Lösungsblatt 15 Mechanik (Physik, Wirtschaftsphysik, Physik Lehramt) (WS07/08) Wolfgang v. Soden ([email protected]) 12. 02. 2008 97 Deformationsenergie (1P) Aufgabe Ein Draht mit ursprünglichen Länge l0 = 15m und Durchmesser d = 2,19mm ist an einem Ende befestigt und wird an seinem anderen Ende mit einer Kraft von F = 300N in Längsrichtung gespannt. Welche Arbeit muss dazu aufgewendet werden? Der Elastizitätsmodul des Drahtmaterials beträgt E = 200GPa. Wie groß ist die im Draht gespeicherte Energie, wenn dieser mit der maximal zulässigen Spannung von σm = 190MPa belastet ist? Lösung Die Arbeit berechnet sich allgemein zu Z W = F dx (97.1) Hier ist die Kraft entweder gegeben oder mit der Spannung verknüpft gemäß F = σ · A mit 2 A = π d4 Querschnitt des Drahtes. Der Weg dx ist die infinitesimale Veränderung der Verlängerung des Drahtes bei infinitesimaler Veränderung der Spannung, also mithilfe des Hookeschem Gesetzes dx = d(∆l) = lE0 dσ. Damit wird (eq97.1) Z Z σmax l0 Al0 2 σmax Al0 2 l0 = W = F dx = Aσ dσ = σ σmax = F2 (97.2) E 2E 2E 2AE max σ=0 0 Mit den Zahlenwerten der Aufgabenstellung ergibt sich für die Kraft F = 300N eine Arbeit von W1 = 0,9J und bei der der maximal zulässigen Spannung σm = 190MPa eine Arbeit von W2 = 5,1J. 98 Schwimmender Stahldraht (1P) Aufgabe Eine längere, gut eingefettete und deshalb vom Wasser nicht benetzte Stahlnadel wird auf eine Wasserfläche gelegt. Wie groß darf der Durchmesser der Nadel sein, dass sie nicht untergeht? Die Daten: Dichte von Stahl ρ = 7700kg/m3 , Oberflächenspannung von Wasser σ = 0,073N/m. Lösung Beim Legen auf das Wasser wird die Oberfläche die Form der Nadel annehmen, also halbzylinderförmig eingedellt werden. Die Oberflächenspannung will diese Eindellung rückgängig machen, erzeugt also einen Druck nach oben, der den Druck durch das Gewicht der Nadel entgegengesetzt ist. Im Grenzfall sind beide gleich. Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 1 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Lösungsblatt 15 Mechanik WS 2007-2008 2 Der Druck von der Nadel ist das Gewicht geteilt durch die Längsquerschnittsfläche der Nadel (Länge l, Durchmesser d = 2r), also pn = gρlπr2 gρπd gρVn = = An dl 4 (98.1) Der durch die gekrümmte Oberfläche erzeugte Druck berechnet sich nach der Gleichung von Laplace, wobei hier der eine Krümmungsradius der Radius der Nadel ist, der andere in der dazu senkrechten Richtung sehr groß und deswegen zu vernachlässigen, also 1 1 1 2σ pw = σ + =σ = (98.2) R1 R2 r d Beide Drucke gleichgesetzt ergibt: 2σ gρπd = pw = oder d = pn = 4 d r 8σ gρπ (98.3) Mit den Zahlenwerten aus der Aufgabenstellung ergibt sich d = 1,57mm. Wenn der Durchmesser der Stahlnadel kleiner 1,6mm ist, kann die Stahlnadel in Wasser schwimmen (sofern sie sorgfältig genug auf das Wasser gelegt wird). 