Workshop Therapie der chronischen Depression durch CBASP Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy 2. Symposium Prien am Chiemsee Schön Klinik Roseneck, 23.09.2016 Bettina Mayr & Rebecca Schennach © 2014 Schön Klinik Seite 1 Agenda Begrüßung und kurze Vorstellung der Workshopteilnehmer 1. Chronische Depression 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele Pause 3. Grundtechniken von CBASP mit kurzen Übungen Übung mit Live-Demonstration zur Erhebung prägender Bezugspersonen Übung mit Live-Demonstration Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) Pause 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept 5. CBASP in der Gruppe Übung mit Live-Demonstration „Mini-Situationsanalyse“ in der Allgemeinen Gruppentherapie Offene Fragen und Diskussion © 2014 Schön Klinik Seite 2 1. Chronische Depression © 2014 Schön Klinik Seite 3 1. Chronische Depression o 20-30% der Patienten mit einer depressiven Störung leiden unter einem chronischen Verlauf (Angst et al. 2009) o 3-6% der Menschen in der westlichen Welt entwickeln eine chronische Depression (Torpey & Klein 2008) o Die chronische Depression zeigt im Vergleich zu episodischen Verläufen (Arnow et al. 2003, Thase 2006, Blanco et al. 2010): - höhere Behandlungskosten - eine höhere Rate an Komorbiditäten mit Achse-I und besonders Achse-II Störungen - höhere Einschränkungen der Lebensqualität - häufigere stationäre Behandlungen - höheres Suizidrisiko - mehr therapieresistente Verläufe © 2014 Schön Klinik Seite 4 1. Chronische Depression – zweidimensionale Diagnostik im Verlauf akut chronisch leicht Anpassungsstörung Leichte depressive Störung Dysthymia schwer Majore depressive Episode (MDE) MDE mit unvollständiger Remission Chronische MD Double Depression (MDE mit Dysthymia) Klein, J Abn Psychol 2008 © 2014 Schön Klinik Seite 5 1. Chronische Depression – Definition Nach ICD-10 kann keine chronische Depression kodiert werden. Definition nach DSM-5 o Persistent depressive disorder (dysthymia) (PDD) o Hauptanliegen ist die deutliche Abgrenzung der chronischen Depression von episodischen Verläufen o Diskriminierender Faktor zwischen MDD und PDD ist die zeitliche Dauer der Symptome mehr als die Krankheitsschwere (mind. 2 Jahre) o Vier verschiedene Verlaufsformen der PDD können unterschieden werden o Diese „Untertypen“ können je nach Symptomausprägung in eine leichte, mittelgradige und schwere Form unterschieden werden Jobst et al. Eur Psychiatry 2016 © 2014 Schön Klinik Seite 6 1. Chronische Depression – Klinischer Verlauf nach DSM-5 Jobst et al. Eur Psychiatry 2016 © 2014 Schön Klinik Seite 7 1. Chronische Depression – Auftreten Late Onset 30% Early Onset 70% Beginn vor dem 21. Lebensjahr Keller et al. Engl J Med 2000 © 2014 Schön Klinik Seite 8 1. Chronische Depression – Besonderheiten o Hohe Assoziation mit ungünstigen Lebensbedingungen in der Kindheit (Klein et al. 2003, Durbin et al. 2000) o Bis zu 80% der Patienten mit chronischer Depression zeigen traumatische Kindheitserlebnisse (Teicher et al. 2013) o V.a. interpersonelle Traumatisierungen (emotionale Vernachlässigung und emotionaler Missbrauch) (Wiersma et al. 2008) o Hohe Komorbiditätsraten mit Persönlichkeitsstörungen (vermeidende PS, Borderline PS, zwanghafte PS) und Angststörungen sowie Substanzmissbrauch (Blanko et al. 2010, Gilmer et al. 2005, Rothschild & Zimmermann 2002) o Interpersonelle Schwierigkeiten durch feindselig-submissiven Beziehungsstil (Constantino et al. 2008) © 2014 Schön Klinik Seite 9 1. Chronischen Depression - Funktionalität o Wiederholung der gleichen frustrierenden Beziehungserfahrungen Bestätigung = Sicherheit/ Kontrolle o Vermeiden neuer Erfahrungen (v.a. adaptives soziales Verhalten) o Hilf- und Hoffnungslosigkeit Abgeben von Verantwortung o Bedürftigkeit zeigen können und Hilfe bekommen o Soziale Kontakte über „Man muss mir helfen/ sich um mich kümmern.