkeit:
f (ϑ, ϕ) =
π
sin ϑdϑ
{z
R
Z
2π
0
= dΩ
∞ m=l
X
X
dϕ Yl∗′ m′ (ϑ, ϕ)Ylm (ϑ, ϕ) = δll′ δmm′
}
clm Ylm (ϑ, ϕ)
l=0 m=−l
oder
∞ m=l
X
X
l=0 m=−l
mit clm =
Z
∗
dΩYlm
(ϑ, ϕ)f (ϑ, ϕ)
∗
(ϑ′ , ϕ′ ) = δ(ϕ − ϕ′ )δ(cos ϑ − cos ϑ′ ).
Ylm (ϑ, ϕ)Ylm
Die Parität der Kugelflächenfunktionen ergibt sich aus PYlm (~rˆ) = Ylm (−~rˆ) = Ylm (π − ϑ, ϕ + π)
PYlm = (−1)l Ylm .
53
(67)
6
6.1
Atomphysik
Zentralkräfte
Das einfachste Atom besteht aus zwei unterscheidbaren Teilchen: ein Atomkern und ein Elektron.
Gesucht sind stationäre Wellenfunktionen ψ(~r1 , ~r2 ) und zugehörige Energieeigenwerte, die sich
als Lösungen der Schrödingergleichung Hψ = ET ψ mit einem Hamiltonoperator der Form
H=−
~2 ∂ 2
~2 ∂ 2
−
+ V (~r1 − ~r2 )
2m1 ∂~r1 2 2m2 ∂~r2 2
ergeben. Es ist zweckmäßig, Relativ– und Schwerpunktskoordinaten einzuführen,
~r = ~r1 − ~r2 ,
~ = m1~r1 + m2~r2
MR
mit M = m1 + m2 .
In diesen Koordinaten lautet der Hamiltonoperator
H=−
~2 ∂ 2
~2 ∂ 2
+ V (~r) mit
−
~ 2 2µ ∂~r 2
2M ∂ R
~ ~r),
ψ = ψ(R,
1
1
1
=
+
.
µ
m1 m2
Wegen der Translationsinvarianz des Atoms ist der Gesamtimpuls −i~ ∂~ = P~ erhalten und die
∂R
~ R
~
~ ~r) = eiK·
~ des Gesamtimpulses.
Wellenfunktionen hat die Form ψ(R,
ϕ(~r) mit dem Eigenwert ~K
Für die Relativkoordinate folgt die SG
2
~ 2
~2 K 2
− ∇ + V (~r) ϕ(~r) = Eϕ(~r) mit E = ET −
.
2µ
2M
µ ist die reduzierte Masse des Elektrons, E die Energie der Relativbewegung, ET die Gesamtenergie des Atoms.
Für ein radialsymmetrisches Potential, V (~r) = V (|~r|), ist der Drehimpuls Erhaltungsgröße,
~ H] = 0. Ein maximaler Satz vertauschbarer und damit simultan diagonalisierbarer Opera[L,
toren ist H, L2 und Lz . Zerlegen wir mit (63) die kinetische Energie in den Radial– und den
Winkelanteil, erhalten wir
2
~ 1 ∂2
L2
−
r+
+ V (r) − E ϕ(~r) = 0
2µ r ∂~r2
2µr 2
und der Separationsansatz ϕ(~r) = Ylm (ϑ, ϕ)ϕl (r) liefert mit (65) und der Substitution rϕl (r) =:
ul (r) eine 1–d Schrödingergleichung für die Radialbewegung,
2
~ 1 ∂2
~2 l(l + 1)
−
+
V
(r)
−
E
u
(r)
=
0
mit
V
(r)
=
V
(r)
+
, r ∈ [0, ∞]. (68)
eff
l
eff
2µ r ∂~r2
2µr 2
Als Randbedingung ist zu fordern ul=0 (r → 0) = 0.
54
6.2
H–Atom
Gesucht sind gebundene Zustände im anziehenden Coulombpotential
V (r) = −
e2
.
r
Veff
l>0
r
Wir lösen das Problem in Einzelschritten.
l=0
~ ~
~ ~r) = eiK·R Ylm (ϑ, ϕ) ul (r) (siehe 6.1)
1 nutze Symmetrien für Ansatz ψ(R,
r
2 wähle geeignete Einheiten: ̺ =
α=
e2
~c
r
aB ,
ǫ=
E
~2
1 ~
aB = µe
2 = α µc ≈ .5Å = Bohrradius,
2E0 ,
2
1 e
1 2 2
2 aB = 2 α µc ≈ 13.6eV (vgl.Kap.3.6)
= Feinstrukturkonstante, E0 =
2
d
l(l + 1) 2
−
+ + 2ǫ ul (̺) = 0
֒→
d̺2
̺2
̺
(69)
3 analysiere Asymptotik:
̺ → ∞ ֒→ u′′l ≍ −2ǫul ֒→ ul ∝ e∓κ̺ mit κ2 = −2ǫ,
gebundene Lösungen ∝ e−
√
−2ǫ̺
können demnach nur für ǫ < 0 existieren,
̺ → 0 ֒→ u′′l ≍
l(l + 1)
ul ֒→ ul ∝ ̺l+1 , ̺−l
̺2
normierbare Lösungen sind ul ∝ ̺l+1 ; dies gilt auch für l = 0, denn ansonsten wäre
ϕl=0 (r) ∝ 1r ֒→ ∇2 ϕl=0 ∝ δ(~r), im Widerspruch zur SG
֒→ Ansatz: ul (̺) = v(̺)̺l+1 e−κ̺ , einsetzen in (69) liefert
̺v ′′ + (2l + 2 − 2κ̺)v ′ + (2 − 2κ(l + 1)) v = 0
1
oder mit x := 2κ̺
xv ′′ + (2l + 2 − x)v ′ − l + 1 −
v=0
κ
P∞
(70)
einsetzen in SG (70) liefert als Koeffizienten von xn
1
an = 0,
(n + 1)nan+1 + (2l + 2)(n + 1)an+1 − nan − l + 1 −
κ
4 Potenzreihenansatz v(x) =
i=0 ai x
i,
also die Rekursionsformel
l + 1 + n − κ1
an+1
=
an
(n + 1)(2l + 2 + n)
≍
n→∞
1
n+1
(71)
5 fordere Normierbarkeit!
1
für n → ∞ liefert die Rekursion an ∼ n!
֒→ v ∼ ex = e2κ̺ ֒→ u(̺) ∼ ve−κ̺ ∼ eκ̺ .
Das bedeutet, dass die Lösungen fast immer nicht normierbar sind! Eine normierbare
Lösung kann es nur dann geben, wenn die Reihe abbricht, d.h. wenn es ein n = nr
gibt, so dass anr +1 = 0 ist, ֒→ aus der Rekursionsformel (71) folgt so die Bedingung
55
nr = κ1 − (l + 1) ∈ N0 . κ und damit auch die Energie können also nur diskrete Werte
annehmen.
Konvention: n = nr + l + 1=
˙ κ1 = ‘Hauptquantenzahl’, n ≥ l + 1
E
= − 21 κ2 oder
֒→ Energieeigenwerte gebundener Zustände: ǫ = 2E
0
1
, n ∈ N, n ≥ l + 1
(72)
n2
Für n = 1 liegt der Grundzustand vor mit der Energie −E0 ≈ −13.6eV, die (endlichen)
Potenzreihen v(x) sind die ‘Laguerre–Polynome’, explizit
En = −E0
v(x) =
n−l−1
X i=0
n+l
n−l−1−i
(−1)i
xi
= L2l+1
n−l−1 (x)
i!
Die orthonormierten
Wellenfunktionen haben die RForm ψnlm (~r) = Rnl (r)Ylm (ϑ, ϕ) und
R 3 ∗
erfüllen d ~rψnlm (~r)ψn′ l′ m′ (~r) = δnn′ δll′ δmm′ ←֓ r 2 drRn′ l′ (r)Rnl (r) = δnn′ δll′
die ersten Radialfunktionen sind (mit a ≡ aB =Bohrradius)
R10 =
2
r
−a
,
3 e
a2
R20 =
r −r
e 2a ,
1
−
3
2a
(2a) 2
1 r −r
1
e 2a , . . .
R21 = √
3
3 (2a) 2 a
2
Diskussion der Entartung:
V(r)
• Das System Kern + Elektron hat 6 Freiheitsgrade der
Bewegung und es existieren 6 kommutierende Ope~ H, L2 , Lz ; das
ratoren, somit Erhaltungsgrößen: P,
~
Problem ist deshalb integrabel. Die Quantenzahlen K,
n, l, m zu den Erhaltungsgrößen legen die Wellenfunktion eindeutig fest, die Energien der stationären Zustände
der Relativbewegung hängen jedoch nur von der Hauptquantenzahl n ab, Enlm = En
Entartung ohne Spin
l=0 l=1
l=2
3s
3p
3d
2s
2p
r
1s
(1+3+5)
(1+3)
x 2
mit Spin
1
• Rotationsinvarianz: die Energieeigenwerte sind unabhängig von der Quantenzahl m von
~ denn
Lz (klassich: Richtung von L),
±
~
[L, H] = 0 ֒→ mit L := Lx ± Ly : HL± |nlmi = L± H|nlmi = En (L± |nlmi).
Da L± |nlmi ∝ |nlm ± 1i (siehe Kap. 7.1), folgt Enlm = Enl und
(2l + 1)–fache Entartung des Eigenzustands von L2 mit Eigenwert ~2 l(l + 1)
Allgemein führt jede nicht–abelsche Symmetrie ([Li , Lj ] 6= 0) zur Entartung.
• ‘versteckte Invarianz’ des Coulombproblems: die Energieeigenwerte E sind unabhängig
von der Quantenzahl l von L2 (es handelt sich um die Symmetrie, die klassich den Lenz–
Runge–Vektor als Erhaltungsgröße zur Folge hat), also Enl = En
• für E > 0 existiert ein Kontinuum von Streuzuständen
• Korrekturen:
relativistische Dynamik ֒→ Feinstruktur,
endlicher Kernradius ֒→ Abweichung vom Coulombpotential,
Wechselwirkung mit Kernspin ֒→ Hyperfeinstruktur,
Wechselwirkung mit quantisiertem Licht (Photonenfeld) ֒→ Lambshift
56
Bemerkungen:
In den entarteten Unterräumen sind zuweilen andere Linearkombinationen von stationären
Zuständen nützlich, z.B. die reellen Funktionen
√1 (Ylm (ϑ, ϕ) + Yl,−m (ϑ, ϕ)), √1 (Ylm (ϑ, ϕ) − Yl,−m (ϑ, ϕ)).
2
2i
Speziell für l = 1 sind dies die ‘px , py , pz Orbitale’ (mit ~rˆ = (sin ϑ cos ϕ, sin ϑ sin ϕ, cos ϑ))
r
r
3
3 ˆ
~rz
Y10 =
cos ϑ =
4π
4π
r
r
1
3
3 ˆ
iϕ
−iϕ
√ (Y11 + Y1,−1 ) =
~rx
sin ϑ(e + e ) =
16π
4π
2
r
r
1
1
3
3 ˆ
iϕ
−iϕ
√ (Y11 − Y1,−1 ) =
~ry
sin ϑ(e − e ) =
i 16π
4π
2i
Experimentell bestimmt man mit Lichtabsorption
/-emission Energiedifferenzen, schematisch:
Weiteres Beispiel:
~2
∇2 + 12 mω 2 r 2 . Zu 3 Freiheitsgraden gibt es 3 kommutie3–d harmonischer Oszillator, H = − 2m
~2 ∂ 2
rende Operatoren Hx , Hy , Hz mit H = − 2m
+ 12 mω 2 ri2 und H = Hx + Hy + Hz . Die SG
∂~
ri2
separiert in 3 SG’n des 1–d harmonischen Oszillators. Eigenfunktionen und Eigenwerte von H
sind demnach
3
ψnx ,ny ,nz (~r) = ϕnx (x)ϕny (y)ϕnz (z), Enx ,ny ,nz = ~ω nx + ny + nz +
,
2
wobei ϕnx (x) usw. die Eigenfunktionen (46) des 1–d harmonischen Oszillators sind.
Wählt man alternativ H, L2 , Lz als maximalen Satz kommutierender Operatoren, so haben die
Wellenfunktionen stationärer Zustände die Form
1
ψnlm (~r) = Ylm (ϑ, ϕ) unl (r).
r
Bei r = 0 gilt – auch für l = 0 – die Randbedingung unl ∝ r l+1 , wie beim H–Atom. Für l = 0 ist
also unl ∝ r und ansonsten gilt die SG des 1–d Oszillators. Deshalb liefern alle dessen ungeraden
Wellenfunktionen in x–, y– und z–Richtung (mit nx + ny + nz = 2n + 1 = ungerade) die l = 0
Wellenfunktionen des 3–d Oszillators. Die Energieeigenwerte sind somit
3
1
= ~ω 2n +
, n ∈ N0 ,
En,l=0 = ~ω 2n + 1 +
2
2
und für l ≥ 0 (ohne Herleitung)
Enl
3
= ~ω 2n + l +
2
,
n, l ∈ N0 .
Für die verschiedenen Energieniveaus ergeben sich die gleichen Entartungen in Radial– wie in
kartesischen Koordinaten,
Energie (n, l)
Entartung
(nx , ny , nz )
9
~ω
(0,
3),
(1,
1)
10
=
7
+
3
(3, 0, 0) + perm, (2, 1, 0) + perm, (1, 1, 1)
2
7
~ω
(1,
0),
(0,
2)
6
=
1
+
5
(2,
0, 0) + perm, (1, 1, 0) + perm
2
5
(0, 1)
3
(1, 0, 0) + perm
2 ~ω
3
~ω
(0,
0)
1
(0, 0, 0)
2
57
6.3
Eichinvarianz und elektromagnetisches Feld
Am Ende von Kap. 5.2 wurde die globale Verschiebung der Phase der Wellenfunktion gemäß
ψ(~r, t) −→ eiϕ ψ(~r, t) als eine Symmetrietransformation (ohne klassisches Analogon) angeführt,
welche alle beobachtbaren Größen invariant lässt. Als Folge davon ergibt sich die Wahrscheinlichkeitserhaltung, bzw. im Fall geladener Teilchen, die Ladungserhaltung.
Man kann sich die Frage stellen, wieso nur eine globale, raum- und zeitunabhängige Phasenänderung die Physik nicht beeinflussen soll. Warum sollte es für die Ladungserhaltung nötig sein, dass
(zu jedem Zeitpunkt) ϕMond = ϕErde gilt? Kann man die Phasen nicht unabhängig variieren?
Eine offensive Antwort auf diese Frage ist das
Postulat der lokalen ‘Eichinvarianz’.
Nach diesem Prinzip sollen alle Messgrössen invariant sein unter lokaler Phasentransformation,
genannt ‘Eichtransformation’ oder ‘Umeichung’ 22 der Wellenfunktion mit einer beliebig orts–
und zeitabhängigen, eindeutigen Funktion ϕ(~r, t)
ψ(~r, t) −→ ψ̃(~r, t) = eiϕ(~r,t) ψ(~r, t).
(73)
Auf den ersten Blick scheint das Postulat völlig unsinnig zu sein, da alle Informationen über
Interferenzeigenschaften von Wellen in der Phase der Wellenfunktion kodiert sind. Überraschenderweise gilt das Postulat trotzdem und hat sich als extrem fruchtbar für die Entwicklung von
Feldtheorien erwiesen.
Die Schrödingergleichung, in der Form in der wir sie bisher kennen, ist offensichtlich nicht eich1 2
p ψ, dann ist im Allinvariant. Ist ψ(~r, t) eine Lösung der Schrödingergleichung i~∂t ψ = 2m
gemeinen die transformierte Wellenfunktion ψ̃(~r, t) keine Lösung, denn die Ableitungen ∂t und
~p = −i~∇ wirken auch auf ϕ(~r, t) und erzeugen so Zusatzterme ∝ ∂t ϕ und ∝ ∇ϕ
i~∂t ψ̃ = i~∂t eiϕ ψ = eiϕ i~∂t ψ − ~ψ̃ (∂t ϕ)
~
pψ̃ = ~p eiϕ ψ = eiϕ ~pψ + ~ψ̃ (∇ϕ) .
Wenn das Postulat der Eichinvarianz trotzdem gelten soll, bleibt nur der Ausweg, die Schrödingergleichung, bzw. die Ableitungsoperatoren zu modifizieren. Wir führen dazu zwei ‘Eichfelder’
~ r , t) und Φ(~r, t) ein, mit dem Ziel, obige Zusatzterme zu kompensieren. Dazu ersetzen wir die
A(~
Ableitungen ∂t und ∇ durch
i~∂t −→ i~∂t − eΦ,
e~
~p −→ ~p − A
c
(74)
Diese Vorgehensweise nennt man ‘minimale Substitution’, da es die minimale Änderung der
Schrödingergleichung ist, die zur Eichinvarianz führt. Die Schrödingergleichung nimmt also jetzt
~ = A(~
~ r, t))
die Form an (mit Φ = Φ(~r, t), A
e ~ 2
1 ~p − A
ψ(~r, t).
(75)
(i~∂t − eΦ) ψ(~r, t) =
2m
c
Die ‘Kopplungskonstante’ e ist hier zunächst willkürlich gewählt. Der Trick besteht nun darin, bei
einer Eichtransformation (73) nicht nur die Wellenfunktion, sondern auch die Eichfelder genau
so zu modifizieren, dass die Schrödingergleichung forminvariant bleibt, also nach Transformation
der Wellenfunktion und der Eichfelder genauso aussieht wie vorher,
1 e ~˜ 2
~p − A
i~∂t − eΦ̃ ψ̃(~r, t) =
ψ̃(~r, t).
(76)
2m
c
22
Der Name ist Konvention, im Englischen gauge transformation, gauge invariance.
58
Dies ist leicht zu erreichen. Um (75) in (76) zu überführen, multiplizieren wir die erste Gleichung
mit eiϕ und fordern
e(Φ̃ − Φ)ψ̃ =
˙ i~(∂t ψ̃ − eiϕ ∂t ψ) = −~ϕ̇ψ̃
e ~˜ ~
(A − A)ψ̃ =
˙ ~pψ̃ − eiϕ ~pψ = ~(∇ϕ)ψ̃.
c
Wir erkennen, dass mit ϕ(~r, t) =
e
r , t)
~c χ(~
e
ψ −→ ψ̃ = eiϕ ψ = ei ~c χ ψ,
und der Eichtransformation
1
Φ −→ Φ̃ = Φ − ∂t χ,
c
~ −→ A
~˜ = A
~ + ∇χ
A
(77)
beide Schrödingergleichungen auseinander hervorgehen. Der entscheidende Schritt ist zu erken~ genau so in der Elektrodynamik eingeführt worden sind – lannen, dass die Felder Φ und A
ge bevor es eine Schrödingergleichung oder das Konzept der Phase einer Wellenfunktion gab.
Die beiden Felder sind keine puren Hilfskonstrukte, sondern können mit den Potentialen der
Elektrodynamik identifiziert werden! Über das Postulat der Eichinvarianz können so zwei ganz
unterschiedliche Theoriegebäude, die Quantenmechanik und die Elektrodynamik miteinander
verknüpft werden.
Die Ladungserhaltung wird durch eine Kontinuitätsgleichung der Form (8) zum Ausdruck gebracht. Man rechnet leicht nach, dass darin die eichinvariante Ladungs– und Stromdichte auftritt,
ie
~
∗
2
~ Ψ
֒→
̺˙ + ∇ · ~j = 0.
(78)
̺ = |Ψ| , ~j = ℑ Ψ ∇ − A
m
~c
~ selbst sind, da nicht eichinvariant, keine physikalischen Messgrössen, wohl
Die Eichfelder Φ, A
~ =: B
~ und ∇Φ + 1 A
~˙ =: −E.
~ Schreibt
aber die daraus abgeleiteten eichinvarianten Felder ∇ × A
c
man die Schrödingergleichung (75) in der üblichen Form, liest man die klassische Hamiltonfunktion einer Ladung e im elektromagnetischen Feld
Hkl. =
e ~ 2
1 p~ − A
+ eΦ
2m
c
(79)
~
~ + e∇×B
ab, deren Bewegungsgleichungen das Teilchen unter dem Einfluss der Lorentzkraft eE
c
beschreiben. Auch die Lorentzkraft ist also eine direkte Folge des Postulats der Eichinvarianz.
Fazit: Das Postulat der Forminvarianz der Schrödingergleichung gegenüber lokalen Eichtransformationen der Wellenfunktion erzwingt
~ Φ und
• die Existenz eines Eichfeldes A,
• legt auch dessen Ankopplung an das Teilchen weitgehend fest.
• Es tritt eine Kopplungskonstante e auf, die sich Ladung des Teilchens deuten lässt.
Die Elektrodynamik ist das einfachste Beispiel einer Eichtheorie, die Eichtransformationen bestehen nur aus Multiplikationen mit eiϕ und bilden so eine kommutative (‘abelsche’) Gruppe.
Die allgemeine Vorgehensweise, aus dem Postulat einer Eichinvarianz die Form der Wechselwirkung und die Existenz neuer Teilchen und Felder herzuleiten, hat sich jedoch als eines der
erfolgreichsten theoretischen Konzepte in der Physik erwiesen.
So lässt sich die starke Wechselwirkung in analoger Weise mit einer nichtabelschen Eichtheorie
verstehen. Die Quarks treten in 3 ‘Farben’ r, g, b auf. Dabei ist es offenbar völlig willkürlich,
welche Quantenzahl rot, grün oder blau genannt wird. Was folgt, wenn man postuliert, dass
59
man an jedem Punkt der Raumzeit die Farben beliebig umbenennen kann? Dazu multipliziert
man den Farbvektor mit einer orts- und zeitabhängigen unitären 3 × 3 Matrix
 
