Somatoforme Störungen - Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und

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Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Somatoforme Störungen
Vorlesung im Sommersemester 2013
Dr. Roland Stolte
Abteilung für Psychosomatik
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Somatoforme Störungen
Definition
• Manifestation psychogener Störungen in Form
•
•
körperlicher Beschwerden und Missempfindungen an
pathologisch-anatomisch intakten Organen.
Charakteristisch ist die wiederholte Darbietung
körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen
Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz
wiederholten negativen Ergebnissen und der
Vergewisserung der Ärzte, dass die Symptome körperlich
unbegründet sind.
Wenn somatische Störungen Vorhanden sind, erklären
diese aber nicht das Ausmaß der Symptome, das Leiden
und die innerliche Beteiligung der Patienten.
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Somatoforme Störungen
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F45.0
F45.1
F45.2
F45.3
F45.4
F45.8
F45.9
Klassifikation nach ICD-10
Somatisierungsstörung
Undifferenzierte Somatisierungsstörung
Hypochondrische Störung
Somatoforme autonome Funktionsstörung
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung
Sonstige somatoforme Störungen
Somatoforme Störung, nicht näher bezeichnet
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Somatoforme Störungen
Somatisierungsstörung nach ICD-10 F45.0
•
mindestens zwei Jahre anhaltende Klagen über wechselnde körperliche Symptome, die nicht
vorwiegend vegetativ und nicht ausreichend körperlich erklärbar sind.
•
ständige Beschäftigung mit der Erkrankung, häufige und wechselnde Arztbesuche, Selbstmedikation,
Aufsuchen von Laienhelfern oder paramedizinischen Angeboten.
•
„hartnäckige Weigerung“ vom Betroffenen zu akzeptieren, dass keine ausreichende körperliche Ursache
vorliegt.
•
mindestens 6 der folgenden Symptome:
gastro-intestinale Symptome (z.B. Bauchschmerzen, Übelkeit, schlechter Geschmack im
Mund oder stark belegte Zunge, Erbrechen oder Würgen, Durchfall)
kardiovaskuläre Symptome (z.B. Atemlosigkeit ohne Anstrengung, Brustschmerzen)
urogenitale Symptome (z.B. Dysurie, unangenehme Empfindungen im oder um den
Genitalbereich, Klagen über ungewöhnlichen oder verstärkten vaginalen Ausfluss)
Haut- oder Schmerzsymptome (z.B. Klagen über Fleckigkeit oder Farbveränderungen der
Haut, Schmerzen in den Gliedern, unangenehme Taubheit oder Kribbelgefühl).
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Somatoforme Störungen
undifferenzierte Somatisierungsstörung nach ICD-10 F45.1
• Kann bereits ab einer Dauer von sechs Monaten diagnostiziert werden.
• Die Anzahl der Symptome oder das Hilfesuchverhalten ist geringer
ausgeprägt als bei der Somatisierungsstörung.
Bei Somatisierungsstörungen fließt die also die Art und Weise der
Beschwerdedarbietung, der Beschwerdeumgang und das Verhalten
im Gesundheitssystem mit in die Diagnose ein!!!
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Somatoforme Störungen
Hypochondrische Störung nach ICD-10 F45.2
• Bei einer hypochondrischen Störung stehen nicht die aktuellen körperlichen
Symptome im Vordergrund, sondern die mindestens sechs Monate
anhaltende Überzeugung trotz gegenteiliger Befunde, an einer (oder
höchstens zwei) bestimmten schweren körperlichen Erkrankungen zu
leiden (F45.20).
• Alternativ kann der Betroffene auch fest davon überzeugt sein, eine
körperliche Entstellung oder Missbildung zu haben (Dysmorphophobie,
F45.21).
Auch hier häufige Arztbesuche oder Aufsuchen von Laienhelfern.
Es handelt sich also um eine Gesundheitsangststörung und die
Verwandtschaft zu anderen Angststörungen ist deutlich.
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Somatoforme Störungen
Somatoforme autonome Funktionsstörung nach ICD-10 F45.3
Symptome der vegetativen Erregung stehen im Vordergrund
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Herz und kardiovaskuläres System (z.B. Brustschmerzen oder Druckgefühl in der Herzgegend)
Oberer Gastrointestinaltrakt (Beschwerden im Bereich der Speiseröhre oder des Magens; z.B.