“ o Bedürfnisse auf dysfunktionale Art und Weise einfordern und bekommen © 2014 Schön Klinik Seite 10 1. Chronische Depression – Therapieempfehlung S3-Leitlinie © 2014 Schön Klinik Seite 11 1. Chronische Depression – Therapieempfehlung S3-Leitlinie © 2014 Schön Klinik Seite 12 1. Chronische Depression – Therapieempfehlung S3-Leitlinie © 2014 Schön Klinik Seite 13 1. Chronische Depression – Herausforderungen in der Therapie o Schwieriger Beziehungsaufbau o Geringe oder schwankende Änderungsmotivation, geringe Selbstwirksamkeitserwartung, sehr unterwürfiges oder feindseliges Verhalten o Selbstbezogenes Grübeln o Schwierigkeiten in der Emotionsregulation o Interpersonelle Probleme © 2014 Schön Klinik Seite 14 1. Chronischen Depression - Herausforderungen in der Therapie Warum lassen sich chronische Depressionen schwer behandeln? o Dysfunktionale Denkschemata und Verhaltensdefizite o Beeinträchtigungen in verschiedenen Bereichen, z.B. logisches Denken, adaptives Verhalten in emotional bedeutsamen zwischenmenschlichen Situationen o Folge: dysfunktionale Annahmen Übertragung Wiederholung frustrierender Beziehungserfahrungen o Ergebnis: Zustand ausgeprägter und anhaltender Hilf- und Hoffnungslosigkeit Wahrnehmung und Erleben koppelt sich von der Umwelt ab © 2014 Schön Klinik Seite 15 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele © 2014 Schön Klinik Seite 16 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele Entwicklung von James P. McCullough o Direktes Ansetzen an der Psychopathologie chronisch depressiver Patienten o CBASP-Hypothese: Chronische Depression ist eine Entwicklungsstörung o Integrative und schulenübergreifende Therapie o Kognitive (Seligman, Bandura, Piaget) o Behaviorale (Skinner) o Interpersonelle (Kiesler) o Psychodynamische Theorien und Techniken o Starker Fokus auf der behavioralen Ebene (CBASP als Lerntherapie) o Persönliche Beziehungsgestaltung und persönliches Einlassen durch die Aufhebung des Neutralitätsprinzips des Therapeuten © 2014 Schön Klinik Seite 17 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele Entkoppelung der Wahrnehmung von der Umwelt Frühe traumatisierende Beziehungserfahrungen Chronische zwischenmenschliche Ineffektivität Übertragung Keine korrigierenden positiven Lernerfahrungen Dysfunktionale Denkschemata und Verhaltensdefizite Wiederholung negativer Beziehungserfahrungen Erlebte Hilflosigkeit Depression wird ausgelöst und aufrechterhalten Entkoppelung von der Wahrnehmung Mauer zwischen Patient und Umwelt Nach James P. McCullough. © 2014 Schön Klinik Seite 18 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele Präoperatorisches Stadium (nach Piaget) - GlobalesDenken - Prälogisches Denken (Irrtürmer werden nicht bedacht) - Denken ist nicht beeinflusst von Denken und Logik anderer Menschen - Selbst und Weltansicht sind egozentrisch - Sprechen erfolgt in Monologform - Es besteht keine Empathiefähigkeit - Unter Stress können Gefühle nicht kontrolliert werden Patient differenziert nicht zwischen sich und der Welt, er bleibt in seiner Weltsicht verhaftet © 2014 Schön Klinik Seite 19 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele CBASP erfolgt in zwei Schritten: 1. Von der prä-operativen (impulsiven) zur konkret-operativen (souveränen) Stufe durch die Entfaltung von funktionalem und konkret-kausalem Denken 2. Von der konkret-operativen (souveränen) zur formal-operativen (zwischenmenschlichen) Stufe durch die Entfaltung von Empathie, die abstraktes formal-kausales Denken voraussetzt. James McCullough, Therapiemanual Deutsche Übersetzung 2007 © 2014 Schön Klinik Seite 20 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele Therapie- / Lernziele (Brakemeier