Cognitive- Behavioral Analysis System of Psychotherapy CBASP nach P. James McCullough Jr. Seminar Affektive Störungen II geleitet von Dr. Matthias Backenstraß Sommersemester 2005 Referat von Ute Schickhardt 1 Gliederung I. Einleitung II. Chronische Depression III. Beschreibung des CBASP IV. Empirie V. Fallbeispiel (e) VI. Kritik / Forschungsfragen 2 I. Einleitung Entstehung des CBASP: Allgemeiner und persönlicher Hintergrund McCulloughs Forschungsinteresse seit vielen Jahren: chronische Depression (dysthymische, Double und chronische MDD) Er litt als junger Erwachsener selbst unter einer dysthymischen Störung begleitet von Episoden milderer Form von MDD Praktische Erfahrung speziell mit chronisch depress. Patienten Er betont immer wieder, dass chronisch depressive P. sich nicht vergleichen lassen mit Patienten mit akuter/episodischer MDD! Ausgangpunkt des CBASP: Verständnis der psychopatholog Muster der Chronischen Depression! CBASP = einzige Therapieform für Chronisch Depressive 3 Mauer aus Granit Einen chronisch depressiven Erwachsenen zu behandeln - das Aufbrechen des festen Panzers um Kognition, Emotion und Verhalten, denn das ist die Krankheit - gleicht dem Versuch, mit einem 10-Pfund-Vorschlaghammer eine Granitmauer zu durchbrechen. Man schlägt immer wieder auf die gleiche Stelle der Wand, mit wenig oder gar keiner Wirkung, und dann, fast unmerklich, erscheint ein dünner Haarriss. Unter fortgesetztem Schlagen wird der Riss breiter, bis die Wand schließlich bricht und 4 einstürzt. II. Chronische Depression 1 Definition und Ätiologie nach DSM IV 2 Psychopathologische Muster chronisch Depressiver 3 Parallelen zwischen chronisch Depressiven und präoperationalen Kindern 4 zur Biologie der chronischen Depression 5 1 Definition und Ätiologie nach DSM IV Chronische MDD: alle Kriterien für eine MDD treffen seit mindestens 2 Jahren zu Dysthymia: charakterisiert durch chronisch depressive Stimmung seit mindestens 2 Jahren, nicht an aber an der überwiegenden Mehrzahl der Tage, mit weniger schweren Symptomen als bei der MDD Double Depression: Zustand, in dem eine Person an einer episodischen MDD leidet u n d auch an einer chronischen Minor Depression / Dysthymia, die vor Eintreten der MDD seit mindestens 2 Jahren bestand. Î Komplexe Unterscheidungen, die sich auf kriteriale + Unterschiede im Verlauf beziehen (Einschluss von Genesungszeiten und Rückfallquoten). 6 Definition und Ätiologie – Collaborative Depression Study (CDS) (aus: Keller & Hanks) CDS (seit 1974 / 431 P.): konsistenter Befund bei allen follow-up-Untersuchungen, dass signifikant hoher %-Satz von Patienten chronisch krank bleibt ÅÆ im Gegensatz zu verbreiteter Annahme, dass Patienten sich vollständig von akuten depressiven Episoden erholen. - fast 70% nach 1 Jahr von MDD-Episode geheilt - 7% der Patienten waren nach 8 Jahren noch nicht gesund 7 CBASP-Diagnose – 1. Sitzung 1. SKID (Mood Disorder-Abschnitt nochmals am Behandlungs-Ende) 2. BDI-II von Beck (in jeder Sitzung) 3. Rotter Internal-External Locus of Control Scale (nochmals in der 9. und der letzten Sitzung) 4. Ways of Coping Questionnaire-Research Edition von Folkman & Lazarus (nochmals in der 9. und der letzten Sitzung) 5. Therapeut lässt sich vom Patienten „seine/ihre Geschichte“ erzählen (Beschreibung, warum sie zur Therapie kommen) 