Gefühl der Überblähung, Völlegefühl, Aerophagie, Singultus oder brennendes Gefühl im Brustkorb
oder im Oberbauch)
Unterer Gastrointestinaltrakt (Darmbeschwerden, z.B. häufiger Stuhlgang)
respiratorisches System (Atembeschwerden, z.B. Dyspnoe oder Hyperventilation)
Urogenitalsystem (z.B. erhöhte Miktionsfrequenz oder Dysurie)
Außergewöhnliche Ermüdbarkeit bei leichter Anstrengung
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Für die Diagnose müssen mindestens zwei Symptome in einem dieser Bereiche oder/und eine
rasche Ermüdbarkeit vorhanden sein.
Zudem müssen zwei oder mehr der folgenden Symptome vorliegen:
Herzklopfen
Schweißausbrüche (heiß oder kalt)
Mundtrockenheit
Hitzewallungen oder Erröten
Druckgefühl, Kribbeln oder Unruhe in der Magengegend
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Somatoforme Störungen
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung ICD-10 F45.40
• Mindestens sechs Monate lang an den meisten Tagen anhaltender schwerer und
•
•
belastender Schmerz in einem Körperteil.
Der Schmerz kann nicht ausreichend durch einen körperlichen Befund erklärt werden.
Zudem müssen zwei oder mehr der folgenden Symptome vorliegen:
-Herzklopfen
-Schweißausbrüche (heiß oder kalt)
-Mundtrockenheit
-Hitzewallungen oder Erröten
-Druckgefühl, Kribbeln oder Unruhe in der Magengegend
Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen
Faktoren ICD-10 F45.41
• Ausgangspunkt in einem physiologischen Prozess oder einer körperlichen Störung.
• Psychischen Faktoren haben eine wichtige Rolle für Schweregrad, Exazerbation oder
Aufrechterhaltung der Schmerzen, jedoch nicht die ursächliche Rolle für deren Beginn.
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Somatoforme Störungen
Epidemiologie
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Nur wenige zuverlässige Daten
Ca. 10% der Bevölkerung betroffen
20 % in der Patienten in der Primärversorgung
40% bei stationären Klinikpatienten
Bei Somatisierungsstörungen häufiger Frauen als Männer, ca. 10:1
Auch die Schmerzstörung ist bei Frauen zweimal häufiger
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung ca. 40% der chronischen
Schmerzerkrankungen
• Hohe sozioökonomsiche Kosten: Die Behandlungskosten sind insgesamt
etwa 14-fach höher bei der ambulanten und 6-fach höher bei der stationären
Behandlung verglichen mit den durchschnittlichen Krankheitskosten (Rief und
Hiller 1998).
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Somatoforme Störungen
Verlauf und Prognose
• Langwierige und schwer behandelbare Störungen mit nicht selten
schlechter Prognose quoad sanationem.
• Günstiger Spontanverlauf bei leichten funktionellen Störungen,
ungünstige Prognose bei eingesetzter Chronifizierung.
• Normale Lebenserwartung .
• Hoher Leidensdruck und erniedrigte Lebensqualität.
• Haben sich die Störungen manifestiert, gibt es in Symptomatik und
Verlauf keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
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Somatoforme Störungen
Ätiologie und Krankheitsmodelle
Multifaktorielle Genese als Wechselspiel verschiedener
– psychischer
– biologischer
– sozialer Faktoren als Auslöser.
• Wie spielen Körper und Seele zusammen?
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Somatoforme Störungen
Genetische und soziometrische Faktoren
• In einer norwegischen Zwillingsstudie wurde bei somatoformen Störungen
eine erhöhte Konkordanz bei eineiigen Zwillingen von 29% im Vergleich zu
zweieiigen Zwillingen von 10% festgestellt (Torgersen 1986).
• Genetisch bedingte Veränderungen des Kortisolspiegels scheinen hier u.A.
eine Rolle zu spielen.