99 Petroleumkocher (1P) Aufgabe In einen Petroleumkocher befindet sich der Brenner 10cm oberhalb des Vorratsgefäßes. Welchen Durchmesser dürfen die Poren im Docht maximal haben, damit das Petroleum von selbst diese 10cm überwindet? Die Poren können als längere Röhrchen betrachtet werden, die innen vollständig vom Petroleum benetzt sind. Dieses hat eine Oberflächenspannung von σ = 0,03N/m und Dichte von ρ = 800kg/m3 . Lösung Die Steighöhe in einer Kapillare wird errechnet aus der Gleichsetzung des Gewichts der Flüssigkeit in der Kapillare oberhalb des Normalflüssigkeitspegels und der Randkraft der Flüssigkeit infolge der Oberflächenspannung in der Kapillaren (mit Radius r), also πr2 ∆hρg = σ2πr oder d = 2r = 4σ ∆hρg (99.1) Mit den Zahlenwerten aus der Aufgabenstellung ergibt sich d = 0,153mm. 100 Geschwindigkeitsfeld (1P + 1P freiwillig) Aufgabe Ein Zylinder mit Radius R1 kann sich um eine durchgehende Achse (Radius R0 ) drehen. Er sei mit Honig gefüllt. a) Feststehende Achse (1P): Die Achse wird nun festgehalten und der Zylinder mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit ω gedreht. Auf diese Weise wird im Honig ein Geschwindigkeitsfeld erzeugt, dessen Betrag in radialer Richtung linear mit dem Radius von Wert 0 an der festgehaltenen Achse bis zum Wert v1 am Zylindermantel gehen soll. Lasse nun den Achsenradius gegen Null gehen. Weise Hfür das soRerzeugte und definierte Geschwindigkeitsfeld nach, dass die Sätze von H R Gauß O vdO = V div v dV und von Stokes s vds = A rot v dA erfüllt sind Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 2 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Lösungsblatt 15 Mechanik WS 2007-2008 3 b) Feststehender Zylindermantel (1P freiwillig): Als Alternative wird der Zylindermantel jetzt festgehalten und die Achse gedreht, die einen kleinen aber endlichen Radius haben soll. Der Betrag des Geschwindigkeitsfeldes soll sich radial wieder linear mit dem Radius ändern, nur mit vertauschten Rolle von innen und außen gegenüber Fall a). Überprüfe auch in diesem Fall die Sätze von Gauß und Stokes. Lösung Bei der Berechnung des Feldes werden dem Problem hier angepasste Zylinderkoordinaten verwendet. Für die weitere Anwendung mit den Vektoroperationen wird das so erhaltene Feld dann in kartesische Koordinaten umgeschrieben. a) Feststehende Achse (1P): Das Feld hat keine Komponenten in radialer und z-Richtung. Der Wert des Feldes soll linear zwischen feststehender Achse (Radius R0 ) und sich drehender Zylinderwand (Radius R1 ) von Null auf den Maximalwert v1 wachsen, also für 0 den Radius r: vφ (r) = v0 Rr−R und bei verschwindendem R0 vφ (r) = v0 Rr1 . 1 −R0 Dies in kartesische Koordinaten übertragen ergibt −vφ (r) sin φ −y v0 x v = vφ (r) cos φ = (100.1) R1 0 0 Für die Sätze von Gauß und Stokes werden div und rot der Geschwindigkeit verwendet ∂vz v0 ∂(−y) ∂x ∂0 ∂vx ∂vy + + = + + =0 (100.2) div v = ∂x ∂y ∂z R1 ∂x ∂y ∂z ∂0 ∂x ∂v − ∂zy 0 ∂y − ∂z v v 0 ∂(−y) 0 ∂0 z 0 rot v = = = (100.3) − − ∂v ∂z ∂x ∂x R1 R1 ∂(−y) ∂vx ∂x 2 − ∂y ∂x − ∂y H R Nun zum Satz von Gauß O vdO = V div v dV : das Volumenintegral ergibt Null, da div v = 0 ist. Zum Oberflächenintegral: Auf dem Boden und dem Deckel des Zylinders steht die Flächennormale in z-Richtung, die Geschwindigkeiten sind in den Flächen, das innere Produkt ergibt also 0. Auf den Mantelflächen gilt entsprechendes. Das Oberflächenintegral liefert Null genau wie das R Volumenintegral. H Nun zum Satz von Stokes s vds = A rot v dV . Als Weg für das Wegintegral wird in beliebiger Höhe der