6. Der Therapeut erklärt dem Patienten die Bedeutung der „Significant Other History“ 8 CBASP-Diagnose chronisch depressiver Erwachsener anhand der klinischen Verlaufskurve Zum 1. Mal in der Geschichte der DSMs illustriert das DSM-IV den klinischen Verlauf unipolarere Stimmungs-Störungen in grafischer Weise. Dies geht zurück auf Anregung des DSM-IV Komitees zu Feldversuchen über MDD, Dysthymia und Minor Depression (Keller et al., 1995): Æ Erkenntnis, dass eine genaue Diagnose von der korrekten Identifikation des Verlaufs der unipolaren Störung abhängt. 9 CBASP-Diagnose – Depression Timeline Worksheet Akute/episodische Depressionen von chronischen zu unterscheiden + eine genaue Diagnose der chronischen Depression führt häufig zu einer effektiveren Behandlung. Æ wenn P. sich länger als 6 Monate so fühlt wie beim Erstgespräch Î Anwendung des Depression Timelife Worksheet, um klinischen Verlauf festzustellen (für die letzten 2 Jahre und länger) 10 2 Psychopathologische Muster chronisch Depressiver CBASP-Hypothese: Chronische Depression ist eine Entwicklungsstörung - im sozialen interpersonalen Bereich denken, sprechen und Verhalten sich die P. wie 4 –6-jährige Kinder Î Zustand der Inkohärenz (keine Verbindung/Kontakt mit der Außenwelt) - Piagets Konstrukt des „Präoperationalen Denkens“ beschreibt sehr gut diese einfachen Denkstrukturen und Sprachmuster Æ das Individuum differenziert nicht zw. sich und der Welt, sondern ist gefangen in seiner Weltsicht 11 Psychopathologische Muster – Typische Weltsicht eines chronisch Depressiven - P. ist in seiner negativen / destruktiven Weltsicht gefangen - P. sieht immer nur den gegenwärtigen Moment (Blick wie eine Art „Schnappschuss“), der als Wiederholung einer negativen Vergangenheit und Prädiktor für eine ähnliche Zukunft betrachtet wird. 12 3 Parallelen zwischen chronisch Depressiven und präoperationalen Kindern Æ Denken in prälogischer und präkausaler Weise = von Prämisse zu Konklusion ohne Prüfung der Prämisse/Hypothese Æ Verhalten bleibt unbeeinflusst von logischem Nachdenken oder realitätsgestütztem Feedback = logische Begründungen werden ignoriert 13 Parallelen... Æ Pervasive Exzentrizität ÆSprache wird in der Art eines Monologs benutzt ÆUnfähigkeit zu echter Empathie Æemotionale Deregulation 14 4 zur Biologie der chronischen Depression Warum verhalten sich Erwachsene wie präoperationale Kinder? Æ Piagets Theorie der kognitiv-affektiven Entwicklung bietet die beiden ätiologischen Quellen zur Beschreibung früher und später Entwicklung der Chronischen Depression: Entwicklungsverzögerung durch „Reizdeprivation“ 15 Früher Ausbruch (=< 20 Jahre) - häufig sind es sehr schwerwiegende äußere Bedingungen (Traumata), die eine normale kongnitiv-emotionale Entwicklung unterbrechen bzw. verzögern („marasmus-Kinder“); - bei entsprechender Problematik in der Umwelt des heranwachsenden Kindes (Missbrauch in allen Formen) gerät seine emotional-kognitive Reifung aus der Bahn: normale Entwicklung wird verhindert, Energie und Verhalten auf das Überleben („surviving the hell of family“) gerichtet, nicht auf das Wachstum. 