• Somatisierungsstörung häufig sowohl mit einem niedrigen Bildungsniveau,
als auch mit einer Zugehörigkeit zu unteren sozialen Schichten verbunden.
Außerdem häufiger unverheiratet und zu einem höheren Prozentsatz in
städtischen Gebieten (z.B: Epidemiologic Catchement Area- Studie, USA, 80er
Jahre).
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Somatoforme Störungen
Konversion
• Abwehrmodus, bei dem sich Körpersymptome mit Ausdrucksgehalt
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manifestieren.
Psychische Erregung, die nicht adäquat verarbeitet werden kann,
„springt“ in einen Körperteil und kommt als körperliches Symptom
verkleidet zum Ausdruck, „konvertiert“ in ein körperliches Symptom,
wodurch emotionale Entlastung eintritt.
Symptome bestehen in der Veränderung einer zentral gesteuerten
körperlichen Funktion.
Psychodynamisch Ich-Entlastung, Stabilisierung eines psychischen
Zustandes, Auslöser unbewusst.
Bei struktureller Störung oder Traumapathologie „Ersatzbildung“ der
belastenden Inhalte (Affekte, Erinnerungen, Wahrnehmungen,
Konflikte), die damit unbewust bleiben.
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Somatoforme Störungen
Modell der De-/ Resomatisierung (M. Schur 1955)
• Im Kindesalter werden im Laufe der Entwicklung die Einheit von Erleben,
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Empfinden und Körper aufgelöst. Das sensorisch-affektive Erleben wird durch
markierte Spiegelung durch das Bindungsgegenüber „mentalisiert und
desomatisiert“.
Danach dominierten kognitive Prozesse die somatischen Reaktionen.
Bei seelischen Konflikten kann es dann zu Resomatisierung im Sinne einer
Regression kommen .
Zunehmend überdecken körperliche Korrelate wieder die seelischen Dimensionen
des Erlebens.
Enterozeptive Wahrnehmungsorietierung mit Veränderung der
Beziehungsrepräsentanzen im Sinne einer Körperorientierung der Kommunikaton
mit der Folge der „Symptomklage“.
Es liegt keine Symbolische Bedeutung vor.
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Somatoforme Störungen
Alexithymiemodell
• Es zeigte sich (Nemiah und Sifneos 1972), dass viele Patienten mit chronischen
somatoformen Schmerzen alexithyme Charakteristika aufweisen.
• Bei diesen Patienten finden sich ausgeprägte Störungen der Erkennung von emotionalen
Signalen, der emotionalen Expressivität, sowie verminderte Phantasietätigkeit.
• Auch bei Patienten, die schweren psychischen Traumata ausgesetzt waren, finden sich
diese Charakteristika (Huber 2001).
• Gestörte Wahrnehmung und gestörte Verbalisierung von Affekten, „Aphasie der Gefühle“
(Sifneos 1996).
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Die depressive Somatisierung nach G. Rudolf (1998)
• In der Entwicklung Mangel an Versorgt- und Beachtetwerden.
• Es erscheint aussichtslos, an die Bezugspersonen durch Signale von
Wut oder Trauer zu appellieren, diese Affekte müssen massiv
abgewehrt werden („depressiver Grundkonflikt“).
• Altruistsiche und narzisstische Abwehrmodi dominieren („Ich helfe dir,
statt dass du mir hilfst“ und „Ich bin nicht bedürftig, ich bin stark“).
Bemühen verstärkter eigenverantwortlicher Aktivität, BurnoutEntwicklung.
• Symptomausbruch nach geringfügigem Belastungsereignis.
• Sujektiv nun Berechtigung zum Hilfesuchen. Der Hilfsappell ist aber so
beschaffen, dass er nicht angemessen beantwortet werden kann.
• Zunehmende Enttäuschung, nicht nur nicht therapiert, sondern auch
ungerecht behandelt zu werden, wodurch wiederum der Anspruch auf
Wiedergutmachung intensiviert wird.
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Somatoforme Störungen
Das Interpersonelle Modell nach P. Henningsen (1998)
• Ergänzung der psychoanalytischen Modelle.
