2010 1 WissensWert + TICKER + TICKER + Experten-Telefon: Im März und April finden im Lebenshaus Nierenkrebs Experten-Telefonate statt, die auch für SARKOMBetroffene hilfreich sein könnten: n Di. 30. März / 18:00 bis 19:00 Uhr Komplementäre Therapien n Mo. 26. April / 18:00 bis 19:00 Uhr Krankheitsbewältigung Infos bzgl. der Experten-Telefonate finden Sie nachfolgend auf Seite 31 Sarkom-Experten-Hilfe: Oft haben Patienten mit einem Sarkom eine wahre Odyssee durch das Gesundheitssystem hinter sich, ehe sie ein auf Diagnostik, Therapie und Monitoring spezialisiertes SarkomZentrum erreichen. Nachfolgend finden Sie die Daten für den Erstkontakt zu erfahrenen Sarkom-Experten in Deutschland und Österreich, die weiterhelfen können – auch im Rahmen einer Zweitmeinung. PD Dr. Sebastian Bauer Essen > Tel. 0201-723-85558/-2017 Prof. Dr. Stefan Bielack (Sarkome Kinder/Jugendliche) Stuttgart Tel. 0711 278-72461 Prof. Dr. Thomas Brodowicz Wien Tel. +43 (0)1-40400-4466 PD Dr. Viktor Grünwald Hannover Tel. 0511 532-3140 Prof. Dr. Peter Hohenberger Mannheim Tel. 0621-383-2042 Prof. Dr. Jörg T. Hartmann Kiel Tel. 0431-1697-1201 Prof. Dr. Heribert Jürgens (Sarkome Kinder/Jugendliche) Münster Tel. 0251-83-47783 PD Dr. Peter Reichardt Bad Saarow Tel. 033631-7-3527 Dr. Marcus Schlemmer München Tel. 089-7095-3041 Prof. Dr. Matthias Schwarzbach Frankfurt-Höchst Tel.069-3106-4600 Prof. Dr. Jochen Schütte Düsseldorf Tel. 0211-4400-2501 PD Dr. Georg Täger Essen Tel. 0201 723 1341 Dr. Per-Ulf Tunn Berlin-Buch Tel. 030-9401-54800 Die vollständigen Adressen finden Sie unter www.lh-sarkome.org 22 Sarkom-Wissen Teil 1: Was sind Sarkome und seit wann kennt man sie? Das Wort „Sarkom“ setzt sich aus den griechischen Wörtern „sarcos“ Fleisch und „oma“ Geschwulst zusammen. Sarkome sind seltene Tumoren, die entweder in den Knochen oder in Weichgeweben – also dem Muskel-, Fett-, Knorpel und Bindegewebe auftreten können. Sie umfassen ein breites Spektrum von weit über 100 verschiedenen Tumoren, die sich hinsichtlich ihres biologischen Verhaltens, ihrer Prognose und ihres Ansprechens auf unterschiedliche Therapien teilweise sehr unterscheiden. Man schätzt die Zahl der malignen (bösartigen) Sarkom-Neuerkrankungen in Deutschland auf etwa 4 bis 5.000 neue Fälle pro Jahr. Das entspricht etwa 1% aller Krebsneuerkrankungen beim Erwachsenen und etwa 15% der Krebsneuerkrankungen bei Kindern in Deutschland. Kurzgeschichte der Sarkome (Auszug): Der griechische Arzt und Anatom Galenos von Pergamon (dt. Galen, 129 bis 216 n. Chr.) beschrieb in seinen Schriften diese „f leischigen Tumore“ als krebsartig und empfahl Vorsicht bei chirurgischen Eingriffen. Mit der Erfindung des Lichtmikroskops 1592 findet man bereits erste Beschreibungen von Weichgewebetumoren durch Marcus Severinius und Giovanni Battista Morgagni. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es etliche Mediziner wie z.B. François Xavier Bichat, John Abernethy und René Laënnec, die viel dazu beitrugen, die Physiologie des Krebses generell besser zu verstehen. Soweit man es heute noch genau nachvollziehen kann, geht die erste Verwendung des Begriffes „Weichkrebs“ zurück auf James Wardrob, einen Chirurgen aus Edinburgh und die Definition von „Weichkrebs“ als Differenzierung zu den Karzinomen auf Charles Bell (Anatom und Physiologe aus Edinburgh). Das Verständnis für die Natur der Weichgewebetumore schritt im 19. Jahrhundert weiter fort - durch die Forschungen des Pariser Anatomen Jean Cruveilhier und des deutschen Arztes und Anatomen Johannes Peter Müller. Auf ihn geht angeblich auch der Begriff „Desmoid“ im Jahr 1838 zurück. Ein weiterer wichtiger Schritt zum Verständnis der Sarkome erfolgte durch Rudolf Virchow (1821 bis 1902). Er war Arzt an der Berliner Charité und gilt unter anderem (in der Tradition von Giovanni Battista Morgagni) als Begründer der modernen Pathologie. Er veröffentlichte 1850, dass jeder Krebs von einer einzigen krebsartig entarteten Vor­ läuferzelle abstammt und begründete damit die