16 Später Ausbruch (>= 21 Jahre) Später Ausbruch heißt, bis zu best. Zeitpunkt gab es normale, funktionierende Entwicklung, aber die differenzierte, für das Individuum typische Weltsicht wurde durch „erhöhte Emotionalität“ (eine nicht geheilte MDD) zerstört. Untersuchung zeigte: 22% spät erkrankter P. wurden nach ihrer ersten Episode einer MDD (meist im Alter von etwa 25 Jahren) nicht wieder ganz gesund Æ ihre episodische Störung nimmt chronischen Verlauf Æ „Abgleiten“ in die präoperationale Weltsicht 17 III. Beschreibung des CBASP 1 Theoretischer Hintergrund 2 Prinzipien der Behandlung chronisch depressiver Patienten 3 Zeitlicher Ablauf des CBASP 4 Die 3 Techniken des CBASP 4.1 Situational Analysis (SA) 4.2 Interpersonal Discrimination Exercise (IDE) 18 1 Theoretischer Hintergrund Seligmans Konzept der erlernten Hilflosigkeit Skinners Erkenntnisse zur Bedeutung des operanten Lernens Banduras Soziale Lerntheorie Becks Behandlungs-Manual „Cognitive Therapy“ Kieslers Interpersonelle Psychotherapie Piagets Theorie der kognitiv-emotionalen Entwicklung Î CBASP = integriert Elemente der Verhaltens-, Kognitions-, Interpersoneller- und psychodynamischer Psychotherapie 19 2 Prinzipien der Behandlung Chronisch Depressiver ÆZu Beginn der Behandlung P. in seiner Wahrnehmung unverbunden mit seiner Umwelt Î P. muss lernen, spezifische Konsequenzen seines Verhaltens zu erkennen ÆP. spricht über seine Probleme in globaler Weise Î P. muss lernen, Aufmerksamkeit auf eine spezifische Situation zu fokussieren und das fokussierte Problem zu lösen ÆP. sind nicht motiviert, ihr Verhalten zu ändern Î Geheimnis der Motivation liegt darin, dem P. zu zeigen, dass er sein Leiden selbst erzeugt und aufrecht erhält Î Th. schafft in den Sitzungen Situationen negativer Verstärkung 20 Prinzipien der Behandlung... ÆInterpersonelle Distanz und offene / versteckte Feindseligkeit des P. Î Th. muss auf eigene Reaktion achten ÆInterpersonelle Unterwürfigkeit des P. Î Th. sollte darauf nicht mit Dominanz / Übernahme der Verantwortung reagieren ÆEinfluss verletzender Erinnerung auf Beziehung zum Th. Î Th. begegnet dem P. mit diszipliniertem persönlichem Involvement (Selbstöffnung) und schafft neue interpersonelle Realitäten ÆGravierende Defizite in den Verhaltensweisen Î P. lernt über Verhaltenstraining angemessene Verhaltensweisen 21 3 Zeitlicher Ablauf des CBASP ÆAkut-Phase der Behandlung: 12 Wochen, 16 – 20 Sitzungen: 1. Monat 2 x wöchentlich, 2. Monat 1 –2 x wöchentlich, 3. Monat 1 x wöchentlich. ÆFolge-Behandlung: 16 Wochen, 6 Sitzungen: 1. + 2. Monat alle 2 Wochen 1 Sitzung, 3. + 4. Monat 1 Sitzung pro Monat. ÆDauer-Behandlung: 52 Wochen, 13 Sitzungen: alle 4 Wochen 1 Sitzung. Î Behandlungszeit gesamt: ca. 1 ½ Jahre mit 35 – 39 Sitzungen 22 4 Die 3 Techniken des CBASP Situational Analysis (SA) „Herzstück“ der CBASP Interpersonal Discrimination Exercise (IDE) Behavioral Skill Training Rehearsal Technique McCullough empfiehlt für die Aufteilung einer Stunde 75% SA, 15% DIE, 10% BSTR 23 4.1 Situational Analysis (SA) SA ist eine Übung, in der in mehreren Schritten gelernt werden soll, soziale Probleme zu lösen: 1.Präoperationales Denken überwinden 2. Unangemessenes Verhalten charakterisieren und verändern 3. Erkennen der Konsequenzen des eigenen Verhaltens Ablauf der SA in zwei Pasen: Teil 1: Elicitation Phase Teil 2: Remediation Phase 24 SA und Coping Style Questionnaire (CSQ) P. soll eine problematische Situation beschreiben Æ Vorgehen genau strukturiert -> Durchführung anhand versch. Fragen