HELIOS-Kliniken Schwerin Carl-Friedrich-Flemming-Klinik Klinik für Alterspsychiatrie Delir Diagnostik und Therapie aus gerontopsychiatrischer Sicht Lutz M. Drach Worüber spreche ich heute? • Über Delir ICD-10: F05.x, nicht über Entzugsdelirien ICD-10: F1x.4 • Begriffsgeschichte • Symptomatologie • Ursachen / prädisponierende Faktoren • Pathogenese • Diagnostik • Therapie kausal und symptomatisch • Prävention von Komplikationen Helios-Kliniken Schwerin 1 Die Prognose des Delirs ist ernst Helios-Kliniken Schwerin 2 JAMA 2010; 304: 443-451 Folie: W. Hewer • Mortalität • Aufnahme Pflegeheim • Demenz bei Follow-up Helios-Kliniken Schwerin 3 Kurze Geschichte des Begriffs Aulus Cornelius Celsus (25 v. Chr. – 50 n. Chr.) prägte den Begriff „Delirium“ (Verwirrtheit bei hohem Fieber oder Kopfverletzungen) de lira ire = „aus der Furche / aus der Spur gehen“, übertragen: „abseits des Pfades“ unterschied es von „Mania“, „Hysteria“ und „Melancholia“. Helios-Kliniken Schwerin 4 Kurze Geschichte des Begriffs Karl Ludwig Bonhoeffer (1868 – 1948) prägte mit seinen akuten exogenen Reaktionstypen (1917): Delir, Amentia, Halluzinose, Dämmerzustand und epileptische Erregung den Delirbegriff der klassischen deutschen Psychiatrie. fand das „Gesetz der Unspezifität“ Helios-Kliniken Schwerin 5 Kurze Geschichte des Begriffs George L. Engel (1913 – 1999) und John Romano (1911 – 1994) beschrieben 1959 erstmals den Zusammenhang von gestörter Stoffwechselaktivität, klinischer Symptomatik und den EEG-Veränderungen beim Delir. George L. Engel Helios-Kliniken Schwerin 6 „Durchgangssyndrom“ Hans Heinrich Wieck (1956) prägte den Begriff „Durchgangssyndrom“ = eine Stufe auf dem Kontinuum der „Funktionspsychosen“ Helios-Kliniken Schwerin 7 „Intensive Care Unit Syndrom “ Helios-Kliniken Schwerin 8 Kurze Geschichte des Begriffs Deutsche Tradition: „Delir“ bei Suchtkrankheiten, „Verwirrtheit“, „Amentia“ bei anderen Ursachen Die exogenen Reaktionstypen. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. 1917, 58: 50-70. Heute Karl Ludwig Bonhoeffer nach ICD-10 / DSM-IV nur noch ein einheitlicher Begriff: Delir Helios-Kliniken Schwerin 9 Kurze Geschichte des Begriffs Deutsche Tradition: „Delir“ bei Suchtkrankheiten, „Verwirrtheit“, „Amentia“ bei anderen Ursachen Die exogenen Reaktionstypen. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. 1917, 58: 50-70. Heute nach ICD-10 / DSM-IV nur noch ein einheitlicher Begriff: Delir Aber verschiedene ICD-10 Nummern, bei Suchterkrankungen: F1x.4 bei anderen Ursachen: F05.x Helios-Kliniken Schwerin 10 „Hirnorganisches Psychosyndrom“ „HOPS“ Hops (engl. Hopfen) Völlig obsoleter Begriff, der nicht genügend differenziert! Helios-Kliniken Schwerin 11 Symptomatik Helios-Kliniken Schwerin 12 Heutige diagnostische Kriterien ICD-10: F05.x DSM-IV: 293.x Bewusstseinsstörung Bewusstseinsstörung Globale kognitive Störungen Veränderung der kognitiven Funktionen, die nicht besser durch eine zuvor bestehende Demenz erklärt werden. Psychomotorische Störungen Schlaf-Wach-Rhythmus gestört Affektive Störungen Entwickelt sich in kurzer Zeit Entwickelt sich in kurzer Zeit Fluktuiert im Tagesverlauf Fluktuiert im Tagesverlauf Gesamtdauer < 6 Monate Hinweise auf „Folgeerscheinung eines medizinischen Krankheitsfaktors“. Helios-Kliniken Schwerin 13 Heutige diagnostische Kriterien ICD-10: F05.x DSM-IV: 293.x Bewusstseinsstörung Bewusstseinsstörung Globale kognitive Störungen Veränderung der kognitiven Funktionen, die nicht besser durch eine zuvor bestehende Demenz erklärt werden. Psychomotorische Störungen Schlaf-Wach-Rhythmus gestört Affektive Störungen Entwickelt sich in kurzer Zeit Entwickelt sich in kurzer Zeit Fluktuiert im Tagesverlauf Fluktuiert im Tagesverlauf Gesamtdauer < 6 Monate Hinweise auf „Folgeerscheinung eines medizinischen Krankheitsfaktors“. Weniger Kriterien müssen erfüllt sein! Helios-Kliniken Schwerin 14 Verwandte Diagnosen (nach ICD-10) die nicht die Kriterien für Delir (F05.x) erfüllen: Entzugsdelirien (F10.4, F13.4) Demenz (F00.x, F01.x, F02.x, F03) Organische Halluzinose (F06.0) Organische katatone Störung (F06.1) Organische wahnhafte Störung (F06.2) Organische affektive Störung (F06.3) Organische Angststörung (F06.4) Organische dissoziative Störung (F06.5) Organische emotional labile Störung (F06.6) Leichte kognitive Störung (F06.7) Helios-Kliniken Schwerin 15 Symptomatik beginnt Innerhalb von Stunden nach delirogener Medikation oder Vergiftung. Helios-Kliniken Schwerin 16 Symptomatik beginnt Innerhalb von Stunden nach delirogener Medikation oder Vergiftung. Innerhalb von 48 Stunden nach Operation. Helios-Kliniken Schwerin 17 Symptomatik beginnt Innerhalb von Stunden nach delirogener Medikation oder Vergiftung. Innerhalb von 48 Stunden nach Operation. Bei Entzugsdelirien abhängig von Halbwertszeit der Substanz. Helios-Kliniken Schwerin 18 Symptomatik Fluktuationen Alle Symptome kommen und gehen oder verändern sich in ihrer Ausprägung im Tagesverlauf. Helios-Kliniken Schwerin 19 Symptomatik Fluktuationen Alle Symptome kommen und gehen oder verändern sich in ihrer Ausprägung im Tagesverlauf. Luzide Intervalle kommen vor. Noriaki Naruse „Lucid interval“ Helios-Kliniken Schwerin 20 Symptomatik Fluktuationen Alle Symptome kommen und gehen oder verändern sich in ihrer Ausprägung im Tagesverlauf. Luzide Intervalle kommen vor. Vorsicht bei der Beurteilung aufgrund nur kurzer oder einmaliger Untersuchung! Helios-Kliniken Schwerin 21 Symptomatik Bewusstseinsstörung Neurowissenschaftlich wie philosophisch schwer zu definieren. Quantitativ = Grad der Vigilanz (Wachheit) Sopor bis irritierbare Überwachheit möglich. Qualitativ schwer zu operationalisieren. Beurteilung der Aufmerksamkeit als Hilfsmittel. Helios-Kliniken Schwerin 22 Symptomatik Aufmerksamkeit Leicht ablenkbar, “ Faden reißt“ leicht. Führt zu: - Desorientierung - Denkstörungen Helios-Kliniken Schwerin 23 Symptomatik Denkstörungen Umständlich Schwerbesinnlich Inkohärent d.h. - ungeordnet - unorganisiert - Denkziel wird nicht erreicht - unlogisch Helios-Kliniken Schwerin 24 Symptomatik Sinnestäuschungen Optische Halluzinationen typisch kleine Objekte eher alkoholisch. größere Objekte eher anticholinerg. Helios-Kliniken Schwerin 25 Symptomatik Sinnestäuschungen Optische Halluzinationen typisch kleine Objekte eher alkoholisch. größere Objekte eher