 
r
r
 g  −→ U(~r, t)  g  mit U(~r, t) ∈ SU (3).
b
b
Da Drehungen mit SU (3) durch 8 verallgemeinerte Winkel beschrieben werden, muss man 8
Vektorpotentiale einführen, um eine eichinvariante Theorie zu erhalten. Diese beschreiben die
~ die Photonen und die
Gluonenfelder, die die starke Wechselwirkung vermitteln, so wie Φ und A
elektromagnetische Wechselwirkung beschreiben.
Beispiel:
~ Der Hamiltonoperator für ein Elektron mit Ladung
~ mit A
~ = − 1 ~r × B.
Homogenes Magnetfeld B
2
~ =B
~ · (~p × ~r) = −B
~ · (~r × ~p))
−e ist (mit ~
p · (~r × B)
2
e1
1
~
~p +
~r × B
H=
2m
c2
2
1 2
1 e ~ + (~r × B)
~ · ~p + e (~r × B)
~ 2
~p · (~r × B)
=
p +
2m
2m 2c
8mc2
µB ~ ~
e2
p2
~ 2 mit µB := |e|~ .
−
L·B+
(~r × B)
=
2m
~
8mc2
2mc
(80)
µB , das Bohrsche Magneton, ist das Magnetisierungsquantum, die Einheit der Magnetisierung
M = µB m, m ∈ Z. Für ein (konstantes) Magnetfeld B in z–Richtung ist der Hamiltonoperator
~ 2 = B 2 (x2 + y2 ))
(mit (~r × B)
H=
mωL2 2 2
1
(p2x +p2y +p2z )+
(x +y )−ωL (xpy −ypx ),
2m
2
ωL :=
µB B
|e|B
=
= Larmorfrequenz.
~
2mc
~ = (0, 0, B) auch als B
~ = ∇× A
~ mit A
~ = (0, Bx, 0) dargestellt werden
Alternativ kann das Feld B
B
~
~
(Umeichung A −→ A + 2 ∇(xy)) . In diesem Fall lautet der Hamiltonoperator
H=
1 2
px + p2z + (py + 2mωL x)2 .
2m
Da y und z in H nicht auftreten, vertauschen H, py , pz miteinander und können gemeinsam diagonalisiert werden (Abspaltung ebener Wellen in y– und in z–Richtung von der Wellenfunktion).
Zu diagonalisieren bleibt
2
1 2
1 2
py
2
H=
+
px + 2mωL x +
p .
2m
2mωL
2m z
Die Eigenwerte von H sind – bis auf die Translationsenergie in z–Richtung – die eines 1–d
harmonischen Oszillators der Frequenz 2ωL , 23
p2z
1
En,pz =
+ 2~ωL n +
, n = 0, 1, 2, . . .
Landau − N iveaus.
2m
2
Diese Eigenwerte sind (bei unbeschränkter Systemgröße) unendlich–fach entartet, denn zu jedem
Wert von En,pz gibt es kontinuierlich viele Eigenzustände von py .
23
Die Verschiebung x → x̃ = x+const wirkt sich wegen [px , x̃] = [px , x] = −i~ nicht auf das Spektrum aus.
60
6.4
Aharonov–Bohm–Effekt
~ und B,
~ beobIn der klassischen Elektrodynamik sind nur elektrisches und magnetisches Feld, E
~ und das skalare Potential Φ, welche nur als Hilfsgrößen
achtbar, nicht aber das Vektorpotential A
~
~
~ direkt
zur Berechnung der Felder E und B auftreten. Hingegen geht in der Quantentheorie A
in die Phase der Wellenfunktion ein, was zu beobachtbaren Effekten ohne klassisches Analogon
führt.
Als Beispiel betrachen wir folgenden experimentellen Aufbau. Ein geladenes Teilchen bewegt
+ + +
sich im Aussenraum eines unendlich langen, ge+ + + +
+ + +
+ + + +
raden Zylinders. Dieser bildet für das Teilchen
+ + +
++ +++++
eine undurchdringliche Potentialbarriere, das Teilchen kann keinesfalls in den Zylinder eindringen.
Im Innern des Zylinders (s. Skizze, der ZylinMagnetfeld mit Fluss Φ= B f
der verläuft senkrecht zur Zeichenebene) besteht
undurchdringliche Potentialbarriere
ein homogenes, zeitlich konstantes Magnetfeld B
mit Fluss Φ = Bf .
Klassisch kann dieses Feld nicht auf die Bewegung des Teilchens einwirken. Was sagt die Quantentheorie?
~ des Magnetfelds B
~ =∇×A
~ ist auch im Aussenraum des Zylinders von
Das Vektorpotential A
Null verschieden, es ist dort
ˆ
~ = Φ ~z × ~r = Φ ϕ
~ˆ,
A
2πr
2πr
֒→
I
~ · d~r =
A
Z
~ · df~ = Φ.
B
~ und in tangentialer Richtung. Φ ist der
~zˆ und ϕ
~ˆ sind die Einheitsvektoren in Richtung von B
gesamte magnetische Fluss im Innern des Zylinders.
Zur Lösung der Schrödingergleichung (75) setzen wir versuchsweise an
i e
r )e ~ c
ψ̃(~r) = ψA=0
~ (~
R ~r
~
r0
~ r ′ )d~
A(~
r′
~≡0
(~r) für A
mit der Lösung ψA=0
~
(81)
und sehen, dass in
h
e
i
i
e~
~ − eA
~ ψ~
~
+
p− A
A
ψ̃ = e ~ (... ) ~pψA=0
~
A=0
c
c
c
tatsächlich das Vektorpotential wegfällt. Damit scheint ψ̃ tatsächlich Lösung von (75) zu sein,
Lösung der Schrödingergleichung ohne Magnetfeld ist. Das ist jedoch nicht richtig,
sofern ψA=0
~
R ~r
~ r ′ )d~r ′ vom Integratidenn ψ̃(~r) ist im Allgemeinen nicht wohldefiniert, da das Integral ~r0 A(~
onsweg abhängt.
H
i e
~
Für einen geschlossenen Integrationsweg um den magnetischen Fluss Φ herum gilt e ~ c A(~r)d~r =
ei2πΦ/Φ0 mit dem
‘Flussquant’
Φ0 =
2π~c
e .
(82)
Es sind zwei Fälle zu unterscheiden.
H
~ r )d~r = nΦ0 , n ∈ Z ֒→ ei2πΦ/Φ0 = 1 ֒→ ψ̃(~r) ist eindeutig und eine Lösung
1. Φ = A(~
der Schrödingergleichung. Damit hat der Fluss Φ keinerlei experimentell beobachtbare
Auswirkungen, man kann das Vektorpotential wegeichen.
61
2. Φ =
H
~ r )d~r 6= nΦ0 ∀n ∈ Z. Hier bekommt das Elektron bei jedem Umlaufen des Flusses
A(~
eine extra Phase 2πΦ/Φ0 (mod 2π) 6= 0, die sogenannte
Aharonov–Bohm–Phase . In
diesem Fall ist die Wellenfunktion (81) nicht wohldefiniert und damit auch keine Lösung
der Schrödingergleichung. Über die durch das Vektorpotential vermittelte Aharanov-Bohm
Phase kann der Fluss so das System beeinflussen, auch wenn das Teilchen niemals in
Kontakt mit dem Magnetfeld kommt.
Die extra Phase führt dazu, dass sich Messgrössen periodisch mit Φ mit der Periode Φ0 ändern.
Dies kann man am folgenden Beispiel sehen. Bewegt sich das Teilchen der Masse M z.B. in einer
Ebene senkrecht zum Solenoid (unter dem Einfluss einer Zwangskraft) im festen Abstand r von
dessen Mittelachse, so ist mit
~ ∂
ˆ
~= Φ ϕ
~p = ϕ
~ˆ
, A
~
ir ∂ϕ
2πr
der Hamiltonoperator
1 ∂
e ~ 2
Φ 2
~2
~
H=
p− A =−
−i
2M
c
2M r 2 ∂ϕ
Φ0
mit den Eigenfunktionen
ψ(ϕ) = eimϕ
Dabei muss m ganzzahlig sein, m ∈ Z, da nach Definition der Winkelvariable ( ֒→ ψ(ϕ + 2π) = ψ(ϕ))
gelten muss. Die Energien stationärer Zustände hängen also von der Quantenzahl m und vom
eingeschlossenen Fluss Φ ab,
Em
~2
=
2M r 2
Φ
m−
Φ0
2
E
, m ∈ N.
Für gegebenen Fluss Φ liefert die zu ΦΦ0 nächstgelegene ganze Zahl (≈ Zahl der Flussquanten)
als Quantenzahl m den Grundzustand. Die Grundzustandsenergie (grün in der Skizze eingezeichnet) ist dann eine periodische Funktion von Φ.
Φ/Φ0
−1
0
1
2
Beispiel: Interferenz am Doppelspalt
Obwohl die Teilchen durch die Wand des Solenoids gehindert werden, in das Gebiet mit Magnetfeld B 6= 0 einzudringen, macht sich das Vorhandensein des Feldes im Beugungsbild bemerkbar.
Schirm
Spalt 1
Quelle
Φ=0
Solenoid
Φ=Φ 0/2
Spalt 2
62
6.5
Magnetischer Monopol
Warum ist die elektrische Ladung quantisiert, warum ist z.B. die Protonenladung= |e|? Die
Antwort auf diese grundlegende Frage ist bis heute unbekannt. Jedoch hat Dirac schon in 1931
darauf hingewiesen, dass die Regeln der Quantenmechanik die Ladungsquantisierung erzwingen,
falls es einen sogenannten ‘magnetischen Monopol’ geben würde. Ein solches Objekt, das eine
magnetische Ladung analog zur elektrischen Ladung trägt, wurde bisher noch nicht gefunden.
Trotzdem soll hier kurz die Grundidee des Diracschen Arguments skizziert und plausibel gemacht
werden.
Nehmen wir an, dass ein magnetischer Monopol existiert. Ein solcher Monopol erzeugt ein Magnetfeld genau wie eine elektrische Ladung ein elektrisches Feld erzeugt.
Die Maxwellgleichung müssen dann natürlich um die entsprechen~ = ρM
de ‘magnetische Ladungsdichte”ρM erweitert werden, ∇ · B
mit ρM = 4πgδ(~r ) für einen Monopol bei ~r = 0 mit magnetischer
Ladung g. Damit ist der HFluss durch eine geschlossene Fläche um
B
~ · d2~r = 4πg gegeben.
den Monopol durch Φ = B
8
Für eine quantenmechanische Beschreibung des Systems benötigt
man ein Vektorpotential. Scheinbar kann man aber ein solches
~ 6= 0, was im Widerspruch zu B
~ = ∇×A
~
nicht definieren, da ∇ · B
steht. Es gibt aber einen eleganten Ausweg. Dazu überlegt man
sich, dass das Magnetfeld am Ende einer unendlich lagnen, unendlich dünnen Spule genau wie das eines Monopols aussieht – wenn
man das Feld im Inneren der Spule ignorieren kann (das andere
Ende der Spule wird ins Unendliche verlagert).
Kann man das Vektorpotential dieser Spulenkonfiguration benutzen, um einen magnetischen
Monopol zu beschreiben? Das ist genau dann möglich, wenn der Fluss im Inneren der Spule
zu keinerlei messbaren Effekten führen kann. Im Rahmen der klassischen Physik stellt es sich
tatsächlich heraus, dass ein unendlich dünner Flussschlauch nicht detektierbar ist. Aber im letzten Kapitel 6.4 haben wir gesehen, dass man quantenmechanisch die Anwesenheit eines solchen
Flussfadens über den Aharonov–Bohm Effekt detektieren kann. Einzig in dem Fall, dass der
magnetische Fluss ein ganzzahliges Vielfaches des Flussquantums Φ0 (82) beträgt, verschwindet
die Aharonov–Bohm Phase. Dann kann der Flussfaden prinzipiell nicht detektiert werden (das
~ ist aber immer noch singulär auf einer Linie bis ins Unendliche). Damit haben
Vektorpotential A
wir eine konsistente quantenmechanische Beschreibung von magnetischen Monopolen unter der
Bedingung gefundenen, dass
Φ = g = nΦ0 = n
2π~c
e
oder
e=
~c 1
· n,
2 g
n ∈ Z.
(83)
Dies ist Dirac’s Quantisierungsbedingung. Sie besagt, dass die elektrische Ladung quantisiert
sein muss, falls nur ein einziger magnetischer Monopol existiert. Solche Objekte treten zwar in
bestimmten Verallgemeinerungen des Standardmodells natürlicherweise auf, wurden aber bisher
noch nie beobachtet.
63
7
Spin
7.1
Algebra der Drehimpulse
Motiviert durch die algebraische Lösung des harmonischen Oszillators in Kap. 4.8, versuchen wir
die Eigenschaften der Drehimulseigenzustände direkt aus den Vertauschungsrelationen der Drehimpulskomponenten (der ‘Drehimpulsalgebra’) zu gewinnen. Zur Vereinfachung der Formeln
führen wir einen dimensionslosen Drehimpuls ~J ein durch
~J := 1 L,
~
~
J± := Jx ± iJy .
(84)
Die Komponenten von ~J erfüllen die Vertauschungsrelationen
[Jx , Jy ] = iJz
und zyklisch, zusammengefasst:
[Ji , Jj ] = iǫijk Jk .
(85)
Daraus folgt [Ji , J2 ] = 0 und im Zusammenhang mit J±
[Jz , J± ] = ±J± ,
[J+ , J− ] = 2Jz ,
J2 = J+ J− + J2z − Jz = J− J+ + J2z + Jz .
(86)
Diese Relationen ähneln den Formeln [n, a† ] = a† , [n, a] = −a, [a, a† ] = 1 des harmonischen
Oszillators.
Leiteroperatoreigenschaft: Sei |jmi simultaner Eigenzustand von J2 , Jz 24 Der nichtnegative
Eigenwert von J2 sei mit j(j + 1) bezeichnet (der Grund wird gleich sichtbar), der von Jz mit
m, also
(87)
J2 |jmi = j(j + 1)|jmi, Jz |jmi = m|jmi,
hjm| j ′ m′ i = δjj ′ δmm′ .
Aufgrund der Kommutatorrelationen folgt
Jz J± |jmi = J± Jz |jmi ± J± |jmi = (m ± 1)J± |jmi,
d.h. J± erhöht/erniedrigt den Eigenwert m von Jz um ±1,
J± |jmi = c± |j, m ± 1i mit
|c− |2 = hJ− jm| J− jmi = hjm| J+ J− | jmi = hjm| J2 − J2z + Jz | jmi = j(j + 1) − m2 + m
|c+ |2 = hJ+ jm| J+ jmi = hjm| J− J+ | jmi = hjm| J2 − J2z − Jz | jmi = j(j + 1) − m2 − m.
Mit geeigneter Wahl der Phase von |jmi gilt deshalb
p
J± |jmi = j(j + 1) − m(m ± 1)|j, m ± 1i.
(88)
p
Wegen hjm| J2x + J2y | jmi = hjm| J2 − J2z | jmi = j(j + 1) − m2 ≥ 0 muss |m| ≤ j(j + 1) sein,
deshalb muss m einen maximalen Wert mmax und und einen minimalen Wert mmin annehmen.
Für die zugehörigen Eigenvektoren gilt
J+ |j, mmax i = 0 ֒→ j(j + 1) − mmax (mmax + 1) = 0
J− |j, mmin i = 0 ֒→ j(j + 1) − mmin (mmin − 1) = 0
֒→
mmax (mmax + 1) = mmin (mmin − 1) ֒→ (mmax + mmin )(mmax − mmin + 1) = 0.
Da mmax > mmin folgt weiter mmin = −mmax , mmax = j, mmin = −j, insgesamt
m = −j, −j + 1, . . . , j − 1, j ֒→ 2j + 1 ∈ N0 ֒→ j ganzzahlig oder j halbzahlig.
(89)
m durchläuft mit Schrittweite 1 alle Werte zwischen −j und +j. Die Anzahl der m–Werte ist
2j + 1 ∈ N0 , deshalb ist j entweder ganzzahlig oder halbzahlig.
24
Wir nehmen an, dass |jmi eindeutig sei (‘irreduzible Darstellung’).
64
Da J2 mit allen 3 Komponenten Jx , Jy , Jz des Drehimpulses vertauscht, diese jedoch nicht
untereinander, bilden J2 = J2x +J2y +J2z und Jz einen maximalen Satz vertauschbarer Operatoren.
Deren gemeinsame Diagonalisierung liefert für jeden festen Wert von j ∈ {0, 21 , 1, 32 , 2, . . . }, damit
für jeden Eigenwert j(j + 1) von J2 , die Zustände |jmi, m = −j, . . . , +j, welche eine ONB eines
2j + 1–dimensionalen Darstellungsraums der Drehgruppe (vgl. Kap.5.3) bilden.
Jz ist in diesem Raum eine (2j + 1) × (2j + 1)–Matrix mit den Eigenwerten m = j, . . . , −j in
der Hauptdiagonalen, ansonsten Nullen; J2 ist die Einheitsmatrix, multipliziert mit j(j + 1).
Die Matrizen hjm| J± | jm′ i haben jeweils nur in einer Nebendiagonalen von Null verschiedene Einträge, die aus Gl.(88) abzulesen sind. Damit sind auch die Matrizen hjm| Jx | jm′ i =
1
1
+
−
′
′
+
−
′
2 hjm| J + J | jm i und hjm| Jy | jm i = 2i hjm| J − J | jm i explizit berechenbar. Man erhält


j
0
0 j − 1

0




0
j
−
2
0




0
Jz = ~ 
,


..