• Experimentell nachweisbare psychophysiologische
Zusammenhänge zwischen affektiven Spannungszuständen und
veränderten Körperfunktionen aller möglichen Organe
bestehen, werden aber erst dann zu Somatisierung, wenn sie
ein affektives Signal an ein Gegenüber bilden.
• Erst relativ zur Einschätzung eines (ärztlichen) Gegenübers
könne aus Körperbeschwerden Somatisierung werden (Rudolf
und Henningsen 1998).
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Somatoforme Störungen
Stressmodelle
• Das klassische Stressmodell nach Selye (1956) konzentriert sich auf die Hormone
von
Hypophysenvorderlappen und Nebennierenrinde, die zentrale Funktion der
Glukocorticoide.
• Life-Event und Vulnerabilitätskonzept (u.A. nach Sternbach 1966)
– Critical Life Events
– persönliche psychische Vulnerabilität,
– Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit eines Stressors
• drei Gruppen von Stressoren unterschieden:
– Alltagsstressoren (berufliche Überforderung, Zeitdruck, Reizüberflutung, Isolation)
– innerpsychische Stressfaktoren z.B. erhöhtes Selbstanspruchsniveau, erhöhte
Kränkbarkeit
– Stress durch extreme Belastungssituationen, z.B. Critical Life Events, Erkrankungen mit
Funktionsverlust Unter Alltagsstressoren
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Somatoforme Störungen
Teufelskreis und Chronifizierung
• Ärztliche Untersuchungen ergeben keinen pathologischen Befund…
• … was aber nicht zu Beruhigung führt, da die Betroffenen keine überzeugende
•
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psychophysiologische Erklärung zur vermuteten organpathologischen Ursache
haben.
Befundlosen ärztlichen Untersuchungsergebnisse wirken beunruhigend.
Angst, Opfer von Fehldiagnosen zu sein mit den Affekten von Wut, Angst und
Resignation.
Ängstliche Fokussierung auf die Symptome und zunehmende Suche bei
medizinischen, komplementärmedizinischen und paramedizinischen Angeboten
in der Hoffnung auf die erlösende Diagnose oder Behandlung („doctor
hopping“, Koryphäen Killer).
Verstärkter Aufmerksamkeit auf alle Körperprozesse, die einen Hinweis auf eine
Krankheit geben könnten mit Ausweitung der Symptomatik und empfundener
Verlust von Gesundheit.
Eine hilflos-depressive bzw. ängstliche Stimmung dominiert, die zur
Aggravation des Störungsbildes beiträgt.
Schonhaltungen und sozialer Rückzug sind die Folge.
Wiedergutmachungs- und Versorgungswünsche, Sekundärer Krankheitsgewinn
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Diagnostik
• Befunderhebung und bei Verdacht Anamneseerweiterung Belastungsmomente,
Auslöser, Biographie, Frage „was will der Patient mitteilen?“.
• OPD, mit den Achsen Krankheitserleben, Beziehung, Konflikt, Struktur,
Psychososmatische Erkrankungen.
• Selbstbeurteilungsfragebogens die subjektive Beeinträchtigung durch
•
somatische und psychische Symptome wie „Symptom-Chekliste-90-R“ (SCL-90R)
Ausschluss körperlicher Ursachen beachten.
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Fallbeispiel Herr G. - Therapie
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•
Tiefenpsychologische Psychotherapie, insgesamt 25 stationäre und 25
poststationäre Sitzungen.
Während der stationären Behandlung multimodales Setting.
Einmalig Paargespräch.
Einmalig EMDR (Tod de Vaters).
•
Strukturell Ausdruck von Emotionen erschwert. Selbstwertkonflikt. Normativer,
aktiver Verarbeitungsmodus.
•
Interventionen zunächst strukturell stärkend, den emotionalen Ausdruck fördernd.
Benennung von Affekten im Sinne eines Hilfs-Ichs.
Im weiteren Verlauf Interventionen zunehmend aufdeckend, konfliktbezogen.
Einsatz von Mirtzapin 30mg.
•
•
In der Therapie genauere Schilderung der Situation mit massiver Müdigkeit:
Heimfahrten nach Hause, dort Paarkonflikt und Angst vor der Zukunft, da 18jährige
Tochter bald zum Studium aus dem Haus gehe. Mit ihr fühle er sich emotional stark
verbunden und verstanden.