anticholinerg. Illusionäre Verkennungen Helios-Kliniken Schwerin 26 Symptomatik Sinnestäuschungen Optische Halluzinationen typisch kleine Objekte eher alkoholisch. größere Objekte eher anticholinerg. Illusionäre Verkennungen sekundäre Wahnbildung Helios-Kliniken Schwerin 27 Symptomatik Affekte und Antrieb Emotionale Labilität Helios-Kliniken Schwerin 28 Symptomatik Affekte und Antrieb Emotionale Labilität Störung des Tag-Nacht-Rhythmus - i.d.R. sind Delirien nachts am schlimmsten! Helios-Kliniken Schwerin 29 Störung von Affekten und Antrieb Emotionale Labilität Störung des Tag-Nacht-Rhythmus - i.d.R. sind Delirien nachts am schlimmsten! Cave! Verwechselung mit „sundowning“, der abendlichen Zunahme der Unruhe von Demenzkranken Helios-Kliniken Schwerin 30 Störung von Affekten und Antrieb Emotionale Labilität Störung des Tag-Nacht-Rhythmus - i.d.R. sind Delirien nachts am schlimmsten! Erregte (hyperaktive) Delirien (15-80%) Gehemmte (hypoaktive) Delirien (19-73%) werden häufig übersehen! Gemischte Delirien (1-52%) Helios-Kliniken Schwerin 31 Störung von Affekten und Antrieb Emotionale Labilität Störung des Tag-Nacht-Rhythmus - i.d.R. sind Delirien nachts am schlimmsten! Erregte (hyperaktive) Delirien (15-80%) Gehemmte (hypoaktive) Delirien (19-73%) werden häufig übersehen! Cave! Gemischte Delirien (1-52%) Verwechselung mit Apathie von Demenzkranken Helios-Kliniken Schwerin 32 Symptomatik Affekte und Antrieb Emotionale Labilität Störung des Tag-Nacht-Rhythmus - i.d.R. sind Delirien nachts am schlimmsten! Erregte (hyperaktive) Delirien (15-80%) Gehemmte (hypoaktive) Delirien (19-73%) werden häufig übersehen! Gemischte Delirien (1-52%) Abhängig von der Ursache: - nach Hüft-TEP überwiegend gehemmt - bei Anticholinergika überwiegend erregt Helios-Kliniken Schwerin 33 Symptomatik Sonstige Symptome Gedächtnisstörungen Wortfindungsstörungen Retrospektiv für Delir amnestische Lücke charakteristisch! Sprachverständnisstörungen Agnosie Apraxie Helios-Kliniken Schwerin 34 Symptomatik Sonstige Symptome Gedächtnisstörungen Wortfindungsstörungen Sprachverständnisstörungen Agnosie Apraxie Helios-Kliniken Schwerin 35 Symptomatik Sonstige Symptome Gedächtnisstörungen Wortfindungsstörungen Sprachverständnisstörungen Agnosie Apraxie Helios-Kliniken Schwerin 36 Symptomatik Sonstige Symptome Gedächtnisstörungen Wortfindungsstörungen Sprachverständnisstörungen Agnosie Apraxie Helios-Kliniken Schwerin 37 Symptomatik Sonstige Symptome Gedächtnisstörungen Wortfindungsstörungen Sprachverständnisstörungen Agnosie Apraxie Helios-Kliniken Schwerin 38 Symptomatik Sonstige Symptome Gedächtnisstörungen Wortfindungsstörungen Sprachverständnisstörungen Agnosie Apraxie Vorsicht! Demenztests wie z.B. MMST oder DEMTect sind auch bei abklingendem Delir lange (teils Monate) pathologisch. Helios-Kliniken Schwerin 39 Problematische Differentialdiagnose Der Querschnittsbefund kann Delir und Demenz häufig nicht unterscheiden. Helios-Kliniken Schwerin 40 Problematische Differentialdiagnose Der Querschnittsbefund kann Delir und Demenz nicht sicher unterscheiden. Der fremdanamnestische Nachweis der plötzlichen Verhaltensänderung entscheidet. Helios-Kliniken Schwerin 41 Risiken für beide altersabhängig Demenz Anteil (%) Demenzkranker Delir Alter (Jahre) Pandharipande (2006) Helios-Kliniken Schwerin Jitapunkul et al. (1999). 42 ICD-10 diagnostische Kriterien Delir F05 Demenz F00-F03 Bewusstseinsstörung Gedächtnisstörung + Globale kognitive Störungen Abnahme anderer kognitiver Fähigkeiten Psychomotorische Störungen Fehlen einer Bewusstseinsstörung* Schlaf-Wach-Rhythmus gestört Verminderung der Affektkontrolle, des Antriebs oder Veränderung des Sozialverhaltens, Manifestation bei mindestens einem der folgenden: Affektive Störungen Entwickelt sich in kurzer Zeit Fluktuiert im Tagesverlauf Dauer < 6 Monate - emotionale Labilität - Reizbarkeit - Apathie - Vergröberung des Sozialverhaltens Dauer > 6 Monate Helios-Kliniken Schwerin 43 ICD-10 diagnostische Kriterien Delir F05 Demenz F00-F03 Bewusstseinsstörung Gedächtnisstörung + Globale kognitive Störungen Abnahme anderer kognitiver Fähigkeiten Psychomotorische Störungen Fehlen einer Bewusstseinsstörung* Schlaf-Wach-Rhythmus gestört Verminderung der Affektkontrolle, des Antriebs oder Veränderung des Sozialverhaltens, Manifestation bei mindestens einem der folgenden: Affektive Störungen Entwickelt sich in kurzer Zeit Fluktuiert im Tagesverlauf Dauer < 6 Monate - emotionale Labilität - Reizbarkeit - Apathie - Vergröberung des Sozialverhaltens Dauer > 6 Monate *Im Kommentar zum ICD-10: „Mit Ausnahme der späten Stadien der Erkrankung“ Aufmerksamkeit auch bei schwerer Demenz gestört! Helios-Kliniken Schwerin 44 Problematische deutsche Terminologie F05.0 F05.1 Helios-Kliniken Schwerin Delir ohne Demenz Delir bei Demenz 45 Problematische deutsche Terminologie F05.0 F05.1 Delir ohne Demenz Delir bei Demenz Was ist gemeint? Helios-Kliniken Schwerin 46 Problematische deutsche Terminologie F05.0 F05.1 Delir ohne Demenz Delir bei Demenz Demenz als Ursache des Delirs? z. B. analog zu Fußgangrän bei pAVK oder Hirnblutung bei Amyloidangiopathie Helios-Kliniken Schwerin 47 Falsche deutsche Übersetzung! F05.0 F05.1 Delir ohne Demenz Delir bei Demenz Von Dilling et al. (1991) falsch übersetzt! Englischer ICD-10 Originaltext: F05 Delirium not induced by alcohol and other psychoactive substances F05.0 Delirium, not superimposed on dementia F05.1 Delirium, superimposed on dementia to superimpose on = etwas überlagern Helios-Kliniken Schwerin 48 Manifestationsformen des Delirs* • hypovigilant-hypoaktives Delir * Reischies Psychosom Konsiliarpsychiatr (2007) • hypervigilant-hyperaktives Delir • quantitative Bewusstseinsstörung (Somnolenz / Sopor) • qualitative Bewusstseinsstörung (Dämmerzustand / Oneiroid) • Enthemmung: agitiert-impulsives Verhalten • produktiv-psychotisches Delir • prominente Amnesie (Verwirrtheitsheitszustand) • markante formale Denkstörungen (amentielles Syndrom) • Verlauf: fluktuierendes / flüchtiges / protrahiertes Delir Helios-Kliniken Schwerin 49 Heterogenität der Delirien Hans Heinrich Wieck (1956) prägte den Begriff „Durchgangssyndrom“ = eine Stufe auf dem Kontinuum der „Funktionspsychosen“ Karl Ludwig Bonhoeffer (1917) „akute exogene Reaktionstypen“: Delir, Amentia, Halluzinose, Dämmerzustand und epileptische Erregung. Helios-Kliniken Schwerin Bewusstseinstörung kein notwendiges Symptom! Akute exogene Reaktionstypen Amentia und Halluzinose ohne Bewusstseinstörung! 