et al., 2012) 1. Erkennen der Konsequenzen des eigenen Verhaltens 2. Verbesserung der sozialen Empathie 3. Erlernen von sozialen Problemlöse-Fertigkeiten und Bewältigungsstrategien 4. Interpersoneller Heilungsprozess bezüglich der frühen traumatisierenden Beziehungserfahrungen Brakemeier, E.L. & Normann, C. (2012). Praxisbuch CBASP. Behandlung chronischer Depression. Weinheim: Beltz. © 2014 Schön Klinik Seite 21 2. CBASP – Theoretischer Hintergrund und Therapieziele Wie die Therapie durch CPASP funktioniert: was Patienten durch CBASP lernen o Auch in emotionalen Situationen logisch zu denken, hilfreiche Interpretationen zu entwickeln und zielführend zu handeln. o Ihre Art der Beziehungsgestaltung besser zu verstehen und zu verändern, um für ihre Ziele wirkungsvoll eintreten zu können. o Zu erkennen, was andere bei ihnen selbst auslösen, was sie selbst bei anderen auslösen und wie das eine das andere bedingt. o Besser einschätzen zu können, welche Ziele in Interaktionen realistisch sind und welche nicht bzw. was man von anderen Menschen erwarten kann. © 2014 Schön Klinik Seite 22 3. Grundtechniken von CBASP © 2014 Schön Klinik Seite 23 3. Grundtechniken von CBASP Grundtechniken/ Bausteine o Prägungen o Übertragungshypothesen o Situationsanalysen o Kiesler Kreis o Interpersonelle Strategien: Interpersonelle Diskriminationsübung Diszipliniertes persönliches Einlassen In Anlehnung an die Arbeiten von James McCullough, Elisabeth Schramm und Eva-Lotta Brakemeier. © 2014 Schön Klinik Seite 24 3. Grundtechniken von CBASP Prägungen o Namen und Prägungen der Bezugspersonen, die im Leben (v.a. Kindheit und Jugend) einen erkennbaren Einfluss hatten o Durchführung: zu Beginn der Therapie o Dauer: 1-4 Therapiestunden o Therapeutenhaltung: unterstützend Therapeutische Fragen: 1. Wie war es mit XX aufzuwachsen? 2. Welche Prägung hat XX hinterlassen?, Wie hat XX Sie beeinflusst? Prägung: „So mit XX (meiner Mutter) aufgewachsen zu sein, hat zur Konsequenz, dass ich heute ...“ © 2014 Schön Klinik Seite 25 3. Grundtechniken von CBASP Prägungen o Bedeutung von Prägungen o…leiten das Verhalten, v.a. bei emotionalen Hot Spots o… können bewirken, dass subjektiv schwierige Situationen vermieden werden o… beeinflussen über mein Verhalten das Verhalten des Anderen oSchwierigkeiten beim Erarbeiten von Prägungen o Bagatellisieren „Das war nicht schlimm!“ DPI „Wenn Sie das so erzählen, fühle ich…“ „Ich denke für ein Kind müsste es schmerzhaft gewesen sein…“ o Kein emotionaler Zugang „Das hab ich nicht vermisst!“ DPI o Abwehrhaltung „Über meinen Vater brauchen wir gar nicht reden!“ auf Therapierational hinweisen, DPI o „Ich hatte eine perfekte und glückliche Kindheit!“ Das kann man erstmal so stehen lassen und validieren, „Erzählen Sie wie es mit ihrer Mutter war.“ © 2014 Schön Klinik Seite 26 3. Grundtechniken von CBASP 4 Domänen 1. Intimität/Nähe „Hat Ihre Mutter Sie mal in den Arm genommen? Fühlten Sie sich Ihrer Mutter nah?“ 2. Emotionale Bedürfnisse „Hat Ihre Mutter Sie getröstet, wenn Sie traurig waren? Hat sich Ihre Mutter für Sie interessiert?“ 3. Ausdruck negativer Gefühle „Konnten Sie bei Ihrer Mutter negative Gefühle zeigen? Wie ist sie damit umgegangen? 4. Umgang mit Misserfolgen „Wie hat Ihre Mutter reagiert, wenn Sie schlechte Noten hatten oder wenn Ihnen mal ein Missgeschick passiert ist? © 2014 Schön Klinik Seite 27 3. Grundtechniken von CBASP Praxis-Teil: Prägungen Live Demonstration Kleingruppenübung 2er oder 3er 1 Rolle als Klient 1 Rolle als Therapeut Evtl. 1 Beobachter Auftrag: Prägungen erarbeiten Zeit: 10-15min © 2014 Schön Klinik Seite 28 3. Grundtechniken von CBASP Übertragungshypothesen o Übertragung = Verschiebung von Einstellungen, Gefühlen, Wünschen, Ängsten und Verhaltensweisen, die sich in der Interaktion mit wichtigen