Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Digitale Informationsübertragung Die Grundlage für jede digitale Signalbeschreibung, -verarbeitung und Übertragung stellt die Abtastung des analogen Ursprungssignals dar. Grundsätzlich werden bei der Digitalisierung die vorliegenden Abtastproben mit diskreten Zahlenwerten beschrieben und diese wiederum geeignet durch Rechteckimpulse codiert als Datenfolge übertragen. Dies geschieht entweder direkt oder trägerfrequent unter Nutzung der klassischen Modulationsverfahren, die angepaßt an die spezielle Natur eines Digitalsignals besondere Erscheinungsformen aufweisen. 1. Pulscodemodulation (PCM) Die Umwandlung der bei der Pulsamplitudenmodulation PAM vorliegenden Abtastwerte in binäre Zahlenwerte führt auf die Pulscodemodulation PCM. Dabei werden die beiden logischen Zustände 0 und 1 bzw. Low und High durch zwei Spannungen elektrisch dargestellt. Weiterverarbeitet und übertragen wird nunmehr nur noch ein Digitalsignal, das als Datenfolge von Low- und High-Pegeln einer Rechteckimpulsfolge innerhalb eines festen Taktrasters entspricht. Bei der Umsetzung der abgetasteten Amplituden in binäre Werte muß zwangsläufig von einem begrenzten Wertevorrat ausgegangen werden. Der Aussteuerbereich wird dabei beispielsweise durch eine Anzahl von 3 Bits auf 8 diskrete mögliche Stufen festgelegt und jeder Abtastwert entsprechend gerundet. Allgemein gilt: n = 2m mit n - Amplitudenstufen m - Anzahl der Bits Die Quantisierung entspricht einer nichtlinearen, treppenförmigen Kennlinie. Sind die einzelnen Treppenstufen in gleichen Abständen und mit gleichbleibender Stufenhöhe gegeben, spricht man von einem linearen Quantisierer. 1 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Darstellung der Verarbeitungsschritte zur PCM: Kontinuierliches Signal: u(t) t Abgetastetes Signal: ua(t) t Quantisiertes Signal: uaq(t) 101 Quantisierungsfehler 4 100 3 011 2 010 1 001 0 000 t Digitalsignal: 0 1 0 0 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 0 11 0 0 t Diese vorgenommene Rundung ergibt eine Abweichung vom realen Amplitudenwert und wird als Quantisierung bezeichnet. Die Differenz zwischen Original und Rundung heißt Quantisierungsfehler. 2 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Quantisierungskennline: Aussteuerungsgrenze uq umax Repräsentativwerte u ∆q Entscheiderschwellen umin Quantisierungsfehler: q +∆q/2 −∆q/2 u Die zugehörige Fehlerbetrachtung liefert eine Kennlinie, die die Abweichung von der Originalamplitude je nach Eingangsamplitude u beschreibt. Dabei geht man in der Angabe des Quantisierungsfehlers q von einer Beschreibung als additiv überlagerte Störung auf dem nichtquantisierten Signal aus. Dies kommt einer üblichen Störüberlagerung wie z.B. durch Rauschen nahe und kann durch folgendes Blockschaltbild beschrieben werden: q u uq = u + q uq q = uq − u Je mehr Bits bzw. Quantisierungsstufen bei der Digitalisierung eines Signals verwendet werden, desto kleiner wird der resultierende Quantisierungsfehler q. In der Praxis orientiert man sich dabei an der Rauschüberlagerung auf dem Signal, die noch toleriert werden kann (minimaler Störabstand). Liegt der Quantisierungsfehlers unterhalb dieser tolerierbaren Rauschstörung, so wird eine Digitalisierung keine zusätzlichen subjektiven Signalbeeinträchtigungen mit sich bringen. 