Konflikt auch am AP, dort Verlust eines Kollegen durch Hirntumor, Kränkung am
Arbeitsplatz, Konflikt mit Chef.
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Diagnose, Differentialdiagnosen und Komorbidität
• Diagnostische Abgrenzung zu
- schizophrenen Erkrankungen
- wahnhaften Störungen
- Angst-/ Panikstörungen
- affektive Störungen.
- artifiziellen Störung (ICD-10 F68.1, absichtlich erzeugt,
durch innerseelische Faktoren bestimmt)
- Simulation (ICD-10 Z76.5, brustseinsnah, äußere Anreize)
- „Psychologische Faktoren, die medizinische
Krankheitsfaktoren beeinflussen“ (ICD-10 F54, z.B.
Asthma, Ekzeme, Magenulkus, Colitis ulcerosa, Urticaria).
- Neurasthenie F48.0 (chronic fatigue Syndrom)
- Funktionelle Sexualstörugn (ICD-10 F52)
• Komorbidität mit anderen psychischen Störungen in 60-70 %.
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Behandlung in der Primärversorgung
Hohe Bedeutung der Primärversorgung bei Chronifizierung, Verhütung,
Erkennung, Begleitung und Behandlung.
• Klage des Patienten entgegennehmen. Ernstnehmen. Bindung anbieten. Ggf.
Folgetermine anbieten, damit der Pat. keine neuen Symptome braucht, um zu
kommen.
•
• Somatische Diagnostik geplant, angepasst, von einem Behandler gesteuert,
Redundanz vermeiden.
• Bagatellbefunde kritisch würdigen.
• Anamneseerweiterung, Sozialmedizinische Anamnese (Arbeitsplatzkonflikt,
Rentenwunsch, GdB...), Psychosomatische Grundversorgung.
• Beschwerdelinderung immer mitformulieren.
• Ggf. begleitende Pharmakotherapie.
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Fachspezifische Überweisung bei
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Beschwerden > 6 Mon.
Arbeitsunfähigkeit > 4 Wochen
Wunsch des Patienten
psychische Komorbidität
ernster interaktioneller Störung
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Stationäre Behandlung
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Multimodales Setting
Entlastung aus dem Alltag, dem Umfeld, der Familie
Nebeneinander verschiedener Methoden (multimethodal)
Behandlung schwerst Erkrankter
Interdisziplinäre Diagnostik
Sozialmedizinische Diagnostik
Motivation durch Patientengruppe
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Pharmakotherapie
• Antidepressiva (bei Schmerzstörungen ggf. auch mit anticholinerger
Wirkkomponente), niedrigpotente Neuroleptika, Anxiolytika, Analgetika.
• Auf Komorbidität achten, günstige Wirk- und Nebenwirkungsprofilen
suchen.
• Schmerzverarbeitung kann durch Antidepressiva günstig beeinflusst
werden.
• Bei Patienten, die zu missbräuchlicher Anwendung neigen (sehr viele
dieser Gruppe!), sollte auf die Verordnung von Benzodiazepinen
grundsätzlich verzichtet werden.
• Kein Einsatz von Depotneuroleptika!
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Therapieziele
•
Aufbau einer therapeutischen Bindung, Gewinn von Vertrauen in die Behandlung.
•
Förderung der struktureller Defizite wie Affektwahrnehmung und Kommunikation
emotionaler Inhalte.
•
Wiedererwerb von Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit des eigenen Körpers sowie der
psychischen und sozialen Handlungs- und Erlebnisfähigkeit.
•
Lernen zwischen eher organisch bedingten Beschwerden und funktionellen Beschwerden
zu unterscheiden. Toleranz gegenüber körperlichen Missempfindungen erlernen.
•
Aufbau von eigenem "Gesundheitsverhalten" (Entspannung, körperliche Aktivierung,
Wiederaufbau sozialer Fertigkeiten, Erwerb von Strategien zur Stressbewältigung).
•
Verhinderung drohender gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Sicherung beruflicher
und sozialer Leistungsfähigkeit.