Bezugspersonen in der Kindheit ausgebildet haben, auf andere Personen in der Gegenwart. Dysfunktionale interpersonelle Erwartungen o Therapeutische Fragestellungen: oWie überträgt der Patient seine bisherigen (destruktiven) BeziehungsErwartungen und Verhaltensmuster auf die Therapie? oWelche Befürchtungen hat er, wie in für ihn schwierigen/emotionalen Situationen der Therapeut reagieren könnte? oWelche emotionalen Brennpunkte (hot spots) können entstehen? oIn welchem Bereich wird der Patient wohl am ehesten vermeiden? © 2014 Schön Klinik Seite 29 3. Grundtechniken von CBASP Übertragungshypothesen o Zunächst überlegt der Therapeut/ das Team 1 bis 2 Übertragungshypothesen o Orientierung an dem, was markant ist bzw. am roten Faden, der sich durch die Prägungen zieht o Dann mit dem Patient gemeinsam erarbeiten. Übertragungshypothesen formulieren: Nähe/Vertrautheit: „Wenn ich meinem Therapeuten näher komme, dann....“ Fehler/Versagen: „ Wenn ich einen Fehler mache bei meinem Therapeuten, dann .....“ Emotionale Bedürftigkeit: „Wenn ich etwas von meinem Therapeuten brauche, dann....“ Negativer Affekt: „Wenn ich auf meinen Therapeuten ärgerlich bin, dann....“ © 2014 Schön Klinik Seite 30 3. Grundtechniken von CBASP Übertragungshypothesen Therapeut beantwortet sich die Frage: - Was ist das Wichtigste, was ich meinem Patienten (durch unsere Beziehung) für sein Leben mitgeben möchte? … über was er momentan nicht verfügt? - „What do you want to add to this persons´life?“ © 2014 Schön Klinik Seite 31 3. Grundtechniken von CBASP Beispiel Liste prägender Beziehungen Mutter: Ich darf keine Emotionen zeigen, weil ich dann abgelehnt und kritisiert werde. Vater: Ich bin alleine und muss mich durchkämpfen. Bruder: Ich kann mich nicht wehren und muss alles allein aushalten. Übertragungshypothesen: Wenn ich mich auf das Team/ die Therapie einlasse, wird man mir nicht helfen können und mich allein lassen. Wenn ich in der Therapie negative Emotionen zeige, dann werde ich vom Team abgelehnt. © 2014 Schön Klinik Seite 32 3. Grundtechniken von CBASP Kiesler Kreis o Beziehungsstil Art der Beziehungsgestaltung besser verstehen und verändern, um für eigene Ziele wirkungsvoller eintreten zu können. o Stimuluscharakter Methode um Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere Personen bewusst zu machen. Zu erkennen, was andere bei einem selbst auslösen, was wir selbst bei anderen auslösen und wie sich das wechselseitig bedingt. o Wirkung auf Andere: © 2014 Schön Klinik - emotional (z.B. Sympathie, Angst, Ärger) - kognitiv (z.B. „Der ist aber aggressiv.“) - behavioral (z.B. Rückzug, Annäherung, Konflikt) Seite 33 3. Grundtechniken von CBASP Nach D. J. Kiesler. © 2014 Schön Klinik Seite 34 3. Grundtechniken von CBASP Machen Sie einfach was ich sage und sie werden sich gut fühlen! Sie kriegen es eh nicht hin – jetzt übernehme ich die Verantwortung! Ich werde Sie beeindrucken! Ich finde sie blöd – bleiben Sie mir bloß vom Hals! Ich mag Sie gern und möchte Sie unterstützen! Sie sind ja wohl der Experte – also helfen sie mir gefälligst! Sie sind so toll – ich vertrau Ihnen total! Sie müssen für mich sorgen – ich mache einfach was sie sagen. Nach D. J. Kiesler. © 2014 Schön Klinik Seite 35 3. Grundtechniken von CBASP Kiesler Kreis Training o Spielerisches Erproben schwieriger interpersoneller Situationen in den acht verschiedenen Verhaltensvarianten des Kiesler Kreises o Einbezug von Körpersprache, Mimik und Gestik o Ziel: Erweiterung des Verhaltensrepertoires, mehr Flexibilität Empathie – Training o Vorspielen einer komplexen interpersonellen Situation durch Therapeuten o Befragung der Patienten durch den Moderator: Wie fühlen sich die Personen wohl im Moment? Wie wirken sie in Bezug auf den KK? Was passiert wohl als Nächstes? Wie hätte es besser laufen können? o Ziel: Empathie erlernen/verbessern (sich einfühlen, Verhalten lesen lernen) © 2014 Schön Klinik Seite 36 3. Grundtechniken von CBASP Situationsanalyse o Situationsanalysen machen ca. 75% der CBASP Therapie aus o Situationsanalysen beinhalten 2 Phasen: 1. Erhebungsphase („Worin besteht das Problem?