des CSQ nach der 2. Sitzung, dann zu jeder Therapiesitzung vorzubereiten (= Hausaufgabe) Zentrale Elemente des CSQ: Æ tatsächliche Ergebnis (actual outcome) – die Konsequenzen des Verhaltens! Æ gewünschtes Ergebnis (desired outcome) 25 Elicitation Phase - Konstruktion einer Situationsbeschreibung (1) ÎBeschreibung: P. lernt, ein Ereignis in einer Situation objektiv, kurz und mit Anfangs- u. Endpunkt zu beschreiben. ÎInterpretation: P. lernt, relevante (in der Situation verankert) und genaue (nicht global!) Interpretationen zu bilden - ohne Hilfe des Th.! = Funktionale Art der Interpretation: Führt zu direkten äußeren Konsequenzen Æ AO. ÎVerhalten: P. lernt, die relevanten Aspekte seines Verhaltens zu erkennen, die zum Erreichen des DO führen 26 Elicitation Phase - Konstruktion einer Situationsbeschreibung (2) Îactual outcome: P. lernt, das AO in e i n e m Satz auszudrücken, indem er ein Verhalten beschreibt, nicht etwa Emotionen Îdesired outcome: P. lernt, e i n durch Verhalten definiertes DO pro SA zu formulieren, das realistisch und erreichbar ist. ÎVergleich AO und DO: P. lernt, durch die erkennbare Diskrepanz, die Wirksamkeit des eigenen Verhaltens in einer Situation zu bewerten, indem er AO und DO vergleicht 27 Remediation Phase - Ziel Ziel dieser 2. Phase der SA ist die Reparatur von Situationen, in denen AO # DO Fehler im kognitiven und Verhaltensbereich, die das Erreichen des DO ausschließen, werden korrigiert Î oft fühlen sich P. sehr erleichtert, wenn sie wissen w i e sie ihr DO erreichen können: 28 Remediation Phase - Wirkungsbereiche Die Korrektur interpersoneller Schwierigkeiten wirkt versch. Bereiche: a) Es wird gezeigt, dass Verhalten vorhersehbare Konsequenzen hat. b) Es wird sich nichts ändern, solange der P. sein Verhalten nicht ändert. c) Erfassung der spezifischen Kognitionen und Verhaltensweisen, die geändert werden müssen, wenn Do erreicht werden soll. d) Es wird das in den Sitzungen Gelernte in den Lebensalltag des P. übernommen. 29 Remediation – Interpersoneller Kommunikationsstil Warum ein Trainingsplan für die Verhaltens-Skills? Manchmal vereitelt nicht was die P. m a c h e n den gewünschten Erfolg, sondern die Art und Weise wie sie es machen. Menschen haben verschiedene interpersonelle Stile um miteinander zu kommunizieren. Jeder Stil hat für die anderen einen „stimulus value“ (-Bedeutung). Chronisch Depressive rufen durch ihr Verhalten eher negativ-ablehnende Reaktionen bei anderen Menschen hervor. 30 Impact Message Inventory (IMI) (Kiesler & Schmidt, 1993) Kiesler beschreibt die natürlichen Verhaltenstendenzen, die P. durch ihr Verhalten - verdeckt oder offen - beim Therapeuten hervorrufen als komplementäre Reaktionstendenzen. komplementäre Reaktionen des Th. sind: -P. unterwürfig Æ Th. dominant (macht die Arbeit für den P.) -P. feindselig Æ Th. Ablehnung oder verbale Feindseligkeit 31 Diszipliniertes persönliches Involvement Chronisch depressive P. profitieren von Th., die bereit sind, sich persönlich einzubringen Diszipliniertes persönliches Involvement = starkes Hilfsmittel zur Veränderung des P.