Mantel umfahren. Da hier die Geschwindigkeit und der Wegvektor parallel liegen, der Wert der Geschwindigkeit konstant ist, ergibt sich einfach dieses Integral zu 2πR1 v0 . Das Flächenintegral über den Querschnitt des Zylinders und die Konstante 2v0 2 0 rot v = 2v R1 liefert R1 · πR1 = 2πR1 v0 , den gleichen Ausdruck also wie das Wegintegral. Die Sätze von Gauß und Stokes gelten also für das verwendete Geschwindigkeitsfeld. ∂vz ∂y ∂vx ∂z ∂vy ∂x b) Feststehender Zylindermantel (1P freiwillig): Das Feld ist hier genauso orientiert wie im ersten Teil, hat aber andere Werte als im vorigen Fall. In Abhängigkeit des Ortsradius ist R1 −r die Geschwindigkeit vφ (r) = v0 R1 −R0 . Der Grenzübergang von R0 → 0 geht allerdings nicht, da dann die Rotationsgeschwindigkeit ∞ werden müsste. Das Feld in kartesische Koordinaten übertragen ergibt −vφ (r) sin φ −y Rr1 − 1 v0 −x 1 − R1 (100.4) v = vφ (r) cos φ = r R1 − R0 0 0 Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 3 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Mechanik WS 2007-2008 Lösungsblatt 15 4 Für die Sätze p von Gauß und Stokes werden div und rot der Geschwindigkeit verwendet (wobei r = x2 + y 2 ) ! ∂ −y Rr1 − 1 ∂ x 1 − Rr1 ∂vx ∂vy v0 ∂vz ∂0 div v = = + + − + ∂x ∂y ∂z R1 − R0 ∂x ∂y ∂z −R1 x v0 R1 y −y 3 − x 3 =0 (100.5) = R1 − R0 r r R ∂ −x 1− r1 rot v = ∂vz ∂y ∂vx ∂z ∂vy ∂x − − − ∂vy ∂z ∂vz ∂x ∂vx ∂y ∂0 − ∂y ∂z R ∂ −y r1 −1 = v0 R1 − R0 ∂z R ∂ −x 1− r1 ∂x − ∂0 −∂x R ∂ −y r1 −1 = (100.6) ∂y 0 0 v 0 = 0 0 = R1 − R0 R1 y R1 R1 R1 x R1 −2 + r −1 + r − x r3 − 1 + r − y r3 H R Nun zum Satz von Gauß O vdO = V div v dV : das Volumenintegral ergibt Null, da div v = 0 ist. Zum Oberflächenintegral: Auf dem Boden und dem Deckel des Zylinders steht die Flächennormale in z-Richtung, die Geschwindigkeiten sind in den Flächen, das innere Produkt ergibt also 0. Auf den außeren Mantelflächen ist v = 0, also das Integral ebenso. Auf der inneren Mantelfläche, also bei r = R0 , die hier dazukommt, ist das Vektorfeld senkrecht zur Oberflächennormale, also das innere Produkt Null. Das Oberflächenintegral liefert damitHNull genau R wie das Volumenintegral. Nun zum Satz von Stokes s vds = A rot v dV . Als Weg für das Wegintegral wird in beliebiger Höhe der Mantel außen und das Loch innen umfahren. Da hier die Geschwindigkeit und der Wegvektor parallel liegen, der Wert der Geschwindigkeit konstant ist, ergibt sich außen der Wert Null, da dort das Feld Null ist, im Innern dagegen einfach dieses Integral zu 2πR0 v0 . Das Flächenintegral über den Querschnitt des Zylinders von 0 rot v = R1v−R ( Rr1 − 2) liefert (in Zylinderkoordinaten gerechnet) 0 v0 R1 − R0 Z 2π Z R1 R1 v0 v0 R1 rot vdA = − 2 rdrdφ = 2π R1 r − r2 r=R = 0 R1 − R0 φ=0 r=R0 r R1 − R0 A v0 = 2π R1 R1 − R1 2 − R1 R0 + R0 2 = −2πv0 R0 (100.7) R1 − R0 Z Dies ist dasselbe Ergebnis wie das Integral um die Umrandung der Fläche. Das verschiedene Vorzeichen kommt daher, dass der Umlaufsinn der Integration entlang der Flächenbegrenzung nicht berücksichtigt wurde: dieser wäre am Außenmantel entgegengesetzt dem am Innenmantel und bestimmt die zu verwendende Richtung der Flächennormalen und damit das Vorzeichen des Flächenintegrals. Die Sätze von Gauß und Stokes gelten also auch für das abgewandelte Geschwindigkeitsfeld. 