Manuskript Beitrag: Russland fördert europäische Rechtspopulisten– Verunsicherung mit System Sendung vom 15. März 2016 von Joachim Bartz, Arndt Ginzel und Ulrich Stoll Anmoderation: Die Denkzettel-Wahlen vom Wochenende haben gezeigt, wie verschlissen sich unsere Demokratie für Einige anfühlt. Wladimir Putin kommt das offenbar gelegen. Jedenfalls fördert Russland Rechtsextreme und Rechtspopulisten, die aufhetzen und spalten. Joachim Bartz, Arndt Ginzel und Ulrich Stoll über Russland und seine rechten Freunde - eine Allianz der Angstmacher. Text: O-Ton: Pegida-Demonstranten „Merkel nach Sibirien! Putin nach Berlin“ Merkel nach Sibirien! Putin nach Berlin!“ Putin als Idol. Der Berliner Pegida-Ableger marschiert. Und pöbelt gegen die Bundesregierung und gegen die USA. Russland wird verherrlicht. Immer mehr Rechte und Rechtsextreme sind auf Kremlkurs. O-Ton: Frontal21 „Putin nach Berlin! Warum? O-Ton: Pegida-Demonstrant „Wir brauchen Politiker wie Herrn Putin hier in Berlin. Und die Frau Merkel kann nach Russland abgeschoben werden.“ O-Ton: Frontal21 „Warum Putin nach Berlin? Was macht er besser?“ O-Ton: Pegida-Demonstrant „Weil er alles gut macht in Russland. Für Russland macht er alles super, ganz super!“ Der Kreml ist präsent auf den Pegidas, wie hier in Dresden. Das russische Staatsfernsehen ist auch vor Ort. In diesem Fall der Sender TWZ. Der russische Auslandssender RT überträgt Pegida live im Internet, macht so die fremdenfeindliche Bewegung weltweit bekannt. RT wird vom russischen Staat bezahlt, bekam 2015 umgerechnet 240 Millionen Dollar. Wieso interessiert sich der Kreml für Pegida und lässt die Hetzbotschaften live verbreiten? Das fragen wir in Moskau einen führenden Kremlvertreter: Andrej Klimow, stellvertretender Vorsitzender des Föderationsrates. O-Ton: Andrej Klimow, Russ. Föderationsrat, verantwortlich für internationale Beziehungen „RT füllt ein Informationsvakuum, das es im Westen leider gibt. Der Sender kämpft um Popularität und zeigt das, was viele westliche Sender aus irgendwelchen Gründen nicht zeigen.“ Russisches Fernsehen als Hort der Meinungsfreiheit? Experten des Strategic Communications Centre der NATO in Riga untersuchen die Propaganda des Kremls. Der Leiter des Zentrums, Jänis Särts, sieht darin eine neue Form der Kriegsführung. Moskau nutze die Flüchtlingskrise aus, um Zwietracht zu säen und unterstütze deshalb rechte Kräfte in ganz Europa. O-Ton Jänis Särts, Director NATO Strategic Communications Centre, Riga “Ziel ist nicht, eine Vorliebe zu Russland zu schaffen. Das Ziel ist, von wirklich wichtigen Themen abzulenken, die Glaubwürdigkeit der westlichen Politik zu untergraben und die politischen Entscheidungsprozesse in unserer Gesellschaft zu blockieren. Der Kreml benutzt schon lange extreme Gruppen, um die Gesellschaft zu spalten.“ Ein europaweites Netz rechter Putin-Freunde - rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien, die fremdenfeindlich und zugleich prorussisch sind. Der französische Front National bekommt Millionen aus Russland. Nicht direkt vom Kreml, sondern über Umwege. Ein Neun-Millionen-Kredit kam von der „First Czech-Russian Bank“ in Moskau. Die gehört Roman Popov, einem Putin-Vertrauten und früheren Finanzmanager eines Gaskonzerns. Marine Le Pen ist in Moskau ein gern gesehener Gast, traf