.



−j + 1 0 
0
−j

1 0

0 1 0



 0 1 0




0
J2 = j(j + 1) 



..


.



1 0
0 1
(90)

√

1 · 2j
0
p
√
 1 · 2j
0
2(2j − 1) p

p

2(2j
−
1)
3(2j − 2)
p 0
~

3(2j − 2)
0
Jx = 
2
..

.












√
0
2j · 1
√
2j · 1
0
√
0
1 · 2j
p
√
− 1 · 2j
2(2j − 1) p

p 0

3(2j − 2)
− 2(2j − 1)
p 0
~ 

−
3(2j
−
2)
0
Jy =

2i 
..

.



0
√
− 2j · 1
(91)










√
2j · 1
0
(92)
Aus diesen Erzeugenden läßt sich – im Prinzip – auch die Matrixdarstellung jeder endlichen
i
~
Drehung Dα~ = e− ~ α~ ·J gewinnen. Man erhält so für jedes j eine irreduzible 2j + 1–dimensionale
Darstellung der Drehgruppe. ‘Irreduzibel’ heisst, dass jeder Basisvektor des Darstellungsraums
auf jeden anderen durch eine Gruppenoperation (Drehung) abgebildet werden kann. Anders
ausgedrückt: es gibt keine Basis des Darstellungsraums, in welcher alle Drehmatrizen blockdiagonale Form annehmen. Dies ist in einer reduziblen Darstellung der Fall, die vorliegt, wenn
mehrere Drehimpulsquantenzahlen j beteiligt sind. Ein Beispiel ist der 4–dimensionale Darstellungsraum mit den Quantenzahlen j = 0 und j = 1, der aus den Produktzuständen zweier
Spin 1/2 aufgespannt wird (siehe Kap. 7.4). Ein anderes Beispiel ist der Darstellungsraum der
quadratintegrablen Funktionen auf der Kugeloberfläche: in der Entwicklung der Matrixelemente
hϑ′ ϕ′ | D| ϑϕi nach der {|lmi}–Basis treten alle Bahndrehimpulsquantenzahlen l = 0, 1, 2, . . .
auf.
65
Es sind 2 Fälle zu unterscheiden:
1. Fall j ≡ l ganzzahlig25
Dieser Fall ist realisiert durch die Kugelflächenfunktionen Ylm (~r) = h~r| lmi, l ∈ N0 , m =
−l, . . . , +l aus Kap.5.4. Zu deren expliziter Berechnung gehe man aus von L+ |lli = 0 mit L±
aus (61) und Ylm (ϑ, ϕ) = eimϕ flm (ϑ). Es folgt die DGL
∂
− l cot ϑ fll (ϑ) = 0 mit der Lösung fll = c · (sin ϑ)l ֒→ Yll (ϑ, ϕ) = ceilϕ (sin ϑ)l .
∂ϑ
Damit können alle Ylm rekursiv berechnet werden,
p
∂
∂
−
iϕ
~ l(l + 1) − m(m + 1)Ylm (ϑ, ϕ) = L Yl,m+1 (ϑ, ϕ) = i~e
cot ϑ
−i
Yl,m+1 (ϑ, ϕ).
∂ϕ
∂ϑ
Die kleinste (nichttriviale) Darstellung mit ganzzahligem j = l liegt für l = 1 vor. Die Drehimpulsmatrizen sind
√
√






0
0
2
0
2 √0
1 0 0
√
√
√
~
~
− 2
Lz = ~ 0 0 0  , Lx =  2 √0
2 , Ly =
0
2
√
2
2i
0 0 −1
0
0
− 2 0
2 0
und L2x + L2y + L2z = ~2 (1(1 + 1))1 = 2~2 1.
~ Deshalb gilt für den Drehoperator im UnterOffenbar ist ( 1~ Lz )3 = ~1 Lz , analoges gilt für ~n · L.
raum der l = 1–Zustände (nur dort!)
i
α ~ i
α ~
~
~ sin α − 2 (~n · L)
~ 2 sin2 α .
− 1 − cos( ~n · L)
= 1 − ~n · L
e− ~ α~n·L = 1 − i sin( ~n · L)
~
~
~
~2
2
2. Fall j halbzahlig
Überraschenderweise gibt es auch die mathematische Option, dass j halbzahlige Werte annimmt,
obwohl für den Bahndrehimpuls nur ganzzahlige Werte zugelassen sind. Das wirft sofort die Frage
auf, ob es in der Natur ein Objekt gibt, dessen Rotationseigenschaften so ‘exotisch’ sind, dass
sie durch ein halbzahliges j charakterisiert werden.
Dies ‘exotischen’ Objekte gibt es tatsächlich, und sie tragen den Namen Spin. Den entsprechenden Operator, der die Drehungen des Spins generiert, nennt man
~S = ~~J . So trägt jedes
Elektron, Proton, Neutron einen extra Freiheitsgrad mit der Quantenzahl j = 21 .
Für j = 1/2 spannen die beiden Zustände | 21 , 21 i = | ↑i, | 12 , − 12 i = | ↓i einen zweidimensionalen
Hilbertraum C2 auf (ein ‘Qbit”). Dieser Fall wird in den nächsten Abschnitten behandelt.
Man beachte: es existieren auch höhere Spins 1, 23 , 2, 52 , . . . .
Es ist Konvention, allgemeine Drehimpulse mit ~J, deren Quantenzahlen mit j, m zu benennen, Bahndrehim~
~r × ~
pulse dagegen mit L(=
p), Quantenzahlen l, m, Spindrehimpulse oft mit ~
S, Quantenzahlen s, m. Halbzahliges
j weist auf das Vorhandensein mindestens eines Spins hin, ganzzahliges j kann sowohl Bahn– als auch Spindrehimpuls sein, z.B. durch Addition von Spins entstehen.
25
66
7.2
Spin 1/2
Für j ≡ s = 12 ist der Darstellungsraum 2s + 1 = 2–dimensional. Mit m = ± 12 wird eine ONB
aufgespannt durch
1 1
1
1
1
0
| , i≏
≏ |↑i,
| ,− i ≏
≏ |↓i.
0
1
2 2
2
2
Mit einem allgemeinen Zustand
c1
= c1 |↑i + c2 |↓i,
c2
ci ∈ C, i = 1, 2,
wird ein neues physikalisches Objekt, genannt ‘Spin 1/2’, beschrieben. Der Generator von Drehungen ist ~S = ~~J mit
1
~ 1 1
1
Sz | , ± i = ± | , ± i
2
2
2 2 2
und
r
1
1
1
1 1
1 1
1 1
+ 1
S | ,− i = ~
( + 1) − (− )(− + 1) | , i = ~| , i
2
2
2 2
2
2
2 2
2 2
r
1 1
1 1
1
1
1
1
1 1
S− | , i = ~
( + 1) − ( )( − 1) | , − i = ~| , − i.
2 2
2 2
2 2
2
2
2
2
Mit S± = Sx ± iSy folgt
Si =
~
2 σi ,
1 0
σz =
,
0 −1
σx =
0 1
,
1 0
σy =
0 −i
,
i 0
(93)
in Übereinstimmung mit Gln. (90)–(92) im Fall j = 12 .
Die Darstellungsmatrizen σi , i = x, y, z sind die Paulimatrizen, sie erfüllen die Relationen
[σ i , σ j ] = 2iǫijk σ k ,
σ i σj = δij 1 + iǫijk σ k ,
{σ i , σ j } := σ i σ j + σj σ i = 2δij 1.
(94)
Die Kommutatorrelation geht direkt auf die allgemeine Vertauschungsrelation (85) des Drehimpulses zurück, die Produktformel und der daraus resultierende ‘Antikommutator’ gilt nur für
den Drehimpuls mit der Quantenzahl j = 12 .
Jeder hermitesche Operator im Raum der Spin 1/2 Zustände lässt sich als Linearkombination
der Paulimatrizen darstellen,
a1 − a4
a1 + a4
a1
a2 + ia3
1 + a2 σ x − a3 σ y +
σz .
=
a2 − ia3
a4
2
2
Eine (endliche) Drehung im Raum der Spin 1/2 –Zustände hat die Form
′
i
i
c1
~
1/2 c1
1/2
= Dα~
mit Dα~ = e− ~ α~ ·S = e− 2 α~ ·~σ .
c′2
c2
Mit einem beliebigen Einheitsvektor ~n gilt
~ )2 = ni nj σ i σ j = δij ni nj = 1,
(~n · σ
~ auf den Einheitsoperator und alle ungeraden
wodurch sich alle geraden Potenzen von ~n · σ
~ reduzieren. Durch Potenzreihenentwicklung und zerlegung des Drehoperators
Potenzen auf ~n · σ
~ ≡ α (α
~ ) folgt
in gerade und ungerade Potenzen von α
~ ·σ
~ˆ · σ
α
α
i
α
α
1/2
~ − i sin
~ = 1 cos − iα
~ sin .
α
~ˆ · σ
α
~ˆ · σ
~ˆ · σ
Dα~ = e− 2 α~ ·~σ = cos
2
2
2
2
67
1/2
Es fällt auf, dass für α = 2π, also eine Drehung um 360 Grad, Dα~
können die Matrizen
sie die
1/2
{Dα~ }
= 1 cos π = −1 ist! Damit
keine Darstellung der Gruppe SO(3) (56) sein. Statt dessen bilden
Gruppe SU (2): unitäre 2 × 2–Matrizen mit Determinante = 1.
Die Generatoren der Gruppen SU (2) und SO(3) haben – per Konstruktion – die gleiche Algebra
(85), was zu äquivalenten infinitesimalen Drehungen führt. Der Unterschied der Gruppen kommt
erst in der 2π–Drehung zum Vorschein.
Unter unitärer Transformation im Hilbertraum verhält sich der Spinoperator wie ein Vektor
unter einer Drehung 5.3 Rα~ ∈ SO(3)
1/2
1/2
(Dα~ )† ~SDα~ = Rα~ ~S
mit
Rα~ ∈ SO(3),
was sich anhand der Kommutatorrelation (94) direkt nachweisen lässt.
Beispiel:
1
1
1
Drehung eines Spin 1/2 aus der +z in die +x–Richtung,
−→ √2
. Offenbar muss um
0
1
α = π2 um die y–Achse gedreht werden, die unitäre Matrix dafür ist
−i π2 ~1 Sy
e
−i π4 σ y
=e
π
1
π
= 1 cos − iσ y sin = √
4
4
2
68
1 −1
.
1 1
7.3
Pauli–Gleichung
Der Zustand eines Teilchens mit Spin 1/2, z.B. eines Elektrons, wird beschrieben durch einen
‘Spinor’ der Form
ψ↑ (~r)
~
ψ(~r) =
= ψ↑ (~r)|↑i + ψ↓ (~r)|↓i.
ψ↓ (~r)
Dabei gibt ψ↑ (~r) die Wahrscheinlichkeitsamplitude an, einen up-Spin am Ort ~r zu finden.
Das Skalarprodukt zweier Spinoren ist definiert als
Z
Z
~1 | ψ
~2 i = d3~rψ
~1 (~r)† ψ
~2 (~r) = d3~r (ψ1↑ (~r)∗ ψ2↑ (~r) + ψ1↓ (~r)∗ ψ2↓ (~r)) .
hψ
Ein allgemeiner hermitescher Operator hat die Gestalt
A = A0 (~r, ~p)1 +
3
X
Ai (~r, ~p)σ i .
i=1
Der Hamiltonoperator des Elektrons mit Spin im elektromagnetischen Feld ergibt sich (aus einer
relativistischen Theorie des Elektrons, Stichwort ‘Diracgleichung’) als
H=
1 e ~ 2
~ r) · ~S/~
~p − A(~r) + V (~r) 1 − gµB B(~
2m
c
Pauli-Hamiltonian.
(95)
Der ‘gyromagnetische Faktor’ g liegt sehr nahe bei zwei 26 ; die Quantenelektrodynamik liefert
in erstaunlicher Übereinstimmung mit dem Experiment den Wert g ≈ 2.0023193043617(15).
Der Wert 2 folgt aus der Diracgleichung des freien Elektrons, die Abweichung durch dessen
Wechselwirkung mit den Nullpunktsschwingungen des elektromagnetischen Strahlungsfeldes.
Die Energieniveaus des Elektrons im Wasserstoffatom erhalten durch den Spinfreiheitsgrad
zusätzlich zur l– und m–Entartung noch eine zweifache Entartung durch die Spinquantenzahl mS = ± 12 , welche die beiden möglichen Ausrichtungen des Spins bzg. einer (willkürlich
gewählten) Quantisierungsrichtung beschreibt. Durch ein äußeres Magnetfeld B wird diese Entartung aufgehoben. Nach Gleichung (80) kann man in linearer Ordnung in B die Kopplung des
~ ·B
~ beschreiben und erhält so aus dem PauliDrehimpulses an das Magnetfeld durch − µ~B L
Hamiltonoperator die Niveauaufspaltung
EnlmmS = −
E0
− BµB (m + gmS ) + O(B 2 ) Zeemann-Aufspaltung.
n2
(96)
Einen unmittelbaren Nachweis des Elektronenspins liefert das Stern-Gerlach-Experiment. Beim
Durchlaufen eines inhomogenen Magnetfeldes werden die Elektronen – je nach Ausrichtung ihres
magnetischen Moments – in das Gebiet höherer Feldstärke hineingezogen oder herausgedrängt.
26
Für g = 2 kann man H auch in der Form H =
1
Π2
2m
69
~ r) · σ
~ − ec A(~
~ schreiben.
+ V (~r) mit Π = p
7.4
Addition zweier Spin 1/2
Vorüberlegung: Man habe zwei Quantensysteme, deren Zustände die Hilberträume H1 und H2
Paare von Basisaufspannen. H1 habe die ONB {|ni1 }, H2 die ONB {|mi2 }. Die (geordneten)
P
zuständen {|ni1 |mi2 } spannen einen Hilbertraum mit den Elementen nm anm |ni1 |mi2 auf, der
als Produktraum H = H1 × H2 bezeichnet wird. Die Dimension des Produktraums ist offenbar
dim H = dim H1 × dim H2 .
P
P
Betrachtet man beide Quantensysteme mit Zuständen |ψi1 = n αn |ni1 und |ϕi2 = m βm |mi2
als Teile eines Gesamtsystems, so wird dieses durch einen Zustandsvektor ∈ H beschrieben,
X
|ψi1 |ϕi2 =
αn βm |ni1 |mi2 ∈ H.
n,m
Diese sogenannten Produktzustände
P sind jedoch nur eine kleine Untermenge von H, da sich
eine beliebige Linearkombination nm anm |ni1 |mi2 nicht als |ψi1 |ϕi2 schreiben läßt. Dies zeigt
schon das einfachste Beispiel mit 2 Zuständen; im Produktzustand
|ψi1 |ϕi2 = α|ni1 + α′ |n′ i1 β|mi2 + β ′ |m′ i2
= αβ |ni1 |mi2 + αβ ′ |ni1 |m′ i2 + α′ β |n′ i1 |mi2 + α′ β ′ |n′ i1 |m′ i2 .
|{z}
|{z}
|{z}
|{z}
≡a
≡c
≡b
≡d
ist ad = bc, was für eine beliebige Linearkombination nicht gilt. Zustände des Gesamtsystems,
die nicht in Produktzustände der Einzelsysteme faktorisieren, heissen ‘verschränkt’ und werden
im Kapitel 10 diskutiert.
Beispiel: Zwei Qbits, H = C2 × C2 , Basis |↑↑i, |↑↓i, |↓↑i, |↓↓i. Operatoren wirken in beiden
Teilräumen, z.B. wirkt S1z := (Sz )1 ⊗ (1)2 auf Spin 1 als Sz , auf Spin 2 als Einheitsoperator.
Die Matrixelemente sind hm1 m2 | S1z | m′1 m′2 i = hm1 | Sz | m′1 ihm2 | 1| m′2 i, also gleich Null für
m1 6= m′1 oder m2 6= m′2 , gleich ~2 für m1 = m′1 = ↑ und gleich − 2~ für m1 = m′1 = ↓. In der
Matrixdarstellung (mit den obigen Basisvektoren in der gewählten Reihenfolge) ist also