101 Übungsfeld (1P freiwillig) x2 − 2yh1 z 2 . Berechne div F und rot F . z0 2 cos ky Aufgabe Gegeben ist ein Kraftfeld F = Lösung Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 F0 d2 4 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Mechanik WS 2007-2008 Lösungsblatt 15 5 Der Operator div auf den Vektor H angewendet schreibt sich in Komponenten: div H = ∂Hx ∂Hy ∂Hz + + ∂x ∂y ∂z (101.1) Hier ergibt sich F0 div F = 2 d ∂(x2 − 2yh1 ) ∂(z 2 ) ∂(z0 2 cos + + ∂x ∂y ∂z y k ) ! = F0 F0 (2x + 0 + 0) = 2 2x 2 d d (101.2) Der Vektor-Operator rot auf den Vektor H angewendet schreibt sich in Komponenten: ∂Hy ∂Hz ∂y − ∂z ∂Hz x rot H = ∂H (101.3) ∂z − ∂x ∂Hy ∂Hx ∂x − ∂y Hier ergibt sich F0 rot F = 2 d 2 ∂ (z0 2 cos( ky )) − ∂z ∂y ∂z ∂ (z0 2 cos( ky )) ∂(x2 −2yh1 ) − ∂z ∂x ∂(x2 −2yh1 ) ∂z 2 − ∂x ∂y F0 = d2 −z0 2 sin y 1 k k 0 2h1 − 2z (101.4) 102 Bluttransport (3P) Aufgabe a) Art der Strömung: In der Aorta (Durchmesser 26mm) fließt das Blut mit einer Geschwindigkeit von maximal 47cm/s. Ist diese Strömung laminar oder turbulent? Werte für das Blut: Viskosität η = 4,5 · 10−3 Pa · s, Dichte ρ = 1060kg/m3 ; für eine Rohrströmung ist die kritische Reynoldszahl Re ≈ 1170. b) Verkalkung: Infolge Ablagerungen innen an der Aortawand hat der effektive Innendurch9 messer der Aorta auf 10 des ursprünglichen abgenommen. Auf welchen Bruchteil des normalen Wertes sinkt dadurch die durch diese Aorta transportierte Blutmenge, wenn das Herz keinen größeren Druck erzeugt als vor Beginn der Ablagerung? c) Verzweigung: Wieviele von einer dicken Arterie (Durchmesser wie die Aorta) abzweigende Adern mit 12 Durchmesser der Arterie werden benötigt, dass es keinen Stau in der dicken Arterie gibt? Lösung a) Die Art der Strömung kann über die Reynolds-Zahl Re = ρvl η (102.1) abgeschätzt werden, dabei ist ρ die Dichte, η die Viskosität, v die Strömungsgeschwindigkeit und l eine charakteristische Länge für die vorliegende geometrische Anordnung (hier der Röhrenradius). Hier ist diese Zahl Re = 1440 > 1170: Das Blut in der Aorta fließt turbulent. Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 5 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Lösungsblatt 15 Mechanik WS 2007-2008 6 b) Die Durchflussmenge einer Flüssigkeit mit der Viskosität η durch ein Rohr mit Radius R und Länge L bei einem Druckunterschied ∆p entlang des Rohres wird durch das Gesetz von Hagen-Poiseuille festgelegt zu V̇ = πR4 ∆p 8ηL (102.2) Wenn sich der Radius (oder Durchmesser) auf 90% verringert, so geht der Volumenstrom bei Konstanz der anderen Faktoren auf 39% des ursprünglichen herunter. c) Da nach (101.2) der Volumenstrom mit der vierten Potenz des Radius geht, verringert er 1 sich bei Halbierung des Radius auf 16 . Es sind also 16 kleinere Arterien nötig, um das Blut weiter zu transportieren. 