Ü. 03 : Messbrücken, 2-, 3-, und 4-Leiter

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Grundlagen der Elektro- und Messtechnik (GEM)
Ü. 03 : Messbrücken, 2-, 3-, und 4-Leiter-Schaltungen
Technische Prozesse werden oft elektronisch oder softwaremässig überwacht, gesteuert oder
geregelt. Dazu braucht es Sensoren, die die relevanten physikalischen Grössen in ein elektrisches
Eingangs-Signal umwandeln, und Aktoren, die mit einem elektrischen Ausgangs-Signal wieder
eine physikalische Veränderung bewirken.
Viele Sensoren sind so aufgebaut, dass eine Änderung der physikalischen Grösse, eine Änderung
des elektrischen Widerstands bewirkt. Diese Widerstandsänderung kann unterschiedlich erfasst
und verarbeitet werden.
Die typischen Schaltungen werden anhand des Temperaturfühlers PT100 erläutert. Diese werden
aber analog eingesetzt bei Druck-, Kraft- und Beschleunigungssensoren, bei Gasschnüfflern und
Rauchmeldern, Leitfähigkeitsmessung, Helligkeitsschaltern, etc.
Für die diskutierten Schaltungen treffen wir folgende Annahmen und Vereinfachungen.
-3
-1
·
PT100 : 100Ω bei 0°C, α = 4·10 K
·
·
Spannungsmessung ideal, d.h. Innenwiderstand des Messgeräts und des Dataloggers = ∞.
Messfehler werden nicht berücksichtigt.
·
Die beiden Widerstände Rb bilden einen idealen 1:1 Spannungsteiler (R = ∞).
· Der Präzisions-Widerstand Rref wird als genau 100Ω (Toleranz 0.00%) angenommen.
· Kabel zum Fühler : Typ U72 mit 4Adern à 0.8mm², Länge : 25m
· Messbereich für Aussentemperatur festgelegt : -20°C..+40°C.
Im Einzelfall müssen Sie in der Praxis natürlich abschätzen, welche dieser Vereinfachungen
zulässig sind und welche Nicht-Idealitäten relevant sind und berücksichtigt werden müssen.
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2-Leiter-Schaltung
Widerstandsänderungen können sehr effizient mit Brückenschaltungen gemessen werden.
Vorteile :
· Der Nullpunkt (Offset) lässt sich sehr einfach mit den Brückenwiderständen wählen und
abgleichen.
· Der Proportionalitätsfaktor (Gain) lässt sich mit dem Quellenstrom unabhängig vom
Nullpunkt einstellen.
· Temperatur- und Linearitätskompensation lassen sich relativ einfach in einer
Brückenschaltung einbauen.
· Das Messsignal ist direkt proportional zur Widerstandsänderung, es reicht eine einzige
Spannungsmessung. Es müssen keine problematischen Differenzen oder Quotienten aus zwei
(in sich fehlerbehafteten Messungen) gebildet werden.
Nachteile :
· Eine aufwendige Präzisions-Stromquelle wird benötigt.
· Für alle Brückenwiderstände müssen Präzisionswiderstände mit kleinem Temperaturkoeffizienten eingesetzt werden.
Mit der 2-Leiter-Schaltung führt der Kabelwiderstand zu einem Messfehler. Diese Schaltung
wird eingesetzt, wenn die Distanz zwischen Fühler und Messbrücke klein ist.
Rref =100R
PT100
Kabel
U
Rb »100R
5mA
Rb »100R
a) Wie gross ist die Empfindlichkeit der Messbrücke in mV/°C ?
b) Berechnen Sie den Kabelwiderstand.
c) Wie gross ist der Messfehler in °C verursacht durch den Kabelwiderstand?
3-Leiter-Schaltung
In der 3-Leiter-Schaltung wird der Fehler, der durch den Kabelwiderstand verursacht wird,
kompensiert.
Rref =100R
PT100
Kabel
U
Rb »100R
5mA
Rb »100R
a) Wie funktioniert die Kompensation?
b) Unter welcher Voraussetzung funktioniert die Kompensation des Kabelwiderstandes?
c) Warum wird eine Stromquelle eingesetzt und nicht eine (billigere) Spannungsquelle?
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4-Leiter-Schaltung
Bei Systemen, die mit einem AD-Wandler und einem µ-Prozessor (z.B. Datalogger) bestückt
sind, verschiebt sich die Gewichtung der Vor- und Nachteile der Brückenschaltung. Die hier oft
eingesetzte 4-Leiter-Schaltung ist keine Brückenschaltung und besitzt deshalb andere
Eigenschaften. Der Kabelwiderstand wird hier aber ebenfalls kompensiert.
Vorteile :
· Nur ein einziger Präzisionswiderstand wird benötigt.
· Quelle muss weder konstant noch genau sein (Präzisions-Stromquelle entfällt).
· Offset, Gain, Linearität und andere Einflüsse können rechnerisch korrigiert werden.
Nachteile :
· Das Resultat beruht auf einem Quotienten aus zwei Messungen. Um die Fehler klein zu
halten, müssen beide Messungen mit dem gleichen AD-Wandler (Fehler heben sich teilweise
auf) praktisch gleichzeitig (bevor sich die Messgrösse ändert) durchgeführt werden
(Multiplexer-Schaltung).
· Die Auflösung des AD-Wandlers (Quantisierungsfehler) setzt eine deutliche Grenze.