1
1



~ 1
 , analog hm1 m2 | S2z | m′1 m′2 i = ~  −1
.
hm1 m2 | S1z | m′1 m′2 i = 




−1
1
2
2
−1
−1
Weiteres Beispiel: die Spinor–Wellenfunktion des Elektrons mit Spin aus dem vorigen Abschnitt.
Der Hilbertraum ist H = L2 [R3 ] × C2 , Zustände in dieser Orts–, Spinbasis haben die Form
~ r ) = ψ↑ (~r) = ψ↑ (~r)|↑i + ψ↓ (~r)|↓i.
ψ(~
ψ↓ (~r)
Alternativ bietet sich die Beschreibung in der Drehimpuls, Spinbasis an mit Zuständen |nlmi|ms i =
|nlmms i mit ms = ± 12 ≏↑, ↓.
Die relativistische Theorie des Elektrons erklärt nicht nur die Existenz des Spins und dessen
Koppelung an ein äußeres Magnetfeld, sondern auch die ‘Spin-Bahn-Kopplung’, eine Wechselwirkung des mit dem Spin verknüpften magnetischen Moments mit dem der Bahnbewegung.
~ · ~S. Offenbar kommutiert HSB
Im Hamiltonoperator führt diese zu einem Zusatzterm HSB ∝ L
~ noch mit ~
~ + ~S, da dieser sowohl
weder mit L
S, wohl aber mit dem Gesamtdrehimpulses ~J = L
~
~
Drehungen von L also auch von S generiert. Dreht man die beiden zwei Vektoren simultan,
ändert sich das Skalarprodukt in HSB nicht.
mit
~ · ~S
HSB ∝ L
~ 6= 0,
ist [HSB , L]
70
[HSB , ~S] 6= 0,
aber
~ + ~S] = 0.
[HSB , L
~ +~
Der Gesamtdrehimpuls ~J = L
S mit den Vertauschungsrelationen
[Jα , Jβ ] = i~ǫαβγ Jγ
(mit Summation über γ)
dreht im Ortsraum und im Spinraum simultan!
Wegen des Auftretens der Spin–Bahn–Kopplung im Hamiltonoperator ist es zweckmäßig, die
stationären Zustände eines Elektrons im Zentralpotential als Eigenzustände des maximalen Satzes L2 , J2 , Jz , H kommutierender Operatoren zu bestimmen, anstelle des bisher betrachteten
Satzes L2 , Lz , Sz , H. Gesucht sind demnach Eigenzustände des Gesamtdrehimpulses, also zu
J2 und Jz . Wir setzen ~J = ~J1 + ~J2 , untersuchen also den allgemeinen Fall der Addition zweier
beliebiger Drehimpulse.
Es seien |j1 m1 i und |j2 m2 i die Eigenzustände von J21 , J1z und von J22 , J2z mit (wir benutzen
dimensionslose Drehimpulse)
J2i |ji mi i = ji (ji + 1)|ji mi i,
Jiz |ji mi i = mi |ji mi i,
i = 1, 2.
Die Zustände
|j1 m1 ; j2 m2 i = |j1 m1 i|j2 m2 i
spannen den (2j1 + 1)(2j2 + 1)–dimensionalen Produktraum auf, in welchem die Eigenbasis von
J2 und Jz gesucht ist. Diese neuen Basiszustände sind als Linearkombinationen der |j1 m1 ; j2 m2 i
darstellbar,
X
|j1 m1 ; j2 m2 ihj1 m1 ; j2 m2 | jmi
(97)
|jj1 j2 mi ≡ |jmi =
m1 ,m2
mit den Clebsch–Gordan–Koeffizienten C(j1 j2 j, m1 m2 m) = hj1 m1 ; j2 m2 | jmi als Entwicklungskoeffizienten Diese sind in tabellierter Form verfügbar, aber es ist nützlich, ein konstruktives
Verfahren zu ihrer Bestimmung zu kennen.
Wir stellen zunächst fest, dass alle Zustände |j1 m1 ; j2 m2 i Eigenzustände von Jz = J1z + J2z
zum Eigenwert m = m1 + m2 sind,
Jz |j1 m1 ; j2 m2 i = (J1z + J2z )|j1 m1 ; j2 m2 i = (m1 + m2 )|j1 m1 ; j2 m2 i.
j1 , j2
2
m
.
.
m=j1 − j
.
.
2
m=j − j1
.
.
.
111
000
00111100 0011
000
111
000
111
000
000 1100 111
000 1100
000 1100 111
111
11001100 111
00
11
1100
00
11
000
111 000
111 111
000
111 000
111
000 000
111
0011 0011 0011 0011 0011 0011
000
111
000
111
000
000
000
111
000 1100 11001100 0011
000 1100 111
000 1100 111
111
000 1100 111
111
000 1100 111
111
1100 1100 1100
1100 111
00
11
00
11
00
11
000
000
000
000
000 111
111
000 111
111
000 111
111
000 1100 00111100
111
0011 0011 0011 0011 0011
000
111
000
000
000 1100 111
111
000 1100 111
111
000 1100 11001100
111
1100 111
1100 000 1100
000
000 111
111
000
111
0011
2
m=−j1 − j2
1
1
m=j1 +j −1
2
m=j1 +j2 −2
2
m=j +j
m
Im nebenstehenden Diagramm sind diese Zustände
durch Punkte in einem m1 , m2 –Diagramm dargestellt. Jede Zeile enthält die Zustände mit gleicher
Summe m = m1 + m2 , repräsentiert also den Unterraum zum Eigenwert m von Jz . In jedem dieser Unterräume sind nun solche Linearkombinationen zu bilden, die auch Eigenzustände von J2
sind. Dies ist leicht zu erreichen. Zuächst ist wegen
J2 = J2z + Jz + J− J+ (86) der Zustand |j1 j1 ; j2 j2 i
mit maximalem m1 = j1 und maximalem m2 = j2
von vornherein schon Eigenzustand von J2 zum
ebenfalls maximalen Eigenwert j = j1 + j2 ,
Zur Addition der Drehimpulse (hier j1 = 52 , j2 = 4 )
J2 |j1 j2 i = (J2z + Jz )|j1 j2 i = ((j1 + j2 )2 + j1 + j2 )|j1 j2 i = j(j + 1)|j1 j2 i
mit j = j1 + j2 .
Damit ist also | j̄ j̄i = |j1 j1 ; j2 j2 i. Durch wiederholte Anwendung des Absteigeoperators J− auf
|j1 j2 i erzeugt man alle 2j + 1 Zustände des j–Multipletts | j̄mi. So ist z.B. | j̄, j̄ − 1i ∝ J− | j̄ j̄i=
|j1 , j1 − 1; j2 j2 i + |j1 j1 ; j2 , j2 − 1i
71
Von den 2 Zuständen |j1 , j1 − 1; j2 j2 i und |j1 j1 ; j2 , j2 − 1i zum Eigenwert m = j1 + j2 − 1 von
Jz wurde eine Linearkombination für das j–Multiplett verbraucht. Die dazu senkrechte Linearkombination, |χi = √12 (|j1 , j1 − 1; j2 j2 i − |j1 j1 ; j2 , j2 − 1i) ist leicht zu berechnen und ergibt
den Zustand | j̄ − 1j1 j2 j̄ − 1i mit Gesamtdrehimpuls j̄ − 1. Das kann man folgendermaßen zeigen:
Da hχ| J− | j1 j2 i = 0 = hj1 j2 | J+ | χi ist J+ |χi senkrecht auf |j1 j2 i, zugleich aber Eigenzustand
von Jz zum Eigenwert j und folglich |χi ∝ |j1 j2 i. Deshalb ist J+ |χi = 0 der Nullvektor und
J2 |χi = (J2z + Jz )|χi = (j − 1)j|χi ֒→ |χi = |j − 1, j − 1i.
Durch wiederholte Anwendung des Absteigeoperators J− auf |j − 1, j − 1i erzeugt man alle
2(j − 1) + 1 Zustände des (j − 1)–Multipletts.
Dieses Verfahren läßt sich fortführen. So konstruiert man z.B. | j̄ −2, j̄ −2i als Linearkombination
der drei Zustände mit m1 + m2 = j̄ − 2, die orthogonal zu | j̄, j̄ − 2i und | j̄ − 1, j̄ − 2i ist.
Dieses Verfahren kommt beim Erreichen der |j1 − j2 |–ten Zeile zum Abschluss, da dann alle
Linearkombinationen verbraucht sind. Man hat dann im Ganzen (bitte nachrechnen)
jX
1 +j2
(2j + 1) = (2j1 + 1)(2j2 + 1)
|j1 −j2 |
Eigenzustände von J2 , Jz und damit eine neue Basis des Produktraums konstruiert. Die Clebsch–
Gordan–Koeffizienten wurden dabei explizit bestimmt. Für die Quantenzahl j des Gesamtdrehimpulses gilt die Dreiecksregel
|j1 − j2 | ≤ j ≤ j1 + j2 ,
also
j = |j1 − j2 |, |j1 − j2 | + 1, . . . , j1 + j2 .
j ist halbzahlig, wenn genau eine der Quantenzahlen j1 , j2 halbzahlig ist, ansonsten ganzzahlig.
Insbesondere resultieren bei der Addition eines Bahndrehimpulses l und eines Spin 1/2 Drehimulses die beiden Quantenzahlen j = l ± 12 des Gesamtdrehimpulses.
Anschaulich entspricht der Fall j = j1 + j2 der Parallelstellung beider Drehimpulse, im Fall
j = |j1 − j2 | sind beide entgegengerichtet.
Bei der Addition zweier Spin 1/2 Drehimpulse ~S = ~S1 + ~S2 , j1 = j2 = 21 ist der Produktraum
4–dimensional. Der Zustand |j1 j2 i ≡ | ↑↑i mit maximalem m = j = 1 ist Eigenzustand von
S2 zum Eigenwert ~2 j(j + 1) = 2~2 , also |↑↑i = |j =1, m=1i ≡ |11i. Durch Anwendung des
−
Absteigeoperators
√ entsteht die in√den Einzelspins symmetrische Linearkombination S |↑↑i =
|↓↑i + |↑↓i = 2|j =1, m=0i ≡ 2|10i mit Eigenwert m = 0 von Jz . Nochmaliges Absteigen
liefert (S− )2 |↑↑i = |↓↓i = |j=1, m=−1i ≡ |1, −1i. Zusammen ergibt dies den Triplett–Unterraum
|11i = |↑↑i
1
|10i = √ (|↑↓i + |↓↑i)
2
|1, −1i = |↓↓i.
Die zu |↓↑i + |↑↓i orthogonale, in den Einzelspins antisymmetrische Linearkombination ist der
j = 0–Singlettzustand
1
|00i = √ (|↑↓i − |↓↑i) .
2
72
Da Drehungen aus dem j = 0–Unterraum nicht herausführen können, ist der Zustand |00i völlig
rotationsinvariant, die Drehmatrizen im Singlett–Unterraum sind = 1 ( ֒→ triviale Darstellung
der Drehgruppe). Der |10i Triplettzustand sieht sehr ähnlich aus wie der |00i Singlettzustand,
ist jedoch nicht rotationsinvariant. Beides sind verschränkte Zustände.
Ein rotationsinvarianter verschränkter Zustand lässt sich (nach D.M.Greenberger, M.Horne,
A.Zeilinger) auch durch Addition von 3 Spin 1/2 bilden, nämlich
1
|GHZi = √ (|↑↑↑i − |↓↓↓i) .
2
Verschränkte Zustände bilden die Basis für Quantenkryptographie und Teleportation, siehe
Kap. 10.
Beispiel:
Zwei gekoppelte Spins mit dem Hamiltonoperator H = J ~S1 · ~S2 (die Kopplungskonstante J hat
nichts mit dem Drehimpuls zu tun). Die Umformung
2
J ~
2
2
~
~
~
S1 + S2 − S1 − S2
H = J S1 · S2 =
2
lässt sofort die Eigenbasis von H erkennen: sie besteht aus dem Singlettzustand |00i mit der
Energie J2 0 − ~2 21 12 + 1 · 2 = − 43 ~2 J und dem 3–fach entarteten Triplettzustand mit der
Energie J2 ~2 1(1 + 1) − ~2 12 21 + 1 · 2 = 14 ~2 J.
~ · ~S = 1 (J2 − L2 − S2 ). Es bietet sich (bei
Weiteres Beispiel: Spin–Bahn–Kopplung HSB ∝ L
2
radialsymmetrischem Potential) an, J2 , Jz , L2 und S2 gemeinsam mit H zu diagonalisieren. 27
In den stationären Zuständen ist der Beitrag der Spin–Bahn–Kopplung zur Energie dann einfach
~ ·~
∝ hjlsmj | L
S| jlsmj i =
27
1
(j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1)) .
2
Für Spin 1/2 ist S2 = 34 ~2 , also trivial.
73
8
Näherungsmethoden
Motivation: meistens ist keine exakte Lösung der Schrödingergleichung möglich! Daher setzt
man meistens Kombinationen von analytischen und numerischen Näherungsverfahren ein, um
quantenmechanische Probleme zu lösen.
8.1
Stationäre Störungstheorie - ohne Entartung
Sei H = H0 + H1 = H0 + λH1 ≡ Hλ . Später werden wir λ = 1 setzen. Für λ ≪ 1 bzw. wenn
H1 eine kleine Störung von H0 beschreibt, erwarten wir eine kleine Verschiebung des n-ten
Eigenwerts. Zur Lösung der Schrödingergleichung
Hλ |ψn (λ)i = En (λ)|ψn (λ)i
benutzen wir die Potenzreihenentwicklung
En (λ) = En(0) + λEn(1) + λ2 En(2) + . . .
|ψn (λ)i = |ψn(0) i + λ|ψn(1) i + λ2 |ψn(2) i + . . . .
als Ansatz. Mit
(H0 + λH1 ) |ψn(0) i + λ|ψn(1) i + . . . = En(0) + λEn(1) + λ2 En(2) + . . .
|ψn(0) i + λ|ψn(1) i + . . .
folgt in den ersten Ordnungen von λ
O(λ0 ) :
O(λ1 ) :
O(λ2 ) :
H0 |ψn(0) i = En(0) |ψn(0) i
H1 |ψn(0) i + H0 |ψn(1) i = En(0) |ψn(1) i + En(1) |ψn(0) i
(∗)
H1 |ψn(1) i + H0 |ψn(2) i = En(0) |ψn(2) i + En(1) |ψn(1) i + En(2) |ψn(0) i
(∗∗)
(0)
Im Folgenden verwenden wir die abgekürzte Bezeichnungsweise |ψn i ≡ |ni, H0 |ni = ǫn |ni.
Multiplikation von (*) mit hm| liefert
hm| H1 | ni + ǫm hm| ψn(1) i = ǫn hm| ψn(1) i + En(1) δmn ,
und speziell für m = n
En(1) = hn| H1 | ni.
Für m 6= n ist
hm| ψn(1) i =
und folglich gilt in linear Ordnung in λ
|ψn (λ)i = |ni + λ
X
m
(98)
hm| H1 | ni
ǫn − ǫm
|mihm| ψn(1) i = |ni + λ
X |mihm| H1 | ni
+ λα|ni + O(λ2 )
ǫn − ǫm
m6=n
wobei bisher noch keine Gleichung für α hergeleitet wurde. Mit
k|ψn(0) i + λ|ψn(1) ik2 = 1 + λ(α + α∗ ) + O(λ2 )=1
˙
für λ ∈ R
folgt α = iϕ imaginär, ϕ beliebig ∈ R. Man beachte: 1 + iλϕ + O(λ2 ) = eiϕλ + O(λ2 ) ≏. Da
die Phase der ONB {|ψn (λ)i} beliebig gewählt werden kann, kann man für ϕ jeden beliebigen
rellen Wert einsetzen. Wir wählen α = iϕ = 0.
74
Multiplikation von (**) mit hn| ergibt
hn| H1 | ψn(1) i + ǫn hn| ψn(2) i = ǫn hn| ψn(2) i + En (1)hn| ψn(1) i + En(2) ,
also
En(2) = hn| H1 | ψn(1) i =
X hn| H1 | mihm| H1 | ni
.
ǫn − ǫm
m6=n
Mit λ = 1 ergibt dies
|ψn i ≈ |ni +
X |mihm| H1 | ni
+ O(H21 )
ǫn − ǫm
(99)
m6=n
En ≈ ǫn + hn| H1 | ni −
X |hm| H1 | ni|2
+ O(H21 ).
ǫm − ǫn
(100)
m6=n
Bedingung für die Gültigkeit der Störungsrechnung ist offenbar
hn| H1 | mi 2
ǫn − ǫm ≪ 1,
sie ist nicht anwendbar im Fall ǫn = ǫm (entartete Niveaus). Die Grundzustandsenergie En=0
erfährt in zweiter Ordnung Störungsrechnung immer eine Absenkung (ǫm > ǫ0 ).
~ mit H1 = eE
~ ·~r. Eine Abschätzung der Größenordnung
Beispiel: H–Atom im elektrischen Feld E
5
für ein technisch herstellbares Feld E ∼ 10 V/m, a ∼ aB ∼ 10−10 m ergibt hn| H1 | ni ∼ eEaB ∼
10−5 eV, also eine sehr kleine Korrektur der Grundzustandsenergie ∼Ryd≈ 13.6eV.
75
8.2
Stationäre Störungstheorie - mit Entartung
Im Fall der Entartung ǫn = ǫm und mit hm| H1 | ni 6= 0 ist hn|ǫnH−ǫ1 |mmi = ∞, d.h. die Störungstheorie bricht zusammen. Was ist zu tun?
Sei der Eigenwert ǫ N –fach entartet, d.h. H0 |ni i = ǫ|ni i für i = 1, 2, . . . , N ≥ 2.
Idee: suche neue Basis {|ñi i, i = 1, . . . , N } in dem durch {|ni i, i = 1, . . . , N } aufgespannten
Unterraum, so dass hñ| H1 | m̃i = 0 für n 6= m, d.h.
diagonalisiere
ǫ . In der neuen Basis ist hm̃| H | ñi = δ
hm| H1 | ni = Hmn
1
m̃ñ h1n und es folgt
|ψn i ≈ |ñi +
X |mihm| H1 | ñi
+ O(H21 )
ǫ − ǫm
m
die N × N –Matrix
(101)
ǫm 6=ǫ
Eñ ≈ ǫ + hñ| H1 | ñi −
X |hñ| H1 | mi|2
+ O(H21 ).
ǫm − ǫ
m
ǫm 6=ǫ
Die m–Summen erstrecken sich über alle Zustände |mi, für die ǫm 6= ǫ gilt.
Ein Beispiel folgt im nächsten Abschnitt.
76
(102)
8.3
8.3.1
Stark–Effekt
Quadratischer Stark–Effekt
Als Stark–Effekt bezeichnet man die Verschiebung bzw. Aufspaltung der Energieniveaus des
~ Dieses führt
H–Atoms unter dem Einfluss eines von aussen angelegten elektrischen Feldes E.
p2
e2
~
im Hamiltonoperator H0 = 2m − r zu einem Zusatzterm H1 = eE · ~r, dessen Einfluss auf
das Spektrum (für alle technisch realisierbaren Felder) sehr gut durch Störungsrechnung geklärt
werden kann.
Die Eigenzustände |nlmi von H0 , L2 , Lz sind aus 6.2 bekannt. Wählen wir E~ in z–Richtung,
so ist der Störoperator
H1 = eEr cos ϑ. Das Matrixelement
(98) enthält den Winkelanteil
R 2π
R
′
hl′ m′ | cos ϑ| lmi = dΩYl∗′ m′ (ϑ, ϕ) cos ϑ Ylm (ϑ, ϕ) ∝ 0 dϕei(m−m )ϕ = 2πδmm′ . Da die Störung
nicht von ϕ abhängt, also die Rotationssymmetrie um die z–Achse erhält, gibt es ein nichtverschwindendes Matrixelement von H1 nur für m = m′ (‘Auswahlregel’).
Eine weitere Auswahlregel verlangt l′ = l±1; sie folgt (hier ohne Beweis) aus den Additionsregeln
für Drehimpulse und cos ϑ ∝ Y10 (ϑ, ϕ). 28 Für l = m = 0 gilt z.B. hl′ m′ | cos ϑ| 00i = √13 δm′ 0 δl′ 1 .
Für den Grundzustand des H–Atoms folgt
1
|hnlm| H1 | 100i| = fn a2B δm0 δl1 mit a2B fn =
3
2
Z
∞
0
2
28 n7 (n − 1)2n+5 2
drr Rnl (r)rR00 (r) =
aB ,
(n + 1)2n+5
2
insbesondere h100| H1 | 100i = 0 (der Grundzustandserwartungswert von E~ ·~r verschwindet wegen
der radialen Symmetrie der Wellenfunktion). Die Grundzustandsenergie ändert sich also erst
~ deshalb
quadratisch in E,
quadratischer Stark–Effekt . Dieser ist
∆E0 = −e2 E 2 a2B
∞
(eEaB )2 X fn /3
fn /3
2 3
=−
1 ≈ −1.83E aB ,
En − E0
|E0 |
1
−
n2
n=2
n=2
∞
X
2
e
eingesetzt wurde.
wobei E0 = − 2a
B
8.3.2
Polarisierung
Das durch das elektrische Feld E induzierte Dipolmoment des Atoms ist P = P (E) = χA E
mit der Polarisierbarkeit
χA pro RAtom. Die Polarisierung bewirkt eine Energieänderung um
RE
E
′
′
′
∆E = − 0 P (E )E dE = −χA 0 E ′2 dE ′ = − 12 P E. Durch Gleichsetzen mit der im vorigen
Abschnitt ausgerechneten Verschiebung der Grundzustandsenergie des H–Atoms folgt für das
atomare Dipolmoment P = 3.66a3B E.
Alternativ kann das Dipolmoment des polarisierten Atoms durch die Verschiebung hzi des
Schwerpunkts der Ladungsverteilung des Elektrons ausgedrückt werden, es ist einfach P = ehzi.
~
Im (radialsymmetrischen) Grundzustand verschwindet hzi. In Anwesenheit des E–Feldes
ist der
Zustand
X |nlmihnlm| H1 | 100i
+ O(H21 )
|ψi = |100i +
E0 − En
nlm6=000
und es folgt
hψ| z| ψi = h100| z| 100i + 2
X
nlm6=000
h100| z| nlmihnlm| H1 | 100i
+ O(H21 ).
E0 − En
′
Unter Raumspiegelung Π gilt ΠzΠ = −z und (67) Π|lmi = (−1)l |lmi ֒→ hl′ m′ | z| lmi(1 − (−1)l+l ) = 0,
d.h. für hl′ m′ | z| lmi =
6 0 müssen sich l und l′ um eine ungerade Zahl unterscheiden.
28
77
Mit H1 = eEz folgt
P E = eEhzi = 2
X
nlm6=000
|hnlm| H1 | 100i|2
E0 − En
wie oben.
8.3.3
Linearer Stark–Effekt
Der lineare Stark–Effekt zeigt sich am ersten angeregten Zustand des H–Atoms mit dem 4–fach
entarteten Energieeigenwert E2 = 14 E0 . Der Eigenraum besteht aus dem Singlettzustand |200i
mit l = 0 und dem Triplett |21mi, m = 1, 0, −1 mit l = 1. Für die Matrixelemente von H1 = eEz
gilt hn′ l′ m′ | H1 | nlmi = 0 für m′ 6= m, sowie hnlm| H1 | nlmi = 0, da z unter Raumspiegelung
das Vorzeichen wechselt. RDas einzige nichtverschwindende
Matrixelement des Störoperators ist
R
∗ (ϑ, ϕ) cos ϑY (ϑ, ϕ) ∞ drr 3 R (r)R (r) = −3eEa ≡ V . Im
also h210| H1 | 200i = eE dΩY10
00
21
20
B
0
0
Ganzen ist zu diagonalisieren


