Einleitung 1 1. Einleitung Freie Radikale sind sowohl exogenen, als auch endogenen Ursprungs. Sie entstehen endogen zum mitochondrialer Beispiel bei physiologischen Elektronentransport, aus Stoffwechselvorgängen, phagozytierenden Zellen, wie bei Enzymoxidationen und Substratautoxidationen (GUTTERIDGE und HALLIWELL 1990, BAKER 1994, LECHLER 1996, GIROTTI 1998). Freie Radikale können die Lipidperoxidation initiieren, indem sie von der alphaMethylengruppe eines Fettsäurenmoleküls ein Wasserstoffatom abstrahieren (MÖRSEL und MEUSEL 1990; FRANKEL 1991, GUTTERIDGE 1995, PORTER et al. 1995). Die daraus resultierenden Lipidhydroperoxide, Hydroperoxide und zyklischen Peroxide führen zu Störungen in der Membranfunktion, zu einer Verringerung der Fluidität der Membran, zur Inaktivierung von Membran-gebundenen Rezeptoren und zu zytopathologischen Prozessen (GUTTERIDGE und HALLIWELL 1990, GUTTERIDGE 1995). Vitamin E, ein lipidlösliches Antioxidans, kann aufgrund der phenolischen Hydroxygruppe am aromatischen Chromanring des Moleküls mit organischen Peroxylradikalen reagieren und somit zu einem Kettenabbruch der Lipidperoxidation führen (BUTTRISS und DIPLOCK 1988, SIES 1989, TRABER et al. 1993, WANG und QUINN 1999). Bei dieser Reaktion entstehen unter anderem Tocopheroxylradikale (TRABER et al. 1993, SIES 1989), welche wiederum mittels Wasserstoffdonatoren (z.B. Ubiquinon, Coenzym Q) regeneriert werden (TRABER et al. 1993, WANG und QUINN 1999). Wenn das Tocopheroxylradikal nicht vollständig reduziert wird, kann es mit weiteren Peroxylradikalen reagieren, die daraus resultierenden Reaktionsprodukte sind unter anderem Tocopherone, Epoxytocopherone, Tocopherylchinon und Epoxychinone, sowie Radikale mit Dimer- und Trimerstruktur (GASSMANN et al.1995). Für den Menschen wird als Schätzwert für eine angemessene Zufuhr an Vitamin E von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE 2000, Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr) für Männer 14 mg RRR-α-Tocopherol/Tag und für Frauen 12 mg RRR-α-Tocopherol/Tag angegeben. Laut dem ERNÄHRUNGSBERICHT 2000 (DGE 2000) wird dieser Schätzwert für eine angemessene Zufuhr bei Männern mit einer durchschnittlichen Aufnahme von 12,7 mg RRR-α-Tocopherol/Tag und bei Frauen Einleitung 2 mit einer durchschnittlichen Aufnahme von 11,5 mg RRR-α-Tocopherol/Tag nahezu erreicht. Jedoch ist die Popularität von über den Bedarf hinausgehenden Vitamin ESupplementierungen in den letzten Jahren aufgrund der antioxidativen Eigenschaften des Vitamin E stark gestiegen. Es gibt Berichte in der Literatur, die darauf hindeuten, dass teilweise hohe Mengen (100-400 mg Vitamin E/Tag und mehr) an Vitamin E supplementiert werden (BENDICH und MACHLIN 1988). Hohe Vitamin E-Dosierungen führten jedoch bei in vitro-Studien an mizellaren Suspensionen zu prooxidativen Effekten (MUKAI 1993, MUKAI, SAWADA et al. 1993, MUKAI, MORIMOTO et al. 1993). Die Ursache dieser prooxidativen Wirkung liegt in der Reaktion der Tocopheroxylradikale mit anderen Peroxylradikalen. Diese Reaktion führt zu einer Anhäufung von Hydroperoxiden mit konjugierter Dienstruktur (MUKAI 1993, MUKAI, SAWADA et al. 1993, MUKAI, MORIMOTO et al. 1993). An isolierten Lipoproteinen geringer Dichte (Low Density Lipoprotein-LDL) konnte ebenfalls ein prooxidativer Effekt von hohen Vitamin E-Konzentrationen nachgewiesen werden (BOWRY et al. 1995, KONTUSH et al. 1996, THOMAS et al. 1996). Tocopheroxylradikale reagieren mit den mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Polyunsaturated Fatty Acids-PUFA) in den LDL (BOWRY et al. 1995, KONTUSH et al. 1996, THOMAS et al. 1996), was zu einer Akkumulation konjugierter Diene, einer erhöhten Bildung von Oxysterolen und einer Verringerung des Gehaltes an PUFA in der LDL-Fraktion führt (KONTUSH et al. 1996). Die prooxidative Wirkung der Tocopheroxylradikale war bei diesen in vitro-Studien sowohl von den Oxidationsbedingungen, als auch von der Konzentration der Co-Antioxidantien wie Ascorbat, Bilirubin und Ubichinon abhängig (BOWRY et al. 1995, KONTUSH et al. 1996). SÜNDER et al. (1999) konnten bei einem Fütterungsversuch an Legehennen mit 20.000 Internationale Einheiten (IE) Vitamin E/kg Diät eine geringere oxidative Stabilität des Abdominalfettes im Vergleich zu niedrigeren verwendeten Vitamin EZulagen nachweisen. Als Ursache hierfür diskutieren die Autoren eine erhöhte Autoxidation der Fettsäuren durch prooxidative Wirkungen der hohen Vitamin EDosierungen. Aufgrund dieser Befunde sollten im Rahmen dieser Arbeit Effekte von Vitamin EMegadosierungen auf Parameter des antioxidativen Status und auf Parameter der Einleitung 3 Lipidperoxidation untersucht werden, um mögliche prooxidative Wirkungen einer exzessiven Vitamin E-Zufuhr in vivo nachweisen zu können. Da Erythrozyten sehr empfindlich gegenüber oxidativem Streß sind, sollte weiterhin die Wirkung einer exzessiven Vitamin E-Zufuhr auf die Hämolyseempfindlichkeit der Erythrozyten, untersucht werden. Da auch das Diätfett einen Einfluss auf oxidative Prozesse hat, wurden zwei verschiedene Diätfette gewählt. Mögliche prooxidative Wirkungen der hohen Vitamin E-Zulagen würden durch ein Diätfett, welches einen hohen Anteil an PUFA hat, verstärkt werden. Deshalb wurde Lachsöl als ein Diätfett gewählt, denn Lachsöl hat einen hohen Anteil an hochungesättigten Omega-3 (n-3)-PUFA, welche sehr oxidationsempfindlich sind (MALIS et al. 1990, ZSIGMOND et al. 1990, SAITO und NAKATSUGAWA 1994, CHIANG und TSAI 1995, VALK und HORNSTRA 2000). Außerdem wurde Schweineschmalz als ein Fett mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren (Saturated Fatty Acids-SFA) und einem geringen Anteil an n3-PUFA verwendet. Bei Verwendung von Schweineschmalz waren geringere oxidative Prozesse als bei Verwendung von Lachsöl zu erwarten.