103 Pollenflug (1P + 2P freiwillig) Aufgabe Von einem blühenden Nadelbaum werden in 15m Höhe Pollen mit einem Durchmesser von 6µm und mit einer Masse von 1,1 · 10−13 kg in die umgebende Luft (Dichte 1,2kg/m3 , Viskosität 1,8 · 10−5 Pa · s) freigesetzt. a) Flugdauer (1P) : Wie lange dauert es bei Windstille, bis diese Pollen den Erdboden berühren? b) Beschleunigungsphase (2P freiwillig) : Betrachte die Anfangsphase des Fluges genauer. Nach welchem Weg-Zeit-Gesetz („Fahrplan“) fallen die Pollen? Welchen Weg hat eine Polle zurückgelegt, bis sie 99% ihrer Endgeschwindigkeit erreicht hat? Lösung a) (1P) Bei laminaren Bedingungen, also relativ langsamen Geschwindigkeiten v, gilt für die Bewegung einer Kugel (Radius r) in einer Flüssigkeit mit der Viskosität η das Gesetz von Stokes FR = −6πηvr (103.1) für die hier auftretende Reibungskraft. Außer der Reibungskraft wirkt bei einer fallenden Kugel das Gewicht FG = mg und der Luftauftrieb FA = gρL VK . Eine gleichförmige Bewegung (konstante Geschwindigkeit) stellt sich ein, wenn die Summe der Kräfte null wird, also FG +FR +FA = mg−6πηvr+gρL VK oder v = g m − ρL VK g = (m − ρL VK ) (103.2) 6πηr 6πηr Die Fallzeit tF zur Erdoberfläche ist dann bei der Anfangshöhe ∆h tF = ∆h = v g 6πηr ∆h (m − ρL VK ) (103.3) Mit den Zahlenwerten aus der Aufgabenstellung ergibt sich die Sinkgeschwindigkeit zu v = 0,525mm/s und die Fallzeit zu 28580s ≈ 8h. b) (2P freiwillig) Anfangsbewegung bei Reibung Die DGL zur Beschreibung der Bewegung der Pollen fasst die Kräfte zusammen (x sei die Koordinate der Bewegungsrichtung): Gewicht, Auftrieb, Stokes-Reibung (siehe (103.2)) mẍ = mg − ρL VK g − 6πη ẋr Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 6 (103.4) c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Lösungsblatt 15 Mechanik WS 2007-2008 7 Mit m = VK ρK und den Abkürzungen ξ = g 1 − ρL ρK und χ = 6πηr m ergibt sich ρL VK ρL VK g 6πη ẋr − χẋ = ξ − χẋ − =g 1− ẍ = g − m m ρK VK (103.5) Mit dem Ansatz, der für DGLs dieser Art zum Ziel führt, ẋ = a exp kt + b ergeben sich die im Ansatz unbekannten Konstanten b und k durch Einsetzen b = χξ und k = −χ. Die Konstanten a ergibt sich zu a = −b = − χξ aus der Anfangsbedingung ẋ = 0 für t = 0. Somit ergibt sich die Geschwindigkeit zu ρL mg 1 − ρ 6πηr ξ K 1 − exp(− ẋ = (1 − exp(−χt)) = t) (103.6) χ 6πηr m Die Geschwindigkeit integriert ergibt die Zeitabhängigkeit des Ortes und mit der Anfangsbedingung x = 0 für t = 0 zur Bestimmung der Integrationskonstanten erhält man Z t exp(−χτ ) t ξ ξ τ+ = (103.7) (1 − exp(−χτ )) dτ = x = χ χ τ =0 χ τ =0 mg 1 − ρL ρK ξ 1 m 6πηr = t + (exp(−χt) − 1) = t+ (exp(− t) − 1) χ χ 6πηr 6πηr m In (103.6) gibt der vordere Bruch die in (103.2) schon berechnete Endgeschwindigkeit wieder. Wenn 99% dieses Wertes erreicht sein soll, so hat die Exponentialfunktion in der Klammer in (103.6) den Wert 0,01. Daraus lässt sich der Zeitpunkt dafür berechnen zu t99 = − ln 0,01 m = 0,5ms 6πηr und daraus der bis dahin zurückgelegte Weg zu mg 1 − ρρKL m 6πηr x99 = t99 + (exp(− t99 ) − 1) = 0,4µm 6πηr 6πηr m (103.8) (103.9) Die Endgeschwindigkeit wird (zu 99%) schon nach 500µs erreicht, der dabei zurückgelegte Weg ist 0,4µm, also entsprechend klein. 