0 0 V0 0
 0 0 0 0
0
V
0


V0 0 0 0 , oder im {|200i, |210i} Unterraum
V0 0
0 0 0 0
mit den Eigenvektoren √12 (|200i ± |210i) zu den Eigenwerten ±V0 . Es resultiert also eine Aufspaltung des ohne Störung 4–fach entarteten Niveaus E2 in E2 ± 3eaB E (jeweils einfach) und
und dem noch 2–fach entartetem Niveau E2 , s. Skizze. Die Aufspaltung erfolgt linear in E ֒→
linearer Stark–Effekt.
|200> |201>
3ea B ε
|200>
|210>
|211>
|21−1>
|211> ,
|21−1>
3ea B ε
|200> |201>
78
8.4
Exakte Diagonalisierung im Unterraum – Niveauabstoßung
Die mit (99) beginnende Störungsreihe konvergiert langsam (und wird unbrauchbar), wenn
|hn| H1 | mi| ∼ |En − Em | ist. Dann hilft ein ‘brute force’ Ansatz:
• wähle endlich dimensionalen Unterraum von H mit Basis {|ni, n = 1, 2, . . . , N }
P
• approximiere H = N
m,n=1 |nihn| H| mihm|
• diagonalisiere die N × N –Matrix Hnm = hn| H| mi, z.B. numerisch (geht schnell, selbst für
300 × 300–Matrix!)
• die so berechnete Näherung für die Eigenvektoren und Eigenenergien ist gut, falls die
exakten Eigenvektoren in der {|ni, n = 1, 2, . . . , N }–Basis gut approximierbar sind
• zur Auswahl der Basis braucht man physikalisches Gespür, ausserdem sollten die (vielen!)
Matrixelemente Hnm möglichst leicht berechenbar sein (ist meistens aufwändiger als die
Diagonalisierung)
• ist wichtiges Standardverfahren in der Festkörperphysik
Spezialfall N = 2, also 2 fast entartete Niveaus. Sei
V0
ǫ0 + 12 ∆ǫ
H≈
V0
ǫ0 − 21 ∆ǫ.
2
2
2 ˙
Die
zu E = ǫ0 ±
p Eigenwerte ergeben sich aus det(H − E1) = (ǫ0 − λ) − (∆ǫ) − V0 =0
2
2
(∆ǫ) + V0 . Dies ist das Phänomen der Niveauaufspaltung: eine schwache Kopplung V0 bewirkt eine Energieaufspaltung entarteter Niveaus linear in V0 (s. Skizze, vgl. entartete Störungstheorie).
E
V0 =0
2V0
∆ε
79
8.5
Variationsverfahren
Sei H ein Hamiltonoperator mit dem Eigensystem H|ni
P = En |ni, E0 < E1 ≤ E2 ≤ . . . , also
mit diskreter Grundzustandsenergie E0 , und sei |ψi = n an |ni ein beliebiger Zustand, so gilt
P
P
2
|an |2 En
hψ| H| ψi
n
n |an | E0
P
Eψ :=
= P
≥
= E0 .
2
2
hψ| ψi
n |an |
n |an |
Die Grundzustandsenergie E0 ist demnach untere Schranke des Funktionals Eψ , wobei Eψ = E0
nur für |ψi = |0i (bis auf einen Phasenfaktor) angenommen wird,
hψ| H| ψi
.
|ψi∈H hψ| ψi
E0 = min
(103)
Näherungsweise lässt sich die Grundzustandsenergie dadurch bestimmen, dass Eψ nur auf einem Unterraum von H minimiert wird. Seien dessen Zustände durch einen Parametersatz
α1 , α2 , . . . αN abgezählt, so ist das Variationsproblem
E0 =
min
αi ,i=1,...,N
hψ| H| ψi
hψ| ψi
(104)
zu lösen.
2
2
p
c 4
2
Beispiel: Oszillator mit anharmonischer Störung, H = 2m
+ mω
2 x + 4 x . Der Variationsansatz
2
ψα (x) = e−αx liefert für c = 0 die exakte Grundzustandsenergie und –wellenfunktion und für
beliebiges c > 0 einen Fehler < 2% in der Grundzustandsenergie.
80
8.6
Zeitabhängige Störungstheorie – Fermi’s goldene Regel
Bisher haben wir die Störungstheorie für Eigenenergien und Eigenfunktionen betrachtet. Für
viele Anwendungen ist es jedoch wichtig, auch zeitabhängige Prozesse zu untersuchen. Man will
z.B. die Lebensdauer eines angeregten Zustandes oder die Streurate eines Teilchens berechnen.
Dies gelingt im Rahmen der zeitabhängigen Störungstheorie.
Sei H = H0 +H1 (t) mit bekanntem Eigensystem H0 |ni = ǫn |ni des ungestörten Anteils. Gesucht
ist eine approximative Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung
i~∂t |ψi = (H0 + λH1 (t))|ψi
mit λ = 1 zu einem gegebenen Anfangszustand – in der Regel ist dies ein Eigenzustand von H0 .
Unter dem Einfluss der Störung ist die Zeitentwicklung eines solchen Zustands nichttrivial, auch
wenn H1 selbst nicht zeitabhängig ist.
Als Lösung der zeitabhängigen SG setzen wir an
X
|ψ(t)i =
e−iǫn t/~ |ni · cn (t),
n
wobei die Entwicklungskoeffizieten cn (t) die Zeitentwicklung durch den Störoperator übernehmen sollen (mit H1 = 0 wäre einfach cn = hn| ψ(0)i).
Beim Einsetzen in die SG heben sich zwei Terme auf
.
X .
X
ǫn + λH1 (t) cn e−iǫn t/~ |ni
i~ċn + ǫn cn e−iǫn t/~ |ni =
n
n
und die Multiplikation mit hm|eiǫm t/~ liefert ein System von DGL’s für die cn ,
i~ċm (t) = λ
X
n
hm| H1 (t)| nieiωmn t cn (t)
mit ωmn =
ǫm − ǫn
.
~
(105)
Strategie: entwickle die cm nach Potenzen von λ
(1)
2 (1)
cm (t) = c(0)
m + λcm (t) + λ cm (t) + . . .
und löse (105) rekursiv. Einsetzen der Entwicklung in (105) ergibt zunächst
X
(1)
2
2
i~ ċ(0)
+
λ
ċ
+
O(λ
)
=λ
hm| H1 (t)| nieiωmn t c(0)
m
m
n + O(λ )
n
(0)
Mit der Anfangsbedingung |ψ(t = 0)i = |n0 i für t = 0 ist cn = δnn0 und es folgt in erster
Ordnung der Störungsrechnung
ċ(0)
m = 0,
oder integriert
c(1)
m (t)
1
=
i~
2
i~ċ(1)
m hm| H1 (t)| n0 i + O(λ )
Z
t
0
′
dt′ eiωmn0 t hm| H1 (t′ )| n0 i + O(λ).
Für den zeitentwickelten Zustand folgt
|ψ(t)i = e−iǫn0 t/~
|n0 i +
X
m
!
−iωmn0 t
|mi
c(1)
m (t)e
81
+ O(H21 ).
(106)
Die Wahrscheinlichkeit dafür, das System zur Zeit t im Zustand |ni (mit n 6= n0 ) vorzufinden
ist die
2
2
Pn0 →n = |hn| ψ(t)i|2 = |c(1)
n (t)| + O(H1 ).
Übergangswahrscheinlichkeit
(107)
P
(1)
Notwendige Bedingung für die Gültigkeit der Näherung ist n6=n0 |cn (t)|2 ≪ 1.
Ein wichtiger Spezialfall ist der einer zeitlich periodischen Störung:
Z
1 t ′ iωmn t′
(1)
0
cos ω0 t′ hm| H̃1 | n0 i.
dt e
H1 (t) = H̃1 cos ω0 t ֒→ cm (t) =
i~ 0
Mit der Funktion
ft (Ω) :=
ist
Z
t
eiΩt − 1
,
iΩ
′
eiΩt dt′ =
0
2
Z t
dt′ eiωmn0 t′ cos ω0 t′ = |A+ + A− |2
0
|ft (Ω)|2 =
4 sin2 (Ωt/2)
,
Ω2
1
mit A± = ft (ωmn0 ± ω0 ).
2
3.0
Als Funktion von Ω (vgl. Skizze mit t = 20) nimmt
t
|ft (Ω)|2
=
2πt
2π
sin(Ωt/2)
Ωt/2
2.5
2
2.0
1.5
2π
t
t
2π
bei Ω = 0 an, hat bei Ω =
den Maximalwert
die erste Nullstelle und
R ∞das Integral2über Ω ist (un1
abhängig von t) 2πt −∞ dΩ|ft (Ω)| = 1. Deshalb
ist limt→∞
(Ω)|2
|ft
2πt
= δ(Ω).
Berücksichtigen wir noch, dass für t ≫
1
ω0
gilt
A∗+ A−
1.0
0.5
-2
-1
0
1
2
≈ 0, so erhalten wir für die
Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, Pn0 →m /t =: Wn0 →m = Übergangsrate =
2 π (108)
Wn0 →m =
hm| H̃1 | n0 i δ(ǫm − ǫn0 + ~ω0 ) + δ(ǫm − ǫn0 + ~ω0 ) .
2~
R
′ 2
t
Für den Fall einer zeitunabhängigen Störung (ω0 = 0) ist 0 dt′ eiωmn0 t = |ft (Ω)|2 ≈ 2πtδ(ω)
und man findet daher29
Wn0 →m =
2
2π hm| H̃1 | n0 i δ(ǫm − ǫn0 ).
~
Summation über alle Endzustände |mi liefert die Zerfallsrate (für n0 )
2
2π X
Fermi’s goldene Regel.
δ(ǫm − ǫn0 ) hm| H̃1 | n0 i
Γ ≡ Wn0 =
~ m
(109)
(110)
In vielen physikalisch relevanten Situation erwartet man einen exponentiellem Zerfall Pn0 ≈ e−Γt .
In der Störungstheorie haben wir effektiv nur die Kurzzeitentwicklung, d.h. die Korrektur linear
in t, e−Γt ≈ 1 − Γt, berechnet. Exponentielles Verhalten wird z.B. erwartet, wenn erstens die
Störung klein ist und zweitens Rückprozesse Wm→n0 vernachlässigt werden können (z.B. wenn
ein einzelnes angeregtes Atom Photonen ausstrahlt).
29
Die Gleichungen (108) und (109) widersprechen sich nicht, da (108) nur für t ≫ 1/ω0 gilt.
82
P
Beispiel: Endzustände bilden ein Kontinuum mit m δ(ǫm − ǫ) = ρ(ǫ) = Zustandsdichte, dann
ist
2
2π
Wn0 =
mit ǫm = ǫn0 .
ρ(ǫn0 ) hm| H̃1 | n0 i
~
Beispiel: Atom im elektromagnetischen Feld, H1 (x, t) ≈ Ex cos ω0 t.
Das Feld induziert Übergänge mit ∆l = ±1 und Energiedifferenz
~ω0 . Die maximale Absorption findet statt bei ∆E := En=2,l=1 −
En=1,l=0 = ~ω0 . Die reziproke Lebensdauer = Zerfallsrate des Ausgangszustands zeigt sich als Breite der Absorptionslinie.
Absorption
Γ = 1 / Lebensdauer
ω0
∆E / h
83
9
Fermionen und Bosonen
9.1
Ununterscheidbare Teilchen
Der Zustand eines Teilchens (ohne Spin) in d Raumdimensionen wird beschrieben durch eine
Wellenfunktion, die von einer Ortsvariablen abhängt, ψ(~r) ∈ H1 = L2 [Rd ]. Der Zustand von N
Teilchen in d Raumdimensionen ist ein Element des Hilbertraums HN = H1 ×H1 ×H1 · · ·×H1 =
L2 [Rn·d ], und damit eine Wellenfunktion, die von N Ortsvariablen abhängt, ψ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rN ). 30
Im Unterschied zur klassischen Mechanik umfasst die Quantenmechanik eine Theorie des Messprozesses und sollte prinzipiell nur experimentell verifizierbare Voraussagen liefern. Dies hat drastische Konsequenzen für die Beschreibung ununterscheidbarer Teilchen. Im Mikroskopischen hat
man es tatsächlich mit relativ wenigen unterscheidbaren Teilchensorten zu tun. Die Teilchen einer
Sorte, etwa alle Elektronen, müssen im strengen Sinn als völlig ununterscheidbar (‘identisch’) in
die quantenmechanische Beschreibung eingehen. Es ist prinzipiell unmöglich, ein Elektron blau,
ein anderes rot zu markieren, und ebenso unmöglich, zwei Elektronen auf ihren Bahnkurven zu
verfolgen und auseinanderzuhalten – es gibt keine Teilchenbahnen!
Eine Wellenfunktion, deren Betragsquadrat die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass sich das
Elektron mit der Nummer 5 bei ~r5 , und das mit der Nummer 7 bei ~r7 aufhält, muss deshalb als
unphysikalisch angesehen werden. Vielmehr ist zu fordern, dass die Wellenfunktion bei Vertauschung zweier identischer Teilchen nur eine solche Änderung erfährt, die alle Messgrössen unverändert lässt. Führen wir einen ‘Vertauschungs–’ oder Permutationsoperator Pij ein mit der
Eigenschaft Pij ψ(~r1 , . . . , ~ri , . . . , ~rj , . . . ~rN ) = ψ(~r1 , . . . , ~rj , . . . , ~ri , . . . ~rN ) ein, so ist zu fordern,
dass dieser ψ bis auf einen Phasenfaktor invariant lässt, Pij ψ = eiϕ ψ. Mit der weiteren Forderung, dass eine nochmalige Vertauschung der Teilchen die Wellenfunktion völlig unverändert
lässt, also Pij Pij ψ = ψ, folgt eiϕ = ±1, so dass man 2 Fälle zu unterscheiden hat
1 eiϕ = 1
Pij ψ = +ψ ∀i, j: total symmetrische Wellenfunktion für ‘Bosonen’,
H = {ψ ∈ HN |Pij ψ = +ψ}
Für 2 Teilchen ist z.B. ψ(~r1 , ~r2 ) + ψ(~r2 , ~r1 ) eine erlaubte symmetrische Linearkombination.
2 eiϕ = −1
Pij ψ = −ψ ∀i, j: total antisymmetrische Wellenfunktion für ‘Fermionen’,
H = {ψ ∈ HN |Pij ψ = −ψ}
Für 2 Teilchen: ψ(~r1 , ~r2 ) − ψ(~r2 , ~r1 ) = antisymmetrische Linearkombination
Bemerkungen:
• alle Teilchen mit halbzahligem Spin (Elektron, Proton, Neutron, . . . ) sind Fermionen,
alle Teilchen mit ganzzahligem Spin (Photon, Pion, Meson, . . . ) sind Bosonen
(‘Spin–Statistik–Theorem’ der relativistischen Quantenmechanik)
• gebundener Zustand aus n Fermionen ist effektiv ein Boson, falls n gerade, ein Fermion,
falls n ungerade; z.B. H–Atom p + e ist Boson, Deuterium p + n + e ist Fermion
30
Mit wachsender Teilchenzahl erhöht sich also die Dimension des Konfigurationsraums, nicht etwa die Intensität
der Wellenfunktion. Die Wellenfunktion (oder ihr Betragsquadrat) ist eben keine Teilchendichte im Ortsraum,
sondern ist als Wahrscheinlichkeitsamplitude zu interpretieren.
84
9.2
Atome und Pauli–Prinzip
Die Unterscheidung von Bosonen und Fermionen ist grundlegend für das Verständnis des Atomaufbaus.
Ausgehend von einer Einteilchenbasis |ii, |ji, . . . gewinnen wir durch antisymmetrische Linearkombination Basiszustände für zwei identische Fermionen
1
|i1 , j2 i = √ (|i1 i|j2 i − |j1 i|i2 i)
2
1
oder im Ortsraum ψij (~r1 , ~r2 ) = √ (ψi (~r1 )ψj (~r2 ) − ψi (~r2 )ψj (~r1 )) .
2
Folgerung:
|iii = 0, d.h. zwei Fermionen können nicht den gleichen Zustand einnehmen:
‘Pauli–Prinzip’
Allgemein ist eine n–Teilchenbasis gegeben durch die Slater–Determinante


ψi1 (~r1 ) ψi2 (~r1 ) . . . ψin (~r1 )

.. 
 ψi1 (~r2 ) ψi2 (~r2 ) . . .
1
. 
,

ψi1 i2 ...in (~r1 , ~r2 , . . . , ~rn ) = √ det  .

n!