hier bereits Dum-Präsident Sergey Naryshkin. Das Budapester „Political Capital Institute“ hat untersucht, wie eng die Zusammenarbeit zwischen Russland und rechten Netzwerken in Europa ist. Sein Chef Peter Kreko kann belegen, dass rechte Parteien im EU-Parlament auffällig oft im Sinne Russlands abstimmen. O-Ton: Peter Kreko, Political Capital Institute Budapest „Diese politischen Kräfte in der EU verhalten sich bei Abstimmungen im Europäischen Parlament wie willige Helfer Russlands. Wir haben sechs Resolutionen des Europa-Parlaments analysiert, die scharf die russische Außenpolitik kritisieren. Wie zum Beispiel die Annexion der Krim. Der Front National von Marine Le Pen hat in über 90 Prozent der Fälle im Sinne Russlands abgestimmt.“ In Deutschland gehören die AfD und die rechtsextreme NPD zu den Russland-Freunden. Udo Voigt, NPD-Abgeordneter im Europaparlament, ließ sich im März 2015 zu einem Treffen rechtsextremer Parteien nach Sankt Petersburg einladen. Gastgeber war die nationalistische Putin-nahe Partei „Rodina“. Die NPD feiert das: O-Ton: Deutsche-Stimme TV (NPD Internetsender) „Im Gegensatz zur US- und EU-hörigen Bundesregierung begründete Udo Voigt auf der Konferenz seine Solidarität mit Russland.“ Wir fragen nach beim NPD-Chef. O-Ton: Frontal21 „Nimmt die NPD denn von Russland Gelder an? Udo Voigt reiste ja sicherlich auf Kosten Russlands zu dieser Konferenz?“ O-Ton: Frank Franz, NPD, Bundesparteivorsitzender „Wir unterhalten gute Kontakte nach Russland und alles weitere werde ich nicht kommentieren.“ Kremlvertreter Andrej Klimow hat keine Berührungsängste mit der rechtsextremen NPD. O-Ton: Frontal21 „Was halten Sie von der NPD?“ O-Ton: Andrej Klimow, Russ. Föderationsrat, verantwortlich für internationale Beziehungen „In Deutschland gibt es mittlerweile viele neue politische Strukturen. Die sind eine Antwort auf eine nicht besonders glückliche Migrations-Situation, auf Arbeitslosigkeit, die Perspektive beim Wirtschaftswachstum, die Abhängigkeit von den USA. Menschen, die in diese Parteien eintreten, finden keine Antworten auf ihre Fragen bei den existierenden politischen Kräften.“ Die bei den Wahlen erstarkte AfD ist für Klimow besonders interessant. O-Ton: Andrej Klimow, Russ. Föderationsrat, verantwortlich für internationale Beziehungen „Eine Zusammenarbeit schließen wir nicht aus. Und sollte alles glatt laufen, dann schließe ich auch eine strategische Partnerschaft nicht aus.“ Die AfD sucht ihrerseits die Nähe zum Kreml. Georg Pazderski, Berliner AfD-Chef, organisierte mehrere Treffen der AfD mit Kreml-Vertretern in der russischen Botschaft in Berlin. O-Ton: Frontal21 „Nun steht ja Russland in dem Ruf, Propaganda im Westen zu verbreiten und dazu eben auch westliche Medien und Strukturen zu benutzen. Fühlen Sie sich da nicht vereinnahmt?“ O-Ton: Georg Pazderski, AfD, Vorsitzender Landesverband Berlin „Nein, ich fühle nicht, dass die AFD vereinnahmt wird. Wir wollen mit der russischen Seite ins Gespräch zu kommen, um einfach auch zu sehen, wie die russische Seite bestimmte Dinge sieht, wie die Dinge die russische Seite auch die Sicherheit und außenpolitischen Lage einschätzt.“ Insider berichten uns, es sei bei den Treffen der AfD in der russischen Botschaft in Berlin um Geld gegangen. O-Ton: Frontal21 „Nimmt die AFD Geld von russischer Seite?