104 Wasserversorgung (2P) Aufgabe Das Wasserwerk garantiert für ein Miethaus mit 11m Höhe (Höhenunterschied zwischen Versorgungsleitung im Keller und Wasserhahn im 3. Stockwerk) einen Wasserüberdruck (gegenüber Luft) von ∆p = 2 · 105 Pa bei einem maximalen Wasserfluss, der so groß ist, dass eine größere Badewanne (Länge x Breite x Tiefe = 1,5 × 0,6 × 0,5m3 ) in 2 Minuten zu 23 gefüllt werden kann. Das Zuflussrohr ins Haus hat einen Innendurchmesser von 3", im Haus sind Rohre von Mindestinnendurchmesser 12 " vorgeschrieben, damit die vom Wasserwerk garantierten Werte eingehalten werden können (diese wurden aus Kostengründen auch verwendet). Welchen Wasserdruck muss das Wasserwerk an der Hausversorgung vorsehen, damit die Garantiewerte erfüllt werden? Lösung Dies ist ein Beispiel, das mit der Gleichung von Bernoulli behandelt werden kann. Diese besagt, dass die Summe aus dem statischen Druck p in einer Flüssigkeit, zu dem eventuell noch der Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 7 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Lösungsblatt 15 Mechanik WS 2007-2008 8 äußere Luftdruck pL und der Schweredruck ρgh addiert werden muss, und dem dynamischen Druck ρ2 v 2 konstant ist. ρ p + pL + ρgh + v 2 = const. (104.1) 2 Vorbemerkung: Hier werden alle Teildrucke in Einheiten des Luftdruckes pL diskutiert werden, der hier hinreichend genau als pL = 1 · 105 Pa definiert sei. Der nötige Druck setzt sich zusammen aus dem garantierten Überdruck 2pL gegenüber den Atmosphärendruck pL , dem Atmosphärendruck pL selber, da das Wasser gegen diesen aus dem Hahn kommen muss, dem Schweredruck des Wassers ρgh ≈ 1,08pL infolge des 11m Höhenunterschieds im Haus und dem Anteil, der durch das Fließen des Wassers hervorgerufen wird. Der geforderte Volumenfluss ist (15 · 6 · 5) 23 12 l/min = 150l/min = 2,5l/s. Das heißt bei einem Rohrdurchmesser von 0,5" eine Geschwindigkeit von 0,5 2,5l/s = 19.7m/s, die zum Druck π( 2 · 0,0254m)2 0,5 · 1000 · 19.72 Pa = 1,94pL führt. Alles zusammen ist also ein Druck von pw = 6pL nötig. 105 Defektes Odelfass (2P freiwillig) Aufgabe Die durch den Traktor (offiziell Zugmaschine) über die Zapfwelle angetrieben Pumpe eines Hochdruck-Odelfasses (außerhalb Bayerns auch Güllefass genannt - Odel und Gülle sind genaugenomen nicht identisch) ist defekt, so dass die Jauche (ein weiterer Name für dasselbe Produkt) durch den für einen solchen Fall vorgesehenen Auslass das Fass, getrieben durch das eigenes Gewicht, beim Ausbringen verlassen muss. Der Auslass des Fasses ist an dessen unterster Stelle in horizontaler Richtung angebracht und hat einen Durchmesser von 10cm. Wie groß ist die maximale Geschwindigkeit des Odels, wenn das Fass eine Höhe von 1,8m hat? Die Dichte der genannten Flüssigkeit sei ρ = 1130kg/m3 . Das Fass, ein liegender Zylinder, habe eine Länge von 3m und besitzt, zur Vermeidung eines Unterdrucks, am oberen Ende einen Belüftungskamin. In welcher Zeit wird sich das Fass leeren (begründeter Schätzwert)? Lösung Im Fass ist die Sinkgeschwindigkeit der Flüssigkeit fast Null, am Boden herrscht der Schweredruck pi = ρgH vermehrt um den äußeren Luftdruck pL . Am Ende des Auslaufs herrscht ebenfalls der Luftdruck pL und der dynamische Druck, der sich aus der Geschwindigkeit des Flüssigkeit zu pa = 0,5ρv 2 ergibt. Beide Gesamtdrucke müssen nach Bernoulli gleich sein, also √ v = 2gH = 6m/s Zum Abschätzen der Auslaufzeit bewährt sich