 ..
ψi1 (~rn )
...
ψin (~rn )
(111)
welche antisymmetrisch gegenüber jeder Zeilen– und damit Teilchenvertauschung ist; n = 2
liefert wieder die antisymmetrische Linearkombination aus 2 Wellenfunktionen. Im Index in
können auch weiter Freiheitsgrade wie der Spin kodiert werden. Eine beliebige Wellenfunktion
läßt sich dann als Linearkombination dieser Slaterdeterminanten schreiben
X
Ψ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rn ) =
ci1 i2 ...in ψi1 i2 ...in (~r1 , ~r2 , . . . , ~rn ).
Für ein Atom mit Kernladung Z und Z Elektronen ist der Hamiltonoperator
H=
Z
Z
Z
X
X
p2i
Ze2 1 X
e2
+
+
.
2m
ri
2
|~
ri − r~j |
i=1
i=1
i6=j
Vernachlässigt man in grober (und im Allgemeinen ungerechtfertigter) Näherung die Elektron–
Elektron Wechselwirkung, so ist der vollständig antisymmetrische Grundzustand der N Elektronen die aus den energetisch niedrigsten Z Einteilchenzuständen |nljmj i gebildetete Slaterdeterminante; man sagt dann, diese Zustände seien ‘besetzt’. Die Grundzustandsenergie ist in dieser
Näherung einfach die Summe der Einteilchenenergien der in der Slater–Determinante verwendeten Zustände. Dabei sind natürlich die Einteilchenzustände und Einteilchenenergien für ein
Coulombpotential der Stärke −Ze2 /r zu berücksichtigen. Dabei ist der Bohrsche Radius durch
aB /Z zu ersetzen und die Eigenenergien entsprechend mit Z 2 zu multiplizieren.
Beispiele:
Z = 3 Lithium: je ein Elektron mit Spin ↑, ↓ befindet sich im Einteilchen–Grundzustand
|1, 0, 21 , ± 12 i, das dritte Elektron im Zustand |2, 0, 12 , 12 i. Grundzustandsenergie = (−2− 14 )·32 Ryd
Z = 9 Fluor: jeweils zweifach besetzt sind die Zustände |1, 0, 12 , ± 12 i, |2, 0, 12 , ± 12 i, |2, 1, 32 , ± 32 i,
|2, 1, 32 , ± 12 i, |2, 1, 12 , 21 i. Grundzustandsenergie = (−2 − 47 ) · 92 Ryd
Um eine realistische Abschätzung der Grundzustandsenergie zu bekommen, muss man die ElektronElektron Wechselwirkung näherungsweise berücksichtigen. So sehen z.B. die Elektronen in den
85
äußeren Schalen ein “abgeschirmtes” Coulombpotential mit Ladung Z − Z ′ , dabei ist Z ′ die Ladung der Elektronen in den inneren Schalen. Eine der besten Näherungen die Elektron-Elektron
Wechselwirkung zu berücksichtigen, beruht auf dem Variationsprinzip. Im Rahmen der Hartree–
Fock–Näherung nimmt man als Variationsansatz an, dass sich die Wellenfunktion als Slaterdeterminanten |ψS i von Einteilchenwellenfunktionen | Ψ̃i i schreiben läßt. Man nähert also
E0 ≈ min hψS | H| ψS i
{|ψS i}
Dabei sind die Einteilchenwellenfunktionen die Variationsparameter. Leider ist das Verfahren
numerisch so aufwändig, dass es sich z.B. nicht für komplexe Moleküle verwenden läßt.
Spezialfall: 2 Teilchen mit Spin 1/2
Notation:
Für die Einteilchenbasis schreiben wir
Ψi (~r)|↑i = h~r|i ↑i,
Ψi (~r)|↓i = h~r|i ↓i
Damit ist die Zweiteilchenbasis als Slaterdeterminante bzw. ausmultipliziert geschrieben
1 |iσi1 |jσ ′ i1 1
′
′
′
√
√
|iσi|jσ
i
−
|jσ
i|iσi
, σ, σ ′ =↑, ↓
|iσ; jσ i =
=
′
|iσi
|jσ
i
2
2
2
2
Nützlich ist die Klassifikation nach dem Gesamtspin. Dazu kombiniere beide Spin 1/2 (j = 12 )
zu Gesamtspin mit
j = 0 Singlett, antisymmetrisch :
j = 1 Triplett, symmetrisch :
|0, 0i = (|↑i|↓i − |↓i|↑i)
|1, 1i = |↑↑i, |1, 0i = (|↑i|↓i + |↓i|↑i) , |1, −1i = |↓i|↓i
Die Gesamtewellenfunktion können wir daher auch in der Form
X
h~r1~r2 |Ψi = Ψs (~r1 , r~2 )|0, 0i +
Ψt,m (~r1 , r~2 )|1, mi
(112)
m=−1,0,1
schreiben. Die Gesamtwellenfunktion ist antisymmetrisch, wenn man simultan den Orts- und
den Spinfreiheitsgrad vertauscht. Somit findet man
Ortsraumwellenfunktion Ψs,t (~r1 , ~r2 )
ր
ց
antisymmetrisch für Triplett Ψt
symmetrisch für Singlett Ψs
Folgerung:
2
für ~r1 ≈ ~r2 verschwindet die Triplett–Wellenfunktion, der Energiebeitrag hΨ| |~r1e−~r2 | | Ψi der
Coulomb–Abstoßung ist deshalb im Singlett–Zustand größer als im Triplett–Zustand; folglich
Triplett–Zustand wird bevorzugt, falls beide Elektronen nahe beieinander sind
(Beispiel für Hund’sche Regel)
86
9.3
Fallstudie H2 –Molekül
Wir suchen den Grundzustand eines Systems aus 2 identischen Protonen und 2 identischen
Elektronen, also zweier Fermionenpaare mit verschwindender Gesamtladung. Finden wir einen
stationären Zustand mit negativer Gesamtenergie, so haben wir die chemische Bindung des
H2 –Moleküls erklärt. Eine exakte analytische Lösung dieses Problems ist allerdings völlig ausgeschlossen. Im Folgenden werden die wichtigsten Näherungsschritte nur grob skizziert, aber nicht
im Detail ausgerechnet.
Die wichtigste Näherung (Born–Oppenheimer–Näherung) ergibt sich aus der großen Massendifferenz der Elektronen und der Protonen. Letztere bewegen sich verhältnismäßig langsam, so dass
~
~ 1,2 = ± 1 R
es Sinn macht, zunächst die Bewegung der Elektronen mit festen Protonkoordinaten R
2
~ den Grundzustand von
zu lösen, d.h. mit einem festen Parameter |R|
!
2
2
X
~2 X 2
e2
e2
e2
He = −
−
∇i +
+
~
~
2m
|~r1 − ~r2 |
|~ri + 1 R|
|~ri − 1 R|
i=1
i=1
2
2
~ die Einteilchen-Grundzustandswellenfunktion eines H–Atoms
zu suchen. Es sei ψ100 (~r ± 12 R)
1~
mit Kern bei ± 2 R. Wenn die beiden Atome weit entfernt voneinander sind, sollten sich die
Elektronen im in diesen Grundzustandswellenfunktionen aufhalten. Ein Variationsansatz für
einen Einelektronenzustand im Feld beider Kerne wäre
~ + α2 ψ100 ~r + 1 R
~ ,
ψα1 α2 (~r) = α1 ψ100 ~r − 12 R
2
2
~ ≫ aBohr = ~ 2 . Für kürzere Abstände muss man weitere Einteildieser sollte gut sein für |R|
me e
chenwellenfunktionen mit weiteren Variationsparametern beimischen.
Unter Raumspiegelung ~r −→ −~r ändert sich das System nicht, deshalb muss α1 = ±α2 sein.
Wir bilden daraus mögliche Zweiteilchenzustände
i
1 h
~ + ψ100 ~r + 1 R
~
ψ0 (~r) = √ ψ100 ~r − 21 R
2
2
i
h
1
~ − ψ100 ~r + 1 R
~
ψ1 (~r) = √ ψ100 ~r − 21 R
2
2
‘bonding state’
‘antibonding state’.
Die bonding–Wellenfunktion hat (im Endlichen) keine Knoten (=Nullstellen der Wellenfunktion), und ist damit schwächer ortsabhängig als die antibonding–Wellenfunktion. Dies führt zu
niedrigerer kinetischer Energie und ermöglicht letztlich die Molekülbindung. Für den Grundzustand und den ersten angeregten Zustand des H2 –Moleküls setzen wir also an
ΨR
r1 , ~r2 ) = ψ0 (~r1 )ψ0 (~r2 )|00i
s (~
1
ΨR
r1 , ~r2 ) = √ (ψ0 (~r1 )ψ1 (~r2 ) − ψ1 (~r1 )ψ0 (~r2 )) |1mi.
t,m (~
2
Im ersten Fall ist die Ortswellenfunktion symmetrisch, der Singlett–Spinzustand antisymmetrisch bezüglich Vertauschung beider Elektronen, im zweiten Fall (mit dem Triplett–Spinzustand)
ist es umgekehrt. Der Ansatz ermöglicht eine gute Approximation der Grundzustandsenergie,
falls die Wechselwirkung beider Elektronen die Wellenfunktionen im Ortsraum nicht zu stark
R
verformt. Die Grundzustandsenergie der Elektronen hΨR
s | He | Ψs i hängt nur von dem als fester
~
Parameter behandelten Abstand R = |R| beider Wasserstoffkerne ab.
87
Zur Berechnung des Kernabstandes und der Kernbewegungen ist eine
~ zu lösen, wie in
Schrödingergleichung für die Relativkoordinate R
~
Kap. 6.1 beschrieben. Die R-abhängige Grundzustandsenergie der
Elektronen erscheint darin als Beitrag zur potentielle Energie, die das
2
abstossende Kernpotential eR zu einem effektiven Potential Veff (R) =
e2
R
R
R + hΨs | He | Ψs i modifiziert, in welchem ein gebundener Zustand
möglich ist (s.Skizze).
Veff (R)
R
Schwingung
Die reduzierte Masse des Kerne, welche die kinetische Energie der Relativkoordinate und die
2
Rotationsenergie 2m̃Lp R2 bestimmt, ist 1/m̃p = 1/mp + 1/mp . Die Lösung der radialen Schrödin2
gergleichung (siehe Kap. 6.1) im Potential Veff (R) + ~ 2L(L+1)
für feste Drehimpulsquantenzahl
m̃p R2
L liefert dann den mittleren Abstand R der Atomkerne, die gesamte Grundzustandsenergie und
die Schwingungsanregungen des Systems.
An dieser Stelle ist noch zu berücksichtigen, dass Protonen ebenfalls Fermionen sind und einen
Spin tragen. Die Gesamtwellenfunktion der Protonen muss daher antisymmetrisch sein. Bilden
die zwei Protonenspins ein Singlett, also eine antisymmetrische Wellenfunktion, muss die Ortsraumwellenfunktion gerade sein, was nach Gleichung (67) nur für geradzahlige Drehimpulse gilt,
L = 0, 2, 4, . . . (‘Parawasserstoff’). Befinden sich die Protonspins im Triplettzustand, muss der
Drehimpuls ungeradzahlig sein, L = 1, 3, . . . (‘Orthowasserstoff’). Die Spin- und räumlichen Anregungen koppeln also (auch ohne einen expliziten Kopplungsterm im Hamiltonoperator) sehr
stark aneinander an, allein als Folge des Pauli-Prinzips.
Als Grundzustand des Wasserstoffatoms ergibt sich ein Singlettzustand sowohl der Elektronenspins, als auch des Protonenspins, also Parawasserstoff. Die angeregten Zustände lassen sich als
Rotationen (L > 0), Schwingungen (angeregte Zustände im Potential Veff ), Spinanregungen und
elektronische Anregungen klassifizieren.
88
10
10.1
Verschränkung, Dekohärenz und Messprozeß
Dichteoperator
Bisher haben wir ein Quantensystem durch einen Zustandsvektor |Ψi bzw. durch eine Wellenfunktion h~r| Ψi beschrieben. Damit sind jedoch klassische Wahrscheinlichkeiten nicht beschreibbar. Z.B. sei bekannt, dass sich ein Spin mit 50%iger Wahrscheinlichkeit im Zustand |↑i und
mit 50%iger Wahrscheinlichkeit im Zustand |↓i befinde. Diese Situation kann nicht durch einen
Zustand √12 (|↑i ± |↓i) beschrieben werden (damit stände der Spin in ±x–Richtung!).
P
Befindet sich ein System mit klassichen Wahrscheinlichkeiten pi ≥ 0, i pi = 1 in den Zuständen
|Ψi i, 31 so sollte für den Erwartungswert einer beliebigen Observablen A gelten
X
XX
hAi =
pi hΨi | A| Ψi i =
pi hΨi | nihn| A| Ψi i
n
i
=
X
n
hn| A
X
i
i
X
pi |Ψi ihΨi| | ni =
hn| Aρ| ni = Spur (Aρ)
n
mit
ρ=
X
i
pi |Ψi ihΨi|
‘Dichteoperator’.
(113)
32
Der Erwartungswert von A ist also als Spur des Produkts von
PA und des ‘Dichteoperators’
ρ darstellbar; die Spur kann mit einer beliebigen ONB {|ni}, n |nihn| = 1, berechnet werden.
Der Dichteoperator ρ ist offenbar hermitesch und nichtnegativ; er hat als weitere Eigenschaft
die Spur 1, denn mit A = 1 ist
Spur ρ = h1i = 1.
Der ‘reine Fall’ liegt vor, wenn nur ein pi von Null verschieden und damit = 1 ist, ρ = |ΨihΨ|
mit ρ2 = ρ.
Ein linearer, nichtnegativer hermitescher Operator ρ : H → H mit
Spur ρ = 1 (Dichteoperator) beschreibt ein ‘Gemisch’ von Quantenzuständen (klassische Überlagerung der Zustände, nicht quantenmechanische Superposition). Der Erwartungswert einer Observablen A ist
hAi = Spur (ρA) = Spur (Aρ).
Ein reiner Zustand |Ψi wird durch ρ = |ΨihΨ| mit ρ2 = ρ beschrieben;
für einen gemischten Zustand gilt ρ2 6= ρ.
Bemerkung: ρ2 = ρ ist auch hinreichend
für den reinen Fall, denn für die Eigenwerte 33 gilt
P
2
ρm = ρm , also ρm = 0, 1. Wegen
m ρm = 1 kann nur ein m = m0 gleich 1 sein, also ist
ρ = |m0 ihm0|.
31
Die Zustände |Ψi i werden als normiert angenommen, hΨi | Ψi i = 1, aber nicht unbedingt als orthogonal,
d.h. evtl. ist hΨi | Ψj i =
6 0 für j 6= i.
32
Oft wird ρ auch als ‘Dichtematrix’ bezeichnet, auch wenn gar keine Matrixdarstellung gewählt wird.
33
Als
P hermitescher Operator kann
P ρ diagonalisiert werden, wegen Spur ρ = 1 ist das Spektrum überdies diskret,
ρ = m ρm |mihm| mit ρm ≥ 0, m ρm = 1. Die Eigenwerte ρm sind sehr wohl eindeutig bestimmt.
89
P
Jeder Dichteoperator kann in der Form ρ =
i pi |Ψi ihΨi| dargestellt werden, aber die Zerlegung ist im Allgemeinen nicht eindeutig.
Beispiel: mische 50% Spins in +x–Richtung, 50% in −x–Richtung, also die Zustände |→i :=
√1 (|↑i + |↓i) und |←i := √1 (|↑i − |↓i). Der Dichteoperator ist
2
2
ρ=
=
=
=
1
2 (|→ih→ | + |←ih← |)
1
4 [(|↑i + |↓i)(h↑ | + h↓ |)
1
2 (|↑i + |↓i)
1
2 1.
+ (|↑i − |↓i)(h↑ | − h↓ |)]
Es ist also nicht unterscheidbar, ob die reinen Zustände | →i und | ←i, oder ob | ↑i und | ↓i
gemischt wurden.
Zeitentwicklung des Dichteoperators:
X
pi |Ψi (t)ihΨi (t)|
i~∂t ρ = i~∂t
i
=
X
i
pi (H|Ψi (t)ihΨi (t)| − |Ψi (t)ihΨi (t)|H) = [H, ρ],
also
i~∂t ρ(t) = −[ρ(t), H]
‘von Neumann–Gleichung’.
(114)
Für nicht explizit zeitabhängiges H(t) ≡ H kann die (formale) Lösung sofort angeben,
ρ(t) = e−iHt/~ ρ(0)eiHt/~ ,
man beachte jedoch das unterschiedliche Vorzeichen in der Zeitentwicklung im Vergleich zu (55).
Wegen der zyklischen Vertauschbarkeit der Operatoren unter der Spur gilt für die Erwartungswerte
hAi = Spur (Aρ(t)) = Spur Ae−iHt/~ ρ(0)eiHt/~
= Spur eiHt/~ Ae−iHt/~ ρ(0) = Spur (A(t)ρ(0)) ,
was dem Übergang zwischen Schrödingerbild (Zustand zeitabhängig, Observable zeitunabhängig)
und Heisenbergbild (Zustand zeitunabhängig, Observable zeitabhängig) entspricht.
90
10.2
Offene Quantensysteme
Wir betrachten ein Quantensystem aus 2 Teilen: System + Umgebung (environment) (S + E),
z.B. Atom + Messapparat. Es sei {|niS |miE } eine Basis des Hilbertraums H = HS × HE mit
{|niS } als Systembasis und {|miE } als Umgebungsbasis. Ein allgemeiner Dichteoperator hat die
Form
X
ρ=
|niS |miE ρnm,n′ m′ Ehm′ |Shn′ |.
nn′
mm′
In der Regel ist nur das ’System’ messbar. Sei A = AS ⊗ 1 eine Messgröße des Systems. Führen
wir im Erwartungswert zunächst die Mittelung über alle Umgebungszustände aus, so erhalten
wir
X
X
hAi = Spur (ρA) =
hn|
hm|
ρA
|mi
|ni
=
hn| ρred AS | ni =: SpurS (ρred AS )
S
E
E
S
n∈S
n∈S
m∈E
mit dem nur noch in HS wirkenden ‘reduzierten Dichteoperator’
X
ρred = SpurE (ρ) :=
hm| ρ| miE .
E
m∈E
Man sagt, in ρred sei die Umgebung ’ausgespurt’.
Beispiel: S + E sei je ein Spin 1/2, der Zustand von S + E sei der Singlettzustand
1
1
|Ψi = √ (|↑iS |↓iE − |↓iS |↑iE ) ≡ √ (|↑↓i − |↓↑i) .
2
2
Der gesamte Dichteoperator ist
ρ = |ΨihΨ| =
1
(| ↑S ↓E ih↑S ↓E | + | ↓S ↑E ih↓S ↑E | − | ↑S ↓E ih↓S ↑E | − | ↓S ↑E ih↑S ↓E |) .
2
Die Mittelung über den Umgebungsspin erzeugt einen gemischten Zustand des Systemspins,
ρred = SpurE (ρ) = Eh↑| ρ| ↑iE + Eh↓| ρ| ↓iE =
1
1
(| ↑S ih↑S | + | ↓S ih↓S |) = 1S ,
2
2
– in diesem Fall den Zustand maximaler Unkenntnis über das Spinsystem.
Das simple Beispiel demonstriert , dass grundsätzlich 2 Fälle zu unterscheiden sind.
Fall 1: |Ψi = |ϕiS |ψiE ֒→ ρSred = SpurE (ρ) = |ϕiS Shϕ| = reiner Zustand,
P
Fall 2: |Ψi = i ai |ϕi iS |ψ i iE 6= | ϕ̃iS | ψ̃iE ֒→ S + E sind ‘verschränkt’ (‘entangled’),
ρSred = SpurE (ρ) = Gemisch
Der Gesamtzustand von System und Umgebung ist im Allgemeinen ein verschränkter Zustand