•
Verzicht auf gehäufte Inanspruchnahme ärztlicher Dienste, die der Beruhigung dienen.
•
Der Therapiefokus wird bei guter Therapie von organischer Ursachenüberzeugung auf
Akzeptanz bio-psycho-sozialer Faktoren wechseln. Bei nachlassender Somatisierung ist
häufig eine Zunahme der depressiven Symptomatik zu bemerken.
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Gegenübertragung bei somatoformen Störungen
• Aggressive Gegenübertragung kann zur Bestrafungsimpulsen führen oder
zur Ablehnung des Patienten.
• Aggressive Ablehnung einzelner Körperselbstanteile des Patienten kann
durch (konkordante) Gegenübertragung zu Operationsempfehlungen
führen (Patienten müssen häufig vor operativen Eingriffen geschützt
werden).
• Hilflosigkeitsempfinden kann zu unangemessenen
„Beruhigungshandlungen“ führen.
• Resignative Gegenübertragung kann zu Unter- oder Fehlbehandlung
führen
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Fallbeispiel Herr G. - Aufnahme
I
•
49J Pat., Frankfurter Umland, Außendienstmitarbeiter, verheiratet, 18jährige Tochter.
•
Seit 1 Jahr wiederkehrende Druckgefühle linksthorakal, Ausstrahlung in beide Arme.
Imperative Müdigkeitsanfälle, die ihn bei Heimfahrten zu sofortigem Anhalten
zwingen, dann kurze Schlafphasen auf dem Rastplatz oder am Straßenrand mit dem
Gefühl des „Zeitverlustes“. Dann auch Lähmungsgefühl in der rechten Hand.
Depressive Symptomatik, mittelgradig.
•
Neurologische und kardiologische Symptomatik komplett unauffällig. Auslöser nicht
benennbar.
•
Zurückhaltend wirkender Patient, freundlich, reflektiert, sehr affektarme Schilderung
seiner Situation, stark normativ, viel Kontrolle, hohe Antwortlatenz. Sonst
psychopathologisch o.B.
•
Biographie:
In Dorf in Hessen groß geworden, ländlich, katholisch-konservativ. Kindheit mit
einer Schwester, alles sein „normal“ gewesen. Heirat kurz vor der Geburt der
18jährigen Tochter, die bald Abi mache. Ehe sei teilweise krisenhaft.
Kundenbetreuung im Außendienst mit 200.000km Fahrleistung pro Jahr, hohe
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Fallbeispiel Hr. G. - Verlauf
.
•
Nachlassen des normativen Drucks und Schilderung stark empfundener
Einsamkeitsgefühle in der Kindheit, wenig elterliche Unterstützung und wenig
lebhafte elterliche Spiegelung. Stark religiös eingeengtes Elternhaus. Eltern waren
nicht zur Hochzeit gekommen, starke Kränkung
•
Vor 3 Jahren Vater nach apoplektischem Insult hilflos mit Linksseitensymptomatik
und Lähmung der linken Hand in der Wohnung gefunden, „jetzt hab ich ihn
verloren“, Schuldgefühle wegen der Einsamkeit des Vater, Hilflosigkeit des Vaters.
•
Zunehmend Möglichkeiten über eigene Einsamkeit zu sprechen. Stellt Verbindung
auch mit Heimfahrten und Ängsten bezogen auf Einsamkeit nach Weggang der
Tochter her. Ängste auch vor Trennung des Ehepaares nach Weggang der Tochter.
•
•
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Weltreise der Tochter, gelungene Ablösung. Klärung der Beruflichen Konflikte.
50 Geburtstag, neue Lebensphase.
Mehrere Krisen, eine davon auch mit suizidalen Gedanken, auch dissoziative
Amnesie einmalig, zwischenzeitlich Depression zunehmend.
•
Bei Ende der Behandlung keine kardiovaskuläre und dissoziative Symptomatik
mehr. Lebendiges partnerschaftliches Leben. Leichtgradie depressive
Restsymptomatik.
Nach 4 Jahren: „ich habe einen Defekt“, nach der Therapie deutliche Besserung,
jetzt wieder unter hohem beruflichen Druck wiederaufkommen einiger Symptome“
•
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit
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