manchmal die Faustregel, dass ein Faktor 2 auftritt, wenn sich eine Größe während des Vorgang von 0 auf den Endwert ändert oder umgekehrt: hier also die doppelte Zeit, wie wenn das Fass mit dem anfänglichen Volumenstrom weiter sich leeren würde. Der Volumenstrom am Anfang ist 47l/s, das Volumen des Fasses ist 7,6m3 , also eine Leerzeit von 162s bei konstantem Druck, 325s bei auf Null abfallenden Druck. Der hier genannte Faktor 2 ist willkürlich gewählt. Er träfe in diesem Fall zu, wenn der Querschnitt des Fasses sich beim Entleeren nicht ändert, also jeweils parallele Seitenwände und horizontale Wände oben und unten besitzt, z.B. bei rechteckigem Querschnitt. Wie der Faktor bei kreisförmigem Querschnitt lautet, liefert die folgende genaue Rechnung. Das liegende Fass hat einen kreisförmigen Querschnitt mit Durchmesser 2R = 1,8m und Länge L = 3m und sei bis zur maximal vollen Höhe h ≤ H = 2R gefüllt. Die Oberfläche der Flüssig2 keit beträgt O = L · b mit 2b = h · (2R −h). Letzteres ist am schnellsten einzusehen, wenn der Querschnitt senkrecht halbiert wird und der so dadurch entstandene Halbkreis als Thaleskreis aufgefasst wird und der Berührpunkt der Flüssigkeit mit der runden Seitenwand zusammen mit dem senkrechten Durchmesser ein rechtwinkliges Dreieck formt, dessen Höhe 2b ist, auf die der Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 8 c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden Lösungsblatt 15 Mechanik WS 2007-2008 9 Höhensatz angewendet werden kann. Dieser kann natürlich auch einfach durch Anwendung des Satzes von Pythagoras gewonnen werden. Das gefüllte Volumen berechnet sich durch Integration bis zur aktuellen Füllhöhe h1 zu Z h1 Z h1 L · b(h)dh = V (h1 ) = h=0 2L p h(2R − h)dh (105.1) h=0 √ Die zeitliche Änderung des Volumens, also der Volumen-Fluss, ist der Fluss v · A, mit v = 2gh als Austrittsgeschwindigkeit bei Höhe h und Querschnitt A der Austrittsöffnung, der in der Aufgabenstellung zu A = π4 d2 mit d = 10cm angegeben ist. Damit und mit dem in (105.1) berechneten Volumen ergibt sich der Strom zu p p dV (h1 ) dh1 dV dh1 = = 2L h1 (2R − h1 ) = −A · v = −A 2gh1 dt dh1 dt dt (105.2) Durch Variablentrennung und kleinere Umformungen zur Erleichterung der nachfolgenden Integration ergibt sich daraus s r p 2L h1 (2R − h1 ) 2L R h1 2L p √ dt = 2R − h1 dh1 = − 1− dh1 = (105.3) dh1 = − √ A g 2R A 2g −A 2gh1 s r s r s 4RL R h1 4RL R h1 4RL R √ h1 h1 = − d = d 1− = 1− 1− qdq A g 2R 2R A g 2R 2R A g h1 mit q = 1 − 2R . Dies ist nun einfach zu integrieren: Die Grenzen sind als Anfangswerte t = 0 und h1 = 2R (gefülltes Fass), also q = 0, und als Endwerte die Auslaufzeit T und h1 = 0 (leeres Fass), also q = 1. Z T Z 1 dt = T = t=0 q=0 4RL A s R√ 4RL qdq = g A s R g p 1 q3 3 2 q=0 8RL = 3A s R g (105.4) Dies ist zu vergleichen mit der Zeit, die verstreichen würde, falls das ganze Fass mit der Anfangsgeschwindigkeit ausfließen würde: s V (h0 ) πR2 L πR2 L πRL R T0 = = √ = = √ (105.5) Av0 2A g A 2g2R A 2gh0 Der Verhältnis zwischen beiden Werten ergibt sich zu abgeschätzt (2). Lösungsblatt 15 vom 12. 02. 2008 9 T T0 = 8·2 3·π ≈ 1,7, also in etwa so, wie c 2007-2008 University of Ulm, W. v. Soden