∈ HS × HE (Fall 2). Die Mittelung über die Umgebungszustände führt zu einem irreversiblen
Informationsverlust.
Diese Begriffe erlauben eine formale Beschreibung des quantenmechanischen Messprozesses. Das
zu messende System ist ursprünglich isoliert in einem Zustand |ϕiS , die Umgebung in einem
Zustand |ψiE , das Gesamtsystem S + E im Zustand |Ψi = |ψiS |ψiE . Die Messung ist eine
Wechselwirkung zwischen System und Umgebung (dazu gehört
Pdas Messgerät), die i.A. einen
verschränkten Zustand des Gesamtsystems herstellt, |Ψi −→ i ai |ϕi iS |ψ i iE . Um ein Messergebnis für das System allein zu gewinnen, muss man dieses wieder von der Umgebung trennen
(‘Schnitt’) und die (nicht messbaren) Umgebungszustände ausmitteln. Das Ergebnis ist ein gemischter Zustand des Systems mit klassischen Wahrscheinlichkeiten, wie im nächsten Abschnitt
genauer ausgeführt wird.
91
10.3
Messprozess
Nach Postulat II der
PQuantenmechanik (siehe Kap. 3.4) ist das Ergebnis einer Messung einer
Observablen AS = i |αi iαi hαi | an einem System im reinen Zustand |ϕi in jedem Fall einer
2
der Eigenwerte von A. Der Eigenwert αi wird mit der Wahrscheinlichkeit wi = |hαi | ϕi|
P ,i=
34
1, 2, . . . als Messwert angenommen , so dass als Erwartungswert folgt hϕ| A| ϕi =
i wi αi .
Das zusätzliche Postulat IV des Kollapses der Wellenfunktion (siehe Kap. 3.5) sagt darüber
hinaus, dass infolge der Messung das System mit der Wahrscheinlichkeit wi in den Zustand
|αi i kollabiert. Diese quantenmechanische Voraussage über den Ausgang einer Messung der
Observablen A wird daher durch den Dichteoperator
X
X
ρ̃ϕ =:
wi |αi ihαi| =
|hαi | ϕi|2 |αi ihαi|
(115)
i
i
ausgedrückt35 , der das System nach der Messung als klassisches Ensemble von Systemen darstellt, die mit Wahrscheinlichkeiten wi in den Eigenzuständen |αi i vorliegen. Vergleicht man ρ̃ϕ
mit dem Dichteoperator ρϕ des Zustandes vor der Messung,
X
X
X
ρϕ =: |ϕihϕ| =
|αi ihαi| |ϕihϕ|
|αj ihαj | =
hαi | ϕihϕ| αj i |αi ihαj |.
(116)
i
j
ij
so erkennt man, dass während des Messprozesses, ρϕ → ρ̃ϕ , gerade die Außerdiagonalelemente
von ρϕ wegfallen.
Im Folgenden soll skizziert werden, dass man die Dichtematrix (115) auch herleiten kann, ohne
die Postulate zum Messprozess zu benutzen, wenn man nur den Messprozess quantenmechanisch
beschreibt!
Im Prinzip wäre eine Schrödingergleichung für das System + Messapparatur (S + E) zu lösen.
Der Hamiltonoperator hat die Form
X
H = HS + HE + HSE (t) mit HSE (t) =
|αi iS S hαi | · H̃E (αi ).
i
Die Anteile HS und HE beschreiben jeweils das System und den Messapparat allein. Die Wechselwirkung HSE (t) enthält für jeden Eigenzustand |αi i einen von diesem Zustand abhängigen
Kopplungsterm H̃E (αi ) für den Messapparat, womit dieser die Eigenzustände unterscheiden
kann. Die Zeitentwicklung von S + E während des Messvorgangs ist näherungsweise durch
H ≈ HE + HSE allein gegeben, d.h. der Messvorgang muss so ablaufen, dass die Zeitentwicklung
des Systems durch HS während der Messung vernachlässigt werden kann. Der Messvorgang,
ausgeführt an einem Systemzustand |αi i, reproduziert diesen und versetzt den Messapparat in
einen von αi abhängigen Zustand |ψ, αi iE ,
e−iH∆t/~ |αi iS |ψiE = |αi iS |ψ, αi iE
mit
hψ, αj | ψ, αi iE ≈ δij .
E
(117)
Die Orthogonalitätsbedingung für die Zustände {|ψ, αi iE } drückt aus, dass ein (idealer) Messapparat für die Observable A deren Eigenzustände sicher unterscheiden können muss.
Sei nun ρϕ = |ϕihϕ| der Zustand des Systems und |ψiE Ehψ| der Zustand des Messapparats vor
der Messung, der Gesamtzustand ist nach Gleichung (116) also durch
X
ρ=
|ψiE |αi iS ρSij S hαj |E hψ| mit ρSij = hαi | ϕihϕ| αj i,
ij
34
Wir nehmen hier an, dass das Spektrum von As nicht entartet ist
Man beachte, dass ρ̃ϕ die Vorraussage für eine Messung beinhaltet. Nach der Messung von αk hat man mit
100% Wahrscheinlichkeit den Zustand |αk i, siehe Kap. 10.4.
35
92
gegeben. Durch die Messung wird er überführt in
X
ρ′ =
|ψ, αi iE |αi iS ρSij Shαj |Ehψ, αi |.
ij
Der reduzierte Dichteoperator für das System allein folgt durch Spurbildung mit einer Basis
{|ni} von HE ,
X
XX
ρSred = SpurE ρ′ =
hn| ρ′ | ni =
hn| ψ, αi iE Ehψ, αj | niE |αi iS ρSij Shαj |
E
n
X
n
|niE Ehn| = 1 ֒→
n
=
X
ij
ij
|αi iS ρSij Shαj | · Ehψ, αj | ψ, αi iE =
|
{z
}
=δij nach (117)
X
i
|αi iS ρSii Shαi |.
Dies ist tatsächlich der Dichteoperator (115), der das System als Ensemble von Systemen beschreibt, die mit Wahrscheinlichkeiten ρSii ≡ wi ≡ |hαi | ϕi|2 in die Zustände |αi i kollabiert sind.
Allerdings haben wir noch nicht den Kollaps selbst beschrieben, also den Vorgang, dass aus dem
Ensemble nur ein einziger Zustand nach der Messung realisiert ist. Dies wird in Kapitel (10.4)
diskutiert.
93
10.4
Interpretation der Quantenmechanik
Obwohl die Quantenmechanik bis heute – etwa acht Jahrzehnte nach ihrer Entstehung – unwiderlegt ist und eine enorme Erklärungskraft bewiesen hat, ist ihre Interpretation unter den
Physikern immer noch umstritten. Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Interpretationen,
die drei wichtigsten Denkrichtungen sollen hier kurz diskutiert werden.
a) Kopenhagener (’orthodoxe’) Interpretation:
Die Vorhersage für das Ergebnis P
einer Messung von A im Zustand |ψi ist durch den reduzierten Dichteoperator ρred = i pi |αi ihαi| mit pi = |hαi | ψi|2 (115) gegeben. Bei einer
konkreten Messung wird immer genau einer der Eigenwerte αj gemessen, der Zustand
kollabiert dabei zu ρ = |αj ihαj |, so dass eine sofortige Wiederholung der Messung mit
Sicherheit den Messwert αj reproduziert.
Schwachpunkt dieser Argumentation: Was genau löst den Kollaps aus? Formal ist der Kollaps eine nichtlineare Transformation der Wellenfunktion und wäre allenfalls mittels exotischer Zusatzhypothesen mit der Schrödingergleichung vereinbar. Z.B. spekuliert R.Penrose
in diesem Zusammenhang über die Rolle der Quantengravitation.
b) Pragmatische (operationalistische) Interpretation:
Die Vertreter dieser Richtung (wahrscheinlich die Mehrheit der Physiker) bestreiten, dass
überhaupt ein Problem vorliegt. Die Quantenmechanik mache mit dem reduzierten Dichteoperator (115) genau die Vorhersagen, die experimentell nachprüfbar sind und sonst
nichts. Eine physikalische Theorie könne und solle auch gar nicht mehr leisten, als solche
Vorhersagen zu machen. Eine Interpretation sei nicht nötig oder sogar irreführend (’shut
up and calculate’).
Schwachpunkt dieser Argumentation: Die der operationalistischen Interpretation zugrundeliegende Haltung ist zwar logisch nicht angreifbar, aber es bleibt manchmal offen, was als
nicht erklärungsbedürftig eingestuft wird. Zählt man dazu den Zustand des Systems nach
der Messung, so wirft das die Frage auf, wie überhaupt ein definierter Ausgangszustand
hergestellt werden kann, der eine Prüfung der quantenmechanischen Voraussage zulässt.
c) Viele–Welten–Interpretation:
Nach dieser von H. Everett im Jahr 1957 aufgestellten und von B.S. deWitt weiterentwickelten Hypothese gibt es keinen Kollaps der Wellenfunktion, die Schrödingergleichung
beschreibt alles, wenn man auch den Beobachter quantenmechanisch beschreibt. Zusätzliche Postulate sind nicht nötig. Wie man im Rahmen der linearen Schrödingergleichung
trotzdem beschreiben kann, dass anscheinend nach der Messung nur ein möglicher Ausgang
realisert wird, soll am Beispiel von Schrödingers Katze illustriert werden.
Die arme Katze befindet sich in einer hermetisch abgeschlossen Kiste. Ferner ist in der Kiste ein einziges radioaktives Atom, ein Geigerzähler, und eine Giftphiole, die durch einen kleinen Hammer geöffnet
werden kann. Zerfällt der Atomkern, so wird dies vom Geigerzähler
detektiert, dadurch der Hammer ausgelöst, das Gift freigesetzt, die
Katze getötet.
Was sagt die Quantenmechanik über den Zustand der Katze nach Ablauf der Halbwertszeit t?
Das Atom ist einer Wahrscheinlichkeit von 50% zerfallen, aber vor der Messung, d.h. vor dem
×i) der Zustände |Ai = noch
Öffnen der Kiste, sollte es sich in einer Superposition √12 (|Ai + |A
nicht zerfallenes Atom und |A
×i = zerfallenes Atom befinden. Heisst das, dass nach der Zeit t
auch der Zustand der Katze eine Überlagerung √12 (|Ci + |C
×i) aus lebendiger (|Ci) und toter
Katze (|C
×i) ist und dass die Katze erst beim Kollaps der Wellenfunktion, also beim Öffnen der
Kiste ’wirklich’ stirbt?
94
Dazu untersuchen wir, was die lineare Schrödingergleichung für die Gesamtwellenfunktion, die
aus Atom, Katze und Beobachter besteht, voraussagt. Bezeichnen wir die Wellenfunktion des Beobachters, solange die Katze lebendig ist, mit |Bi und mit |B
×i nachdem er realisiert hat, dass die
Katze tot ist, dann entwickelt sich nach den Gesetzen der Quantenmechanik die Wellenfunktion
während des Experiments gemäß
1
×i|C
×i|B
×i).
|Ai|Ci|Bi −→ √ (|Ai|Ci|Bi + |A
2
Man hat also eine Superposition aus nichtzerfallenem Atom, lebendiger Katze und glücklichem
Beobachter einerseits und zerfallenem Atom, toter Katze und trauerndem Physiker andererseit.
Die entscheidende Beobachtung ist, dass die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass die Katze tot
ist, wenn sich der Beobachter im Zustand |B
×i befindet, 100% ist! Die Gesamtwellenfunktion beschreibt also schon, dass für den Beobachter es so scheint, als sei nur eine Alternative eingetreten:
Hat er eine tote Katze gemessen, ist und bleibt sie tot. War sein Messergebnis eine lebendige
Katze, dann wird sie mit 100% Wahrscheinlichkeit auf eine andere Todesursache warten müssen.
Man muss also nicht postulieren, dass die Wellenfunktion kollabiert und kann das entsprechende
Postulat streichen, ohne in Widerspruch zu irgendeinem existierenden Experiment zu kommen.
Die Befürworter der vielen-Welten Interpretation berufen sich auf Occam’s razor, dem Prinzip,
dass eine gute Theorie nicht unnötig komplizierte Zusatzannahmen machen sollte. Allerdings
bedeutet das, dass die Gesamtwellenfunktion des Universums eine Superposition von unendlich
vielen alternativen Welten beinhaltet. In manchen von ihnen ist die Katze tot, in anderen lebt
sie und in wieder anderen gibt es gar keine Katzen.
Nach jetzigem Stand sind alle Interpretationen gleichberechtigt und man kann prinzipiell durch
Experimente nicht klären, welche Version die richtige ist. Die Situation würde sich nur dann
ändern, wenn ein echter physiklischer Mechanismus entdeckt werden würde, der zu einem Kollaps der Wellenfunktion führt (z.B. ist es möglich, dass in einer zukünftige Theorie der Quantengravitation das Superpositionsprinzip nur näherungsweise gilt, dass die Theorie also nicht linear
ist).
Unabhängig davon, welche Interpretationslinie einem am sympathischsten erscheint, kann man
wichtige Schlussfolgerungen aus der obigen Diskussion ziehen. So ist z.B. die Aufteilung in eine
Quantenwelt und eine klassische Welt, wie sie im Rahmen des Kollapspostulats impliziert wird,
willkürlich. Man hat die Freiheit zu wählen, ob man die Katze als Teil der Messapparatur
oder als Teil des Experiments beschreiben will. Will man Quanteneffekte verstehen, ist es oft
nützlich, wenn man zwischen verschiedenen Interpretationen hin- und herspringen kann. So kann
es manchmal nützlich sein, die quantenkohärente Superposition, die aus der Wechselwirkung von
Licht mit einem Atom resultiert, als Messprozess aufzufassen, bei dem die Wellenfunktion des
Atoms kollabiert.
95
10.5
EPR, Quantenkryptographie und No–Cloning–Theorem
A.Einstein, B.Podolsky, N.Rosen haben im Jahr 1935 ein Gedankenexperiment ersonnen, welches
belegen sollte, dass die Quantenmechanik zu Paradoxa führe und deswegen keine endgültige
Beschreibung der Natur liefern könne. Seit etwa zwei Jahrzehnten können solche Experimente
real ausgeführt werden. Die ’Paradoxa’ treten – entgegen Einsteins Erwartungen – tatsächlich
auf bestätigen voll die Vorhersagen der Quantenmechanik. Überdies gibt es erste technische
Anwendungen in der Quantenkryptographie.
Gegenstand des Experiments (in moderner Formulierung) ist ein Bell–Paar aus zwei Spins 1/2
im verschränkten Singlettzustand |ψi = √12 (|↑i1 |↓i2 − |↓i1 |↑i2 ) . Zwei Beobachter, Alice und
Bob erhalten je einen Spin des Paares und entfernen sich weit voneinander. Alice misst ihren
Spin 1, das Ergebnis sei ↑. Nach der Kopenhagener Interpretation kollabiert die Wellenfunktion
instantan, |ψi −→ | ↑i1 | ↓i2 . Dies erklärt, was auch in der Realität beobachtet wird, nämlich
dass unmittelbar nach der Messung von Alice mit dem Ergebnis ↑, Bob im Fall einer Messung
von Spin 2 mit Sicherheit das Ergebnis ↓ erhält. Einstein erschien diese instantane Auswirkung
einer Messung auf den Ausgang einer zweiten Messung an einem beliebig weit entfernten Ort
als ’spukhafte Fernwirkung’ höchst suspekt – auch wenn, wie eine genauere Analyse zeigt, mit
diesem Experiment keine überlichtschnelle Informationsübermittlung möglich ist.
Erst Jahrzehnte später konnte Bell die wirkliche Pointe des EPR–Szenarios aufdecken. Seine
Bellsche Ungleichung (siehe nächster Abschnitt), die für eine ‘lokal realistische’ Theorie – wie sie
Einstein anstrebte – gelten sollte, wird in einem geeigneten EPR–Experiment verletzt, nicht nur
in der quantenmechanischen Analyse, sondern auch in der Realität! Die Korrelationen zwischen
beiden Einzelspins sind demnach nur quantenmechanisch, nicht klassisch erklärbar.
Quantenkorrelationen bilden die Grundlage der Quantenkryptographie. Alice und Bob können
– weit entfernt voneinander – eine gemeinsame Binärzahl (die später als Schlüssel für klassische
Kryptographie genutzt werden kann) so gewinnen, dass ein unbemerktes Mithören durch eine
Spionin36 Eve mit beliebig grosser Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Das geht so:
• Alice und Bob teilen sich n Spinsingletts
• Alice und Bob messen der Reihe nach ihre Partner des jeweiligen Singletts. Sie wählen
dabei jeweils rein zufällig eine von zwei Messrichtungen, entweder die x–Richtung oder
die z–Richtung. Steht der Einzelspin in Messrichtung, ist das Messergebnis ′ +′ , steht er
entgegen, ist es ′ −′ . Diese Zahlen, werden zusammen mit der gewählten Messrichtung,
notiert. Nach Messung aller n Spinpaare verfügen Alice und Bob über je eine Liste aus n