-Verhaltens Bei seinem Verhalten lässt sich der Th. von zwei Informationsquellen leiten: 1. Impact Message Inventory (IMI) 2. Interpersonelle Transfer-Hypothesen 32 Impact Message Inventory IMI nach Donald Kiesler 33 Kieslers Interpersonal Circle Chronisch depressive P. erreichen hohe Werte in vier Oktanten: 1. submissiv (Hilflosigkeit) 2. feindselig-submissiv (ängstlichnervös/distanziert) 3. feindselig (offener Angriff) 4. freundlich-submissiv (schmeichlerisch, unterwürfig) 34 Diszipliniertes a-komplementäres Verhalten Diszipliniertes persönliches Involvement heißt, der Th. widersteht den Wirkungen des P.-Verhaltens und zeigt ein akomplementäres Verhalten: P. feindselig Æ Th. reagiert freundlich und ermutigend P. submissiv Æ Th. reagiert submissiv nicht dominant Î Th. reagiert nicht auf komplementäre Weise auf den P. = mismatch Î bewirkt beim P. momentanes Unbehagen 35 4.2 Interpersonal Discrimination Exercise (IDE) IDE – Technik des Disziplinierten persönlichen Involvements Interpersonal Discrimination Exercise (IDE) besteht aus folgenden Teilen: Æ Konstruktion der Significant Other History durch den P. Æ Ableitung und Konstruktion der Transfer-Hypothesen Æ Anwendung der IDE 36 IDE – Significant Other History (SOH) Chronisch depressive P. übertragen sehr häufig ihre negativen Erwartungen auf die th. Beziehung Î wenn die Behandlung erfolgreich sein soll, m ü s s e n die negativen Erwartungen und Verhaltensweisen überwunden werden! Basis: significant other history in der 2. Sitzung (P. wird aufgefordert, Personen zu nennen, die seiner Meinung anch auf den Verlauf seines Lebens Einfluss hatten Æ kausale Hypothesen über die für seine Entwicklung wichtigen Anderen und deren Einfluss Ziele: 1. Der präoperationale P. soll beginnen, kausal über sein Leben nachzudenken (i. S. von „wenn dies... dann das“). 2. Aus den (kausalen) Informationen des P. leitet der Th. seine Transfer-Hypothesen ab. 37 Durchführung der IDE Der Th. wendet die Interpersonellen Transfer-Hypothesen in speziellen „hot spot“ Situationen an - dabei Einhaltung einer best. Vorgehensweise (6 Schritte). Î P. lernt, - zw. der Beziehung zum Th. und den Beziehungen zu destruktiven wichtigen Anderen (significant others) zu unterscheiden, - die destruktive interpersonelle Vergangenheit in korrekte emotionale Erfahrungen zu überführen 38 IV. Empirie 1 Beschreibung der Studie von Keller et al., 2000 2 Ergebnisse der Studie in Bezug auf CBASP 39 1 Beschreibung der Studie von Keller et al., 2000 Große nationale Studie in 12 Studienzentren über 19 Monate von Keller et al. 2000 durchgeführt - die größte Untersuchung zur psychotherapeutischen und medikamentösen Akut- und Langzeitbehandlung chronischer Formen der Depression, die je durchgeführt wurde - Bietet die einzigartige Gelegenheit zur Bewertung der Wirksamkeit von Langzeitbehandlungen bei einer großen Gruppe chronisch depressiver ambulanter Patienten Æ Der Großteil der 681 ambulanten Patienten war seit mehr als 20 Jahren depressiv! 40 Ausgangspunkt -Effektivität von Dauer-Pharmako-Behandlung zur Prävention einer Wiedererkrankung an MDD ist gut dokumentiert -Aber: nur sehr wenige Studien zur Effektivität der Dauerbehandlung mit Psychotherapie -zunehmenden Kenntnis darüber, dass Depression eine wiederkehrende oder chronische Störung ist Î Notwendigkeit von Folge- und Dauer-Behandlungen um Rückfallrisiko zu vermeiden 41 Teilnahme - Kriterien Bei Eingang in die Studie erfüllten alle Patienten die DSM-IVKriterien einer chronischen MDD, einer MDD bei gleichzeitig schon vorher existierender Dysthymia oder einer Wiedererkrankung an MDD, die nur teilremittiert und seit mindestens 2 Jahren vorhanden gewesen sein muss. Alter der P. zw. 18 und 75 Jahren, Baseline-Score von mind. 20 auf HRSD-24, vor Behandlungsbeginn 2 Wochen ohne Medikamente (drug-free). 