“) 2. Lösungsphase („Wie kann man es lösen?“) o Durch Situationsanalysen lernen Patienten, was sie selbst dazu beitragen, dass sie in schwierigen sozialen Situationen nicht das erreichen und bekommen, was sie sich eigentlich wünschen. o Durch Lösungsanalysen lernen sie besser einzuschätzen, ob ihre Ziele realistisch und erreichbar sind und wie sie ihr Denken und Verhalten ändern können, damit sie ihre Ziele tatsächlich erreichen. © 2014 Schön Klinik Seite 37 3. Grundtechniken von CBASP Situationsanalyse - Ablauf Erhebungsphase: 1. Beschreibung (Beobachterperspektive, der Film von außen) 2. Interpretation (der innere Film, die Bedeutung der Situation) 3. Verhalten (Einordnung im Kiesler-Kreis) 4. Tatsächliches Ergebnis (Wie ging die Situation für Sie aus?) 5. Erwünschtes Ergebnis (Welchen Ausgang hätten Sie sich gewünscht?) 6. Vergleich des tatsächlichen mit dem erwünschten Ergebnis - Haben Sie erreicht was Sie wollten? - Wenn ja: Warum? Wenn nein: Warum nicht? © 2014 Schön Klinik Seite 38 3. Grundtechniken von CBASP Situationsanalyse - Ablauf Lösungsphase: 1. Revision ungeeigneter Interpretationen Ist die Interpretation in Bezug auf die Situation relevant und zutreffend? Hilft sie dabei, dass erwünschte Ergebnis zu erreichen? Formulierung einer hilfreichen Selbstinstruktion („Schlachtruf“) 2. Veränderung des Verhaltens Neue Verhaltensweisen erarbeiten und in Rollenspielen einüben Das neue Verhalten im Kiesler-Kreis einordnen 3. Zusammenfassung und Übertragung in den Alltag Was nehme ich aus der Übung mit? Wie kann ich das Gelernte im Alltag umsetzen? Sehr wichtig: Shaping (schrittweises Ausformen des neuen Verhaltens) Revision der Interpretation: „Sagen Sie es mit dem Gefühl, dass sie… / als ob Sie…!“ © 2014 Schön Klinik Seite 39 3. Grundtechniken von CBASP Maladaptive Interpretationen/ Denkmuster o Globale und damit unspezifische Interpretationen „Immer geht alles schief.“ o Vermeidende Interpretation, die von eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Situation unmöglich macht „Ich hätte einfach nicht anfangen dürfen, hier zu arbeiten.“ o Beschuldigung der eigenen Person „Ich habe versagt!“ o Gedankenlesen (man meint zu wissen, was der andere denkt) „Er mag mich nicht!“ o Ablehnung der eigene Person, sich selbst „schlecht machen“ „Es war dumm von mir, diesen Vorschlag zu machen.“ o Perfektionstische Interpretation „Das sollte ich besser hinkriegen.“ o Wunschdenken: Fantasien, die dazu beitragen, sich mit dem anstehenden Problem zu beschäftigen „Mein Chef sollte endlich anerkennen, was ich leiste.“ © 2014 Schön Klinik Seite 40 3. Grundtechniken von CBASP Was bei der Auswahl von SA zu beachten ist o Situation wählen, die nicht zu lange her ist o Situation wählen, die emotional hoch (aber nicht zu hoch!) besetzt ist o Situation sollte in das „Muster“ des Patienten passen; nichts exotisches wählen o Bei einem Konfliktthema keine Situation wählen, die einen Mitpatienten betrifft, der im Raum sitzt © 2014 Schön Klinik Seite 41 3. Grundtechniken von CBASP Bei Schwierigkeiten bezüglich der Rollenspiele… o Patient traut sich nicht Neues Verhalten in Teilschritte untergliedern! Es ist aber auch ok, wenn der Patient das Rollenspiel nicht machen möchte trotzdem für Öffnungsbereitschaft loben und für erreichte Ziele verstärken o Patient wertet Rollenspiel ab „Das ist als ob ich schauspielern würde/ mich verarschen würde“ „Das ist ganz normal. Neues Verhalten fühlt sich fremd und ungewohnt an. Beim Rollenspiel setzt man sich mit seinen Defiziten auseinander; man exponiert sich unangenehmen Gefühlen“. o Patient möchte sehr lange vorausgehende Konflikte etc. thematisieren klar eingrenzen „Wir möchten uns ganz gezielt eine Situation anschauen. Ich habe bereits verstanden, dass es eine lange schwierige Vorgeschichte mit XY gibt – bitte greifen Sie eine konkrete Situation heraus, damit wir eine Veränderung entwickeln können.