Funktionsweise :
Die Spannungen U und Uref werden gemessen. Weil durch den PT100 und durch Rref der
gleiche Strom I fliesst, ist U/Uref = PT100/Rref. Der Datalogger berechnet den Quotienten
U/Uref und bestimmt daraus mit Hilfe des Wertes von Rref und des Temperaturkoeffizienten α
direkt die Temperatur.
Um die Lebensdauer der Batterie zu verlängern, wird die Speisung des PT100 erst ca. 10ms vor
der Messung eingeschaltet und danach sofort wieder ausgeschaltet.
I
Rsupply
PT100
DATALOGGER
Kabel
Rref =100R
+5V
U
diff.Eingang
Uref
diff.Eingang
0V GND
a) Unter welcher Voraussetzung funktioniert die Kompensation des Kabelwiderstandes?
b) Wie gross muss der Messstrom I sein, damit der Messbereich des Dataloggers von ±250mV
optimal genutzt wird? Der Messstrom I kann mit dem Widerstand Rsupply eingestellt werden.
c) Bestimmen Sie den Wert des Widerstandes Rsupply unter folgenden Randbedingungen: Die
Toleranz der 5V-Speisung beträgt ±10% und die Toleranz des Widerstandes Rsupply ±5%.
Berücksichtigen Sie auch den Kabelwiderstand.
d) Der Datalogger hat eine Auflösung von 10bit. Wie gross ist der Quantisierungsfehler in °C ?
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Lösungen 03 : 2-, 3-, und 4-Leiter-Schaltungen
2-Leiter-Schaltung
a) Die Empfindlichkeit der Messbrücke ist 1mV/°C.
b) Der Kabelwiderstand beträgt pro Ader 0.55Ω.
c) PT100 : ∆R/∆T = 0.4Ω/°C Kabel : 1.1Ω Fehler : ∆T = 1.1Ω/(0.4Ω/°C) = 2.75°C
3-Leiter-Schaltung
a) Der Widerstand der oberen Ader ist in Serie zu Rref, der Widerstand der unteren Ader ist in
Serie zum PT100. Weil durch beide Adern der gleiche Strom fliesst, sind die Spannungsabfälle
gleich und heben sich auf. Der Widerstand der mittleren Ader hat keinen Einfluss, weil die
Spannungsmessung von U als ideal (hohe Eingangsimpedanz = stromlos) angenommen wurde.
b) Die Kabelwiderstände müssen gleich sein. Bei einem Kabel mit 4 Adern dürfen also nicht 2
Adern parallel geschaltet werden, um den Widerstand zu verringern.
c) Bei einer Spannungsquelle ist der Messstrom I und damit auch das Signal U abhängig vom
Gesamtwiderstand, wird also auch vom Kabelwiderstand beeinflusst. Bei einer Stromquelle
bleibt der Messstrom konstant. Ein grösserer Kabelwiderstand erhöht lediglich die Spannung
über der Messbrücke, beeinflusst das Signal U aber nicht. (Tipp : nachrechnen zum verstehen.)
Beispiel : Spannungsquelle = 1050mV, T = 25°C : U(ohne Kabel) = 25mV, U(mit 10Ω-Kabel) = 23mV
Beispiel : Stromquelle = 5mA, T = 25°C :
U(ohne Kabel) = 25mV, U(mit 10Ω-Kabel) = 25mV
4-Leiter-Schaltung
a) Die Widerstände der Adern haben keinen Einfluss auf das Verhältnis U/Uref und damit auch
nicht auf die Temperaturberechnung.
b) Der Messbereich soll möglichst gut ausgenutzt werden. Die grösste Spannung U tritt auf,
wenn der Widerstand des PT100 maximal ist, also bei der höchsten zu messenden Temperatur.
Bei 40°C :
PT100 maximal = 116Ω
Maximaler Messstrom I = 250mV/116Ω = 2.16mA
c) Die Spannung von 250mV darf am Eingang nicht überschritten werden, d.h. der Messstrom
darf auch im worst-case (Spannung maximal, Widerstände minimal) nicht über 2.16mA steigen.
5.5V/2.16mA = 2546Ω = 95%·Rsupply + PT100(-20°C) + Rref
95%·Rsupply = 2354Ω
Der Nominalwert von Rsupply muss also minimal 2478Ω betragen. Der nächste Standart-Wert
in der Reihe ist 2,7kΩ. Der Messstrom I bei 0°C beträgt 5V/(2700+100+100+1.1)Ω = 1.72mA.
d) 10bit = 1024 Punkte. Bei einem Bereich von ±250mV entspricht 1bit 500mV/1023 = 0.49mV.
PT100 : ∆R/∆T = 0.4Ω/°C Signal U : ∆U/∆T = 0.4Ω·1.72mA/°C = 0.69mV/°C
Datalogger-Auflösung : (0.49mV/bit)/(0.69mV/°C) = 0.7°C/bit
Dieser Quantisierungsfehler betrifft sowohl das Signal U als auch die Referenz Uref. Der
Quantisierungsfehler für U/Uref ist damit im Extremfall doppelt so gross und beträgt für die
errechnete Temperatur 1.4°C oder ±0.7°C.
Der Quantisierungsfehler beträgt bei 10bit Auflösung und optimal gewähltem Messstrom bereits
sagenhafte ±1% bezogen auf den Messbereich von 60°C !
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