heutige Auffassung von Krebs als Erkrankungen der Zelle. Er definierte unter anderem Sarkome als „neue Formationen des Bindegewebes“… Im menschlichen Körper gibt es ganz unterschiedliche Gewebetypen. So werden Sarkome generell unterteilt nach ihrem jeweiligen Ursprungsgewebe bzw. ihrer Ähnlichkeit zu vorhandenen Gewebstypen: Grob unterteilen lassen sich n Knochensarkome n Weichgewebetumoren (auch Weich­ gewebesarkome, Weichteiltumoren) Inzwischen glaubt man weit über 100 histologische Subtypen von gut- und bösartigen Sarkomen entdeckt zu haben, die z.B. in einer Klassifizierung nach den Ursprungszellen eingeordnet werden. 2010 1 SARKOME Zum Verständnis der Benennung maligner Weichgewebetumoren: Name Sarkom aus - bzw. Ähnlichkeit mit Leiomyosarkom So genannter „glatter Muskulatur“ Liposarkom Fettgewebszellen Fibrosarkom Bindegewebszellen Osteosarkom Knochenbildenden Zellen Synovialsarkom Gelenkkapselzellen Rhabdomyosarkom Zellen der quergestreiften Muskulatur Angiosarkom / Hämangioperizytom Blutgefäßen Chondrosarkom Knorpelzellen Neurofibrosarkom Nerven schützende/stützende Zellen Lymphangiosarkome Lymphgefäßzellen GIST Gastrointestinale Stromatumoren Sarkom aus spez. Zellen des Verdauungstraktes WHO-Klassifikation maligner Weichgewebetumoren 1. Fibrös Fibrosarkom 2. Fibrohistiozytär Malignes fibröses Histiozytom pleomorph/ Myxoid/ Riesenzell/ Inflammatorisch 3. Lipomatös Liposarkom gut-differenziert/ myxoid/ rundzellig/ pleomorph/ undifferenziert 4. Glatte Muskulatur Leiomyosarkom/ epitheloides LMS 5. Skelettmuskulatur Rhabdomyosarkom embr./ botryoid/ spindelzellig/ alveolär/ pleomorph/ Ektomesenchymoma 6. Endotheliale Tumoren Angiosarkom Kaposi-Sarkom 7. Perivaskuläre Tumoren Hämangioperizytom Mal. Glomus-Tumor 8. Synoviale Tumoren Mal. tendosynovialer Riesenzelltumor 9. Mesotheliale Tumoren Mesotheliom epithelial/spindelzellig/biphasisch 10. Neurale Tumoren MPNST Triton-Tu/ glandulär/ epitheloid Mal. Granularzelltumor Klarzellsarkom Mal. Melanozytäres Schwannom Neuroblastom Ganglioneuroblastom PNET 11. Paragangliäre Tumoren Mal. Paragangliom 12. Knorpel-/ Knochentumoren Extraskelettales Chondrosarkom gut differenziert/ myxoid/ mesenchymal/ undifferenziert o o Extraskelettales Osteosarkom 13. Pluripotente mesenchymale Tumoren Mal. Mesenchymom 14. Verschiedene Tumoren Alveoläres Weichgewebesarkom Epitheloidzellsarkom Extraskelettales Ewing-Sarkom Synovial-Sarkom (monophasisch) Mal. (extrarenaler) Rhabdoid-Tumor Desmoplastische Rundzelltumoren 15. Unklassifizierte Tumoren In dieser Klassifizierung gibt es Tumoren die aus Zellen des Fett-Gewebes, des Muskel-Gewebes (weiche Muskulatur), des Muskel-Gewebes (Skelett-Muskulatur), dem peripheres Nervengewebe, dem Gelenk-Gewebe, den Blut- und LymphGefäßen, dem Faser-/Bindegewebe oder sogar unklaren Ursprungs (Gewebetyps) entstehen. Lipo steht z.B. immer für Fett. Ein Liposarkom z.B. ist ein bösartiger (maligner) Tumor des Fettgewebes. Angesichts dieser Vielzahl von Begriffen wird schon jetzt deutlich, dass es sich bei den Sarkomen um eine sehr gemischte (heterogene) Gruppe von Erkrankungen handelt, die eigentlich nur eine Basis gemeinsam haben, den gemeinsamen Ursprung aus den sogenannten mesenchymalen Zellen. INFO Tumoren: Sarkome gehören – als Gruppe seltener Tumoren – zu den Krebserkrankungen. Unter einem Tumor versteht man eine Gruppe von entarteten Körperzellen, die sich stärker vermehren, als es für die gesunden Zellen üblich wäre ("Überschusswachstum"). Bösartige Tumoren, zu denen viele Sarkome gehören, haben darüber hinaus die Eigenschaft, sich von ihrem ursprünglichen Zellverband zu lösen, in umliegende Gewebe überzusiedeln ("Infiltration") oder über das Lymphsystem oder den Blutkreislauf in entferntere Gewebe (Organe) abzuwandern und sich dort anzusiedeln ("Metastasen"). In der Regel haben die Tumor­ zellen ihre ursprüngliche Funktion verloren und beeinträchtigen durch ihr Wachstum die Funktionen des gesunden Gewebes und damit die Funktion der Organe, in denen sie wachsen. 23