50 Prodromi des Delirs • „Understanding of prodromal and subsyndromal concepts (of delirium) is still in its infancy“ Review von Gupta et al. (2008) • de Jonghe et al. (2007) Early symptoms in the prodromal phase of delirium: a prospective cohort study in elderly patients undergoing hip surgery. Am J Geriatr Psychiatry 15:112-21. Gedächtnisstörungen Inkohärenz des Denkens Desorientierung die ersten psychopathologischen Symptome eines postoperativen Delirs. Helios-Kliniken Schwerin 51 Ursachen und prädisponierende Faktoren Helios-Kliniken Schwerin 52 Prädisponierende Faktoren Hohes Alter (und sehr niedriges) Demenz Minderbegabung Vorbestehende Hirnschädigung Multimorbidität Sehbehinderung Schwerhörigkeit Dehydration Schlafentzug Helios-Kliniken Schwerin 53 Schwellenkonzept des Delirs Prädisposition + Um so mehr Faktoren bestehen, um so höher ist die Vulnerabilität für ein Delir. Noxe Delir Um so potenter die Noxe, um so höher ist die Wahrscheinlichkeit für ein Delir. Abb. nach W. Hewer Prädisposition Helios-Kliniken Schwerin Noxe 54 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Helios-Kliniken Schwerin 55 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Immobilisation Helios-Kliniken Schwerin 56 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Immobilisation Schlafentzug Helios-Kliniken Schwerin 57 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Immobilisation Schlafentzug Störung des Tag-Nacht-Rhythmus Helios-Kliniken Schwerin 58 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Immobilisation Schlafentzug Störung des Tag-Nacht-Rhythmus Mangelernährung Helios-Kliniken Schwerin 59 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Immobilisation Schlafentzug Störung des Tag-Nacht-Rhythmus Mangelernährung Schmerzen Helios-Kliniken Schwerin 60 Delirogene Noxen Krankheiten Häufig: alle cerebralen Erkrankungen (rechte Hemisphäre, temporooccipital, präfrontal) Infekte Herzinfarkt Stoffwechselstörungen Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes Trauma Helios-Kliniken Schwerin 61 Delirogene Noxen Krankheiten Häufig: alle cerebralen Erkrankungen (rechte Hemisphäre, temporooccipital, präfrontal) Infekte Herzinfarkt Stoffwechselstörungen Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes Trauma Merke: Alle körperlichen Krankheiten können ein Delir auslösen ! Helios-Kliniken Schwerin 62 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Helios-Kliniken Schwerin 63 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Intensivstation Helios-Kliniken Schwerin 64 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Intensivstation Bewegungsbeschränkung Verbände Blasenkatheter Infusion Helios-Kliniken Schwerin 65 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Intensivstation Bewegungsbeschränkung Verbände Blasenkatheder Infusion Elektrokrampftherapie Helios-Kliniken Schwerin 66 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Intensivstation Bewegungsbeschränkung Verbände Blasenkatheder Infusion Elektrokrampftherapie Entzug(-sbehandlung) Helios-Kliniken Schwerin 67 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Intensivstation Bewegungsbeschränkung Verbände Blasenkatheder Infusion Elektrokrampftherapie Entzug(-sbehandlung) Medikamente Helios-Kliniken Schwerin 68 Delirogene Noxen Medikamente Anticholinerg wirkende Medikamente z.B. Spasmolytika z.B. Blasenmittel bestimmte ältere Antihistaminika bestimmte Neuroleptika u. Antidepressiva u.v.m. Helios-Kliniken Schwerin 69 Delirogene Noxen Medikamente Anticholinerg wirkende Medikamente z.B. Spasmolytika z.B. Blasenmittel bestimmte ältere Antihistaminika bestimmte Neuroleptika u. Antidepressiva u.v.m. Parkinson-Medikamente Helios-Kliniken Schwerin 70 Delirogene Noxen Medikamente Anticholinerg wirkende Medikamente z.B. Spasmolytika z.B. Blasenmittel bestimmte ältere Antihistaminika bestimmte Neuroleptika u. Antidepressiva u.v.m. Parkinson-Medikamente Opiate (besonders Fentanyl) Helios-Kliniken Schwerin 71 Delirogene Noxen Medikamente Anticholinerg wirkende Medikamente z.B. Spasmolytika z.B. Blasenmittel bestimmte ältere Antihistaminika bestimmte Neuroleptika u. Antidepressiva u.v.m. Parkinson-Medikamente Opiate (besonders Fentanyl) Digitalis Helios-Kliniken Schwerin 72 Delirogene Noxen Medikamente Anticholinerg wirkende Medikamente z.B. Spasmolytika z.B. Blasenmittel bestimmte ältere Antihistaminika bestimmte Neuroleptika u. Antidepressiva u.v.m. Parkinson-Medikamente Opiate (besonders Fentanyl) Digitalis Furosemid Helios-Kliniken Schwerin 73 Delirogene Noxen Medikamente Anticholinerg wirkende Medikamente z.B. Spasmolytika z.B. Blasenmittel bestimmte ältere Antihistaminika bestimmte Neuroleptika u. Antidepressiva u.v.m. Parkinson-Medikamente Opiate (besonders Fentanyl) Digitalis Furosemid Antihypertensiva (ß-Blocker, Methyldopa) Corticoide H2-Blocker Theophyllin Piracetam u.v.m. Helios-Kliniken Schwerin 74 Theorien zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Delir Helios-Kliniken Schwerin Acetylcholin und Dopamin Depression 75 Theorien zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Acetylcholin und Dopamin • Hypoxie und Substratmangel führen über den Zusammenbruch der Acetylcholinbildung zum Delir. Helios-Kliniken Schwerin 76 Theorien zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Acetylcholin und Dopamin • Hypoxie und Substratmangel führen über den Zusammenbruch der Acetylcholinbildung zum Delir. • Cytokine oder ihr Mangel wirken vermutlich über Rezeptoren direkt delirogen. Erklärt, warum schon banale Infekte ein Delir verursachen können Helios-Kliniken Schwerin 77 Theorien zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Acetylcholin und Dopamin • Hypoxie und Substratmangel führen über den Zusammenbruch der Acetylcholinbildung zum Delir. • Cytokine oder ihr Mangel wirken vermutlich über Rezeptoren direkt delirogen. • Keine existierende Theorie kann die unterschiedlichen Delir-Typen (z.B. hyper- und hypoaktiv) erklären! Helios-Kliniken Schwerin 78 Merksatz für Delir-Ursachen: „I watch death“ Helios-Kliniken Schwerin HELIOS Kliniken Schwerin 79 Nun geht’s weiter mit der Diagnostik Helios-Kliniken Schwerin 80 Diagnosestellung