42 Hauptergebnisse Daten zeigten drei Hauptergebnisse: 1.In der Behandlung chronisch depressiver Erwachsener war das Kombinations-Treatment signifikant wirkungsvoller als die Monotherapie = additiver Effekt zu Pharmakotherapie! Î sollte Behandlung der Wahl sein. 2.Patienten, deren Zustand sich nach 12 Wochen AkutBehandlung gebessert hatte, verbesserten sich noch weiter, wenn sie danach noch 4 Monate bei der gleichen Behandlungsweise blieben 3.Möglichkeit, die Wiedererkrankungs-Raten von randomisiert zugeteilten Patienten zu untersuchen, die für die Dauer von 12 Monaten nur mit CBASP behandelt wurden43 Design der Studie Phase 1 + 2 4 Phasen 1. Akute Phase: Patienten werden randomisiert auf 12wöchige Behandlung a) CBASP N=228 (Responder 48%, N=89) b) Nefazodon, atyp.Antidepressivum N=226 (Responder 48%, N=153) c) Kombination Nefazodon + CBASP (Responder 73%) 2. Crossover Phase / 12-wöchig: Non-Responder aus a) N=139 und b) N=73 werden überkreuzt auf die je andere Therapieform zugeteilt. 44 Design der Studie Phase 3 + 4 3. Folgebehandlungs-Phase 16-wöchig Responder aus a) und b) und c) und aÆb) bzw. bÆa) Beibehaltung der Behandlungsform, auf die respondiert wurde. 4. Dauerbehandlungs-Phase 52-wöchig, für die Responder aus Phase 3, Aufteilung auf 2 Th.Arme: (1) Pharmako-Arm Patienten aus Phase 3 mit Nefazodon-Monotherapie oder Kombinations-Therapie Æ randomisiert auf nur-Nefazodon- oder nur-Placebo-Gruppe (2) Psychotherapie-Arm Patienten aus Phase 3 mit CBASP-Monotherapie Æ randomisiert auf CBASP- oder nur-Assessment-Gruppe 45 2 Ergebnisse der Studie in Bezug auf CBASP ÆNur (2) Psychotherapie-Arm der Studie von Keller et al. = 3. Studie zur Psychotherapie der Depression, 1. Studie dazu mit anderem als IPT-Ansatz und die 1. Studie überhaupt zur Effektivität von Dauerbehandlung chron. Formen der MDD mit Psychotherapie Teilnehmer: Responder aus a) und bÆa) erreichten Phase 4 (N=82) Æ randomisiert auf CBASP- (N=42) oder Assessmentonly (N=40) Gruppe 46 Messungen 1. Zur Anfangsdiagnose modifiziertes SCID 2. Zu Beginn jeder Phase die HRSD-24 3. Selbsteinschätzung über IDS-SR-30 (Inventar Depress. Sympt. Self-Report, 30 Items) Æ 2 + 3 während der Dauer-Behandlungs-Phase alle 4 Wochen 4. Definition der Wiedererkrankung als HRSD-24 Score von >= 16 an zwei aufeinander folgenden Sitzungen + Einschätzung durch unabhäng. Evaluator 5. In der akuten, der crossover und der FolgebehandlungsPhase wurde Respons definiert als Reduktion der BaselineWerte zu Beginn der Akut-Phase um mindest.50% und ein totaler Punktwert von 15 oder weniger auf der HRSD-24 47 Ergebnisse – keine Unterschiede 1. Kein statistisch signifikanter Unterschied beim Vergleich soziodemographischer Daten zw. 82 P. des PsychotherapieArms der Dauer-Behandlungs-Studie mit den anderen 599 Studienteilnehmern 2. Vergleich der 42 P. in der randomisierten CBASP-Gruppe mit den 40 P. der assessment-only-Gruppe ergaben ledigl. Unterschiede bezügl. Geschlecht: signifikant mehr Frauen in CBASP-Bedingung; keine Unterschiede in Basiswerten der HRSD; drop-outs vor Ablauf der 12 Monate: 23,8 % (=10 P.) in CBASP und 27,5 % (=11 P.) bei assessment-only. 3. Wiedererkrankung: kein Unterschied zw. P. aus der crossover-Bedingung und P., die von Anfang bei CBASP. 