3 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Für die quantitative Beschreibung der Quantisierungseffekte dienen sowohl die Dynamik als auch eine Angabe als Quantisierungsrauschen bzw. Störabstand. Die Dynamik gibt das logarithmische Verhältnis zwischen Spitzenaussteuerung uss und Spitzenwert des Quantisierungsfehlers an, der sich beim linearen Quantisierer folgendermaßen darstellen läßt: uss n Quantisierungsfehler: q= Dynamik: u u D = 20 ⋅ log ss = 20 ⋅ log ss q uss / n ( ) = 20 ⋅ log(n ) = 20 ⋅ log 2m = m ⋅ 20 ⋅ log(2) D = m ⋅ 6dB Mit jedem zusätzlichem Bit verbessert sich die Dynamik also um 6dB. Eine Quantisierung mit 8 Bit, die beispielsweise in der Videotechnik verwendet wird, entspricht also einer Dynamik von 48dB, während in der Audiotechnik 16 Bit typisch sind entsprechend einer Dynamik von 96dB. Die Angabe eines Störabstandes zwischen Signal und Quantisierungsfehler ist als logarithmisches Verhältnis zwischen Spitzenspannung des Signals uss und Effektivwert des Quantisierungsrauschens definiert. Der Quantisierungsfehler wird dabei als Rauschen angesehen und wirkt in der Praxis oft auch so. Die Angabe eines Effektivwertes für das Quantisierungsgeräusch muß aus einer statistischen Betrachtung der Amplitudenhäufigkeit des vorliegenden Signals heraus abgeleitet werden. Für Signale mit gleichverteilten Amplituden ergeben sich auch gleichverteilte Amplitudenwerte für den Quantisierungsfehler. Als Effektivwert ergibt sich uss n ⋅ 12 Effektivwert Quantisierungsfehler: qeff = Störabstand: u S = 20 ⋅ log ss Nq qeff ( = 20 ⋅ log n ⋅ 12 ) ( ) = 20 ⋅ log(n ) + 20 ⋅ log 12 S = m ⋅ 6dB + 10,8dB Nq (bei gleichverteilten Signalamplituden) 4 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Berechnung des Effektivwertes des Quantisierungsfehlers: Für den Fall eines in der Amplitude gleichverteilten Signals liegt auch für den Quantisierungsfehler eine Gleichverteilung der Ampitudenverteilungsdichtefunktion vor, die sich folgendermaßen beschreiben läßt: Fläche = 1 w(u) 1 ∆q - ∆q 2 Leistung des Quantisierungsfehlers: ∆q 2 0 u + ∆q / 2 + ∆q / 2 +∞ 1 u3 1 ⋅ du = ⋅ µ 2 = ∫ u ⋅ w(u ) ⋅ du = ∫ u ⋅ ∆q 3 ∆ q − ∆q / 2 −∞ − ∆q / 2 2 2 ∆q 2 = 12 Da der Mittelwert µ1=0 ist, gilt Leistung gleich Varianz m Effektivwert des Quantisierungsfehlers: σ = m = ∆q 12 Für die genannten Beispiele Videosignal mit 8 Bit entsprechend 48dB Dynamik und Audiosignal mit 16 Bit entsprechend 96dB Dynamik ergeben sich Störabstandswerte von 58,8dB bzw. 106,8dB. Durch diese Angaben sind sehr gute Vergleichsmöglichkeiten von Signalbeeinträchtigungen durch Quantisierungsfehler und durch reine Rauschstörungen gegeben. Durch Anpassung der Quantisierungskennlinie an die Signalstatistik läßt sich der Wert des Quantisierungsrauschen auch bei unveränderter Bitbreite verringern. Dazu quantisiert man in Amplitudenbereichen hoher Häufigkeit in feineren Stufen auf Kosten der seltener auftretenden Aussteuerungswerte, die gröber quantisiert werden. Statistisch ergibt sich dann ein niedrigerer Effektivwert des Quantisierungsrauschens bzw. ein größerer Störabstand. Durch die Dimensionierung einer ausreichend feinen Quantisierung liegt also der unvermeidliche Quantisierungsfehler unterhalb der Erkennbarkeitsschwelle bzw. der ohnehin vorhandenen analogen Rauschüberlagerung. Der große Vorteil einer digitalen Codierung liegt aber im weiteren Signalverlauf bei der störsicheren Verarbeitung, Übertragung und ggf. Speicherung. Rauschen überlagert sich zwar bei der Übertragung von Digitalsignalen ebenso wie bei Ana5 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung logsignalen gleichermaßen. Durch die binäre Darstellung des codierten Signals mit nur zwei Pegeln Low und High ist jedoch eine Rekonstruktion der gestörten Signalform möglich. Mit Hilfe einer Entscheiderschwelle zwischen dem Low- und dem Highpegel kann wie bei der Phasen- oder Frequenzmodulation die Störung unterdrückt werden (Begrenzereigenschaft). Schwellwert Begrenzer 0 