“ o Es gibt viele Schuldzuweisungen und negative Bewertungen Kiesler Kreis beachten! Nur beschreiben, was von außen wahrgenommen wird! © 2014 Schön Klinik Seite 42 3. Grundtechniken von CBASP Interpersonelle Strategien o Interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) o Diszipliniertes persönliches Einlassen (DPI) © 2014 Schön Klinik Seite 43 3. Grundtechniken von CBASP Interpersonelle Diskriminationsübung o Proaktive Gegenüberstellung bei problematischer Übertragungssituation “hot spot” o Vorgehen: 1. Wie war es für Sie, dass … passiert ist? 2. Wie hätte ihre Mutter/ Vater etc. reagiert? 3. Wie habe ich reagiert? 4. Welche Unterschiede können Sie wahrnehmen? 5. Was bedeutet es für Sie, wenn ich anders reagiere als…? © 2014 Schön Klinik Seite 44 3. Grundtechniken von CBASP Beispiel: Patient weint zum ersten Mal seit vielen Jahren o Th: Wie habe ich auf Sie reagiert? o Pat: … mitfühlend, warm, verständnisvoll, tröstend o Th: Wie hat früher Ihre Mutter reagiert, wenn Sie geweint haben? o Pat: …kühl, hart, abweisend o Th: Was für Unterschiede bestehen zwischen mir und ihrer Mutter? o Pat: …ganz anders…sie trösten mich…zeigen Mitgefühl…bleiben bei mir… o Th: Was bedeutet es für Sie, wenn ich anders reagiere als Ihre Mutter früher? o Pat: …fühlt sich komisch … aber tut auch gut…wie früher bei meiner Oma…da kam ich mir geborgen vor… © 2014 Schön Klinik Seite 45 3. Grundtechniken von CBASP Praxis-Teil: IDÜ Live Demonstration Kleingruppenübung 2er oder 3er 1 Rolle als Klient 1 Rolle als Therapeut Evtl. 1 Beobachter Auftrag: eine der folgenden Alternativen durchgehen - Patient kommt zu spät und ist sehr ängstlich - Patient weint und schämt sich dafür - Patient hat HA nicht gemacht und ist ängstlich - Patient ist wütend und zögert die Wut auszudrücken Zeit: 10min © 2014 Schön Klinik Seite 46 3. Grundtechniken von CBASP Diszipliniertes persönliches Einlassen = Persönliche Beziehungsgestaltung durch umsichtige Selbstöffnung des Therapeuten o Diszipliniert = zuerst prüfen, ob eigene Prägungen aktiviert sind, wenn ja ggf. Supervision/Selbsterfahrung; wenn nein, überlegen, welche heilsame Beziehungserfahrung für den Patienten ermöglicht werden soll, dann Emotionen/Reaktionen diszipliniert mitteilen o Persönlich = authentische, ehrliche, persönliche Gefühle und Reaktionen o Involvement (Einlassen) = Bereitschaft, sich auf den Patienten persönlich einzulassen bei Wahrung der therapeutischen und ethischen Grenzen © 2014 Schön Klinik Seite 47 3. Grundtechniken von CBASP Diszipliniertes persönliches Einlassen oVoraussetzungen für Therapeuten: - Kenntnisse der Prägungen und der Übertragungshypothesen des Patienten - Haltung: „Grundsätzlich mag ich den Patienten, weil ich aufgrund seiner Prägungen auch schwierige Verhaltensweisen einordnen kann.“ - V.a. Bei negativer Reaktion: Vorher Aufbau einer „relativ“ tragfähigen Beziehung o Einsatz v.a. bei - emotionalen Situationen mit hot-spot Charakter (vgl. Prägungen und Übertragungshypothesen) -therapieschädigendem Verhalten (auch: Suizidalität) © 2014 Schön Klinik Seite 48 3. Grundtechniken von CBASP Diszipliniertes persönliches Einlassen Wichtiger Aspekt der CBASP Therapeutenrolle! 1. Modelllernen: Der Patient kann lernen mit anderen Menschen empathisch umzugehen, da der Therapeut selbst bereit ist, persönliche Gefühle und Reaktionen preiszugeben. 