48 Ergebnisse - Unterschiede 4. Depressive Symptome: Æ signifikante Effekte in Richtung auf eine positive Veränderung bei CBASP-Bedingung: a) HRSD-24 linearer Interaktionseffekt Treatment x Zeit b) IDS-SR-30 ebenfalls linearer Interaktionseffekt Treatment x Zeit 5. Wiedererkrankungsrate bei CBASP 10,7% bei assessment-only 32,0% 6. Schützender Effekt der CBASP-Behandlung scheint sich nach 5-6 Monaten einzustellen 7. vom langfristig-prophylaktischen Effekt der CBASP scheint auch die assessment-only-Gruppe zu profitieren (im 49 Vergleich zu Placebo-Gruppe des Pharmako-Arms) V. Kritik bzw. zukünftige Forschungsfragen Ergebnisse stimmen überein mit anderen ähnlichen Studien: ÆCT-Folgebehandlung verbunden mit signifikant niedrigerer Rückfall-Wahrscheinlichkeit ÆIPT-Dauerbehandlung verbunden mit signifikant niedrigerer Wiedererkrankungs-Wahrscheinlichkeit ...im Vergleich, zu assessment- oder placebo-only-Bedingung. Î Dieser Befund nun auch für CBASP-Dauer-Behandlung bei Chronischen Formen der MDD 50 Weitere Forschung zu... -welches sind die wirksamen Bestandteile des CBASP, die zu Veränderungen führen? -Vergleich mit Kognitiver Therapie (CT) und Interpersoneller Therapie (IPT) zur Bestimmung des jeweiligen Effektivität bei Chronisch depressiven Patienten -Untersuchung der Effektivität des CBASP bei anderen psychischen Störungen (z. B. nicht effektiv bei schwerer Borderline) -CBASP-Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit langfristiger Behandlung chronisch Depressiver Î McCullough überzeugt davon, dass man sich bei prospektivem Vergleich der Ergebnisse von kurzzeitigen und langfristigen Behandlungen mehr und mehr weg von kosteneffektiven Prioritäten hinbewegen wird zu einer Position des Heilens und Wohlbefindens der Patienten. 51 Literatur DiSalvo, C.A., McCullough, J.P. (2002). Treating a Chronically Depressed Adolescent Female Using the Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy: Journal of Contemporary Psychotherapy, 32 (4), 273-280. Keller, M.B., Hanks, D.L. (1995).Course and Natural History of Chronic Depression. In: Kocsis, J.H., Klein, D.N., (Hrsg.), Diagnosis and Treatment of Chronic Depression. Guilford Press, New York. Klein, D.N., Santiago, N.J., Vivian, D. et al. (2004). Cognitive-Behavioral Analysis System of Psychotherapy as a Maintenance Treatment for Chronic Depression. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 72 (4), 681-688. McCullough, J.P. (2003). Treatment for Chronic Depression Using Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP). Journal of Clinical Psychiatry, 59 (8), 833846. McCullough, J.P. (2003). Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) for Chronic Depression. In: Norcross, J.C., Goldfried, M.R., Handbook of Psychotherapy Integration. Oxford University Press 2005, 281-298. McCullough, J.P. Jr. (2000). The Case of Katrina. Skating on Thin Ice. Cognitive and Behavioral Practice, 7, 510-514. McCullough, J.P., Skills Training Manual for Diagnosing and Treating Chronic Depression: Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy. Guilford Press52 New York, 2001.