Fremdanamnese ist zentral. Medikamentenanamnese. Nicht zu kurz und ggf. mehrfach untersuchen. Ggf. EEG. Instrumente: - MMST (ggf. mehrfach) - Confusion Assessment Method (CAM) - Confusion Rating Scale (CAS) Helios-Kliniken Schwerin 81 Schwierige Differentialdiagnosen Helios-Kliniken Schwerin 82 Differentialdiagnosen Der Querschnittsbefund kann Delir und Demenz nicht sicher unterscheiden. Der fremdanamnestische Nachweis der plötzlichen Verhaltensänderung entscheidet. Helios-Kliniken Schwerin 83 Differentialdiagnosen Demenz mit Lewy-Körperchen dem Delir im Querschnittsbild sehr ähnlich. Helios-Kliniken Schwerin 84 Klinische CDLB - Kriterien (McKeith et al.1996) • Kernkriterien: Progredientes dementielles Syndrom mit mindestens einem Kernkriterium: hFluktuationen der kognitiven Fähigkeiten mit Schwankungen der Wachheit und Aufmerksamkeit. hWiederholte detaillierte optische Halluzinationen (Menschen, Tiere). hSpontane motorische Parkinson-Symptome (Beginn der Demenz nicht später als ein Jahr danach) h Unterstützend: Cave! Verwechselungsgefahr Delir vs. DLB wiederholte Stürze, Synkopen, vorübergehender Bewusstseinsverlust, andere Halluzinationen, erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Neuroleptika. h Unwahrscheinlich: bei Z.n. Schlaganfall oder anderer Erkrankung, die die Symptomatik verursachen könnte. Helios-Kliniken Schwerin 85 Differentialdiagnosen Demenz mit Lewy-Körperchen dem Delir im Querschnittsbild sehr ähnlich. Manie gibt es auch im Alter! J. Esquirol 1816 Helios-Kliniken Schwerin 86 Differentialdiagnosen Demenz mit Lewy-Körperchen dem Delir im Querschnittsbild sehr ähnlich. Manie gibt es auch im Alter! Wernicke-Aphasie Helios-Kliniken Schwerin 87 Differentialdiagnosen Demenz mit Lewy-Körperchen dem Delir im Querschnittsbild sehr ähnlich. Manie gibt es auch im Alter! Wernicke-Aphasie Nicht-konvulsiver Status epilepticus Postiktale Umdämmerung Helios-Kliniken Schwerin 88 Confusion Assessment Method 1. Akuter Beginn und Fluktuation 2. Störung der Aufmerksamkeit 3. Denkstörung 4. Bewusstseinsstörung außerdem untersucht: • Orientierung • Gedächtnis • Wahrnehmungsstörungen • Psychomotorik • Schlaf-Wach-Rhythmus Folie nach C. Thomas Delirdiagnose: 1+2+3 oder 4 Sensitivität Spezifität Likelihood Quotient 97%, 92,5%, 14,7 S. Inouye (1990) Helios-Kliniken Schwerin 89 CAM - Anwendungsbereiche • Screeningmethode für ärztliches und nicht-ärztliches Personal im Allgemeinkrankenhaus • Ca. 8 min. Dauer • Auch bei kommunikationseingeschränkten Patienten (ICU-Version) • In der Geriatrie gerne als Diagnoseinstrument eingesetzt (Überschätzung) • Auf der Basis von DSM III-R / IV • Nicht spezifisch genug für ICD-10 Diagnosekriterien, hier aber ebenfalls gut als Screening Folie nach C. Thomas Helios-Kliniken Schwerin 90 Stellenwert des EEG • Generiert durch kortikale synaptische Aktivität - reflektiert als einziges Verfahren direkt die neuronale Aktivität • Cholinerge Modulation des EEG - Thalamus generiert physiologische Alpha-Aktivität - ARAS wird durch cholinerge Projektionen moduliert - Aktivitätssteigerung der cholinergen Systeme führt zur Beschleunigung, Läsionen zur Verlangsamung der Grundaktivität - kein Bezug zu anderen Neurotransmittern • Quantifizierung der cerebralen Dysfunktion Folie nach C. Thomas Helios-Kliniken Schwerin 91 EEG-Befunde beim Delir • deutliche Verlangsamung des okzipitalen Rhythmus, deren Ausmaß mit dem Grad der Bewusstseinsstörung korreliert • Generalisierte hochgespannte Theta- und Delta-Aktivität • frontal betonte rhythmische Deltawellen (FIRDA) Folie nach C. Thomas Helios-Kliniken Schwerin 92 EEG-Befunde beim Delir FIRDA Allgemeinveränderung Folie nach Thomas Helios-Kliniken Schwerin 93 Therapie Helios-Kliniken Schwerin 94 Clinical Guideline 103 (2010): Delirium – diagnosis, prevention and management Ätiologische Faktoren behandeln Nichtmedikamentöse Maßnahmen Wenn Leidensdruck / Gefährdungen Nichtmedikamentöse Maßnahmen Bei mangelnder Wirksamkeit: Antipsychotika Helios-Kliniken Schwerin 95 000 Hohe Erwartungen an den Psychiater? Helios-Kliniken Schwerin 96 Forderung an den Psychiater „Patient soll ruhiggestellt werden.“ Auftrag auf Konsilschein Helios-Kliniken Schwerin 97 Therapie Zuerst kausal, grundsätzlich dann symptomatisch: . Claudius Galenus (160 n. Chr.) unterschied: primäre Delirien sekundäre Delirien Behandlung der Grundkrankheit ! Helios-Kliniken Schwerin 98 Therapie grundsätzlich Zuerst kausal, dann symptomatisch: Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. Verwirrt nicht die Verwirrten! Helios-Kliniken Schwerin 99 Therapie grundsätzlich Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. dann symptomatisch: • Nicht-pharmakologisch • Medikamentös Verwirrt nicht die Verwirrten! Helios-Kliniken Schwerin 100 Prädisponierende Faktoren Hohes Alter (und sehr niedriges) Demenz Minderbegabung Vorbestehende Hirnschädigung Multimorbidität Sehbehinderung Schwerhörigkeit Dehydration Schlafentzug Helios-Kliniken Schwerin Nicht-pharma. Intervention möglich 101 Delirogene Noxen Allgemeine Fremde Umgebung Immobilisation Schlafentzug Störung des Tag-Nacht-Rhythmus Nicht-pharma. Intervention möglich Mangelernährung Schmerzen Helios-Kliniken Schwerin 102 Delirogene Noxen Arzt Chirurgischer Eingriff Intensivstation Bewegungsbeschränkung Verbände Blasenkatheder Nicht-pharma. Intervention möglich Infusion Elektrokrampftherapie Unbeabsichtigte Entzugsbehandlung Medikamente Helios-Kliniken Schwerin 103 Häufige Komplikationen beim Delir • Bleibender Funktionsverlust • Mangelernährung bei erhöhtem Bedarf • Übersedierung • Aspirationsgefahr • Dekubitus • Harnverhalt / Harninkontinenz • Bleibende Immobilität • Stürze ggf. mit Verletzungen Helios-Kliniken Schwerin 104 Nicht-pharmakologische Therapie Prinzipien* (I) Für Sicherheit sorgen: • engmaschige Beobachtung / Überwachung (PsychPV: G2) • vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung eigen- (z.B. Stürze!) und fremdgefährdenden Verhaltens Orientierung verbessern: • Beheben sensorischer Beeinträchtigungen (z.B. Brille, Hörgerät) • Gewährleistung einer überschaubaren Umgebung (Orientierungshilfen, Beleuchtungsverhältnisse etc.) • Versuch der Reorientierung im Gespräch • Adäquate Kontaktaufnahme und Kommunikation • Regelmäßigkeit und Überschaubarkeit des Tagesablaufs • Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus * modifiziert und ergänzt nach Meagher et al 1996, Haupt 2006, Potter & George 2006 Helios-Kliniken Schwerin 105 Nicht-pharmakologische Therapie Prinzipien* (II) Angst mildern: • möglichst hohe Konstanz der Bezugspersonen • enger Kontakt zu den Angehörigen • Vermeiden einer Reizüberflutung (z.B. durch Lärmeinwirkung), aber auch einer Reizdeprivation • Psychoedukation für Angehörige! Behandlung allgemeiner delirogener Faktoren: • Förderung von Mobilität und Aktivität • Vermeidung/Linderung von Schmerzen (z.B. Lagerung, Verbände) • ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr • ausreichende Oxygenierung (> 95 %) • für Miktion und Stuhlgang sorgen *modifiziert und ergänzt nach Meagher et al 1996, Haupt 2006, Potter & George 2006 Helios-Kliniken Schwerin 106 Nicht-pharmakologische Therapie Prinzipien* (III) Vermeiden von: • (wiederholten) Verlegungen • Fixierungen, Kathetern • Polypharmazie (Anticholinergika!) *modifiziert und ergänzt nach Meagher et al 1996, Haupt 2006, Potter & George 2006 Helios-Kliniken Schwerin 107 Sozialer/ juristischer Schaden • Falsche Demenzdiagnose • Bleibende rechtliche Betreuung • Verlust der Wohnung • Heimaufnahme Helios-Kliniken Schwerin 108 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. dann symptomatisch: • Nicht-pharmakologisch • Medikamentös Verwirrt nicht die Verwirrten! „Indiziert, wenn der Schweregrad der deliranten Symptomatik eine vitale Gefährdung des Patienten bedingt…“ Fischer & Assem-Hilger 2003 Helios-Kliniken Schwerin ! 109 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. Verwirrt nicht die Verwirrten! dann symptomatisch: • Neuroleptika - Haloperidol - Melperon, Pipamperon - Prothipendyl - Quetiapin - andere Helios-Kliniken Schwerin 110 Theorie zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Delir Helios-Kliniken Schwerin Acetylcholin und Dopamin Depression 111 Theorie zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Acetylcholin und Dopamin Neuroleptikum Delir Helios-Kliniken Schwerin Depression 112 Haloperidol beim Delir Lehrbuch-Standardtherapie (z.B. APA 1999, Wetterling 2001, Fischer & Assem-Hilger 2003, Attard et al. 2008) Auch i.v. und i.m. möglich* Zulassung für „delirante Syndrome“ Dosierungsempfehlungen streuen sehr: APA 1999: 10mg initial Jeste et al. 2000: 1-2 mg/die Aber Empirische Basis für eine Standardtherapie nur sehr gering. Keine kontrollierten Studien! Sediert in niedrigen und mittleren Dosen nicht! Cave QTc-Verlängerung! Spätdyskinesien insbesondere bei hohen Dosen und dementen Patienten zu befürchten, aber nicht bei Delir-Patienten untersucht! Cave bei Demenz mit Lewy-Körperchen und M. Parkinson! * Seit 2007 FDA-Warnung vor i.v.-Gabe! Deshalb neu seit Mai 2010: Janssen-Cilag empfiehlt Haldol nur noch i.m.! i.v. nur mit EKG-Monitoring. Helios-Kliniken Schwerin 113 Klinische CDLB - Kriterien (McKeith et al.1996) • Kernkriterien: Progredientes dementielles Syndrom mit mindestens einem Kernkriterium: hFluktuationen der kognitiven Fähigkeiten mit Schwankungen der Wachheit und Aufmerksamkeit. hWiederholte detaillierte optische Halluzinationen (Menschen, Tiere). hSpontane motorische Parkinson-Symptome (Beginn der Demenz nicht später als ein Jahr danach) h Unterstützend: Cave! Verwechselungsgefahr Delir vs. DLB wiederholte Stürze, Synkopen, vorübergehender Bewusstseinsverlust, andere Halluzinationen, erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Neuroleptika. h Unwahrscheinlich: bei Z.n. Schlaganfall oder anderer Erkrankung, die die Symptomatik verursachen könnte. Helios-Kliniken Schwerin 114 Neuroleptische Sensitivität bei DLB Retrospektive Studie McKeith et al. (1992) BMJ 305: 673-8 20 DLB-Patienten neuropathologisch gesichert neuroleptisch behandelt 16 21 DAT-Patienten neuropathologisch gesichert nicht neuroleptisch behandelt 4 neuroleptisch behandelt 14 neuroleptische Nebenwirkungen 13 neuroleptische Nebenwirkungen 4 schwere neuroleptische Nebenwirkung 6 schwere neuroleptische Nebenwirkung 1 nicht neuroleptisch behandelt 7 Ca. 50% der DLB-Patienten zeigen im Verlauf Überempfindlichkeit gegen konventionelle Neuroleptika ! Helios-Kliniken Schwerin 115 Haloperidol und QTc-Verlängerung bzw. Torsade Meyer-Massetti et al. (2010) The FDA extended warning for intravenous haloperidol and torsades de pointes: How should institutions respond? J. Hosp. Med. 5:E8-E16 •Literaturrecherche aller publizierten 70 Fälle von QTc-Verlängerung und Torsade unter Haloperidol 1962-2009 •Überwiegend schizophrene Patienten •In 68/70 Fällen andere Risikofaktoren: 40% Elektrolytstörung, 47% Herzerkrankung, 91% andere arrhythmogene Pharmaka 26% mit vorbestehend QTc > 450ms •Hohe kumulative Dosen von 5-645mg für Torsade und 2-1540mg für QTc-Verlängerung •Keine QTc-Verlängerung oder Torsade unter 2mg Kumulativdosis aufgetreten •Einmalige i.v.-Gabe < 2mg ohne EKG-Monitor? Helios-Kliniken Schwerin 116 Melperon, Pipamperon beim Delir Sedierende Butyrophenone, nicht anticholinerg, auch als Saft Zulassung für „Verwirrtheitszustände, psychomot. Erregungszustände“ Vorteile Melperon: Rasche Resorption bei oraler Gabe Keine Senkung der Krampfschwelle EPMS seltener als bei Haloperidol T1/2 ca. 6h (Bis 2007 auch i.m. als Eunerpan®-Ampullen) Vorteil Pipamperon: EPMS seltener als bei Haloperidol T1/2 ca. 3h Langsame orale Resorption! Aber Keine placebokontrollierten Studien! Spätdyskinesien insbesondere bei hohen Dosen und dementen Patienten zu befürchten, aber nicht bei Delir-Patienten untersucht! Cave bei Demenz mit Lewy-Körperchen und M. Parkinson! Helios-Kliniken Schwerin 117 Prothipendyl beim Delir Dominal (forte)® Sedierendes niederpotentes Phenothiazin Zulassung: „Z. Dämpf. b. psychomotor. Unruhe – und Erreg.zust. im Rahmen psychiatr. Grunderkr.“ 40+80mg Filmtbl., Tropfen 40mg Ampullen, i.m. und i.v. Injektion möglich! Nur als Import, z.B. aus Österreich! Einzeldosis 40 - 80mg. Keine Studien beim Delir Cave anticholinerg! Cave starke Hypotonie möglich!* Cave bei Demenz mit Lewy-Körperchen und M. Parkinson! *Siehe z.B. Pfeiffer et al. (2010) PPT 17:151-153. Helios-Kliniken Schwerin 118 Zugelassen vs. Off-label Zugelassen beim Delir (bei weiter Auslegung) sind nur: Melperon („Verwirrtheitszustände, psychomot. Unruhe“) Rote Liste 2010 Haloperidol („organisch bedingte Psychosen“) Pipamperon („psychomot. Erregungszustände“) Prothipendyl („Z. Dämpf. b. psychomotor. Unruhe – und Erreg.