2. Diskriminationslernen: Durch die persönliche Reaktionen des Therapeuten kann der Patient lernen die Qualität der Beziehung mit früheren dysfunktionalen Beziehungen zu vergleichen und Gegensätze herzustellen. 3. Lernen durch Rückmeldung: Durch die persönliche Reaktion des Therapeuten kann der Patient lernen, dass eigenes Verhalten Auswirkungen auf das Gegenüber hat (z.B. dass feindseliges oder destruktives Verhalten andere Menschen verletzen kann) © 2014 Schön Klinik Seite 49 3. Grundtechniken von CBASP Überblick Patient Umwelt Frühe traumatisierende Erarbeiten von Prägungen Beziehungserfahrungen und Bewusstmachen Ausbildung von Prägungen und maladaptivem Verhalten Heutige zwischenmenschliche Probleme und Konflikte © 2014 Schön Klinik Mauer von Übertragungen Diszipliniertes persönliches Einlassen und interpersonelle Diskriminationsübung Durch Situationsanalysen depressives Denken und Verhalten verändern Seite 50 3. Grundtechniken von CBASP Was noch zu bedenken ist… o Soziale Integration des Patienten (auf Station)? oTagesstruktur/ Erledigung alltäglicher Aufgaben möglich? o Welche Symptome müssen noch mit behandelt werden? o Funktion der chronische Depression? Auch systemische Überlegungen! Paargespräch/ Angehörigen- oder Familiengespräch? Fremdanamnese? o Pharmakotherapie? Laut S3-Leitlinien Standard! o Rückfallprophylaxe: Wohin geht der Patient zurück? Wohnung? Finanzielle Angelegenheiten? Soziales Netz? Arbeitsplatz? Tagesstruktur? o Ambulante Weiterbehandlung? © 2014 Schön Klinik Seite 51 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept © 2014 Schön Klinik Seite 52 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept o Schön Klinik Roseneck 8 Behandlungsplätze o Behandlungsteam bestehend aus psychologischen Psychotherapeuten, Assistenzärzten, Cotherapeuten und einem Oberarzt o CBASP sowohl in der Einzeltherapie als auch in der Gruppentherapie und spezifische cotherapeutische Angebote o Angestrebte Behandlungsdauer: 8 Wochen o CBASP-Teambesprechung o Ständige CBASP-spezifische Supervision des Teams © 2014 Schön Klinik Seite 53 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept CBASP Teambesprechung 1. Vorstellung neuer Patienten: Prägungen, Übertragungshypothesen, Therapieziele 2. Bericht aus der Einzeltherapie: Wo steht der Patient? 3. Bericht aus der Gruppentherapie: Welcher Patient hat Thema gemacht? Wie wirken einzelne Patienten in der Gruppe? Kohäsion und Zusammenarbeit? © 2014 Schön Klinik Seite 54 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept CBASP Zeitlicher Rahmen Diagnostik und Klärung der Therapiewünsche Gespräch zu Biographie 2 Wochen Vorstellen des Patienten im Team Erarbeitung der eigenen Prägungen und Beziehungserwartung Festlegung der Therapieziele Situationsanalysen in der Einzel- und Gruppentherapie Hauptbestandteil: 2-4 Wochen Regelmäßige Besprechung im Team und Reflexion Kiesler Kreis (KK) Interpersonelle Diskriminationsübungen (IDÜ) Kontingente persönliche Responsivität (CPR) Entlassplanung mit Transfer in den Alltag Rückfallprophylaxe erarbeiten © 2014 Schön Klinik 2 Wochen Seite 55 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept Fragebogen Childhood Trauma Questionnaire (CTQ) Nach Bernstein & Fink (1998). © 2014 Schön Klinik Seite 56 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept Fragebogen für interpersonale Eindrücke (IMI-R) Wenn ich mit ihr zusammen bin, habe ich das Gefühl… 1. ich möchte Distanz zu ihr wahren 1 2 3 4 2. sie gibt häufig den Ton an 1 2 3 4 3. dass sie sich vor Verantwortung drückt 1 2 3 4 4. dass sie mich braucht 1 2 3 4 5. sie sagt mir öfters etwas freundliches 1 2 3 4 6. sie macht mich häufig ärgerlich 1 2 3 4 7. sie gibt lieber nach, als ihren eigenen Standpunkt zu vertreten 1 2 3 4 8. dass sie mich gerne mag 1 2 3 4 9. sie versucht manchmal, mich