Einträgen, z.B. +z, −x, +x, −z, −z, +x, . . . .
• Alice und Bob verbinden sich telefonisch (nicht abhörsicher) und geben durch, ob sie jeweils
den Spin in x oder z Richtung gemessen haben. In etwa der Hälfte der Fälle haben beide
verschiedene Messrichtungen gewählt, diese Einträge verwerfen beide. In den restlichen
Fällen können sie sicher sein, jeweils entgegengesetzte Werte ′ +′ und ′ −′ notiert zu haben
(und in die gleiche Binärzahl umwandeln zu können), ohne sich diese vorlesen zu müssen.
• Wie kann ausgeschlossen werden, dass Eve mitgehört hat? Dazu müssen Alice und Bob
einen Teil ihrer Werte zu gleicher Messrichtung, statt sie für den gemeinsamen Schlüssel
zu verwenden, zur Sicherheitskontrolle abzweigen und sich die Messwerte tatsächlich mitteilen. Jedes Mithören von Eve würde die vollständige Korrelation der Spinpaare zerstören
und dazu führen, dass gelegengtlich die beide Einzelspins (bei gleicher Messrichtung) doch
nicht entgegengesetzt stehen, was bei diesen Kontrollmessungen auffallen würde. Indem
36
Der Name Eve geht nicht auf eine biblisches Motiv zurück, sondern auf ‘eavesdropping’=abhören (‘eave’ ist
die Regenrinne).
96
man deren Anteil erhöht, kann man die Abhörsicherheit der Übermittlung beliebig steigern.
Warum kann Eve den Zustand eines Spinpartners nicht einfach kopieren ohne das Orginal zu
verändern (‘clonen’)? Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die Annahme, dass ein ‘Quantenkopierer’ existiert, sofort zu Widersprüchen führt.
Das Clonen besteht darin, einen unbekannten Zustand |ψi1 eines Spins 1 auf einen zweiten Spin
2 zu übertragen. Der zweite Spin muß gleichartig sein, z.B. beide Spin 1/2, um überhaupt den
identischen Zustand annehmen zu können, ansonsten ist der Ausgangszustand |χi2 des zweiten
Spins beliebig. Vor dem Clonen befindet sich das Gesamtsystem aus Spin 1 und Spin 2 und
der Umgebung E im Zustand |ψi1 |χi2 |iiE , nach dem Clonen im Zustand |ψi1 |ψi2 |f iE . Für den
Clonevorgang können wir einen unitären Operator U ansetzen, der nicht von dem zu clonenden
Zustand |ψi abhängen sollte (dieser ist ja unbekannt),
|ψi1 |χi2 |iiE −→ |ψi1 |ψi2 |f iE = U|ψi1 |χi2 |iiE .
Mit U kann nun auch ein zweiten Ausgangszustand |ϕi geclont werden,
|ϕi1 |χi2 |iiE −→ |ϕi1 |ϕi2 |f ′ iE = U|ϕi1 |χi2 |iiE .
Für das Skalarprodukt folgt (alle Zustände sind normiert)
1hϕ| ψi1 2hϕ| ψi2
hf ′ | f iE = 1hϕ| 2hχ| Ehi| U† U |ψi1 |χi2 |iiE = 1hϕ| ψi1 .
E
Die Skalarprodukte hϕ| ψi sind für beide Spins gleich, deshalb folgt
(1hϕ| ψi1 )2 Ehf ′ | f iE = 1hϕ| ψi1 .
Wählt man zwei Zustände mit 1hϕ| ψi1 6= 0, 1 ergibt sich sofort ein Widerspruch, da hf ′ | f i ≤ 1.
Damit ist bewiesen, dass ein Quantenkopierer U nicht existieren kann, der beliebige Quantenzustände klonen kann.
97
10.6
Bellsche Ungleichung
Die von J.S.Bell im Jahr 1964 aufgestellte Ungleichung ist ein sogenanntes ‘no–go Theorem’,
welches ausschliesst, dass die Natur mit einer ‘lokal–realistischen’, klassischen Theorie mit ‘verborgenen Variablen’ (anstelle der Quantenmechanik) erklärt werden kann. ’Lokal’ heisst: ein
Ereignis an einem Raum–Zeitpunkt, z.B. eine Messung, kann nicht von einem Ereignis an einem raumartig entfernten Raum–Zeitpunkt beeinflusst werden. ’Realistisch’ heisst: jedes Messergebnis bringt eine ’reale’ Eigenschaft des Systems zum Ausdruck, die diesem schon vor und
unabhängig von der Messung zukommt. In diesem Sinne sind klassiche Theorien ‘realistisch’,
während die übliche Formulierung der Quantenmechanik auf dem (nicht-realistischen) Konzept
der Wahrscheinlichkeitsamplitude basiert.
Das Realitätsprinzip lässt keinen Raum für zufällige Messergebnisse. Was als Zufall erscheint,
wird als Auswirkung von unbekannten, ’verborgenen’ Variablen oder ’Parametern’
λ ≡ {λi }
R
angesehen. Diese unterliegen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung Rp(λ) ≥ 0 mit dλp(λ) = 1,
welche die Erwartungswerte von Messgrössen als Integrale hAi = dλA(λ)p(λ) über diese Verteilung liefert. Das Vorgehen entspricht somit ganz der klassischen statistischen Mechanik, in
welcher ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf dem Phasenraum die Kenntnis des genauen Mikrozustands ersetzt.
Das einfachste Beispiel für eine Bellsche Ungleichung betrifft Spinkorrelationen. Ein Bell–Paar
im Singlettzustand
1
|ψi = √ (|↑↓i − |↓↑i)
2
~ ·â in frei wählzerfällt in die beiden (weiterhin korrelierten) Einzelspins, deren Komponenten ~2 S
baren Richtungen â, b̂, . . . von Alice und Bob gemessen werden. Die Zufälligkeit der Ergebnisse
Aâ = ±1 von Alice und Bâ = ±1 von Bob ist durch die Singletteigenschaft Aâ Bâ = −1 eingeschränkt. Mit Aâ Aâ = 1 folgt Aâ Aâ Bâ = Bâ = −Aâ als eine Art Zwangsbedingung.
Wegen des Lokalitätsprinzips kann diese strenge Korrelation im Fall der gleichen Messrichtung
nicht durch Informationsübertragung zwischen beiden Messplätzen, sondern nur durch Eigenschaften der Einzelspins erklärt werden. Jeder Einzelspin muss ’wissen’, welchen Wert er für jede
mögliche Messrichtung hat (’instruction set’). Diese Eigenschaften werden durch die verborgenen Variablen λ erfasst.
Der Widerspruch zur Quantenmechanik und zum Experiment(!) zeigt sich an den Korrelationsfunktionen für drei Messrichtungen â, b̂, ĉ. Wir definieren als Korrelationsfunktion
Z
E(â, b̂) := dλp(λ)Aâ Bb̂ ,
also den Erwartungswert des Produkts der Spinkomponenten in den Richtungen â, b̂. Für drei
beliebige Richtungen gilt
Z
E(â, b̂) − E(â, ĉ) = dλp(λ)Aâ (Bb̂ − Bĉ )
und mit Aâ (Bb̂ − Bĉ ) = −Aâ Ab̂ − Aâ Ab̂ Ab̂ Bĉ = −Aâ Ab̂ (1 + Ab̂ Bĉ ) folgt
Z
Z
|E(â, b̂) − E(â, ĉ)| = dλ p(λ) Aâ (λ)Ab̂ (λ) (1 + Ab̂ (λ)Bĉ (λ)) ≤ dλp(λ)(1 + Ab̂ (λ)Bĉ (λ)).
|{z} |
{z
}|
{z
}
≥0
=±1
≥0
98
Damit gilt für lokal realistische Theorien die Bellsche Ungleichung
|E(â, b̂) − E(â, ĉ)| ≤ 1 + E(b̂, ĉ).
Was sagt die Quantenmechanik? Im Singlettzustand |ψi ist der Erwartungswert
37
E(â, b̂) = hψ| (~
σ 1 · â)(~
σ 2 · b̂)| ψi = −â · b̂ = − cos(∠âb̂).
Mit der Wahl ∠âb̂ =
π
3
= ∠b̂ĉ, ∠âĉ =
2π
3
und cos π3 =
|E(â, b̂) − E(â, ĉ)| = | −
1
2
= − cos 2π
3 liefert die Quantenmechanik
1
1 1
− | = 1 ≥ 1 + E(b̂, ĉ) = 1 −
2 2
2
– im Widerspruch zur Bellschen Ungleichung.
Folgerung: es kann keine Formulierung der Quantenmechanik geben, die sowohl realistisch als
auch lokal ist. Die Quantenmechanik oder Quantenfeldtheorien in der üblichen Formulierung sind
in diesem Sinne lokal, aber nicht realistisch. Will man eine Theorie formulieren, die realistisch ist
(wie z.B. von David Bohm vorgeschlagen), muss man auf das Prinzip der Lokalität verzichten,
also Fermwirkungen über raumartige Abstände in Kauf nehmen.
37
Zur Berechnung setze o.B.d.A. â = ẑ und benutze hψ| σ z1 σ z2 | ψi = −1, hψ| σ z1 σ ±
2 | ψi = 0.
99
10.7
Pfadintegralformulierung der QM
Feynman fand im Jahr 1948 eine alternative Formulierung der Quantenmechanik, die zum tieferen Verständnis beiträgt und manche Weiterentwicklungen zur Feldtheorie möglich machte.
Ausgangspunkt ist die Frage, wie ein Teilchen, das sich zum Anfangszeitpunkt t = 0 am Ort
xi aufhält, also den Ortseigenzustand |xi i einnimmt, unter der Einwirkung eines Potentials im
Lauf der Zeit t in den Ortseigenzustand |xf i übergeht. Alle Information darüber ist in der
Wellenfunktion enthalten, die wir in folgender Form schreiben
Z
−iHt/~
ψ(x, t) = hx| ψ(t)i = hx| e
| ψ(0)i = dd x′ hx| e−iHt/~ | x′ ihx′ | ψ(0)i
Z
= dd x′ Gt (x, x′ )ψ(x′ , 0).
Hier taucht die Greensche Funktion G auf, die sich als Wahrscheinlichkeitsamplitude für den
Weg von xi nach xf im Zeitintervall [0, t] verstehen lässt,
Gt (xf , xi ) = hxf | e−iHt/~ | xi i.
(118)
Um diesen Ausdruck in eine explizitere Form zu überführen, spalten wir das Zeitinterall t in
N kleine Zeitintervalle auf und erhalten durch N –faches Einsetzen einer Orts– und Impulsbasis
(s. Kap. 3.7)
Z
Z
dd p
d
|~
pih~
p|, h~x| p~i = e+i~p·~x/~
1 = d x|~xih~x| =
(2π~)d
t 1 N
Gt (xN , x0 ) = hxN | e−iH N ~
| x0 i
und mit ǫ =
t
folgt
N~
= hxN | e−iHǫ 1e−iHǫ 1 . . . 1e−iHǫ | x0 i
N
−1 Z
Y
dd xi dd pi
hxN | e−iHǫ | xN −1 ihxN −1 | pN −1 ihpN −1 | e−iHǫ | xN −2 i . . .
=
(2π~)d
i=1
. . . hp2 | e−iHǫ | x1 ihx1 | p1 ihp1 | e−iHǫ | x0 i.
Mit einem Hamiltonoperator der Form H =
p2
2m
+ V(~x) = H(~p, ~x) ist
hpi | e−iHǫ | xi−1 i ≈ hpi | 1 − iHǫ| xi−1 i + O(ǫ2 ) ≈ e−iH(pi ,xi−1 )ǫ hpi | xi−1 i + O(ǫ2 )
(im Exponenten steht die c–Zahl Hamiltonfunktion!) und
hxi | pi ihpi | xi−1 i = eipi (xi −xi−1 )/~
folgt für G ein Produkt von Integralen,
Gt (x(t), x(0)) = lim
N →∞
und
S̃ =
Z
iS̃[x,p]/~
D(x, p)e
mit
Z
D(x, p) =
N
−1 Z
Y
i=1
2
pk
t X
+ V (xk−1 ) + pk (xk − xk−1 ).
−
N
2m
k
Die Integrationen über die Impulsvariablen pk lassen sich ausführen,
Z
dd pk − ~i
e
(2π~)d
2
t pk
−i~
pk ·(~
xk −~
xk−1 )
N 2m
100
i m N
(~
xk −~
xk−1 )2
2 t
= cN e ~
dd xi dd pi
(2π~)d
und es folgt eine Darstellung von G als ‘Pfadintegral’
Z
Gt (xf , xi ) = lim
x(t)=xf
N →∞ x(0)=xi
mit Dx =
Schreibt man tk =
k
N t,
S[~x] =
N
−1
Y
N −1
cN
k=1
~xk = ~x(tk ),
Z
t
0
dt′
m
2
d
i
Dx e ~ S[x]
d xk ,
(119)
t X m ~xk − ~xk−1 2
− V (~xk−1 ).
S=
N
2
t/N
k
~
xk −~
xk−1
t/N
=
~
x(tk )−~
x(tk − Nt )
t/N
~x˙ (t′ )2 − V (~x(t′ )) ,
2
= ~x˙ (tk ) + O( Nt 2 ), so erhält man
die klassische Wirkung.
x
Die Integrationen in (119) lassen sich als Aufsummation aller möglichen ‘Pfade’ interpretieren, die im Zeitintervall [0, t] von ~xi nach ~xf
führen. Die nebenstehende Skizze zeigt einen solchen Pfad in einer
Dimension, d = 1. Lässt man für jedes xk alle Werte in (−∞, +∞)
zu, erhält man alle Wege zwischen xi und xf .
xf
xi
0
t
N
2
t
N
3
t
N
t
Die Wahrscheinlichkeitsamplitude G für den Pfad von ~xi nach ~xf in der Zeit t wird oft auch als
‘Propagator’ bezeichnet. Das Betragsquadrat dieser Größe ist die Wahrscheinlichkeit dafür, das
Teilchen zur Zeit t bei ~xf vorzufinden, wenn es zum Zeitpunkt t = 0 bei ~xi gestartet war.
Wir haben also eine völlig neue Formulierung der Quantenmechanik hergeleitet, die ohne Wellenfunktionen, ohne Hamiltonoperator und ohne Schrödingergleichung auskommt. Stattdessen
erhält man die Quantenmechanik aus einem einfachen Postulat. Um den Propagator zu berechnen, muss man “nur” über alle Pfade zwischen ~xi und ~xf summieren, wobei jeder Pfad den
Gewichtsfaktor eiS[Pfad]/~ trägt,
X
eiS[Pfad]/~ mit S = klassische Wirkung.
(∗)
(120)
Gt (~xf , ~xi ) =
alle Pfade von
xi nach ~
~
xf
Das Wirkungsquantum ~ geht hierbei nicht durch die Kommutatorrelationen in die Lösungen
der Schrödingergleichung ein, sondern tritt nur im Exponenten des Pfadintegrals auf, der dadurch dimensionslos wird38 .
Das Doppelspaltexperiment beispielsweise erscheint so in neuem Licht.
Doppelspalt
Es gibt nicht die wirkliche Bahnkurve zwischen Quelle und AuftreffSchirm
punkt auf dem Beobachtungsschirm. Statt dessen muss, wenn zwischen diesen Punkten keine Ortsmessung stattfindet, prinzipiell jeder
Quelle
Pfad berücksichtigt werden, auch z.B. der nebenstehend skizzierte
Pfad.
Im Limes S~ → ∞ sollte sich der klassische Grenzfall ergeben. Wenn ~ im Vergleich zu S sehr klein
ist, so oszilliert die e–Funktion des Pfadintegrals schon bei kleiner Variation des Pfades stark,
d.h. benachbarte Pfade mitteln sich weg. Einzig stationäre Pfade, also solche, deren Wirkungsintegral bei kleiner Variation des Pfades in linearer Nährerung konstant bleibt, geben wesentlich
von Null verschiedene Beiträge in der Pfadsumme.
Mit diesem Argument haben wir das Prinzip der kleinsten Wirkung hergeleitet, das gerade die
klassischen Pfade liefert!
38
Im Rückblick erscheint die Entscheidung ~ aus Dimensionsgründen den Namen ‘Wirkungsquantum’ zu geben,
als wirklich visionär.
101
A
Anhang: Rechnen mit Operatoren
A, B, C, D seien beliebige lineare Operatoren. Es gelten die Kommutatorrelationen
[A + B, C + D] = [A, C] + [A, D] + [B, C] + [B, D]
[A, BC] = [A, B]C + B[A, C],
[AB, C] = A[B, C] + [A, C]B
[A, [B, C]] + [B, [C, A]] + [C, [A, B]] = 0
R1
R2
R3
A, B, seien lineare Operatoren und für den Kommutator [A, B] gelte [A, [A, B]] = 0.
Dann gilt: [A2 , B] = 2A[A, B], [A3 , B] = 3A2 [A, B], . . . , und allgemein
[f (A), B] = f ′ (A)[A, B]
falls [A, [A, B]] = 0
R4a
[A, f (B)] = f ′ (B)[A, B]
falls [B, [A, B]] = 0
R4b
für eine beliebige operatorwertige Funktion f , die sich um 0 in eine Taylorreihe entwickeln läßt
und deren Ableitung f ′ ist. Die vorausgesetzte Vertauschbarkeit gewährleistet, dass es egal ist,
ob auf der rechten Seite der Kommutator rechts oder links von der Ableitung f ′ steht. Häufige
Anwendung (vgl.R6): falls
[B, [A, B]] = 0 ֒→
[A, eλB ] = λeλB [A, B] ֒→ eλB Ae−λB = A − λ[A, B] ֒→ eB Ae−B = A + [B, A]
R4c
A(t) sei ein zeitabhängiger, B ein konstanter Operator. Potenzreihenentwicklung nach t zeigt,
dass
d
A(t) = A(t)B
R5
A(t) = A(0)etB Lösung der DGL
dt
d
A(t) = etB A(0) Lösung der DGL
A(t) = BA(t)
R5
dt
ist.
Der Ausdruck eB Ae−B lässt sich ohne die einschränkende Voraussetzung [B, [A, B]] = 0 in eine
Reihe von Vielfachkommutatoren entwickeln. Es gilt die Baker–Campbell–Hausdorff Formel
∞
X
1
1
eB Ae−B = A + [B, A] + [B, [B, A]] + · · · =
[B, A]n ;
2
n!
n=0
R6
dabei sind die Vielfachkommutatoren [B, A]n rekursiv definiert durch
[B, A]n+1 = [B, [B, A]n ],
n = 0, 1, 2, . . . ,
[B, A]0 = A .
Äquivalente Formeln sind
1
eB [A, e−B ] = [eB , A]e−B = eB Ae−B − A = [B, A] + [B, [B, A]] + . . . .
2
R7
Ferner gilt allgemein
eB eA e−B = eC
mit C := eB Ae−B =
∞
X
1
[B, A]n .
n!
R8
n=0
Speziell mit B = iαp und A = iβq bzw. mit A = iαp und B = iβq folgt
eiαp eiβq e−iαp = eiβ(q+~α1) ,
eiβq eiαp e−iβq = eiα(p−~β1) .
102
R9
Für 3 Operatoren gelte [A, B] = iC, [B, C] = iA. Dann gilt
eiτ B Ae−iτ B = A cos τ + C sin τ.
R10
Anwendungen: Drehimpuls, harmonischer Oszillator.
Für den Fall, daß der Kommutator [B, A] sowohl mit B, als auch mit A vertauscht, gilt
eB eA = eA eB e[B,A]
f ür [B, [B, A]] = [A, [B, A]] = 0.
R11
1
Multiplikation beider Seiten mit e 2 [A,B] liefert den in B und A symmetrischen Ausdruck
1
1
eA+B = eB eA e 2 [A,B] = eA eB e 2 [B,A]
f ür
[B, [B, A]] = [A, [B, A]] = 0.
R12
Für einen Operator S gelte S2 = 1. Durch Potenzreihenentwicklung nach α folgt
eiαS = 1 cos α + iS sin α.
R13
Für eine beliebige quadratische Matrix A gilt
det eA = eSpA .
103
R14
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