-zust. im Rahmen psychiatr. Grunderkr.“) Stufen des off-label-Einsatzes bei fehlender therapeutischer Alternative spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf muss absehbar sein Schwere der Erkrankung Off-label-Einsatz 1 keine schwerwiegende Erkrankung kein off-label-Einsatz 2 schwerwiegende Erkrankung off-label-Einsatz nur bei begründeter Erfolgsaussicht 3 lebensbedrohende Erkrankung off-label-Einsatz auch bei geringerer Erfolgsaussicht Stufe Helios-Kliniken Schwerin 119 Quetiapin beim Delir Sedierend und nicht anticholinerg. EPMS deutlich seltener als bei Haloperidol. Fünf offene, unkontrollierte Studien (n=74 insgesamt) sprechen für Wirksamkeit und Verträglichkeit beim Delir. (Schwartz & Masand 2000, Kim et al. 2003, Sasaki et al. 2003, Pae et al. 2004, Maneeton et al. 2007) Eine RCT gegen Placebo (mit Haloperidol-Bedarf) bei Patienten auf Intensivstation (n=36) spricht für Wirksamkeit und Verträglichkeit (insb. auch bei QTc-Verlängerung). (Devlin et al. 2010) Drei offene Studien weisen auf Wirksamkeit und Verträglichkeit bei „ParkinsonPsychose“ hin. (Fernandez et al. 2003, Mancini et al. 2004, Morgante et al. 2004) Zwei offene Studien weisen auf Wirksamkeit und Verträglichkeit bei DLB hin (Fernandez et al. 2002, Takahashi et al. 2003). Aber Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Helios-Kliniken Schwerin 120 Risperidon beim Delir Nicht anticholinerg. EPMS seltener als bei Haloperidol. Drei offene, unkontrollierte Studien (n=101 insgesamt) sprechen für Wirksamkeit und Verträglichkeit beim Delir. (Horikawa et al. 2003, Mittal et al. 2004, Parellada et al. 2004) Zwei kontrollierte Studien (n=28 und 77) weisen auf gleiche Wirksamkeit beim Delir wie von Haloperidol hin. (Han & Kim 2004, Liu et al. 2004) Aber 1-Jahres-Letalität: Haloperidol oral 29,5%, Risperidon oral 30,1%, Haloperidol parenteral 45,9% in retrospektiver Studie mit n=226. (Miyaji et al. 2007) Sediert in niedrigen und mittleren Dosen nicht! Spätdyskinesien insbesondere bei hohen Dosen und dementen Patienten zu befürchten. Keine Zulassung für Behandlung des Delirs! Kontraindiziert bei Demenz mit Lewy-Körperchen und M. Parkinson! Helios-Kliniken Schwerin 121 Olanzapin beim Delir Sedierend aber anticholinerg. EPMS deutlich seltener als bei Haloperidol. Eine prospektive randomisierte Studie (n=103) weist auf gleiche Wirksamkeit beim Delir auf Intensivstation wie Haloperidol bei geringeren Nebenwirkungen hin. (Skrobik et al. 2004) Wird in NICE-guidance 2010 „Delirium“ neben Haloperidol erwähnt: „..a short term prescription of haloperidol or olanzapine may be considered, starting at the lowest clinically appropriate dose.“ Aber Verursacht selbst Delirien! Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Kontraindiziert bei Demenz mit Lewy-Körperchen und M. Parkinson! Helios-Kliniken Schwerin 122 Andere Neuroleptika beim Delir Amisulprid: Eine kontrollierte Studie (n=31) weist auf gleiche Wirksamkeit beim Delir wie von Quetiapin hin (Lee et al. 2005). Thioridazin: Bis in die 90er Jahre häufig in USA/UK für die Cave! Nur renale Elimination! Behandlung des Delirs empfohlen. Eine offene, unkontrollierte Studie (n=35) spricht für Wirksamkeit beim Delir. (Predescu et al. 1974) Ziprasidon: Eine offene, unkontrollierte Studie spricht für Wirksamkeit und Sicherheit beim Delir (Leso & Schwartz 2002). Andere niederpotente Neuroleptika (z.B. Promethazin, Levomeprothazin etc.) sind anticholinerg, kardiotoxisch oder Cave! Besonders ausgeprägte QTc-Verlängerung erhöhen massiv die Sturzgefahr. Deshalb beim Delir insbesondere Älterer nicht indiziert! Von der Anwendung beim Delir wird deswegen abgeraten Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Helios-Kliniken Schwerin 123 Andere Neuroleptika beim Delir Amisulprid: Eine kontrollierte Studie (n=31) weist auf gleiche Wirksamkeit beim Delir wie von Quetiapin hin (Lee et al. 2005). Thioridazin: Bis in die 90er Jahre häufig in USA/UK für die Alle genannten Ziprasidon: Eine bisher offene, unkontrollierte Studie spricht für Wirksamkeit und Sicherheit beim Delir Neuroleptika verlängern Andere niederpotente Neuroleptika (z.B. Promethazin, Levomeprothazin etc.) sind anticholinerg, kardiotoxisch oder QTc! erhöhen massiv die Sturzgefahr. Deshalb beim Delir Cave! Nur renale Elimination! Behandlung des Delirs empfohlen. Eine offene, unkontrollierte Studie (n=35) spricht für Wirksamkeit beim Delir. (Predescu et al. 1974) (Leso & Schwartz 2002). Cave! Besonders ausgeprägte QTc-Verlängerung insbesondere Älterer nicht indiziert! Von der Anwendung beim Delir wird deswegen abgeraten Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Helios-Kliniken Schwerin 124 Mortalitätsrisiko von Antipsychotika (AP) bei der Delirbehandlung retrospektiv (Elie et al. 2009) • Delir-Patienten ab 65 Jahre • Vergleich: verstorben innerhalb 8 Wochen versus noch lebend • AP 80 % Haloperidol, 10 % Risperidon • OR mit Antipsychotika 1.53 (0.83-2.80) univariante Analyse 1.61 (0.88-2.96) multivariante Analyse • OR Charlson Comorbidity Index 1.15 (1.03-1.29) uni-/multivariante Analyse Helios-Kliniken Schwerin 125 Mortalitätsrisiko von Antipsychotika (AP) bei der Delirbehandlung prospektiv (Hatta et al. 2013) • 2.834 Delir-Patienten in Allgemeinkrankenhäusern in Japan • Alter 73,5 (±12.5) Jahre • • • • • • • 381 ohne Antipsychotika 835 Risperidon 779 Quetiapin 480 Haloperidol 88 Perospiron 87 Olanzapin 61 Aripiprazol • 22 schwere UAW (0,9 %) • 17 Aspirationspneumonien, 4 kardiovaskulär, 1 Lungenembolie • CGI-I 2,02 (SD 1,09), 54% innerhalb einer Woche remittiert Helios-Kliniken Schwerin HELIOS Kliniken Schwerin 126 Cochrane Review Lonergan et al. (2007) Antipsychotics for Delirium • Gleiche Reduktion auf Delir-Skalen bei Haloperidol < 3mg/die wie bei Olanzapin und Risperidon. • Bei Haloperidol < 3mg/die nicht mehr Nebenwirkungen. • Bei Haloperidol > 4,5mg/die mehr extrapyramidale Nebenwirkungen als bei Olanzapin. • Niedrig dosiertes Haloperidol vermindert signifikant Schwere und Dauer postoperativer Delirien im Vergleich zu Placebo. These conclusions must be tempered by the observation that they are based on small studies of limited scope, and therefore will require further corroborating evidence before they can be translated into specific recommendation for