zu bevormunden 1 2 3 4 10. sie wirkt sehr selbstsicher auf mich 1 2 3 4 Caspar, F., (2002). IMI-R. In E. Brähler, J. Schumacher und B. Straß (Hrsg.), Diagnostische Verfahren in der Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe. © 2014 Schön Klinik Seite 57 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept Zusammenspiel Therapeut und Patient CBASP Einzel- & Gruppentherapie Meine Aufgaben Diagnostik und Klärung der Therapiewünsche CBASP –Einführungsinformationen Gespräch zu Biographie Lebenslinie für die Einzeltherapie Erarbeitung der eigenen Prägungen und Beziehungserwartung Arbeitsblatt zu Prägungen und Beziehungserwartung Festlegung der Therapieziele Arbeitsblatt mit Therapiezielen bearbeiten Situationsanalysen in der Einzel- und Situationsanalysen erstellen Gruppentherapie Hauptbestandteil !!! Kiesler Kreis (KK) Interpersonelle Diskriminationsübungen (IDÜ) Kontingente persönliche Responsivität (CPR) Entlassplanung mit Transfer in den Alltag amb. Therapieplatz Konkrete Ziele für die Zeit nach der Entlassung Rückfallprophylaxe erarbeiten © 2014 Schön Klinik Arbeitsblätter Seite 58 4. CBASP als stationäres multidisziplinäres Konzept Arbeitsblätter für Patienten Informationen zu CBASP Therapieablauf Therapieziele übergeordnet Therapieziele für die Gruppe Liste prägender Bezugspersonen und Beziehungserwartungen Kiesler Kreismodell Anleitung zur Situationsanalyse Mini-Situationsanalyse für die Gruppe Mutmacher/ Schlachtrufe Rückfallprophylaxe © 2014 Schön Klinik Seite 59 5. CBASP in der Gruppe © 2014 Schön Klinik Seite 60 5. CBASP in der Gruppe Allgemeine Wirkfaktoren gruppentherapeutischer Prozesse nach Yalom & Leszcz (2005): o Gemeinschaftsgefühl schaffen o Hilfsbedürfnis aktivieren o Hoffnung erwecken o Informationen teilen o Gruppenkohäsion erleben o Nachahmungsverhalten anregen o Selbstverständnis vertiefen o Interpersonelles Lernen entwickeln o Katarsis nutzen © 2014 Schön Klinik Seite 61 5. CBASP in der Gruppe o CBASP in der Gruppe ist sowohl im stationären als auch im ambulanten Setting möglich o Ambulante CBASP-Gruppe: - 1 CBASP-Therapeut und möglichst ein geschulter Cotherapeut/Coleiter - 4-8 chronisch depressive Patienten - geschlossenes Gruppensetting, wöchentlich mit 100 min. und 12 bis ca. 30 Sitzungen - Einzelvorgespräche zur Erhebung diagnostischer Informationen, der Durchführung von Psychoedukation, Erarbeitung der „Liste prägender Bezugspersonen“ und Übertragungshypothese - Einzelsitzungen sind zusätzlich möglich Schramm, Brakemeier & Fangmeier „CBASP in der Gruppe, Das Kurzmanual“ 2012 © 2014 Schön Klinik Seite 62 5. CBASP in der Gruppe Praktische Umsetzung im Gruppensetting Ablauf der Gruppentherapie: 1. Gruppenregeln: Wie wollen wir hier miteinander umgehen? 2. Blitzlicht/ Eingangsrunde mit Erarbeitung der Lernziele: Wie kommen Sie heute in die Gruppe? Was ist ihr Ziel für die Sitzung jetzt? 3. Durchführung einer Mini-SA 4. Abschlussrunde: Mit welchem Gefühl gehen Sie raus? Was nehmen Sie für sich mit? Haben Sie ihr Ziel erreicht? © 2014 Schön Klinik Seite 63 5. CBASP in der Gruppe Praktische Umsetzung im Gruppensetting Mini-SA in der Gruppe: 1. Beschreibung der Situation mit Endpunkt: Wie geht die Situation mit meinem Verhalten zu Ende? 2. Erwünschtes Ergebnis 3. Rollenspiel und Shaping: Wie muss ich mein Verhalten verändern um mein erwünschtes Ergebnis zu erreichen? Übertragungshypothese in Bezug auf die Patientengruppe: - Soziale Interaktionen, z.T. emotionale Hot Spots - Neue Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten - Sensibilisierung für Konflikte © 2014 Schön Klinik Seite 64 5. CBASP in der Gruppe Praxis-Teil: Mini-SA in der Gruppentherapie Live Demonstration Zeit: 15min © 2014 Schön Klinik Seite 65 6. Offene Fragen und Diskussion © 2014 Schön Klinik Seite 66