“ O-Ton: Georg Pazderski, AfD Vorsitzender Landesverband Berlin „Nein, definitiv nicht. Das kann ich Ihnen versichern. Ich war anderthalb Jahre Bundesgeschäftsführer und ich hätte das wissen müssen. Nein, die AfD nimmt kein Geld.“ Tatsache ist: AfD-Parteivize Alexander Gauland ließ sich einladen. Er reiste im Oktober 2015 mit einer sechsköpfigen AfD-Delegation nach Sankt Petersburg. Die Reise wurde von einer russischen Stiftung bezahlt. Gaulands Gastgeber: „Sankt Basilius“. Hinter der Stiftung steht der Kreml-nahe Unternehmer Konstantin Malofejew. Er wird beschuldigt, illegale Kämpfer in der Ostukraine finanziert zu haben. Darum darf er nicht in die EU reisen. Gauland sagt, er habe nichts von den Vorwürfen gegen Malofejew gewusst. O-Ton: Peter Kreko, Political Capital Institute Budapest „Konstantin Malofejew gilt als einer der wichtigsten Unterstützer rechter Netzwerke in Europa. Er traf vor zwei Jahren in Wien zum Beispiel Mitglieder des Front National und der österreichischen FPÖ. Das war ein wichtiges Treffen, bei dem besprochen wurde, wie man die Kreml-Ideologie in Europa verbreiten kann.“ Die Kreml-Ideologie verbreitet in Deutschland unter anderen der rechte Publizist Jürgen Elsässer. Bei einer Anti-Asyl-Kundgebung in Zwickau hetzt Elsässer gegen den Westen und lobt Russland. O-Ton: Jürgen Elsässer, Compact-Magazin „Die Merkel bringt es nicht fertig, die Grenzen zu schließen, stattdessen will sie mit den amerikanischen und türkischen Kriegstreibern im Nahen Osten und gegen die Russen einen neuen kalten und bald auch einen heißen Krieg anzetteln. Wir sind das Volk der Putin-Versteher und wir bauen auf die deutsch-russische Freundschaft.“ Diese „Freundschaft“ kommt auch gern im Gewand der Kultur daher. Beispiel: das Tolstoi-Institut. Vereinszweck: Kulturaustausch zwischen Russland und Deutschland. Ralf-Peter Dallmann liebt russische Kunst und Kultur. Stattdessen erlebte er beim Tolstoi-Institut Auftritte Rechtsradikaler, sogenannter Reichsdeutscher. O-Ton: Ralf-Peter Dallmann, Besucher Tolstoi-Institut „Grundlegend wird der deutsche Staat in seiner gesamten Form, seinen Verfassungsorganen, als nicht existent bezeichnet, als eine GmbH der Vereinigten Staaten. Generell besteht da so diese Tendenz darin den deutschen Staat als solchen abzulehnen.“ Das Vereinsregister ist aufschlussreich: Das Vorstandsmitglied des Tolstoi-Instituts Günter Czichon ist Berliner Landesvorsitzender der rechtsextremen Partei „Pro Deutschland.“ Czichons Partei wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Und die Verbindung des TolstoiInstituts zum Kreml ist dokumentiert: Bei Auflösung des Vereins fällt das Vermögen des Vereins an die Russische Botschaft in Berlin. Auch deutsche Parlamentarier gingen dem „Tolstoi-Institut“ auf den Leim. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Selle folgte einer Einladung und bereut das inzwischen. Das Tolstoi-Institut wirbt bis heute mit einem Video seines Auftritts. O-Ton: Johannes Selle, CDU, MdB “Ich fühle mich getäuscht, wenn Rechtsextreme mit mir werben und diese kulturelle Veranstaltung dafür benutzen.“ Verunsichern und Hetzen, ganz im Sinne Putins. Russland unterstützt rechte Kräfte und spaltet die westliche Gesellschaft. Zum Schaden der Demokratie. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.