the treatment of delirium. Helios-Kliniken Schwerin 127 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. dann symptomatisch: • Neuroleptika • Benzodiazepine Verwirrt nicht die Verwirrten! Helios-Kliniken Schwerin 128 Benzodiazepine beim Delir Peri-/postoperative Gabe von Benzodiazepinen erhöht das Risiko von Delirien Klare Indikation beim Benzodiazepin- und Alkoholentzugsdelir. (Denis et al. Cochrane 2006, Ntais et. al. Cochrane 2005) Keine Studien beim (Nicht-Entzugs-)Delir, deshalb: Kein Wirksamkeitsnachweis beim Nicht-Entzugsdelir! (Lonergan et al. Cochrane 2009) Prinzipielle Risiken: Erhöhte Sturzgefahr, Atemdepression sowie Gefahr von Abhängigkeit und kognitiver Verschlechterung. Paradoxe Reaktion. Helios-Kliniken Schwerin 129 Benzodiazepine beim Delir Peri-/postoperative Gabe von Benzodiazepinen erhöht das Risiko von Delirien Klare Indikation beim Benzodiazepin- und Alkoholentzugsdelir. (Denis et al. Cochrane 2006, Ntais et. al. Cochrane 2005) Keine Studien beim (Nicht-Entzugs-)Delir, deshalb: Kein Wirksamkeitsnachweis beim Nicht-Entzugsdelir! (Lonergan et al. Cochrane 2009) Prinzipielle Risiken: Erhöhte Sturzgefahr, Atemdepression sowie Gefahr von Abhängigkeit und kognitiver Verschlechterung. Paradoxe Reaktion. No adequately controlled trials could be found to support the use of benzodiazepines in the treatment of non-alcohol withdrawal related delirium among hospitalised patients. Lonergan et al. (2009) Cochrane Review: Benzodiazepines for Delirium. Helios-Kliniken Schwerin 130 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. dann symptomatisch: • Neuroleptika • Benzodiazepine bei Entzug • Clomethiazol Verwirrt nicht die Verwirrten! Helios-Kliniken Schwerin 131 Clomethiazol beim Delir Thiamin-(Vitamin B1-)Derivat. Wirkt über den GABA-Rezeptor (analog Benzodiazepinen). deshalb antikonvulsiv wirkend Zugelassen für „Prädelirium und Delirium tremens“, „Verwirrtheits-, Erregungs- und Unruhezustände bei Patienten im höheren Lebensalter“ sowie „Schwere Schlafstörungen im höheren Lebensalter“. Aber Atemdepression bis Atemstillstand Viel und zähes Bronchialsekret Pneumoniegefahr insb. bei COPD! Nies- und Hustenreiz, Nasenschmerz, Tränenfluss, Exantheme, Magenbeschwerden. Hypotone Kreislaufdysregulation Kumulation bei Nieren- und Leberfunktionsstörungen. Abhängigkeit schon bei kurzer Behandlungszeit möglich Distraneurin-Kapsel: Inhalt hat pH 1, cave bei Schluckstörungen! Helios-Kliniken Schwerin 132 Therapie spezifisch Zuerst kausal, dann symptomatisch: Die Behandlung der delirogenen • Neuroleptika Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. • Benzodiazepine bei Entzug Verwirrt nicht die Verwirrten! • Clomethiazol (cave COPD) • Vitamin B1 i.v. oder i.m. Wenn Thiamin (Vitamin B1)-Mangel mit Wernicke-Enzephalopathie möglich ist, insbesondere bei Alkoholabhängigkeit , Malnutrition, Malabsorption. Hohe Dosen nötig (250mg)! Orale Aufnahme nicht höher als 1mg/h! Helios-Kliniken Schwerin 133 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, dann symptomatisch: Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. • Neuroleptika Verwirrt nicht die Verwirrten! • Chloralhydrat? Helios-Kliniken Schwerin • Benzodiazepine bei Entzug • Clomethiazol (cave COPD) 134 Chloralhydrat beim Delir? Wirkt über den GABA-Rezeptor (analog Benzodiazepinen, Clomethiazol). Zugelassen nur für „Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen“. Aber Reizt Schleimhäute, deshalb als Kapsel verabreicht Problematisch bei Schluckstörungen Sedierende Wirkung lässt wegen Enzyminduktion schneller nach als bei Benzodiazepinen und Clomethiazol Verlängert QTc im Gegensatz zu Benzodiazepinen und Clomethiazol Gilt als potentiell inadäquate Medikation für Ältere n. PRISCUS-Liste (Holt et al. 2010)! Helios-Kliniken Schwerin 135 Therapie symtomatisch-medikamentös Zuerst kausal, dann symptomatisch: Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. • Neuroleptika Verwirrt nicht die Verwirrten! • Vitamin B1 i.v. oder i.m. • Benzodiazepine bei Entzug • Clomethiazol (cave COPD) • Chloralhydrat? • Clonidin Helios-Kliniken Schwerin 136 Clonidin beim Delir Zentrales α2-Sympathikomimetikum, wirkt im Locus coeruleus. Antihypertensivum hypotone Kreislaufdysregulation, Bradykardie. Verschlechterung der Kognition Keine Studien beim (Nicht-Entzugs-)Delir. Zwei kontrollierte Studien beim Alkoholenzugsdelir: - Clomethiazol > Clonidin (Robinson et al. 1989) - Clonidin = Chlordiazepoxid (Baumgartner & Rowen 1991) Gilt als potentiell inadäquate Medikation für Ältere n. PRISCUS-Liste (Holt et al. 2010)! Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Clonidin TTS Helios-Kliniken Schwerin 137 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, dann symptomatisch: Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. • Neuroleptika Verwirrt nicht die Verwirrten! • Chloralhydrat? • Benzodiazepine bei Entzug • Clomethiazol (cave COPD) • Vitamin B1 i.v. oder i.m. • Clonidin • Dexmedetomidin Helios-Kliniken Schwerin 138 Dexmedetomidin beim Delir Zentrales α2-Sympathikomimetikum (wie Clonidin) Antihypertensivum hypotone Kreislaufdysregulation, Bradykardie (wie Clonidin) 100 µg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Indiziert „zur Sedierung erwachsener, intensivmedizinisch behandelter Patienten, die eine Sedierungstiefe benötigen, die ein Erwecken durch verbale Stimulation noch erlaubt“. Monitorkontrolle Zwei Studien zur Behandlung postoperativer Delirien Maldonado et al. (2009): bei herzchirurgischen Patienten Reduktion der Inzidenz von Delirien auf 3% im Vergleich zu Propofol und Midazolam (je 50%) Reade et al. (2009): kürzere Zeit bis zur Extubation im Vergleich zu Haloperidol bei deliranten, agitierten, intubierten Patienten € 1.385,40 pro 100ml Helios-Kliniken Schwerin 139 Therapie symptomatisch-medikamentös Zuerst kausal, dann symptomatisch: Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. • Neuroleptika Verwirrt nicht die Verwirrten! • Chloralhydrat? • Benzodiazepine bei Entzug • Clomethiazol (cave COPD) • Vitamin B1 i.v. oder i.m. • Clonidin • Dexmedetomidin • Melatonin? Helios-Kliniken Schwerin 140 Melatonin beim Delir? • Synchronisierung der inneren Uhr • Steuerung der Melatonin-Ausschüttung durch Licht • Licht Melatonin • Melatonin wirksam bei Tag-NachtRhythmus-Störungen von Demenzkranken (De Jonghe et