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 1 0 1 1 1 0 Die praktische Umwandlung von analogen Signalen in PCM-Signale erfolgt mit Analog/Digitalwandlern, kurz A/D-Wandlern. Eine typische Blockstruktur eines sehr schnellen Wandlers ist im folgenden dargestellt. Für jede Quantisierungsstufe ist ein Komparator vorhanden, der das Eingangssignal mit der jeweiligen Entscheiderschwelle der Quantisierungsstufe vergleicht. Die Entscheiderschwellen leiten sich von einer zugeführten Referenzspannung in Verbindung mit einem Widerstandsteiler ab. Mit ungleichen Widerstandswerten lassen sich nichtlineare Quantisierungskennlinien realisieren. An den Komparatorausgängen entsteht so ein Thermometercode, der nachfolgend in eine Binärcodierung umgewandelt wird. Die 2m-1 Komparatoren entsprechen bei m=8 Bit einer Anzahl von 255. Zusammen mit der Quantisierungsstufe für 0, bei der keiner der Komparatoren ausgangsseitig ein High anzeigt, gibt es also 28=256 Quantisierungsstufen insgesamt, allgemein sind es 2m. 6 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Aufbau eines A/D-Wandlers: uanalog A udig m D uref 2m m 2 -1 m MSB Coder m 3 2 m 3 2 2 1 LSB 1 uanalog Am digitalen Ausgang sind die Bits nach Wertigkeit angeordnet. Das niederwertigeste heißt „Least Significant Bit“ (LSB), das höchstwertigste „Most Significant Bit“ (MSB). Die mathematische Wertigkeit orientiert sich an den Potenzen von 2. Das LSB wird mit 20=1 gewichtet, das nächste mit 21=1 und das k-te mit 2k. Bei einer 8 Bit Quantisierung (m=8) gilt für das MSB nach dieser Zählung k=m-1=7 und eine Wertigkeit von 27=128. Die Umrechnung eines PCM-Wortes in die dezimale Stufe entspricht also der Binär/Dezimalumrechnung. Ein kurzes Beispiel eines 4 Bit PCM-Wortes verdeutlicht dies: Binär: 11012 Dezimal: 1⋅23+1⋅22+0⋅21+1⋅20=1310 Das Gegenstück zum A/D-Wandler stellt der Digital/Analog-Wandler dar. Hier wird ein Strom den Wertigkeiten der gesetzten Bits entsprechend durch die Summation von Teilströmen dargestellt und Hilfe eines Operationsverstärkers und einem Widerstand in eine Span7 Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung nung gewandelt. Auch eine direkte Darstellung der Stromsumme ist üblich. Der D/A-Wandler ist dann als Stromquelle für die nachfolgende analoge Stufe zu sehen. Auch hier wird eine Referenzspannung benutzt, die in Verbindung mit den bitabhängig geschlossenen Schaltern und den zugehörigen Widerständen die gewichteten Ströme liefert. Durch die Stufung der Widerstandswerte nach Zweierpotenzen ergibt sich die notwendige Stromabstufung. In der Praxis stellt sich die dargestellte Struktur des Widerstandsnetzwerkes mit den sehr unterschiedlichen Widerstandswerten als problematisch dar. Hier gibt es in der Realisierung Abweichungen durch den Einsatz eines sogenannten R-2R-Netzwerkes, das mit nur zwei Widerstandswerten auskommt und ebenfalls die erforderliche Stromwichtung durch Nutzung des Stromteilerprinzips sicherstellt. Aufbau eines D/A-Wandlers: m udig D uanalog A R0 MSB R 2R 4R LSB 2m-1R uref 8 uanalog Prof. Dr.-Ing. W.-P. Buchwald Digitale Informationsübertragung Für einen exemplarischen 4-Bit-D/A-Wandler würde das Beispiel-PCM-Wort 1101 folgende Ströme summieren: uref (entspricht dem MSB) R u i2 = ref 2R uref i0 = (entspricht dem LSB) 8R i3 = Der Strom i1 ist Null, da das entsprechende Bit nicht gesetzt ist. Am Operationsverstärkerausgang ergibt sich dann schließlich folgende Spannung: uaus = − R0 ⋅ {i3 + i2 + i0 } 1 1 1 = − R0 ⋅ + + ⋅ uref R 2 R 8R Für die Festlegung eines negativen Referenzspannungswertes ergibt sich am D/AWandlerausgang eine positive Spannung proportional zur vorliegenden Quantisierungsstufe. 9