al. 2010) und möglicherweise zur Delirprophylaxe (Al Aama et al. 2010, Sultan 2011) • Zur alleinigen Therapie des Delirs nur Einzelfälle publiziert (Hanania & Kitain 2002) Helios-Kliniken Schwerin 141 Melatonin beim Delir? • Synchronisierung der inneren Uhr • Steuerung der Melatonin-Ausschüttung durch Licht • Licht Melatonin • Melatonin wirksam bei Tag-NachtRhythmus-Störungen von Demenzkranken (De Jonghe et al. 2010) und möglicherweise zur Delirprophylaxe (Al Aama et al. 2010, Sultan 2011). Mögliches Problem: Längere Wirklatenz! Helios-Kliniken Schwerin • Zur alleinigen Therapie des Delirs nur Einzelfälle publiziert (Hanania & Kitain 2002) 142 Therapie symtomatisch-medikamentös Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. dann symptomatisch: • Neuroleptika • Benzodiazepine bei Entzug • Clomethiazol (cave COPD) • Vitamin B1 i.v. oder i.m. Verwirrt nicht die Verwirrten! • Chloralhydrat? • Clonidin • Dexmedetomidin • Melatonin • Cholinesterasehemmer - Physostigmin (Anticholium® i.v.) - Orale ChE-Hemmer: Donepezil (Aricept®) Rivastigmin (Exelon®) (auch als Pflaster) Galantamin (Reminyl®) Helios-Kliniken Schwerin 143 Theorie zur Pathogenese • Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört. Acetylcholin und Dopamin ChE-Hemmer Delir Helios-Kliniken Schwerin Depression 144 Physostigmin beim Delir Cholinesterasehemmer Nur langsam i.v. zu applizieren. HWZ 30-40 min. Nur unter intensivmedizinischen Bedingungen. Zugelassen als Antidot bei anticholinergem Delir. besondere Vorsicht bei Ulcera duodeni et ventriculi Asthma bronchiale Überleitungsstörungen des Herzens Bradykarden Herzrhythmusstörungen Iritis Obstruktionsileus Stenosen oder Spasmen des Darmtraktes, der Gallen- oder Harnwege Geschlossenen Schädel-Hirn-Traumen Sulfit-Überempfindlichkeit Helios-Kliniken Schwerin 145 Orale ChE-Hemmer beim Delir Donepezil: Fallberichte deuten auf Wirksamkeit beim Delir hin. (Wengel , Roccaforte & Burke 1998, Wengel, Burke & Roccaforte 1999, Noyan, Elbi & Aksu 2003, Gleason 2003, Sladkin & Rhiner 2004, Kobayashi et al. 2004) Eine retrospektive Fallkontrollstudie spricht gegen die Wirksamkeit bei Behandlung (und Prophylaxe) des postoperativen Delirs. (Liptzin et al. 2005) Rivastigmin: Fallberichte deuteten auf Wirksamkeit beim Delir hin. (Fischer 2001, Dautzenberg et al. 2004, Kalisvaart et al. 2004, van den Bliek & Maas 2004, Moretti et al. 2004). Multicenter-RCT wurde wegen erhöhter Mortalität abgebrochen ! (van Eijk et al. 2010) Galantamin: Einzelner Fallbericht deutet auf Wirksamkeit beim Delir hin. (Baraka & Harik 1977). Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Helios-Kliniken Schwerin 146 Orale ChE-Hemmer beim Delir Donepezil: Fallberichte deuten auf Wirksamkeit beim Delir hin. (Wengel , Roccaforte & Burke 1998, Wengel, Burke & Roccaforte 1999, Noyan, Elbi & Aksu 2003, Gleason 2003, Sladkin & Rhiner 2004, Kobayashi et al. 2004) Eine retrospektive Fallkontrollstudie spricht gegen die Wirksamkeit bei Behandlung (und Prophylaxe) des postoperativen Delirs. (Liptzin et al. 2005) „There is currently no evidence from controlled trials that donepezil another cholinesterase inhibitor) is 2001, Dautzenberg et al. Rivastigmin: Fallberichte(or deuteten auf Wirksamkeit beim Delir hin. (Fischer effective in the treatment of delirium“ 2004, Kalisvaart et al. 2004, van den Bliek & Maas 2004, Moretti et al. 2004). Multicenter-RCT wurde wegen erhöhter Mortalität abgebrochen ! (van Eijk et al. 2010) Overshott et al. (2009) Cochrane Review: Cholinesterase Inhibitors for Delirium. Galantamin: Einzelner Fallbericht deutet auf Wirksamkeit beim Delir hin. (Baraka & Harik 1977). Keine Zulassung für Behandlung des Delirs. Helios-Kliniken Schwerin 147 Fazit symptomatische Therapie Zuerst kausal, Die Behandlung der delirogenen Noxe hat Vorrang vor einer symptomatischen Behandlung. Verwirrt nicht die Verwirrten! dann symptomatisch: • Nicht-pharmakologisch • Medikamentös - Neuroleptika Haloperidol (cave DLB!) Melperon, Pipamperon (cave DLB!) Risperidon (cave DLB!) Quetiapin - Benzodiazepine nur bei Entzugsdelir - Clomethiazol (cave COPD) - Vitamin B1 i.v. oder i.m. - Clonidin nur beim Alkoholentzugsdelir - Melatonin? - Physostigmin Antidot bei anticholinergem Delir Helios-Kliniken Schwerin 148 Fazit symptomatische Therapie i.v. nur mit EKG-Monitor Off-label! Off-label! Hewer et al. Das Delir beim alten Menschen. Helios-Kliniken Schwerin 149 Delirante Patienten – wohin? Helios-Kliniken Schwerin 150 Risiko für delirante Patienten in der Psychiatrie • Hoch: z.B. Herzinfarkt, Lungenembolie, dekompensierte Herzinsuffizienz, Hirnblutung, Status epilepticus, Meningitis/Enzephalitis, Sepsis, schrittmacherpflichtige Bradykardie, Hyperkalzämie, Leberversagen, unbehandelte Frakturen, ausgedehnte Druckstellen vom Liegen nach Sturz Nicht in die Psychiatrie! • Mittel: z.B. Pneumonie, Erysipel, Hirninfarkt, Digitalisintoxikation, exazerbierte COPD, schwere Niereninsuffizienz, entgleister Diabetes mellitus, CRP >> 100 • Gering: z.B. Harnwegsinfekt, Opiat- oder Anticholinergikaintoxikation, Je nach den Umständen Hypoglykämie, Entzüge, Harnverhalt, Stuhlverstopfung, Hyponatriämie > ca. 120 mmol/l Kein Problem in der Psychiatrie Helios-Kliniken Schwerin 151 Take Home Message • Delirien sind keine psychologischen sondern meist komplexe, interdisziplinäre Probleme (verschiedene medizinische Disziplinen und Pflege). • Im Krankenhaus sind sie häufig iatrogen oder durch Organisationsmängel (mit)bedingt. • Delir-Symptomatik darf nicht als durch Demenz verursacht verkannt werden. • Die zum Delir führende Noxe muss identifiziert und möglichst behandelt werden. • Erst kommt die kausale, dann die symptomatische Behandlung, • Unter Berücksichtigung der Kontraindikationen letztere bevorzugt mit niedrig dosiertem Haloperidol, Melperon oder Pipamperon (außer bei M. Parkinson / DLB-Verdacht) • Bei M. Parkinson / DLB ggf. off-label mit Quetiapin • Auf Intensivstation auch mit Dexmedetomidin • Nur beim Benzodiazepin-/Alkoholentzugsdelir mit Benzodiazepinen, • Keine anticholinergen Neuroleptika (z.B. Promethazin, Levomepromazin, Prothipendyl) • Ob ein Delir im Allgemein- oder psychiatrischen Krankenhaus behandelt werden sollte, hängt von der Gefährlichkeit der delirogenen Noxe und den Verhaltensauffälligkeiten des Patienten ab.! Helios-Kliniken Schwerin 152